Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

27. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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unter dem Stichwort Kassettendienst .

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Predigt zur 1. Lesung:  Jes 5,1-7

Predigt zur 2. Lesung:  Phil 4,6-7

Predigt zur 2. Lesung:  Phil 4,8    als Video

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Predigttext:    Jes 5,1-7

 

Liebe Schwestern und Brüder!  

 

Es war am Laubhüttenfest in Jerusalem. Acht Tage lang hatte man in Israel das Erntedankfest gefeiert. Man hatte aus Zweigen Hütten gebaut und prächtige Gottesdienste gefeiert. Und nun war der letzte Tag dieses großen Festes gekommen. Das Volk Israel hatte sich noch einmal im Tempel versammelt, hatte sich vor Gott niedergeworfen und ihn angebetet, hatte ihm gedankt für die Früchte der Erde und für die Führung Gottes, die sie als Volk erlebt hatten.

Gerade hatte der Oberpriester dem Volk zugerufen: „Jetzt, wo ihr euch vor dem Herrn niedergeworfen habt, sollt ihr fröhlich sein und euch freuen über all das Gute, das der Herr für euch getan hat.“

Und nun begann ein großes Volksfest in Israel. Das erste bei diesem Volksfest war, dass oben auf dem Tempelvorplatz, auf der Empore Sänger auftraten, und die haben Scherzlieder gesungen mit Parodien über ‚Liebe, Wein, Weib und Gesang’. Und jeder wartete ganz gespannt: Wer wird jetzt als erster herauskommen und ein solches Scherzlied singen?

Während auf dem Platz großes Schweigen war und große Erwartung, wer jetzt wohl kommt, da hörten sie auf einmal mitten auf dem Platz, wie eine Gitarre anfing zu spielen. Aber nicht oben auf der Empore, wo man die Sänger erwartet hätte, sondern hinten irgendwo auf einem Stein der Tempelmauer.

Alles drehte sich um, und sie sahen auf diesem Stein Jesaja stehen mit seiner Gitarre in der Hand. Er war unverkennbar, er trug ein langes Prophetengewand aus Sackleinen. Das ganze Volk, das sich so auf diesen Augenblick gefreut hatte, war auf einmal starr vor Entsetzen.

Dieser Jesaja hatte schon acht Tage vorher einen Skandal verursacht beim Eröffnungsgottesdienst des Erntedankfestes. Vor acht Tagen, als gerade der Priester im Tempel das Schlachtopfer darbrachte für Gott, war der Jesaja auf die Empore gesprungen und hatte dem Volk zugerufen: „Hört das Wort des Herrn ihr Sodomsfürsten und ihr Gomorravolk! Was soll mir die Menge eurer Schlachtopfer? Euere Brandopfer habe ich satt, euere Stiere und Böcke bin ich leid, euer Rauchopfer ist mir ein Gräuel, euere Festversammlungen kann ich nicht länger ertragen, euere Feste hasst meine Seele, sie sind mir eine Last geworden. Und wenn ihr euere Hände ausbreitet, dann verhülle ich meine Augen und schaue überhaupt nicht hin. Mögt ihr auch noch so viel beten ich höre überhaupt nicht mehr zu!“, spricht Gott. Und das ganze Volk stand wie gelähmt da. Sie wollten gerade Gott ein Schlachtopfer darbringen, und da kommt der daher und sagt: Euere Schlachtopfer sind mir ein Gräuel.

