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Predigtverzeichnis nach Bibelstellen geordnet Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden. Eine Veröffentlichung schriftlich oder auf Tonträgern ist nicht erlaubt. Über Predigten auf Kassetten informieren Sie sich unter dem Stichwort Kassettendienst . Predigt zur 2. Lesung: Hebr 11,1-2.8-12 Predigt zum Evangelium: Lk 12,35-40 (mp3 Format) Predigttext: Lk 12,35-40
Liebe Schwestern und Brüder!
„Haltet euch bereit, denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde in der ihr es nicht erwartet.“ Es geht um das Stichwort Wachsamkeit. Sehen Sie, am letzten Wochenende musste ich meinen Urlaub unterbrechen. Ich hatte mich eigentlich schon drauf gefreut, hier in Rottau den Gottesdienst mit Ihnen zu feiern. Aber ich musste den Urlaub unterbrechen und heimfahren, weil ein Nachbarpfarrer ganz plötzlich gestorben ist, mit 52 Jahren. Er war auf der Bergwanderung in Südtirol und hat aus heiterem Himmel auf der Wanderung einen Herzinfarkt bekommen. Es war eine große Bestürzung für uns alle. „Haltet euch bereit, der Menschensohn kommt zu einer Stunde in der ihr es nicht erwartet.“ Für ihn, für uns alle war diese Stunde ganz unerwartet gekommen, dass er plötzlich heimgerufen wurde vor seinen Herrn. Und wenn Christus hier in die Gemeinde in Rottau hineinschaut oder in unsere Gemeinde in Herongen am Niederrhein, ob er dann wohl viele Menschen findet, die heute bereit sind, die heute bereit wären, ihm zu begegnen?
So ein Evangelium, „haltet euch bereit der Menschensohn kommt zu einer Stunde in der ihr es nicht erwartet“, das kann uns irgendwie ein Stückchen Angst machen: Pass bloß auf, dass du vorbereitet bist. Aber genau das möchte Jesus nicht. Er möchte nicht, dass wir ihn erwarten aus Angst, sondern er möchte, dass wir Menschen ihn erwarten aus Liebe, aus Sehnsucht nach ihm. Und darum erzählt er heute im Evangelium nicht nur dieses kleine Bildwort von dem Dieb, der in der Nacht kommt. „Wenn der Hausvater wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, würde er wach bleiben.“ Jesus erzählt vorher ein ganz anderes Bildwort, er sagt: Mit dem Menschensohn ist es wie mit einem Bräutigam, der von der Hochzeit heimkommt, und der sich danach sehnt, dass die Knechte und die Mägde ihn dann erwarten. Und er freut sich, wenn er liebevoll erwartet wird.
Wissen sie, als ich gestern dieses Evangelium gelesen habe, da fiel mir eine Begebenheit ein, die jetzt schon ungefähr vierzig Jahre zurückliegt. Ich war damals ungefähr 14 oder 15 Jahre alt und war über beide Ohren unsterblich verliebt. Das ist mit 15 Jahren manchmal so, das gibt es bei Priestern in ihrer Jugend auch. Und damals fuhr meine Freundin mit ihren Eltern drei Wochen lang in Urlaub nach Italien zum Gardasee. Drei Wochen haben wir uns nicht gesehen. Sonst sahen wir uns jeden Tag wenigstens auf dem Schulweg. Und wenn man 15 Jahre alt ist und über beide Ohren verliebt, dann können drei Wochen eine Ewigkeit werden, wenn man sich drei Wochen lang nicht sehen kann. Natürlich hat sie mir aus dem Urlaub geschrieben, sogar oft. Aber die Urlaubspost aus Italien braucht unendlich lange, bis sie hier ankommt. Und ein Handy gab es ja damals noch nicht. Und dann kam der Tag, wo sie zurückkehrten von Sirmione, ganz im Süden des Gardasees. Ich weiß noch ganz genau, es war ein Tag wo ich zu Hause ganz viel Arbeit hatte. Wir waren am Tapezieren, und ich musste helfen. Aber eins hab ich noch genau in Erinnerung: Den ganzen Tag über war ich mit meinen Gedanken