Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

25. Sonntag C
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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 Predigt zur 1. Lesung:    Am 8,4-7

Predigt zur 2. Lesung   1 Tim 2,1-8

Predigt zum Evangelium:   Lk 16,1-13

Predigttext:      Am 8,4-7

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die deutschen Bischöfe haben vor jeder Bundestagswahl einen Hirtenbrief verfasst, einen Wahlaufruf. Und jedes Mal hat unten drunter gestanden: Dieser Wahlaufruf ist einen Sonntag vor der Wahl zu verlesen. Die Bischöfe dafür haben oft Kritik bekommen. Sie sollten sich aus der Tagespolitik heraushalten, dazu seien sie überhaupt nicht kompetent. Wenn sich ein kirchlicher Würdenträger, der Papst oder ein Kardinal zu irgendwelchen tagespolitischen Themen äußert, dann fühlt sich immer irgend einer ‚auf den Schlips getreten’ und schlägt auf die Kirche los.

Soll die Kirche sich da wirklich ganz raus halten?

 

Wir haben gerade als Lesung einen kurzen Abschnitt gehört aus dem Propheten Amos. Wenn man im Alten Testament einmal die Prophetentexte liest, dann spürt man: Die Propheten haben sich im Namen Gottes damals in die aktuellsten tagespolitischen Fragen eingemischt. Und sie haben den politisch Herrschenden und auch den kirchlichen Würdenträgern ins Gewissen geredet, wie das heute kaum jemand wagen würde.

Der Prophet Amos, aus dem wir die Lesung gehört haben, mischt sich nicht in die Politik ein, weil er meint, er hätte von den politischen Sachzwängen mehr Ahnung als die Politiker, oder er verstünde mehr von der Wirtschaft und von ihren Zusammenhängen. Aber eins wusste der Prophet Amos: Diese Welt ist Gottes Schöpfung. Und die Propheten werden nie müde, das Recht Gottes auf seine Schöpfung einzufordern.

 

Das gilt heute auch noch. Auch heute ist die Welt Gottes Schöpfung; und Gott hat ein Recht auf seine Schöpfung, ein Recht darauf, dass seine Schöpfungsordnung beachtet wird.

Sehen Sie, es gibt nicht nur wirtschaftliche Zwänge und Verflechtungen, es gibt auch geistliche Sachzwänge. Man nennt sie die Gebote Gottes. Wir können uns nicht, damals wie heute, einfach bedenkenlos über diese geistlichen Grundsätze hinwegsetzen, ohne dass wir, dass unsere Gesellschaft, damals wie heute, Schaden erleidet.

 

Ich will Ihnen noch ein paar Sätze vorlesen, und Sie werden merken, wie brandaktuell der Prophet Amos auch heute noch ist.

Amos sagt den Israeliten: „Ihr, das Volk Gottes, sagt: Wann ist das Neumondfest vorbei, wir wollen Getreide verkaufen. Wann ist der Sabbat vorbei, wir wollen den Kornspeicher öffnen.“

Schwestern und Brüder, das Sabbatgebot, du sollst den Tag des Herrn heiligen, war im Altertum eine der größten sozialen Errungenschaften, die man sich vorstellen kann. Da wurde gesetzlich ein arbeitsfreier Tag für alle Lohngruppen garantiert. Das gab es in keinem anderen Volk. Und was ist aus diesem Sabbat, aus dieser sozialen Errungenschaft im Volk Israel gemacht worden. Man hat darunter gestöhnt, man hat es als eine Last empfunden: Da können wir keine Geschäfte machen. Wann ist der Sabbat endlich vorbei, dass wir den Kornspeicher öffnen können, dass wir Geschäfte machen können.

Und Gott legt seinen Finger auf diesen wunden Punkt, damals und wohl auch heute. Damals hat sich Israel, wenn auch zähneknirschend, an dieses Gebot gehalten. Heute halten wir uns ja gar nicht mehr daran. Heute feiern wir es umgekehrt als eine Errungenschaft, wenn in unseren Städten ein verkaufsfreier Sonntag zusätzlich herausgeholt wird, wo man Geschäfte machen kann. Es ist heute selbstverständlich, dass ein Handwerker am Sonntag seine Bücher führt und am Sonntag seine Rechnungen schreibt. Und dann sagen uns die Politiker: Wir können uns das nicht leisten, die Maschinen abzustellen, die müssen durchlaufen. Und fragen sie einmal, welche Zwänge heute ein Handwerker, ein Arbeiter auf der Zeche hat, wenn er gezwungen wird, auch am Sonntag zu arbeiten. Wir setzen uns bedenkenlos über dieses Gebot Gottes hinweg und wir spüren schon gar nicht mehr, dass der Profit unser Gott geworden ist. Dem ordnen wir alles unter, sogar das Familienleben. Und Gott sagt: Das geht nicht gut aus.