Aber damit noch nicht genug. Jesaja ging auf der Empore etwas zur Seite, wo die ganzen Frauen der Oberschicht saßen, geschminkt, mit hochgerecktem Kopf. Er stellt sich vor diese Frauen hin und ruft ihnen zu:

„Weil die Töchter Zions so hochmütig sind und mit gerecktem Hals einhergehen, weil sie freche Blicke werfen und tänzelnde Schritte machen und mit Fußspangen klirren, darum wird der Herr den Scheitel der Zionstöchter kahl machen. An jenem Tag wird der Herr den Schmuck wegnehmen, die Fußspangen, die Stirnbänder, die Halbmonde, die Armbänder und den Schleier, den Kopfschmuck, die Schrittkettchen, die prächtigen Gürtel, die Riechfläschchen, alles wird er wegnehmen. Auch die Amulette, die Fingerringe, die Feierkleider, die Leinenhemdchen, den Kopfbund und den Flor. Und statt des Balsams wird er ihnen Moder geben, und statt des Gürtels wird es einen Strick geben. Statt des Lockengekräusels wird es eine Glatze geben bei den Frauen und statt des Prachtmantels einen Gürtel mit dem Sack. Und ein Brandmal wird es geben statt der Schönheit.“

Es war gerade acht Tage her, als Jesaja das den Menschen zugerufen hat, die zum Gottesdienst versammelt waren. Und jetzt steht er schon wieder da mit seiner Gitarre und will dieses Fest stören, wie die Leute meinten. Ein Entsetzen und eine lähmende Stille liegt über der ganzen Festversammlung. Was wird jetzt wieder passieren? Der Oberpriester wusste nicht, was er tun soll. Alle Leute standen da und starrten den Jesaja an.

Und dann fing der an, auf seiner Gitarre zu spielen, und er beginnt ein Lied zu singen. Und in dem Augenblick, als er anfängt, das Lied zu singen, da fällt den Leuten eine Zentnerlast von der Seele. Gott sei Dank, keine Strafpredigt, ein Lied. Und er fängt an zu singen: „Singen will ich das Lied für meinen Freund, das Lied seiner Liebe zu seinem Weinberg.“ Aha, ein Liebeslied, keine Strafpredigt, denken die Menschen.

Der Weinberg war damals ein bildhafter Ausdruck für die Braut. Die Braut wurde in dem Bild eines blühenden, üppigen Weinbergs dargestellt. Heute sagt man auch manchmal du bist mein Häs-chen oder so, ja. Damals hat man gesagt: Du bist mein fruchtbarer Weinberg.

Gott sei Dank, er singt ein Liebeslied. Und als sie die erste Strophe dieses Liedes hörten, da gingen die Leute gingen so richtig mit, weil sie sich von einer Last befreit fühlten.

Jesaja singt die erste Strophe: Mein Freund hatte einen Weinberg auf fruchtbarer Höhe. Die Braut war wunderschön. Er grub ihn um; er sammelte die Steine auf; er hat Edelreben angepflanzt, er hat einen Turm gebaut, und er hat eine Kelter ausgehauen. Das alles hatte er für seine Braut getan, für seinen Weinberg. Alles, was man tun konnte, hatte er getan: Er hatte seine Braut, den Weinberg gehegt und gepflegt. Und die Leute nickten beifällig: Mehr kann man wirklich nicht tun für seine Braut, für seinen Weinberg.

Und jetzt hatte mein Freund gehofft, dass dieser Weinberg süße Trauben brächte. Aber er brachte nur sauere Beeren? Alle Leute auf dem Platz, die dieses Lied hörten, dachten: Wieso bringt der sauere Beeren. Der Weingärtner hat doch alles getan; er hat ihn gehegt und gepflegt. Wieso bringt er nur sauere Beeren? Oder ohne Bild gesprochen: Wieso ist die Braut ihm untreu? Sie verdient ja diese Pflege gar nicht.