immer bei meiner Freundin und ihrer Familie: Jetzt sind sie vielleicht schon am Autobahnkreuz Verona. Vielleicht sind sie jetzt schon am Brennerpass. Jetzt könnten sie schon in Innsbruck sein. Vielleicht stehen sie bei München im Stau. Ob sie vielleicht schon in Köln sind? .... Die ganze Zeit habe ich sie in Gedanken begleitet auf ihrer Fahrt vom Gardasee zurück nach Hause in meine Heimatstadt Rheine im Münsterland. Und dann kam der Abend, so ungefähr 20,00 Uhr, wo man realistischerweise damit rechnen konnte, dass sie jetzt irgendwann bald ankommen könnten. Und ich habe mich auf mein Fahrrad geschwungen und bin zu ihrer Wohnung gefahren: Keiner da. Eine halbe Stunde später bin ich wieder hingefahren: Keiner da. Ich habe eine halbe Stunde vor der Haustür gewartet: Nichts! Und dann schließlich gegen 23.00Uhr, als alle bei uns zu Hause schon im Bett waren, bin ich heimlich noch mal aufgestanden, habe das Fahrrad rausgeholt und bin noch mal hingefahren. Und genau in dem Augenblick, als ich vor ihrer Haustüre ankam, da hielt ihr Auto vor ihrer Haustür und sie stiegen aus. Wir haben gar nicht mehr viel miteinander reden können, weil es eben schon so spät war. Aber ich werde nie vergessen, welch dankbaren Blick mir meine Freundin da zugeworfen hat. Sie fühlte sich erwartet. Sie spürte, da ist jemand, der mich lieb hat, und der mich erwartet.
Und sehen Sie, genau so ist das bei Jesus. Jesus ist wie ein Liebhaber. Nicht umsonst wird er ja der Bräutigam genannt, und er sehnt sich danach, dass wir ihn in Liebe erwarten, dass unser Herz für ihn brennt, dass wir nicht nur religiöse Pflichten erfüllen, sondern dass unser Herz für ihn brennt. Es geht darum, dass da ein Herz ist, das ihn lieb hat und das sich danach sehnt, ihm zu begegnen. Schau Dir einmal einen Mann an wie den Apostel Paulus. Der kann im Philipperbrief schreiben in einer Situation, wo er den Tod vor Augen hat, weil ihm der Prozess gemacht wird: „Ich möchte am liebsten sterben, ich möchte am liebsten aufbrechen und bei Christus sein; das wäre weitaus das Bessere.“ So eine Sehnsucht hat Paulus gehabt. „Ihn möchte ich erkennen“, schreibt er dann. Wo sind die Menschen, die ihn mit solch brennender Sehnsucht erwarten? Und glaubt mir, wenn Jesus so einen Menschen bei uns findet, dann wirft er ihm nicht nur einen dankbaren Blick zu wie damals meine Freundin. Nein, er sagt uns im Evangelium: „Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid selig zu preisen!“ Und dann steht da dieses wunderbare kleine Bildwort, dass er uns dann an seinem Tisch Platz nehmen lässt. Und er selbst bindet sich die Schürze um, und er selbst wird uns bedienen. Wir sind auf einmal die Herren, und er macht sich zum Diener und wird uns bedienen. So sehnt sich Jesus nach unserer Liebe; und so sehnt sich Jesus, dass wir ihn erwarten. Im Alten Testament gibt es einen Beter, der den 42. Psalm gebetet hat; und der drückt das im Tiefsten aus: „Wie ein Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und sein Angesicht schauen?“
Sehen Sie, wir begegnen Jesus in jeder heiligen Messe: in seinem Wort, in der Eucharistie, in der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern, weil wir ja die Kirche sind, sein Leib. Wie schön wird die Begegnung erst sein, wenn er wiederkommt. Freu dich darauf! Amen.
Predigttext: Hebr 11,1-2.8-12
Liebe Schwestern und Brüder!
„Glaube ist Feststehen in dem, was man hofft.“ Das stand wie ein Trompetenstoß heute am Anfang der Lesung aus dem Hebräerbrief. Glaube ist Feststehen in dem, was man erhofft.