 

Ich habe einmal einen Geschäftsmann kennen gelernt, der hatte einen kleinen Lebensmittelladen. Dieser Laden war jeden Sonntag nach dem Hochamt geöffnet. Da kamen nach dem Hochamt Scharen von Käufern aus den Bauernschaften und haben Taschenweise die Lebensmittel nach Hause geschleppt, nicht nur frische Brötchen für den Sonntag. Nein, die haben sich für die ganze Woche eingedeckt. Und als ich ihn einmal darauf angesprochen habe, hat er mir gesagt: Wissen Sie, ich kann mir das nicht leisten, sonntags mein Geschäft zu schließen. Ich habe umgebaut, und ich bin auf jeden Euro angewiesen. Heute braucht er das Geschäft nicht mehr aufzumachen. Er war ein paar Jahre später pleite.

Glaub mir, Gott wird zulassen, dass unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft pleite geht, auch im Großen. Ist es nicht merkwürdig, dass wir mit dem Thema Arbeitslosigkeit bei allen Anstrengungen einfach nicht fertig werden, unabhängig davon, welche Partei gerade an der Regierung ist? Dass immer mehr Firmen pleite gehen, dass die Börsenkurse, auf die wir so gesetzt hatten, immer tiefer in den Keller fallen, dass unsere Weltwirtschaft immer so auf einer Gratwanderung ist. Wir wissen nicht: kippt sie oder kippt sie nicht.

 

Hier rächt sich im großen Maßstab, wenn wir uns über die Gebote Gottes bedenkenlos hinwegsetzen. Gott hat zugelassen, dass der Kommunismus als gottfeindliche, atheistische Ideologie vom Thron gestürzt wurde. Aber Papst Johannes Paul II. hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Gott auch den Kapitalismus, wo der Profit über alles geht, vom Thron stürzen wird. So ein Wort könnte fast vom Propheten Amos stammen.

 

Amos schreibt weiter: „Ihr sagt: Wir wollen das Maß kleiner machen, den Preis größer machen und die Gewichte fälschen“, auf gut Deutsch: Wir wollen vom Betrug leben.

Gut, wir dürfen heute keine Gewichte mehr fälschen, aber der Betrug in unserer Gesellschaft ist genauso groß, er ist nur ein bisschen versteckter. Ich will ihnen dafür ein paar ganz praktische Beispiele sagen.

Da gehst du in ein Warenhaus und kaufst dir eine Tube Zahnpasta, und da steht groß drüber ‚Sonderangebot’. Wenn du dir aber die Mühe machst, genau nach Millilitern nachzurechnen, dann stellt sich auf einmal heraus, dass das sogenannte Sonderangebot in Wirklichkeit teurer ist als das normale Angebot. Eine große Tube mit viel Leerraum und wenig Inhalt. ‚Mogelpackung’ nennt man das.

Ich habe einmal mit jemandem aus der Wirtschaft gesprochen, der hat mir gesagt: Es gibt ganze Strategien, die nur darauf aus sind, die Menschen optisch zu täuschen, damit sie Dinge kaufen und meinen, sie hätten billig eingekauft. „Das Maß kleiner und den Preis größer machen.“

Oder ein anderes Beispiel: Da gehst du in ein Warenhaus, in einen Lebensmittelmarkt, und willst irgend ein Frischprodukt kaufen. Ist das nicht merkwürdig - ich habe das selber oft erlebt, als ich selber einkaufen musste, dass das Preisetikett oft genau auf der Stelle sitzt, wo das Haltbarkeitsdatum aufgedruckt ist. Und wenn du dir die Mähe machst und nimmst das Preisschild runter, dann stellst du fest, dass das Haltbarkeitsdatum fast abgelaufen ist. Das ist Betrug, ganz schlicht und einfach Betrug. Gott hat damals seinen Finger auf diese wunde Stelle gelegt. Und wir haben heute den gleichen Gott. Täuscht euch nicht!