Zweite Strophe dieses Liedes. Jesaja schaut alle Leute auf dem Platz an und sagt: „Ihr Bewohner von Jerusalem, urteilt ihr doch einmal in meinem Streit mit dem Weinberg. Gibt es noch irgendetwas, das ich hätte tun können, was ich nicht getan habe für meinen Weinberg? Warum habe ich nur erwartet, dass er süße Trauben bringt, und dabei bringt er nur sauere Beeren.“

Das ganze Volk nickt beifällig und sagt: „Du hättest nichts mehr tun können; du hast alles getan. Wenn wir ein Urteil sprechen sollen: An dir liegt es nicht. Es liegt am Weinberg, es liegt an deiner Braut.“

Nächste Strophe dieses Liedes. Jesaja sagt: „So will ich euch nun verkünden, was ich mit meinem Weinberg tun will. Ich werde seinen Zaun wegnehmen, dass er abgeweidet wird. Ich werde seinen Schutz wegnehmen, ich werde sein Tor einreißen, dass der Weinberg zertreten wird.“

Und alle nicken: „Ja, das hat er verdient. Er hat es nicht mehr verdient, dass du dich um ihn kümmerst.“ Jesaja fährt fort: „Ich will ihn zur Wüste machen und ihn nicht mehr beschneiden und behacken. Dornen und Disteln sollen dort wuchern, und den Wolken will ich verbieten, ihm Regen zu spenden.“

An der Stelle werden viele Leute auf einmal hellhörig. Was hat er gesagt? Den Wolken will ich verbieten, ihm Regen zu spenden? Das kann doch nur Gott tun. Und immer mehr Leute spüren langsam: Hier redet gar nicht mehr Jesaja, hier redet Gott selber. Gott selber ist es, der klagt: Ich habe alles getan für meine Braut, und ich habe es vergeblich getan.

Und in dem Augenblick spricht Jesaja Klartext: Der Weinberg ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind diese Reben, die da gepflanzt wurden. Ich hoffte auf ‚Rechtsspruch’, und was ist bei euch herausgekommen: ‚Rechtsbruch’! Ich hoffte auf ‚Wohlbehagen’ (Das sind im Hebräischen Wortspiele.), und siehe da: ‚Weheklagen’. Die armen Leute haben geklagt, weil ihr das Recht beugt und sie ausbeutet habt .

Und dann fährt Jesaja fort mit einigen Weherufen über das Volk: „Wehe denen, die Haus an Haus reihen, und Acker zu Acker fügen, bis kein Raum mehr da ist, und ihr allein im Lande wohnt.“ Das sind die Spekulanten, die alle Häuser und alle Äcker aufkaufen von den kleinen Leuten, wenn die ihre Schulden nicht bezahlen konnten. Einige Großgrundbesitzer sind reich geworden auf Kosten der kleinen Leute.

„Wehe denen, die schon am frühen Morgen dem Bier nachjagen und am Abend lange verweilen, vom Wein erhitzt. Zither und Harfe, Flöte und Pauke und Wein vereinen sie zu einem großen Gelage. Aber das Walten Gottes kümmert sie nicht; und was seine Hände tun, das sehen sie nicht.“ Originaltext Jesaja. „Wehe denen, die die Schuld mit Stricken herbeiziehen, die Spötter, die sagen: Das Werk Gottes soll doch schnell herbeikommen, damit wir es sehen.“ Es verwirklicht sich ja doch nicht, du kündigst ja nur etwas an. „Wehe denen, die Gutes böse und Böses gut nennen“, die eine neue Moral verkünden, wo die Gebote Gottes nicht mehr in ihre Zeit passen. „Wehe denen, die weise sind in ihren eigenen Augen und klug vor sich selbst. Wehe denen, die im Weinvertilgen Helden sind und tapfer sind beim Mischen des Rauschtranks; die die Schuldigen bei Bezahlung freisprechen, und die die Unschuldigen ihres Rechtes berauben. Wehe euch, denn werdet ihr alle ein Fraß des Feuers werden.“

 

Schwestern und Brüder, diese Worte, die ich aus der Bibel vorgelesen habe, hat Jesaja gesprochen vor zweitausendachthundert Jahren.

