Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

24. Sonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 2. Lesung  Jak 2,14-18

Predigt zum Evangelium  Mk 8,27-35

Predigttext:      Jak 2,14-18

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In der früheren DDR gab es einen Witz, der damals, zur Zeit der DDR die Runde machte. Diesen Witz möchte ich an den Anfang der Predigt stellen.

Da kommt ein Mann in der DDR zum Augenarzt in die Praxis. „Ich habe ein furchtbares Augenleiden.“ Fragt ihn der Arzt: „Wo fehlt’s denn?“ „Ich habe ein schreckliches Augenleiden“, sagt er, „ich kann nicht sehen, was ich höre.“

Ich kann nicht sehen, was ich höre. Mit anderen Worten: Es wurde in der DDR unglaublich viel geredet; man konnte unglaublich viel hören über die Errungenschaften des Sozialismus. Aber man konnte nichts davon sehen. „Ich sehe nicht, was ich höre.“

 

Als ich diese Predigt vorbereitet habe, dachte ich: Ob das nicht auch manchmal die Situation unter den Christen ist? Es wird bei uns so viel vom Glauben geredet. Man kann so viel über den Glauben hören. Aber man sieht bei uns so wenig vom Glauben. „Ich sehe nicht, was ich höre“, das könnte man auch bei uns sagen.

 

Man kann nun die Frage stellen: Kann man denn Glauben überhaupt sehen? Der Glaube ist doch eine Herzensangelegenheit. Wenn ich Gott vertraue, wenn ich mich ihm anvertraue, das ist Glauben. Und das kann man doch nicht sehen. Oder doch?

Entweder wird der Glaube sichtbar, oder der Glaube ist tot. Das sage nicht ich, das sagt das Neue Testament; das sagt Jakobus in seinem Brief. „Der Glaube für sich alleine ist tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ Wenn er nicht ganz praktische Auswirkungen hat, die man sehen kann, dann ist der Glaube tot.

Jakobus sagt: „Zeig mir deinen Glauben!“ Die Menschen haben ein Recht darauf, dass man den Glauben sehen kann. Das ist nicht nur heute so, das ist auch in der heiligen Schrift so. Ich will einige Beispiele dafür nennen:

Als die vier Männer einen Gelähmten zu Jesus bringen und ihn durch das Dach herunterlassen – sie kennen ja die Geschichte-, da heißt es: „Jesus sah den Glauben dieser vier Männer.“ Diese vier Männer glaubten: Wenn wir den Mann, den Gelähmten, zu Jesus bringen, dann wird er wieder gesund. Diesen Glauben konnte man sehen. Denn als sie bei der Türe nicht hereinkamen, haben sie es am Fenster versucht. Als die Leute auch im Fensterrahmen saßen, haben sie das Dach, dieses Lehmdach, mit einem Spaten aufgegraben, und haben den Gelähmten heruntergelassen. Da konnte man ihren Glauben sehen. Ihr Glaube hatte ganz konkrete Auswirkungen. Als Jesus ihren Glauben sah, da hat er den Gelähmten geheilt.

Als der Fischer Petrus berufen wird am See Genezareth: Die ganze Nacht hatten sie gefischt und nicht einen einzigen Fisch gefangen. Jesus sagt ihnen am nächsten Morgen: „Fahrt noch einmal auf den See hinaus, und werft eure Netze zum Fang aus.“ Wenn Petrus dann gesagt hätte: Ja Herr, ich glaube was du sagst, und er wäre an Land geblieben, dann wäre sein Glaube ein reines Lippenbekenntnis gewesen. Aber nein, man konnte etwas sehen. Er ist nämlich hinaus gefahren. Da hat der Glaube Konsequenzen und Auswirkungen gehabt.

Eines Nachts sitzen die Jünger im Boot, und ein Sturm kommt auf. Plötzlich kommt Jesus auf den Wellen, auf dem Wasser den Jüngern entgegen, und er ruft den Petrus: „Komm zu mir aufs Wasser“. Da hat Petrus auch nicht gesagt: „Ja, ich glaube, dass ich kommen kann, ich bleibe aber im Boot sitzen, weil ich Nichtschwimmer bin.“ Nein, er ist ausgestiegen! Da konnte man seinen Glauben sehen. „Ein Glaube, den man nicht sehen kann, ist tot“, sagt Jakobus hier.