 

Der Prophet Amos sagt weiter: „Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, für ein paar Sandalen wollen wir die Armen kaufen.“ Es hat damals in Israel einen furchtbaren Zwiespalt gegeben, zwischen einer kleinen, reichen Oberschicht, die immer reicher wurde, und den Armen, die ausgebeutet wurden nach Strich und Faden, die immer ärmer wurden.

Gott ist ein Anwalt der Armen. Darum legt er seinen Finger auch auf diesen wunden Punkt. Das ist heute genau so aktuell: Wir haben eine Oberschicht, eine relativ kleine Oberschicht, die immer reicher wird. Und dann sind da die Armen, die kinderreichen Familien etwa, oder die alleinerziehenden Mütter oder Väter, die immer ärmer werden.

Überlegen Sie einmal, was das bedeutet: In einer Kleinstadt im Münsterland ging vor Jahren das Gerücht um, dass in dieser Stadt eine große Warenhauskette ein Warenhaus bauen wollte. Die kleinen Geschäftsleute, die Einzelhändler haben gezittert, weil sie genau wussten: Wenn das Wirklichkeit wird, dann sind wir nicht mehr konkurrenzfähig, dann gehen wir pleite. Die Kleinen gehen kaputt.

Oder übersetzen wir das einmal in den Weltmaßstab: Wenn wir heute Entwicklungshilfe leisten, ist das ja im Grunde oft ein Betrug, es ist oft eine neue Form von Ausbeutung. Wir verlagern unsere Produktionen in die Länder der dritten Welt, weil die Menschen dort für einen Hungerlohn arbeiten, damit wir dann preiswert einkaufen können. Buchstäblich – so wie es Amos sagt: Für ein paar Sandalen müssen die Leute arbeiten, damit wir hier billig einkaufen können.

Und was sagt Gott dazu, zu diesem ganzen System: „Beim Stolz Jakobs (Jakob ist da ein anderer Ausdruck für Israel), der Herr hat geschworen. Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.“

 

Als der Prophet Amos damals gepredigt hat, da gab es in Israel eine wirtschaftliche und politische Blütezeit. Und als Amos das Gericht Gottes ankündigt, da hat keiner damit gerechnet, dass das eintreffen würde. Aber es hat nur etwa dreißig Jahre gedauert, da hat Israel politisch und wirtschaftlich einen Knacks bekommen, von dem es sich nie mehr erholt hat.

Und wir haben heute den gleichen Gott. Und diese Dinge in der Bibel sind ja nicht aufgeschrieben für einen Bibelkurs, sondern damit wir lernen: Es gibt geistliche Naturgesetze, über die kann man sich nicht hinwegsetzen. Gott muss nicht einen Blitz vom Himmel schleudern, damit das Gericht kommt; wir bereiten uns dieses Gericht schon selber.

 

Sehen Sie, es ist ganz eindeutig klar: Wenn man mit dem Finger in eine Steckdose greift, dann bekommt man ‚einen gewischt’. Und dafür kann man nicht das Elektrizitätswerk verantwortlich machen. Wenn wir uns über die geistlichen Grundgesetze Gottes hinwegsetzen, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass wir ganz kräftig ‚eins gewischt’ kriegen. Und in einer solchen Situation sind wir heute. Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Ich denke an den Untergang des Kommunismus.

Wie heißt das im Evangelium heute am Ende: „Keiner kann zwei Herren dienen, wir können nicht Gott dienen und dem Mammon.“

Wie heißt das beim Propheten Amos: „Beim Stolz Israels, keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.“   Amen.

 

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Predigttext:   1 Tim 2,1-8

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Mit einer großen Regelmäßigkeit wird uns im Fernsehen vor Augen geführt, wie Menschen gegen alle mögliche Zustände demonstrieren. Und je lauter sie demonstrieren, um so mehr halten die Fernsehkameras auf diese Menschenhaufen.

Dem steht gegenüber das Wort des Apostels Paulus in der Lesung aus dem 1. Timotheusbrief: Vor allem fordere ich auf zu Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung und zwar für alle Menschen, gerade auch für die Herrscher und für alle, die irgendwie Macht ausüben.

