Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

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19. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Kurzpredigt zur 2. Lesung:  Röm 9,1-5   im mp3 Format

Predigt zum Evangelium:  Mt 14,22-33

Predigttext:    Mt 14,22-33

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder! 

 

Mal Hand aufs Herz, mal ganz ehrlich, glauben Sie das, was da im Evangelium steht? Dass Petrus auf dem Wasser gehen konnte, ohne dass da Balken im Wasser waren, glauben Sie das? Ich vermute, manchen fällt das nicht so leicht. Wenn man mich nach meiner Priesterweihe gefragt hätte, ich hätte auch nicht so ohne weiteres gesagt: „Ja, das glaube ich.“

Aber wenn wir das nicht glauben können, dann streichen wir das heutige Evangelium; dann kann ich mir heute die Predigt schenken.

 

Aber so einfach ist die Sache nicht. Wenn man das nicht glauben kann, dann muss man wahrscheinlich das Evangelium vom letzten Sonntag auch streichen. Dass Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Leute satt gemacht hat, das müssten wir dann wahrscheinlich auch streichen. Und das Evangelium vom nächsten Sonntag, achten sie einmal darauf: Da kommt eine Frau zu Jesus, deren Tochter von einem Dämon besessen war. Und an Dämonen glaubt ja heute kein Mensch mehr. Müssten wir also wohl auch streichen.

Und wenn wir so weiter gehen, dann kommen wir zwangsläufig irgendwann an die Frage: Glauben wir eigentlich noch, dass dieser Jesus von Nazareth der Sohn Gottes ist, dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden? Glauben sie das?

 

Wenn man sich schwer tut, das zu glauben, dann ist unser heutiges Evangelium um so wichtiger. Hier in diesem Evangelium werden uns gleichsam viele kleine Glaubensschritte aufgezeigt, die bei ganz einfachen Schritten beginnen, und die dann am Ende zu dem voll ausgeprägten Glaubensbekenntnis führen: Wahrhaftig, du bist der Sohn Gottes. Diese Schritte wollen wir uns einmal anschauen.

 

Als Petrus und die anderen Jünger im Boot Jesus übers Wasser kommen sehen, da kommt ihnen das sehr gespenstisch vor, und sie schreien auf vor Angst. (In Klammern gesagt: Wer es mit dem lebendigen Gott zu tun bekommt, dem wird manches „gespenstisch“ vorkommen.) Und Jesus sagt dann: „Fürchtet euch nicht, ich bin es.“

 

Da kommt der erste Glaubensschritt des Petrus. Und der erste Glaubensschritt heißt nicht: „Ich komme, ich bin doch der Petrus!“ Der erste Glaubensschritt ist ganz zaghaft. „Wenn du es bist, dann lass mich zu dir aufs Wasser kommen.“

Wenn ich eins wünschte, dann dieses, dass Sie im Herzen eine große Sehnsucht haben: „Wenn das alles stimmt, was in der Bibel steht, was mir manchmal sehr merkwürdig vorkommt, was ich fast nicht glauben kann. Wenn das stimmt, dann möchte ich diese Herrlichkeit und dieses Große auch erleben.“ Glaube beginnt meist nicht damit, das man großspurig sagt: Ja, das glaube ich! Sondern Glaube beginnt mit einer großen Sehnsucht: „Wenn du es bist, dann lass mich zu dir aufs Wasser kommen.“

Die großen Männer und Frauen in der Kirchengeschichte, die einen starken Glauben gehabt haben, die wir die Heiligen nennen, haben meist so begonnen: Wenn du der Sohn Gottes bist, dann lass es mich erleben, dann möchte ich zu dir kommen.

 

Zweiter Schritt:

Wenn der Petrus jetzt allen (scheinbaren) Glauben zusammengenommen hätte, und wäre aufs Wasser gegangen, das kann ich Ihnen versichern: der hätte nasse Füße bekommen. Genauso wenn wir zum Rhein oder zu irgendeinem Gewässer gehen würden und sagen: Wir wollen mal eine Glaubensübung machen und übers Wasser gehen: Da kriegst du mit Sicherheit nasse Füße.

Da muss vorher noch was anderes passieren, nämlich ,dass Jesus ihn ruft: „Komm!“ Wenn Jesus uns nicht ruft: „Komm!“, dann kann man scheinbar noch so einen festen Glauben haben, das Wasser trägt einen nicht. Wenn wir nicht den klaren Ruf Jesu hören, wenn wir seine Stimme nicht hören, dann kommt überhaupt kein Glaube zustande, der trägt.

