Pfarrer Karl Sendker

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22. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zum Evangelium:   Mt 16,21-23

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Predigttext:    Mt 16,21-23

 

Predigt im MP3 Format    Predigt als Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Noch einmal steht heute im Evangelium Petrus im Mittelpunkt, genau wie schon am letzten Sonntag. Aber was für ein Unterschied. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an das Evangelium vom letzten Sonntag erinnern. Da hatte Petrus das Bekenntnis abgelegt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Und Jesus hat gejubelt: „Selig bist du Simon, das hat dir nicht Fleisch und Blut geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist.“

Und heute im Evangelium, ganz wenige Sätze später, sagt Jesus dem gleichen Petrus: „Weg mit dir Satan, du bist ein Ärgernis für mich (Im Griechischen steht das noch viel härter da: „Du bist ein Skandal, ein Stein des Anstoßes), denn du denkst nicht, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“

Und dabei hatte der Petrus das nur gut gemeint. Er wollte nur verhüten, dass Jesus am Kreuz sterben und den Leidensweg gehen muss. Und Jesus sagt ihm: „Weg mit dir, Satan.“

Und jetzt kommt das Merkwürdige. Mitten zwischen diesen beiden Polen, „Selig bist du Simon, Sohn des Jona“ und „Weg mit dir Satan, du bist ein Ärgernis für mich“, genau mitten dazwischen steht dieses berühmte Wort: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“

 

Das ist doch ein merkwürdiger Fels, dieser Petrus. Wenn Jesus zu Petrus gesagt hätte: Du bist ein schwankendes Schilfrohr, das hätte man verstehen können. Aber eins war der Petrus nicht, er war sicher kein Fels. Und genau das sagt Jesus zu ihm: „Du bist Petrus, der Fels.“

Gut, Petrus hat für Jesus geglüht. Am Abend, bevor Jesus leiden musste, sagte er: „Wenn alle dich verlassen, ich nicht!“ Das hat er ernst gemeint. Aber der gleiche Petrus kann ein paar Stunden später auch die Finger hochheben: „Ich kenne den überhaupt nicht.“ Das war Petrus: hin und her gerissen; er war im Grunde genommen mehr die Karikatur eines Felsens, als dass er ein Fels war.

Wenn Jesus den Jakobus zum Fels der Kirche gemacht hätte, das war ein gestandener Mann. Das war der erste Bischof von Jerusalem. Der ist als erster den Märtyrertod gestorben.

Oder wenn er seinen Lieblingsjünger, den Johannes zum Fels der Kirche gemacht hätte. Aber ausgerechnet diesen Petrus, der so hin und her gerissen war. Was soll das für einen Sinn machen?

 

Aber ich glaube, das hat eine ganz tiefe Bedeutung, dass Jesus ausgerechnet diesen zwiespältigen Simon Petrus zum Felsen der Kirche machte.

Ich muss ein kleines bisschen weiter ausholen. Sehen Sie, dieser Zwiespalt, der in der Persönlichkeit des Petrus lag, der ist ja auch wie ein Riss durch die ganze Kirche hindurchgegangen.

Auf der einen Seite hat die Kirche im Laufe ihrer zweitausendjährigen Geschichte unheimlich viel Gutes gewirkt. Wie viele Menschen haben durch die Kirche Trost, Ermutigung, Vergebung, Gemeinschaft erfahren. Was hat die Kirche an Leistungen vollbracht im kulturellen Bereich, im seelsorglichen Bereich. Die Welt sähe heute anders aus, wenn es die Kirche nicht gäbe.