Jakobus ist ja unheimlich praktisch. Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot, und einer von euch sagt zu ihnen: „Geh hin in Frieden, wärmt und sättigt euch, ihr gebt ihnen aber nicht was sie zum Leben brauchen – was nützt das denn?“ Dann ist euer Glaube tot, dann hat er keine praktischen Auswirkungen.

Wenn wir Christen an einen Gott glauben, der den Menschen bedingungslos liebt ohne Vorleistung, wenn wir aber selber den anderen Menschen nicht lieben und ihn annehmen, wer will uns dann unseren Glauben abnehmen? Das glaubt dir doch keiner.

Wenn du an einen Gott glaubst, der den Menschen immer wieder aufs neue vergibt, und du selber bist nicht bereit, einem anderen zu vergeben, trägst ihm Vergehen noch jahrelang nach, das nimmt dir doch keiner ab, diesen Glauben.

Wenn du an einen Gott glaubst, der den Menschen Stütze und Halt ist, der den Menschen in jeder Situation Geborgenheit schenkt, und du strahlst immer nur Unsicherheit aus, und vermittelst den anderen Menschen nie dieses Gefühl, dass du bei Gott geborgnen bist, wer soll dir dann deinen Glauben abnehmen? Das glaubt dir doch keiner. Darum ist unser Glaube so dünn und dürftig geworden.

Wenn wir wirklich glauben, dass das Evangelium eine frohe Botschaft ist, und wir lesen nie darin, wer soll uns das denn abnehmen?

Wenn wir glauben das die Eucharistiefeier der Mittelpunkt unseres christlichen Lebens ist, das Jesus Christus wirklich da ist, und dann gibt es Leute die nach 45 Minuten auf die Uhr schauen und rausgehen, wenn es 5 Minuten länger dauert, das glaubt dir doch kein Mensch mehr.

Ein Glaube, den man nicht sehen kann ist tot.

Glaub mir eins: Die ersten Christen haben in einer Generation den gesamten Mittelmeerraum für Jesus Christus gewonnen ohne moderne Nachrichtentechnik, ohne Flugzeug und ohne Auto. Warum? Weil man von diesen ersten Christen sagen konnte: Schaut nur, seht, schaut nur, wie sie einander lieben. Da hat man nicht sagen müssen: Hört nur, wie sie über die Liebe reden, sondern: Schaut nur, wie sie einander lieben. Ich bin ganz sicher: Wenn man an unserem Glauben wieder etwas sehen kann, dann werden wir die Menschen von Jesus Christus und von unserem Glauben überzeugen.

Ich habe so oft den jungen Eltern beim Taufgespräch gesagt, - die erklären sich ja dann bereit, ihr Kind im Glauben zu erziehen -: Entscheidend ist nicht, was ihr den Kindern alles beibringt, ob das auch alles genau richt ist, sondern entscheidend ist, dass die Kinder in Ihrer Ehe in Ihrer Familie sehen können, dass Vater und Mutter glauben. Dass die Kinder sehen können und erleben können, wie Vater und Mutter beten, dass sie erleben können: Für Vater und Mutter bedeutet der Gottesdienst etwas. Das ist entscheidend.

Wenn Kinder im Kindergarten oder in der Schule sind, das was eine Erzieherin oder ein Religionslehrer den Kindern sagt, ist nicht das Entscheidende, sondern ob die Kinder sehen können, wie dieser Religionslehrer, wie diese Erzieherin glaubt. Das was man bei uns sehen kann, redet lauter als das, was wir sagen. Das prägt den Menschen. Ein Glaube ohne Werke, ohne Auswirkungen ist tot.

 

Zum Abschluss möchte ich noch eine Geschichte erzählen. Sie passt genau in diesen Zusammenhang hinein. Es hat einen Artisten gegeben, der mit dem Motorrad auf dem Drahtseil fahren konnte. Ich habe das selber als Kind noch erlebt. Jetzt wird es eine erfundene Geschichte

Dieser Artist war eine Wette eingegangen: Wenn ihr mir ein Drahtseil über die Niagarafälle spannt, dann werde ich mit dem Motorrad über die Niagarafälle hin und zurück fahren. Das war das große Ereignis in den USA. Man hat dieses Drahtseil gespannt, er fährt darüber, den Blick starr auf das Drahtseil gerichtet. Es hat ihm unheimliche Konzentration abverlangt, und er kommt tatsächlich am anderen Ufer an.