Tun wir das noch? Gut, demonstrieren ist eine Seite. Aber wo sind die Menschen, die heute dieser Weisung des Apostels Paulus folgen und für die Machthaber beten? Im Gebet eintreten nicht nur in der Fürbitte, sondern auch durch Danksagung. Denn das gibt es ja doch auch, dass die Machthaber Gutes bewirken. Wo sind die Menschen, die dann dafür Gott danken?

Wenn in unserem Land Wahlen sind, gehören wir zu denen, deren Zahl ja immer größer wird, die aus Protest gar nicht mehr wählen gehen, oder die aus Verärgerung vielleicht eine der radikalen Parteien am rechten oder linken Rand wählen? Oder gehören wir zu denen, die zwar registrieren, dass es viele Missstände gibt, aber die dann die Regierenden, die Kandidaten und die gewählten Abgeordneten im Gebet vor Gott bringen? Wo sind die Menschen, die das tun? Ärgern ist einfach. Aber wir werden von Paulus aufgefordert, für diese Menschen zu beten.

Vielleicht geht es ihnen genauso wie mir, dass ich mich schwarz ärgere, wenn Spitzenmanager in der Wirtschaft sich Millionen als Abfindungssummen zahlen lassen, nachdem sie einen Konzern in den Sand gesetzt haben. Das haben wir ja alles seinen letzten Jahren erlebt. Natürlich, Empörung ist angebracht. Aber beten wir auch für diese Menschen? Mir hat vor einiger Zeit jemand gesagt: Ich möchte nicht einer von den Spitzenmanagern sein, dann bin ich lieber mit wenig Geld zufrieden.

Oder: Sie hören im Fernsehen oder lesen in den Zeitungen von Querelen und Missständen in der Kirche. Natürlich kann man leicht den Papst, die Glaubenskongregation, die Bischöfe kritisieren. Das ist die eine Seite. Aber wer betet denn schon für einen neuen Bischof, wenn der in sein Amt eingeführt wird? Wer betet denn schon, wenn der Papst eine Pastoralreise in ein Land macht. Vielleicht schauen noch einige sich so einen Gottesdienst im Fernsehen an. Aber ist das wirklich unser Gebetsanliegen, dass ein neuer Bischof, dass der Papst seinen Dienst zur Ehre Gottes und zum Wohl der Menschen tun kann? Oder kommt das in unserem Gebet gar nicht vor?

Wir kritisieren, dass Menschen in den Verwaltungen manchmal schikaniert werden, dass sie oft lange warten müssen, und dass sie vielleicht als Arbeitslose wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Oder wenn Ausländer zu einer Behörde müssen, sich nicht auskennen, und dann von einem Amt zum anderen geschickt werden. Aber wer hat denn schon einmal darüber nachgedacht, für diese Menschen zu beten, nicht für die da anstehen müssen, sondern für alle, die in den Verwaltungen Macht haben. Die kommen bei uns auch in den Fürbitten des Gottesdienstes praktisch nicht vor. Und dabei liegt in den Verwaltungen eine so große Macht.

Wer betet denn für die Gewerkschaftsbosse? Darauf schimpfen kann man leicht. Oder wer betet für die Spitzenvertreter der Wirtschaft, Arbeitgeberpräsident und ähnliches? Wer kommt denn schon auf die Idee, für die alle einmal zu beten?

Da sagt uns Paulus: Vordringlich fordere ich auf zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, besonders für die Regierenden und für die, die Macht ausüben.

 

Wissen Sie, was mich einmal sehr beeindruckt hat: Ich habe einmal auf einem Bibelkurs einen Mann als Teilnehmer dabei gehabt, der im Finanzamt arbeitete. Der hat mir so beiläufig bei Tisch erzählt: Er muss jeden Tag Akten in die Hand nehmen und Steuererklärungen bearbeiten. Und er sagte mir: „Wenn ich eine Akte vor mir habe, ich kenne den Menschen überhaupt nicht, der sich hinter der Steuernummer verbirgt, oder es wäre reiner Zufall, wenn ich einen kennen würde. Aber jedes Mal, wenn ich eine neue Akte zur Hand nehme, dann bete ich für den Menschen, der sich hinter dieser Steuernummer verbirgt.“

Was ist das für eine Haltung. Jedes Mal bete ich für den Menschen, der sich hinter dieser Steuernummer verbirgt.. Ich habe vor diesem Mann innerlich den Hut gezogen. Lassen wir uns vom Apostel Paulus ermahnen und ermutigen, in umfassender Weise Fürbitte zu tun.