Jesus hat in seiner Predigt kurz vor seinem Tod diese Worte, dieses Lied vom Weinberg aufgegriffen. Er hat es den Hohenpriestern und den Pharisäern und Theologen ins Gesicht geschleudert. Es ist zu Zeiten Jesu genauso gewesen. Man hat das Recht gebeugt, und gleichzeitig hat man schöne Gottesdienste gefeiert. Und was sagt Jesus am Ende: „Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben, das die erwarteten Früchte trägt.“

Ich glaube es ist nicht schwer, dieses Weinberglied des Jesaja, diese Predigt Jesu, in unsere Zeit heute zu verdolmetschen. Ob das vor zweitausendachthundert Jahren war, ob das zu Zeiten Jesu war, oder ob es heute ist: Wir haben den gleichen Gott, und der gleiche Gott urteilt auch heute noch. Was sagt Gott: Ihr habt euch selber das Urteil gesprochen, als ihr gesagt habt: Der Weinberg ist schuldig. Was hätte ich, sagt Gott, tun können für dich, was ich nicht getan habe.

Aber wissen sie was das furchtbarste an diesem Weinberglied und an dieser Predigt Jesu ist: Es ergeht kein Bußruf mehr, es ergeht keine Aufforderung mehr zur Umkehr. Gott rechnet nicht mehr damit, dass Menschen noch umkehren. Das ist hier das Furchtbare. Es wird nur noch das Gericht verkündet.

 

Und ich will es wenigstens an einem winzigen Punkt zum Abschluss deutlich machen, was das für uns heute bedeutet. Sehen sie, wir hier in Westeuropa sind das Stammland des Christentum. Der christliche Glaube hat hier in unseren Völkern Europas zuerst Fuß gefasst. Aber das Wort Jesu ist buchstäblich Wirklichkeit geworden, wenn er sagt: „Das Reich Gottes ist euch weggenommen, und es ist anderen Völkern gegeben worden, die Frucht bringen.“ Das Reich Gottes verwirklicht sich heute in Südamerika, Asien, zum Teil in Russland wieder ganz neu, es verwirklicht sich in Afrika. Aber hier bei uns: sauere Trauben. Das Reich Gottes ist euch weggenommen und die Herrlichkeit und die Freude, die damit verbunden ist. Und es ist einem anderen Volk gegeben worden, das seine Frucht bringt. Das ist das Gericht Gottes, vielleicht über uns.   Amen.

 

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Das Weinberglied in Jesaja 5 ist wirklich ein Lied.

Die „Gute Nachricht Bibel“ versucht das Lied im Deutschen auch als Lied wiederzugeben:

 

     Gottes Volk - ein unfruchtbarer Weinberg                 Jes 5,1-7

 

1   Hört mir zu! Ich singe euch das Lied meines Freundes von seinem Weinberg:

 

     Auf fruchtbarem Hügel,

     da liegt mein Stück Land,

2   dort hackt ich den Boden

     mit eigener Hand,

     ich mühte mich ab

     und las Felsbrocken auf,

     baute Wachtturm und Kelter,

     setzte Reben darauf.

     Und süße Trauben

     erhofft ich zu Recht,

     doch was dann im Herbst wuchs,

     war sauer und schlecht.

 

3   Jerusalems Bürger,

     ihr Leute von Juda,

     was sagt ihr zum Weinberg,

     was tätet denn ihr da?

4   Die Trauben sind sauer -

     entscheidet doch ihr:

     War die Pflege zu schlecht?

     Liegt die Schuld denn bei mir?

 

5   Ich sage euch, Leute,

     das tue ich jetzt:

     Weg reiß ich die Hecke,

     als Schutz einst gesetzt;

     zum Weiden solln Schafe

     und Rinder hinein!

     Und die Mauer ringsum -

     die reiße ich ein!

     Zertrampelnden Füßen

     geb ich ihn preis,

     schlecht lohnte mein Weinberg

     mir Arbeit und Schweiß!

6   Ich will nicht mehr hacken,

     das Unkraut soll sprießen!

     Der Himmel soll ihm

     den Regen verschließen!

 

7   Der Weinberg des Herrn

     seid ihr Israeliten!

     Sein Lieblingsgarten,

     Juda, seid ihr!