Als er dort angekommen ist, bricht ein unbeschreiblicher Jubel los, eine Begeisterung bei den Leuten am Ufer. Sie heben ihn auf die Schultern, hängen ihm einen Lorbeerkranz um den Hals und jubeln ihm zu. Der Artist aber hat gar keinen Blick für diesen ganzen Jubel. Er hat sich so konzentrieren müssen, dass er davon noch ganz gefangen ist. Außerdem weiß er: ich muss ja noch zurück, die Wette geht hin und zurück.

Als der Jubel kein Ende nehmen will, schaut er einen der Leute an und fragt ihn: „Glaubst du, dass ich es noch einmal zurück schaffe?“ „Natürlich glaube ich das! So sicher, wie Sie gefahren sind, natürlich glaube ich das!“ „Glauben sie das wirklich, oder sagen sie das nur mir zuliebe?“ „Nein, ich glaube hundertprozentig, dass Sie es noch einmal zurück schaffen!“

Der Artist schaut ihn an und sagt: „Wenn du das wirklich glaubst, dann steig auf; ich habe den Rücksitz noch frei.“

Zeig mir deinen Glauben. Glaube ohne Werke ist tot.  Amen!

           

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Predigttext:      Mk 8,27-35

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es ist Halbzeitpause in einem Fußballspiel. Die Spieler verlassen das Spielfeld und ziehen sich mit ihrem Trainer in die Kabine zurück. Dort hält der Trainer in der Halbzeitpause mit den Spielern einen Rückblick auf die erste Halbzeit, wie es gelaufen ist, und er stellt sie auf die zweite Halbzeit ein. Halbzeitpause in einem Fußballspiel.

Der Evangeliumsabschnitt, den ich gerade vorgelesen habe, ist so eine Halbzeitpause. Wir sind genau in der Mitte des Markusevangeliums, und Jesus zieht sich mit seinen Jüngern zurück. Wenn es hier heißt er ging mit ihnen nach Cäsarea Philippi, das ist eine einsame Gegend im Norden Israels, im Quellgebiet des Jordan. Jesus zieht sich mit seinen Jüngern zurück, so wie ein Fußballtrainern mit den Spielern bei der Halbzeitpause. Und dann hält Jesus Rückblick auf die erste Halbzeit seines öffentlichen Wirkens. Das war eine glanzvolle und strahlende Epoche gewesen. Die Menschen hatten miterlebt, wie Jesus in der Kraft des Heiligen Geistes Zeichen und Wunder gewirkt hat. Sie hatten miterlebt, wie er mit Vollmacht gepredigt hatte etwa in der Bergpredigt: „... Ich aber sage euch ...!“ So hatte in Israel seit den großen Propheten des Alten Testamentes noch nie einer geredet.

Und als Jesus dann in dieser Halbzeitpause die Jünger fragt: „Sagt mal, für wen halten die Leute mich?“, da haben sie sofort eine Antwort auf der Zunge. Mensch noch mal, der hat so gepredigt, wie es sonst in Israel nur die Propheten getan haben. „Er ist ein Prophet“, haben die Leute gesagt. Und dann fiel ihnen plötzlich Elija ein, der große Gottesmann des Alten Testamentes. Elia hatte Feuer vom Himmel fallen lassen. Er hat den Himmel verschlossen, dass es nicht mehr geregnet hat. Er hat Zeichen und Wunder gewirkt. Er hat einen Toten zum Leben erweckt ... Und genau das geschah ja im Leben Jesu auch. Und dann sagen sie: „Das muss Elija sein, der wiedergekommen ist.“ Im Judentum erwartete man, dass Elija wiederkommt, bevor der Messias erscheint. All diese Dinge gingen den Jüngern durch den Kopf beim Rückblick auf die erste Halbzeit.

 

Aber dann fragt Jesus die Jünger: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Und dann sagt Petrus als Sprecher der Jünger: „Du bist der Messias.“ Und merkwürdig, Petrus hat es bekannt, aber Jesus verbietet ihnen, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, dass er der Messias ist. Warum eigentlich?