Ich habe immer wieder in der Verkündigung darauf hingewiesen, wie wichtig das ist, hinter den Worten der heiligen Schrift die Stimme und den Anruf Jesu zu hören, der dich einlädt: „Komm!“

 

Nächster Schritt:

Es wird keinem erspart bleiben, der einen tragfähigen Glauben haben will, dass er irgendwann einmal aus dem Boot aussteigt, so wie Petrus. Und er riskiert dabei, dass die anderen sagen: „Du bist verrückt, du kannst doch nicht übers Wasser gehen, das trägt nicht.“ Dieses Aussteigen aus gesicherten Verhältnissen wird keinem erspart bleiben. Irgendwo muss immer dieser Schritt einmal geschehen, wo ich einen Glaubensschritt tue, der ein Risiko ist, ohne dass ich Balken habe oder ein gesichertes Boot.

 

Nächster Schritt:

Solange Petrus den Blick auf Jesus gerichtet hat und auf ihn zugeht, da trägt ihn das Wasser.

Das ist etwas ganz Wichtiges, dass wir lernen, unseren Blick auf Jesus zu richten und nicht auf die widrigen Umstände. In dem Augenblick, wo der Petrus auf die widrigen Umstände schaut, auf den Wind, die Wellen ringsum, da sackt er ein. Aber solange er seinen Blick auf Jesus gerichtet hat, kann er gehen.

Ich erinnere Sie an das Evangelium vom letzten Sonntag, von der Brotvermehrung. Die Jünger schauen auf die fünf Brote und die zwei Fische und sagen: „Unmöglich!“ Das waren die widrigen Umstände. Aber von Jesus heißt es: Er blickte auf zum Vater auf, sprach das Dankgebet und sagte: „Austeilen!“

Die Blickrichtung ist entscheidend. Ich vermute, hier machen viele von uns einen großen Fehler. Wir richten sogar im Gebet noch unseren Blick auf die Widrigkeiten und nicht auf Gott und seine Möglichkeiten. Wir malen in unseren Gebeten dem ‚lieben’ Gott unsere widrigen Umstände ganz groß aus. Unser Blick ist ganz auf die Umstände gerichtet.

In dem Augenblick wo Petrus auf die Umstände schaut, da sackt er ein, da trägt es ihn nicht mehr.

 

Aber was tut Petrus dann, als er einsackt? Das ist der nächste Schritt auf diesem Glaubensweg:

Petrus hätte ja nun sagen können: „Hab ich mir ja gleich gedacht, dass das ganze Quatsch ist, dass man nicht über das Wasser gehen kann.“ Aber Petrus tut etwas anderes, als er merkt, dass er einsackt: Er wendet sich sofort wieder an Jesus: „Herr, hilf mir, ich bin am Ende, ich gehe zugrunde.“ Und das ist der nächste Schritt. Wenn man eingesackt ist, wenn man spürt: mein Gebet hat mich nicht getragen, sofort wieder den Blick auf Jesus richten: „Herr, hilf mir, ich gehe zu Grunde.“

 

Und dann der nächste Schritt. Es geht Schritt für Schritt weiter.

Da heißt es, und das ist mir so wichtig: „Sofort packte Jesus ihn und zog ihn heraus.“ Jesus hat ihm nicht gesagt: „Jetzt lass ich dich erst einmal bis zum Hals einsinken, damit du merkst, wohin du mit deinem Kleinglauben kommst.“ Nein, sofort packte Jesus ihn und zog ihn heraus. Und dann erst, nachdem er ihn rausgezogen hat, sagt er ihm: „Was hast du für einen schwachen Glauben.“ Er tadelt ihn nicht, er stellt das nur fest.

 

Und dann ganz am Ende dieses Weges steht das Glaubensbekenntnis: „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.“

 

An irgendeiner Stelle dieses Glaubensweges steht jeder von uns.

Vielleicht gibt es Menschen, die diesen tiefen Glauben an den lebendigen Sohn Gottes haben. Vielleicht gibt es auch Menschen die ganz am Anfang stehen: „Wenn du es bist, wenn das stimmt, dann möchte ich zu dir kommen.“ Jesus nimmt alle einzelnen Schritte ganz ernst. Das Ziel ist, dass unser Glaube stark wird.

 

Ich komme noch einmal auf den Anfang zurück. Glauben Sie das, dass Petrus über das Wasser gegangen ist? Glauben Sie das, dass Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen satt gemacht hat, glauben Sie das?

Wenn Sie das nicht glauben, dann werden sie wahrscheinlich einen ganz trockenen Büchergott bekommen ‚ohne Fleisch und Knochen’. Dann werden sie einen Gott bekommen, der vielleicht noch eine moralische Instanz ist. Dann ist Jesus vielleicht ein großer Lehrer, der einem ein bisschen Lebenskultur beibringt: Seid nett zueinander. Aber Sie werden nie die verwandelnde Kraft erleben, die in diesem Glauben an den lebendigen Gott liegt.

Darum fang an, wenigstens Sehnsucht zu haben danach: „Wenn das stimmt, dann möchte ich das auch erleben.“    Amen.

 

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