Nun ist bei uns Glaube so ein Allerweltswort geworden. „Ich glaube, dass es heute Nachmittag schönes Wetter gibt.“ Und auch im religiösen Bereich ist Glaube ein Allerweltswort geworden. Fragt man irgend jemanden etwas aus dem religiösen Bereich, dann bekommt man immer als Antwort: „glauben“. Was muss ich tun um in den Himmel zu kommen? „Glauben!“ Vielleicht sagen manche noch dazu: „Man muss seinen starken Glauben haben.“ Glauben passt im Zweifelsfall immer. Aber frag einmal nach, was eigentlich Glauben ist. Was meinst du eigentlich damit, wenn du von Glauben redest? Dann kommt meisten ein Axelzucken. Was ist eigentlich, glauben?
In meiner Kaplanszeit habe ich einmal Schulendtage gehalten, da haben wir über das Thema Glauben gesprochen. Da sagt der Schüler: „Ich glaube überhaupt nichts. Ich bin so oft reingefallen. Ich halte mich nur an Fakten. Glauben tu ich nichts.“ Und die anderen nickten beifällig. Da habe ich ihn gefragt: „Bist du schon einmal per Anhalter gefahren?“ „Ja“, sagte er, „aber was hat das denn mit Glauben zu tun?“ Ich sagte: „Als du per Anhalter gefahren bist, hast du dir da den Führerschein zeigen lassen?“ „Nein!“ Ich sage: „Du hast also geglaubt, dass der Fahrer einen Führerschein hat und hast dich bei dem ins Auto gesetzt? Du hast ihm dein Leben anvertraut!? Ich würde an einer Stelle nie mehr behaupten: Ich glaube gar nichts.“
Wir leben den ganzen Tag vom Glauben. Ohne Glauben kann kein Mensch leben. Als Sie eben in die Kirche gekommen sind und sich in die Bank gesetzt haben, da haben sie geglaubt. Keiner hat kontrolliert, ob die Bank auch hält. Wir haben uns einfach im Glauben hingesetzt. Kein Mensch kann ohne Glauben leben.
Ich will einmal eine Geschichte erzählen, da kommen wir dem auf die Spur, was glauben meint. Der erste Teil dieser Geschichte ist tatsächlich passiert, den zweiten Teil der Geschichte hab ich gefunden. Ich sage aber ab wann ich die Geschichte erfunden haben. In meiner Kindheit hat es einen Artisten gegeben, den hab ich selbst erlebt, der konnte mit einem Motorrad über ein Drahtseil fahren. Ich weiß noch, in meiner Heimatstadt Rheine war das eine große Attraktion. Da hat man ein Drahtseil gespannt von einer Luke des Kirchturms aus bis zur anderen Straßenseite, dort war ein alter Fabrikturm. Und der Artist ist mit seinem Motorrad über dieses Drahtseil gefahren. Von einer Luke quer über die Hauptstraße bis zur anderen Luke. So weit die wahre Geschichte. Und jetzt kommt die erfundene Geschichte. Dieser Artist hat eine Wette angeboten. Er hat gesagt: „Wenn ihr mir in Amerika über die Niagarafälle ein Drahtseil spannt, dann fahre ich mit dem Motorrad von der einen Seite bis zur anderen Seite des Wasserfalls und wieder zurück. Das war die große Sensation in Amerika. Da haben Tausende rechts und links am Ufer gestanden und haben sich dieses Schauspiel angeschaut. Der Artist steigt auf sein Motorrad, ganz konzentriert, und fährt los, zuerst langsam, dann immer schneller. Und er kommt schließlich am anderen Ende an. Da bricht ein Jubel los, als er am anderen Ende angekommen war. Die Leute heben den Artisten auf die Schultern, sie klatschten in die Hände, sie jubeln, sie hängen ihm einen Lorbeerkranz um. Aber der Atheist hat dafür gar keinen Blick, er musste sich so konzentrieren. Und er weiß ja, dass er noch einmal zurückfahren muss. Als der Jubel kein Ende nehmen will, schaut er schließlich einen an: „Sagen Sie mal, glauben Sie wirklich, dass ich es noch einmal zurück schaffe?“ „Natürlich glaube ich das, so sicher wie Sie gefahren sind. Das schaffen Sie ganz sicher.“ „Sagen Sie das nur mir zuliebe, oder glauben Sie das wirklich?“ „Ja das glaube ich wirklich. So sicher wie Sie gefahren sind.“ Da sagte der Artist: „Wenn Sie das wirklich glauben, ich hab den Rücksitz noch frei; dann steigen sie auf.“
Glauben bedeutet nicht, dass man Sprüche macht. Glauben bedeutet auch nicht, dass wir im Gottesdienst das Glaubensbekenntnis sprechen. Glauben bedeutet auch nicht, dass ich alles für wahr halte, was im Katechismus steht. Glauben bedeutet im Tiefsten: Wem vertraue ich mein Leben an? Bei wem steige ich - bildlich gesprochen - auf den Rücksitz auf. Wem vertraue ich mein Leben an. Das ist im Tiefsten glauben.