Sehen sie, wenn Petrus hier bekennt, dass Jesus der Messias ist, und die Leute in Israel hätten dieses Bekenntnis gehört, wissen Sie, was die sofort gedacht hätten, was jeder vom Messias erwartete? Der Messias wird uns befreien von der Knechtschaft der Römerherrschaft. Man hat einen politischen Messias erwartet. Damals gab es in ganz Galiläa „Terroristengruppen“, die so genannten Zeloten, die einen Anschlag nach dem anderen gegen die römische Besatzungsmacht durchführten. Und wenn Jesus sagt: „Ich bin der Messias“, dann musste das bei den Menschen so ankommen: Jetzt haben wir endlich einen Anführer, der uns von der Herrschaft der Römer befreit. Und genau das will Jesus vermeiden. Und darum verbietet er ihnen, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, dass er der Messias sei.

Rückblick auf die erste Halbzeit.

 

Und dann kommt der Ausblick auf die zweite Halbzeit, und die wird ganz anders sein. Da beginnt Jesus ihnen zum ersten Mal zu sagen, dass er als der Messias leiden muss, dass er getötet wird, dass er von den Hohenpriestern, (heute würde man sagen von der Amtskirche) verworfen wird, und dass er schließlich am Kreuz wie ein Verbrecher sterben wird. Das wird die zweite Halbzeit sein. Nicht ein strahlender Held, sondern einer, der wie ein Verbrecher ans Kreuz gehängt wird.

Dann kann man sich vorstellen: Petrus hat zwar gesagt „Du bist der Messias“, aber so hat er sich den Messias auch nicht vorgestellt. Und er fängt an, Jesus Vorhaltungen zu machen. Im Mathäusevangelium da steht an dieser Stelle ausdrücklich dabei: „Das soll Gott verhüten, das darf auf keinen Fall mit dir geschehen!“ Petrus hat es nicht verstanden, und er muss sich das harte Wort Jesu gefallen lassen: „Weg mit dir Satan, du bist ein Ärgernis für mich. Du denkst nicht die Pläne Gottes, sondern du hast menschliche Pläne.“ Einen Messias, der leiden muss, der ans Kreuz geht, den konnte man sich beim besten Willen nicht vorstellen. Das wäre so ungefähr so als wenn ein Schützenkönig bei der Bruderschaft, der den Vogel abgeschossen hat, eine Woche vor dem großen Schützenfest zum Vereinspräsidenten kommt und sagt: „Ich muss ihnen etwas mitteilen: Ich bin rechtskräftig verurteilt und werde mit Steckbrief gesucht, ich komme ins Gefängnis.“ So ähnlich ist das. Das wäre auch ein Schock.

Und dann sagt Jesus ihnen, als er diesen Schock bemerkt, dieses Wort, das bei uns oft missverstanden wird: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst. Er nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Meistens haben wir Katholiken die Vorstellung, dass man die Leiden des Lebens geduldig tragen muss, die Krankheiten und Sorgen, die Gott einem schickt. Dann meint man, das wäre das Kreuz. Aber Jesus meint wohl etwas ganz anderes.

Diese Wort von der Kreuzesnachfolge hat Jesus ja damals zu den Juden gesprochen. Wenn damals in Jerusalem die Leute einen sahen, der durch die Straßen geführt wurde und das Kreuz trug, dann wusste jeder in Israel: Der ist rechtskräftig als Verbrecher zum Tode verurteilt und wird gerade zur Hinrichtung geführt. Das wusste jeder in Israel. Und wenn Jesus den Menschen, die ihm nachfolgen, zumutet, das Kreuz auf sich zu nehmen, dann bedeutet das die Zumutung: Betrachte dich als einen Verbrecher, der das Todesurteil verdient hat, und der jetzt zur Hinrichtung geführt wird.

In den Augen Gottes ist jeder von uns schuldig. In den Augen Gottes sind wir durch unsere Sünde dem Tod verfallen. Und wenn man darüber erschrickt, ich bin Sünder und ich habe den Tod verdient, dann auf einmal wird man wieder neu aufschauen können zu dem Messias, der nicht ein strahlender Held ist sondern der die Dornenkrone trägt. Der für mich ans Kreuz gegangen ist, der das Kreuz stellvertretend für mich getragen hat. Dann auf einmal lernt man verstehen, was der Messias ist, und warum der Messias diesen Weg des Leidens geht.

Stell dich einmal unter ein Kreuz und schau auf zu dem Gekreuzigten, der da hängt, dem König, dem Messias mit der Dornenkrone. Und dann sag ihm: „Herr, eigentlich habe ich das Todesurteil verdient. Danke, dass du dieses Urteil, diese Strafe auf dich genommen hast.“

Und dann wirst du verstehen, was es heißt: Der Messias ist Jesus Christus für dich.   Amen.

 

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