     Er hoffte auf Rechtsspruch -

     und erntete Rechtsbruch,

     statt Liebe und Treue

     nur Hilfeschreie!

 

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Predigttext:    Phil 4,6-9

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Ein Brief aus dem Gefängnis, mit diesem Titel wollen wir an vier Sonntagen den Brief betrachten den der Apostel Paulus an die Gemeinde in Philippi geschrieben hat, einer kleinen Stadt im Norden Griechenlands. Und als er diesen Brief schreibt, ist er sehr wahrscheinlich in Ephesus im Gefängnis und muss mit seinem Todesurteil rechnen.

 

Paulus kommt in diesem Brief, in dem Abschnitt, den wir eben als Lesung gelesen haben, auf einen Punkt zu sprechen, der damals, und ich vermute heute noch viel mehr, den Menschen auf den Nägeln brennt: Wie gehen wir Menschen mit unseren ganz alltäglichen Sorgen um? Mit den Sorgen die uns oft so runterziehen.

Es sind ja oft gar nicht die großen Dinge, sondern die kleinen Dinge, die uns dann fertig machen. „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Das gilt auch in dieser Hinsicht. Die Sorgen, die uns dann schlaflose Nächte bereiten, die unsere ganze Aktivität lahm legen.

Für uns Christen kommt noch dazu, dass die Sorgen uns daran hindern, unseren Glauben wirklich in froher Weise zu leben. Ich erinnere an das Gleichnis vom Sämann, wo Jesus gesagt hat: Da wächst ein Teil des Samens auf, und die Dornen wachsen mit auf und ersticken das Saatgut. Und Jesus sagt: Diese Dornen sind die Sorgen dieser Welt.

Wie gehen wir mit den Sorgen um? Das ist hier die Frage.

 

Nun wenn man darüber nachdenkt, ich höre noch, wie im Radio vor vielen Jahren Willi Schneider mit seiner tiefen Baritonstimme sein Liedchen singt: „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein.“ Ein wunderschönes Lied. Das Problem ist nur, dass das heute viele Menschen tatsächlich tun. Das ist die Art und Weise, wie Millionen von Menschen hier bei uns heute mit den Sorgen umgehen. Wenn sie Sorgen haben, dann wird abends ein Schnaps mehr getrunken oder ein Bier mehr getrunken, vielleicht bis man ‚den Kanal voll’ hat. Da schläfst du wenigsten einigermaßen. Aber davon sind ja die Sorgen nicht weg. Da hast du am anderen Morgen vielleicht noch einen Kater und einen dicken Kopf. Und die Sorgen sind wieder da.

 

Wie gehen wir mit den Sorgen um? Andere Leute flüchten einfach und laufen vor ihren Sorgen weg. Jugendliche laufen von Diskothek zu Diskothek. Wenn sie mittags von der Schule nach Hause kommen, dann wird sofort das Radio eingeschaltet, und es wird möglichst viel Lärm gemacht, nur, damit man nicht zur Stille kommt und vielleicht alles wieder hochkommt.

Erwachsene stürzen sich auf Arbeit und Arbeit und noch mal Arbeit. Ich möchte nicht wissen wie viele Menschen heute schwarz arbeiten, nicht weil sie es aus finanziellen Gründen nötig haben, sondern einfach, weil sie es sich nicht leisten können, zur Ruhe zu kommen. Dann kommen die ganzen belastenden Dinge hoch. Aber glaub mir, du kannst eine Zeit lang vor den Sorgen weglaufen, aber irgendwann holen sie dich ein und schlagen unbarmherzig zu.

Es gibt eine Sorte von Menschen, die haben jemanden, mit sie ihre Sorgen teilen können, denen sie die Sorgen erzählen können. So wie Paulus das einmal im Galaterbrief sagt: „Einer trage des anderen Last.“ Was tut das gut, wenn man einen Menschen hat, der dann zuhören kann, der einfach nur da ist, der nicht auf alles nicht eine Patentantwort hat. Was tut das gut!