 

Aber noch ein Zweites:

Da schreibt Paulus am Ende: „Ich will, dass die Männer überall beim Gebet ihre Hände in Reinheit erheben, das heißt frei von Zorn und Streit.“ Interessant ist, dass Paulus hier ausgerechnet die Männer anspricht. Die Männer haben sich bei uns aus dem religiösen Leben oftmals ganz zurückgezogen. Aber Paulus spricht ganz besonders die Männer an. Doch darauf kommt es mir jetzt aber nicht darauf an.

Wichtig ist die Haltung, in der ich bete. Wenn mein Inneres voll ist von Streit, von Zorn, von Bitterkeit oder gar Hass, dann kann ich nicht richtig beten. Dann muss ich erst dafür beten, dass mein Zorn sich legt, auch mein berechtigter Zorn über manche gesellschaftlichen Missstände. Wenn Du für diese Menschen betest, dann bete zuerst dafür, dass Du ohne Zorn und Bitterkeit beten kannst.

 

Und schließlich einen letzten Gedanken, der auch in unserer Lesung steht:

Da geht es um den Inhalt des Gebetes: Wir würden vielleicht als Gebetsanliegen nennen: dass bei uns soziale Gerechtigkeit herrscht, dass unsere wirtschaftlichen Verhältnisse besser werden, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht.

Aber das Wichtigste in den Augen Gottes ist: dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Ich hatte anfangs so darüber weg gelesen. Aber überlegen Sie einmal, wie viel Halbwahrheit es heute in unserer Gesellschaft gibt, auch in unserer Kirche. Wie viel Halbwahrheit, ich sage gar nicht Lüge, sondern Halbwahrheit, wo nur die eine Hälfte gesagt wird, und die andere Hälfte verschwiegen wird.

Machen wir uns die Mühe, wirklich die Wahrheit zu erforschen?: Was ist denn jetzt wirklich ‚Sache’, und was ist nur dummes Gerede? Wir haben so viele Talkshows, auch Polittalkshows, dass man gar nicht mehr durchblicken kann, was denn in dieser Angelegenheit wirklich die Wahrheit ist. Oder schließen wir uns den Stammtischparolen an, die in der Regel auch von Halbwahrheiten bestimmt sind?

Aber dieses Anliegen, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, hat noch eine tiefere Dimension. Wahrheit bedeutet ja nicht nur Wahrheit in dem irdischen Sinne. Wahrheit bedeutet auch, dass ich lerne, die Situation mit den Augen Gottes zu sehen. Wie urteilt Gott über unsere Lage heute? Und dann sind manchmal ganz andere Gesichtspunkte wichtig.

Wenn ich wissen will, wie Gott die Dinge beurteilt, wie er die Dinge sieht, dann gibt es in einen „Königsweg“: Nimm dir das Wort Gottes zur Hand. Nicht dass ich jetzt eine bestimmte Bibelstelle nennen könnte, die man dann lesen kann, das gibt es normalerweise gar nicht. Aber wenn man wissen will, wie Gott unserer Situation sieht und beurteilt, dann ist es am einfachsten, regelmäßig in der Heiligen Schrift, im Wort Gottes zu lesen. Dann lernt man, in den Gedankengängen Gottes zu Hause zu sein.

 

Ich lade Sie ganz herzlich ein, dass Sie sie diesen Dreischritt tun:

Auf der einen Seite beten für die Menschen, über die wir meist nur schimpfen.

Zweitens: Bete zuerst dafür, dass Du ohne Streit und Bitterkeit beten kannst.

Und schließlich drittens: Geh der Wahrheit auf den Grund, der menschlichen Wahrheit und der göttlichen Wahrheit.   Amen.

 

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Predigttext:      Lk 16,1-13

Predigt im mp3 Format

 Liebe Schwestern und Brüder!

 

Das ist eine anstößige Geschichte, die Jesus da im Evangelium erzählt – ja man mag fast gar nicht ‚Evangelium’ ‚Frohe Botschaft’ dazu sagen. Eine anstößige Geschichte.