Das griechische Wort für Glauben heißt wörtlich übersetzt, „trauen, vertrauen, anvertrauen“. Wem vertraue ich mein Leben an? Wir gebrauchen dieses Wort „trauen“ bei uns in der Hochzeitsfeier, wenn zwei Menschen sich vor dem Altar das Jawort geben. Ich will dich lieben, achten und ehren in guten und den bösen Taten. Du kannst dich auf mich verlassen. Das nennen wir dann Trauung. Das ist im Tiefsten gemeint mit „glauben“. Du kannst dich auf mich verlassen, ganz sicher, du kannst dich mir anvertrauen. Und Gott sagt uns: Ich habe euch einen Bund angeboten; ich habe mit euch einen Bund geschlossen, so wie die Eheleute einen Bund schließen. Und Gott sagt: Vertrau dich mir an. Du kannst dich auf mich verlassen in guten und den bösen Tagen. Und wenn du mich in die Ecke schiebst wie einen alten Besen. Du kannst dich immer noch auf mich verlassen, denn ich bin im tiefsten zuverlässig und treu. Du kannst dich mir ganz anvertrauen.
Wie lernt man dieses Vertrauen, dieses Sich-Trauen, dieses Glauben?. Im menschlichen Bereich ist das ganz eindeutig: Vertrauen lernt man durch Umgang. Wenn zwei Menschen lange miteinander Umgang haben, dann lernen sie, einander zu vertrauen. Bis dahin vielleicht, dass sie sich ein endgültiges Jawort geben. Das ist bei Gott nicht anders. Glauben, Vertrauen zu Gott lernt man durch Umgang mit ihm, durch regelmäßigen Umgang mit ihm. Durch Umgang mit ihm im Gebet, durch Umgang mit ihm im Wort der Heiligen Schrift. Durch Umgang mit ihm Gottesdienst. Menschen, die mit Gott Umgang haben, die lernen immer es mehr, ihm zu vertrauen. Und die haben dann auch festen Halt. Wie hieß es in der Lesung aus dem Hebräerbrief: Glauben ist Feststehen in dem, was man erhofft.
Das hebräische Wort für Glauben kennen wir alle. Das sagen wie immer am Ende eines Gebetes. Das hebräische Wort heißt „Amen“. Oder in einer anderen Wortform „Aman“. Wir haben im Deutschen eine Redensart: Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Das bedeutet: Wenn du glaubst, dann hast du festen Boden unter den Füßen. Dieses hebräische Wort „Amen“ kommt eigentlich aus der Seefahrersprache. Es heißt ganz wörtlich: einen Anker auswerfen. Mitten in einer unruhigen, stürmischen See hast du festen Halt, weil du einen sicheren Anker hast.
Wenn Menschen in ihrem Leben in vielen Stürmen ausgesetzt sind, wenn es drunter und drüber geht, dann ist es wichtig, sich irgendwo verankert zu haben, einen festen Halt zu haben. Sonst treiben wir dahin und wissen nicht mehr, wo es hingehen soll. Viele Menschen haben heute keinen festen Boden unter den Füßen. Viele Leute lassen sich von jeder Meinung, von jedem Wind hin und her treiben und haben keinen Halt mehr. Wenn du dich bei Gott verankert hast, im Glauben fest gemacht hast, dann darfst damit rechnen, dass du festen Boden unter den Füßen hast, auch wenn alles um dich herum am Wackeln ist. Es lohnt sich, Umgang zu haben mit Gott. Es lohnt sich, glauben zu lernen, um festen Halt zu haben. „Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft.“ Amen.
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