Aber auch das ist noch nicht die letzte Antwort für uns Christen zum Thema Sorgen.

 

Und hier hakt Paulus im Philipperbrief ein. Er schreibt: „Um nichts macht euch Sorgen.“ Und jetzt kommt seine Alternative: „Lasst vielmehr in jeder Lage mit Bitten und Flehen euere Anliegen vor Gott kund werden mit Danksagung.“ Das ist sein Weg.

Ich weiß, man kann so einen Satz ganz schnell lächerlich machen. Wie oft haben Leute mir gesagt: Ein bisschen Beten, davon sind meine Sorgen auch nicht weg. Aber wir sollten immer daran denken: Diesen Satz hat ein Mann geschrieben, der im Gefängnis sitzt, den Tod vor Augen, und der mit Sorgen weiß Gott reichlich gesegnet war.

Und außerdem sagt Paulus ja auch gar nicht: „Ein bisschen Beten, und dann sind deine Sorgen weg.“ Da müssen wir schon ein bisschen näher hinschauen, was Paulus uns da an Ratschlägen gibt. Lasst uns diesen Satz einmal genau unter die Lupe nehmen.

Das erste was Paulus sagt: „Lass „in jeder Lage“ deine Anliegen vor Gott kund werden, wenn du Sorgen hast. „In jeder Lage,“ das bedeutet mit anderen Worten: Ob du gerade aufgelegt bist, oder ob du nicht aufgelegt bist. Und glaubt mir, wenn man gerade Sorgen hat, dann habe ich als Priester oft auch keine Lust mehr zu beten, da fällt mir das auch nicht leicht. Aber Paulus meint: Es kommt nicht darauf an, ob du Lust hast, lass in jeder Lage, auch wenn es dir gerade ungelegen kommt, lass in jeder Lage deine Anliegen vor Gott kund werden.

In jeder Lage bedeutet aber auch, dass es keine Situation gibt, die so aussichtslos wäre, dass man sie nicht vor Gott bringen könnte. Manchmal kommen die Leute und sagen: Bei uns ist die Situation hoffnungslos zu Hause. Wenn sie wüssten, wie das bei uns in der Familie aussieht. Oder es hat jemand eine unheilbare Krankheit. Und wenn ich dann sage: Sollen wir nicht einmal dafür beten, dann sagen die Leute: Da kann Gott auch nicht mehr helfen, das ist hoffnungslos, die Lage ist aussichtslos. Für unseren Gott gibt es keine aussichtslose Lage. Wir haben einen Gott, von dem gesagt wird, dass für ihn kein Ding unmöglich ist. Bring in jeder Lage deine Anliegen vor Gott, da gehört eine ganze Portion Glauben dazu. Das ist ganz was anderes als ‚ein bisschen beten’.

Aber es gilt auch das Umgekehrte. Manchmal da kommen die Leute mit scheinbar kleinen Problemen. Und wenn ich dann sage: Sollen wir einmal dafür beten, dann sagen sie: Ach, der liebe Gott hat soviel, worum er sich kümmern muss, um große Dinge wie den Hunger in der Welt und den Frieden, da will ich mit meinen kleinen Problemen nicht auch noch kommen. So ein Quatsch. Gott ist unser Vater, und er ist auch für unsere kleinen Probleme da. Und wenn es unserem Gott nicht egal ist, wenn ein Spatz von der Dachrinne fällt, oder ob morgens ein paar Haare im Kamm hängen bleiben, dann wird es ihm auch nicht egal sein, was mit unseren kleinen und großen Sorgen ist. Lass in jeder Lage deine Anliegen kund werden, das ist das erste.