Aber auf der anderen Seite sind da auch die ungezählten Missstände, die es in der Kirche gibt, bis auf den heutigen Tag. Und viele Menschen, vor allem auch junge Menschen, leiden unter dieser Kirche. Ja, es stimmt, es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, wo im Mittelalter drei Päpste nebeneinander um die Macht gekämpft haben. Es kostet schon eine ganze Portion Mut, sich zu einer Kirche zu bekennen, die Waffen gesegnet hat, die Hexen verbrannt hat, die Ketzerprozesse durchgeführt hat, wenn ihr jemand nicht passte. Es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, die im Laufe der Geschichte oft auf der Seite der Reichen und der Mächtigen gestanden hat und nicht auf der Seite der Armen. Das ist ein Riss, der mitten durch die ganze Kirche hindurchgeht bis auf den heutigen Tag. Es ist auch heute nicht leicht, alle Verlautbarungen, die von Rom oder von den Bischöfen kommen, zu verstehen. Ich denke etwa an Verlautbarungen zur Stellung der Frau in der Kirche oder zur Frage der Empfängnisverhütung, Geschiedene Wiederverheiratete. Sie kennen die Themen alle. Manchmal leidet man selber auch als Pfarrer darunter, das können sie mir glauben.

 

Aber eins gilt: Jesus liebt diese Kirche, mit allen ihren Missständen. Trotz ihrer Missstände sagt Jesus zu dieser ganz konkreten Kirche, die so zwiespältig ist, ein bedingungsloses Ja. Und darum hat er vom ersten Augenblick an diese Kirche auf einen Mann gegründet wie den Petrus, der diese Zwiespältigkeit in seiner Person verkörpert hat. Damit jeder von uns wissen darf: Jesus liebt nicht die Missstände in der Kirche, aber er liebt die Kirche trotz aller Missstände.

 

Aber man muss sogar noch einen Schritt weiter gehen. Dieser Zwiespalt, der sich durch die Kirche hindurchzieht, der geht ja, wenn wir ehrlich sind, auch durch unser eigenes Herz. Auf der einen Seite gibt es bei jedem von uns viel Gutes, und wir möchten ja auch gut sein. Aber auf der anderen Seite gibt es auch viel Dreck und viel Mist in unserem Leben. Dieser Zwiespalt der zieht sich durch die ganze menschliche Kreatur, durch jedes einzelne Menschenleben.

Stellen Sie sich einmal vor, die Kirche würde nur aus einer Schar von Vollkommenen und Perfekten bestehen. In einer solchen Kirche könnte sich doch keiner von uns wohl fühlen, ich jedenfalls nicht, weil ich eben nicht vollkommen bin. In einer ‚perfekten’ Kirche würden alle mit dem Finger auf mich zeigen; wahrscheinlich würde das jedem von uns so gehen. Und darum hat Jesus diesen Petrus erwählt, diesen zwiespältigen Menschen, weil er uns sagen will: In all deiner Zwiespältigkeit und Zerrissenheit (der einzelne Christ, wie auch die Kirche als ganze), bist du von Jesus geliebt, ohne wenn und aber.

 

Aber wir können die Sache auch einmal von hinten her aufzäumen. Wenn das gilt, dass Jesus die Kirche liebt, trotz aller Missstände, sollten wir nicht vielleicht auch einmal überlegen, ob wir uns dann nicht von diesem Evangelium her auch eine neue Liebe zur Kirche schenken lassen sollen? Gerade auch dann, wenn wir unter der Kirche leiden. Und wenn Jesus den Petrus erwählt hat, diesen Menschen, der ihn auf der einen Seite verleugnet hat, und der auf der anderen Seite für ihn gebrannt hat, sollten wir uns von Jesus her nicht vielleicht auch einmal eine neue Liebe schenken lassen zum Papst? Gut, manchmal leiden wir vielleicht unter seinen Verlautbarungen. Jesus hat unter Petrus auch gelitten, aber er hat ihn trotzdem zum Felsen gemacht. Sollten wir uns nicht eine neue Liebe schenken lassen zu den Bischöfen, zu allen Amtsträgern in der Kirche. Jesus liebt diese Kirche, und es wäre gut, wenn wir uns von ihm diese Sichtweise und diese neue Liebe schenken lassen würden.   Amen.

 

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