Wir sind ja gewohnt, dass Jesus, wenn er ein Gleichnis erzählt, die Bilder immer aus dem vollen Leben nimmt. Aber dass er ausgerechnet so einen eklatanten Fall von Betrug – man könnt sogar fast sagen von Wirtschaftskriminalität – ,dass er den als Bespiel nimmt: Eine anstößige Geschichte. Und dann wälzt er diesen Fall von Kriminalität auch noch in allen Einzelheiten aus: Wie der Verwalter die einzelnen Schuldner kommen lässt. „Wie viel bist du schuldig? Hundert! Setz dich hin und schreibe achtzig,“ und so weiter. Und dann, das setzt allem die Krone auf: ganz am Ende, als man denkt: Jetzt bekommt der Verwalter eins drübergezogen, jetzt wird er verurteilt, dann steht da: „Jesus lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters.“ Das darf doch wohl nicht wahr sein! Eine anstößige Geschichte!

 

Ich meine, eins muss man diesem Verwalter zugestehen: Das war ein cleverer Mann. Diese Clevernis, diese Klugheit zeigt sich in drei Schritten:

 

Das erste, wo er clever war: Er hat haarscharf seine Situation erkannt: Ich hab meinen Herrn betrogen. Ich habe Bilanzen gefälscht. Ich muss jetzt Rechenschaft ablegen. Ich habe keine Chance, gut dazustehen, wenn ich jetzt Rechenschaft ablegen muss. Ich werde abgesetzt. Die Verwaltung wird mir entzogen.

Da gibt es nicht dran zu deuteln, er sieht seine Situation ganz klar und eindeutig. Er hängt auch kein Mäntelchen drum oder sagt: „Das machen ja alle.“ Er versucht auch gar nicht, den Tatbestand zu vertuschen oder sich zu entschuldigen. Nein, er sieht seine Situation ganz realistisch: Ich werde als Verwalter abgesetzt.

 

In einer zweiten Weise ist dieser unehrliche Verwalter unheimlich clever: Er zieht sofort praktische Schlüsse aus seiner Situation. ‚Wenn ich jetzt als Verwalter abgesetzt werde – irgendwo muss ich ja bleiben. Was soll ich dann für den Rest meines Lebens machen? Schwere Arbeit - dazu tauge ich nicht, da hab ich nichts gelernt. Betteln - dazu schäme ich mich.’ Und dann kommt ihm die Idee: Ich muss mir Freunde machen, die mich aufnehmen. Er zieht sofort praktische Konsequenzen aus seiner Lage. Ich muss mir Freunde machen, Komplizen könnte man sagen, die ich dann in der Hand habe, die mich aufnehmen. Clever!

 

Und noch in einer dritten Weise ist dieser Verwalter clever: Er überlegt nicht nur und denkt darüber nach, sondern er setzt sofort seine Überlegungen in die Tat um. Er weiß ganz genau: Wenn ich nicht sofort handle - morgen kann es zu spät sein. Und dann ruft er sofort die einzelnen Schuldner zusammen: Was bist du meinem Herrn schuldig? Hundert Sack Weizen! Schreib achtzig! usw. Er zieht sofort Konsequenzen und handelt auch danach und zwar sofort.

 

Und sehen Sie: Hier wird auf einmal deutlich, warum Jesus diese anstößige Geschichte erzählt. Wenn man genau hinschaut: Jesus lobt ja nicht die Unehrlichkeit, sondern es steht sehr deutlich da: Jesus lobte die Klugheit, dass der so clever war. Was Jesus uns mit dieser anstößigen Geschichte sagen will, ist folgendes: Wenn ihr, die Kinder des Lichtes, das heißt die Christen, in Bezug auf eure Zukunft, auf eure ewige Zukunft, genauso clever wäret wie dieser unehrliche Verwalter in Bezug auf seine irdische Zukunft, dann sähe manches anders aus.