 

Ein Zweites: Paulus sagt, lass in jeder Lage mit Bitten und Flehen deine Anliegen vor Gott kund werden. Ich wünschte, ich hätte jetzt Zeit genug, um das alles ausführen zu können. Mit Bitten und Flehen, das bedeutet ‚inständig’. Bleib mit deinen Anliegen vor Gott stehen, auch wenn du den Eindruck hast: Ich bete jetzt schon ein Jahr oder zwei Jahre und bekomme keine Antwort. Bleib vor Gott stehen. Aber dieses ‚mit Bitten und Flehen’ oder ‚inständig’ bedeutet auch noch etwas anderes: Es erinnert an das Gebet Jesu am Ölberg, wo Jesus auch in Not war, wo er so Angst gehabt hat, dass sein Schweiß zu Blutstropfen wurde. Und da hat er darum gerungen: Vater ich möchte gerne, dass dieser Kelch an mir vorübergeht. Aber ich möchte wissen, was ist dein Wille. Darauf kommt es an: dass dein Wille geschieht. Und unser Gebet in einer Problemlage, in den Sorgen und den Nöten, sollte auch von der Intention gekennzeichnet sein: Gott, was ist jetzt für mich dein Wille? Was willst du mit dieser Not mir zeigen? Das weiß nicht immer schon automatisch, was der Wille Gottes ist.

Es kann sein, dass Gott Leiden und Not in dieser Welt zulässt, weil es Mitleiden ist am Leiden Christi. Dann wirst du aber auch teilhaben an der Auferstehung und an der Kraft, die da sichtbar wird.

Es kann sein, dass Gott Probleme und Sorgen in deinem Leben zulässt, weil du auf einem falschen Weg bist, und Gott dir einen Knüppel zwischen die Beine wirft und dir sagt: So nicht!

Es gibt so viele Möglichkeiten, warum Gott solche Dinge in unserem Leben zulässt. Vielleicht ist das eine Glaubensprüfung, dass Gott deinen Glauben auf den Prüfstein stellen will. Wer weiß?

Aber dieses mit ‚Bitten und Flehen’, ist das Ringen im Gebet: Gott, tu mir in dieser Lage, in der ich jetzt bin, deinen Willen kund. Wenn es eine Glaubensprobe ist, dann will ich stark sein. Und wenn du mir zeigen willst, dass ich auf dem falschen Weg bin, dann werde ich umkehren.

Das meint Paulus hier, und wieder das ist was ganz anderes als ‚ein bisschen beten’, und die Sorgen sind weg.

 

Und schließlich ein Drittes, was Paulus uns rät in unseren Sorgen. Bringt in jeder Lage all euere Anliegen mit Bitten und Flehen vor Gott mit Danksagung. Hier ist ein ganz wunder Punkt bei uns Christen. Wie oft kommen wir und sagen: Bitte, bitte, lieber Gott. Aber wie wenige danken eigentlich Gott.

Manchmal ist sogar ganz im Gegenteil der Fall: Gott hat geholfen, und dann sagen die Leute hinterher: Das ist Zufall. Wie oft habe ich das erlebt, dass Gott eingegriffen hat, und dann sagen die Leute: „Ich habe Schwein gehabt.“ Das ist eine der größten Formen von Undankbarkeit in unserem Leben, und wir blockieren jeden weiteren göttlichen Segen durch solche Form von Undankbarkeit.

Aber nicht nur, dass man hinterher dankt, nein, man soll in einer Notsituation schon vorher danken, bevor man anfängt, Gott zu bitten. Vorher schon danken. Wir tun es immer umgekehrt, dass wir uns beschweren und jammern und stöhnen. Aber es gibt keine Situation, die so wäre, dass ich nicht noch irgendwo einen Punkt fände, um Gott dafür zu danken.

Ich kann mich erinnern: Vor einigen Jahren hat einmal eine Frau bei mir angerufen und hat gejammert über die Situation mit ihren drei heranwachsenden Kindern: „Ich bekomme von meinen Kindern nie ein gutes Wort. Die behandeln mich wie den letzten Dreck. Sie kommen nur nach Hause zum Essen. Sie schmeißen mir die dreckigen Klamotten zum Waschen hin, und sonst sind sie nicht mehr zu sehen. Und dann unterbrach sie sich am Telefon und sagte plötzlich: Einmal, vor einigen Wochen hat mein Sohn mir ein freundliches Wort gesagt, einmal.