 

Und jetzt gehen wir die drei Schritte von oben noch einmal durch: Der Verwalter erkennt: Meine Lage ist aussichtslos; die Verwaltung wird mir entzogen. Ich muss Rechenschaft ablegen und kann es nicht. - Jeder Mensch, sagt das Neue Testament, muss einmal vor Gott Rechenschaft ablegen. Da kann man heute anders drüber denken. Aber wer sagt: das glaub ich nicht, der ist dumm. Es wird sich für die meisten von uns spätestens in 50 bis 70 Jahren herausstellen; dann werden wir es genau wissen. Jeder muss einmal vor Gott Rechenschaft ablegen. Und dann werden die Bilanzen geprüft. Und dann wird genau nachgeschaut, was Sache ist.

Und es ist genau so eindeutig im Neuen Testament, dass keiner von uns bei dem Rechenschaftsbericht sagen kann: Meine Bilanzen sind in Ordnung. Paulus schreibt (im dritten Kapitel des Römerbriefes): Alle haben gesündigt und haben die Herrlichkeit vor Gott verloren. Alle!   Wenn die zehn Gebote gelten – und die gelten wirklich! – ,dann hat keiner von uns eine Chance, durchzukommen. Aus diesem Grunde erzählt Jesus die Gleichnisse vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme, vom verlorenen Sohn. (Diese Gleichnisse wurden ja am letzten Sonntag im Gottesdienst gelesen.) Immer dieses Wort ‚verloren’, das wir heute gar nicht mehr hören wollen. Ja, das Neue Testament sagt ganz eindeutig: Wenn der Mensch Rechenschaft ablegen muss, ist er verloren und hat keine Chance. Und Jesus erzählt dieses Gleichnis heute, damit wir aufgefordert werden: Mensch, häng nicht ein Mäntelchen um deine Schuld; versuch nicht die Schuld zu vertuschen. Erkenne deine Lage, die du vor Gott hast, ganz realistisch an und sag nicht: ‚Das machen die anderen ja auch alle. Irgendwie wird Gott schon nicht so sein.’     Das ist das eine. Sei in dieser Hinsicht ‚clever’!

 

Aber auch in dem zweiten Punkt: Der Verwalter zieht sofort Konsequenzen: ‚Ich muss mir Freunde schaffen.’ Und auch hier wieder: Zieh Du aus Deiner Lage vor Gott die richtigen Konsequenzen und sag nicht: Irgendwie komm ich da schon raus. Sieh vielmehr zu, dass Du Dir den Einen zum Freund machst, den Gott Dir anbietet, nämlich Jesus Christus. Bei ihm gibt es eine Lösung, eine Erlösung, auch für die, die verloren sind, die beim Prüfungsgericht Gottes nicht bestehen können. Sieh zu, dass Du Dir den Einen zum Freund, zum Erlöser erwählst. Und wenn dann Deine Bilanzen geprüft werden, und alles vorne und hinten nicht stimmt, dann denk daran: Dieser Eine hat für Dich bezahlt. Die Sache ist erledigt.

 

Und das dritte, wo dieser Verwalter klug war: Er hat sofort gehandelt. Sehen Sie, es lohnt sich nicht, lange darüber zu diskutieren: was wäre wenn ...? In unserer Zeit wird so viel geredet und auch zerredet. Wenn Deine Bilanz nicht in Ordnung ist, dann zieht heute Konsequenzen und handle heute. Wissen Sie, welches das liebste Möbelstück des Teufels ist? Das ist die ‚lange Bank’, wo man alles auf die lange Bank schiebt. Ich muss das heute nicht erledigen; ich kann noch zu Jesus kommen, wenn ich einmal alt bin. Und wenn ich später am Krückstock gehe, dann kann ich in einer Beichte immer noch meine Sünden bekennen und meine Sache in Ordnung bringen. Du weißt doch gar nicht, wann Du Rechenschaft ablegen musst, ob Du dann die Gelegenheit noch hast. Lerne von diesem Verwalter. Es geht darum, sofort Konsequenzen zu ziehen.

 

Eine anstößige Geschichte. Sie ist anstößig im ganz buchstäblichen Sinn. Sie will bei uns etwa anstoßen. Sie will uns aufrütteln, dass wir nicht im alten Trott gedankenlos weiterleben, wie es viele heute tun. Jesus will bewusst anstößig sein.   Amen.

 

Übrigens, noch eine kleine Nachbemerkung:

Wenn man genau hinschaut, ist es die ‚alte’ CAJ - Methode, die Jesus hier lobt:

Sehen – urteilen – handeln!

 

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