Warum soll man dann eine solche einmalige Situation nicht zum Anlass nehmen, um Gott zunächst einmal dafür zu danken. Gott braucht unseren Dank nicht; er ist nicht darauf angewiesen. Aber wenn wir anfangen, zu danken, dann stärkt das unser Vertrauen. Das ist wichtig, damit wir dann aus unserem Vertrauen heraus bitten können, damit das Gebet nicht nur leeres Geplapper ist.

Paulus schreibt: „In jeder Lage lass deine Anliegen mit Bitten und Flehen und mit Danksagung vor Gott kund werden.“

Und schließlich noch einen letzten Gedanken. Was darfst du erwarten, wenn du so deine Sorgen vor Gott gebracht hast? Was darfst du dann erwarten? Ich glaube, man soll zunächst einmal erwarten, dass Gott meine Not ändert, dass Gott die Sorgen weg nimmt.

Ich habe immer wieder erlebt: Wo Menschen das erwartet haben, da tut Gott das auch. Ich habe manches Mal erlebt, dass Gott mit Wundern in diese Welt eingegriffen hat, dass wir uns buchstäblich gewundert haben. Und haben gesagt: Wie kann das bloß?

Aber es kann auch sein, dass Gott dir deine Not lässt, dass er sie nicht wegnimmt.

Nur, eins verspricht er dir auf jeden Fall, und davon schreibt Paulus hier am Ende: „Der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, den man nicht mehr verstehen kann, wird eure Herzen in der Gemeinschaft mit Christus bewahren.“ Ich habe in meiner ersten Kaplansstelle einen Mann kennen gelernt, dem die Probleme fast über den Kopf gewachsen sind, in der Familie, mit dem Arbeitsplatz, und in seinem persönlichen Leben auch. Er kam vorne und hinten nicht mehr zurecht. Aber er so zu Gott gekommen. Alle Leute, die mit ihm immer wieder zu tun hatten, haben immer nur gestaunt: Woher hat er nur trotz seiner Not einen solchen Mut im Herzen, eine solche innere Ausgeglichenheit? Das ist das, wovon Paulus hier spricht: Der Friede Gottes, den man als Außenstehender gar nicht mehr verstehen kann. Und das ist schon etwas, wenn man mitten in seiner Not einen solchen tiefen Frieden hat.

 

Das tiefste Geheimnis, warum wir so mit unseren Sorgen zu Gott kommen dürfen, und warum dieser Friede da ist, liegt in einem Satz, der unmittelbar vor der heutigen Lesung stand, den wir nicht mehr mitgelesen haben. Da sagt Paulus: „Der Herr ist nahe.“ Das ist das Geheimnis. Wir haben einen Gott, der von sich sagen kann: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden“, und der im gleichen Atemzug sagt: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“

 

Dieser Jesus Christus ist hier, heute hier in dieser Kirche. Du darfst dein Herz auftun, du darfst ihm deine großen und kleinen Sorgen sagen in der Weise, wie es Paulus geschrieben hat. Und rechne damit, dass eins sofort eintritt: dass er dir einen tiefen Frieden schenkt!

Und du wirst als ein Verwandelter nach Hause gehen.    Amen.

 

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Predigttext:      Phil 4,8

 

Predigt im MP3 Format

Predigt als Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es ist auf den ersten Blick ein scheinbar ganz belangloser Satz, der heute im Mittelpunkt der Lesung steht aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper; aber der hat es in sich.

Da schreibt Paulus: „Übrigens Brüder, was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf richtet euer Sinnen.“

„Übrigens“, nur noch so kurz angemerkt. Paulus hatte den Philippern unmittelbar vorher eine große Botschaft verkündet. Unmittelbar vorher steht nämlich die gewaltige Lesung: „Freut euch allezeit im Herrn. …  Um nichts macht euch Sorgen. …  Der Herr ist nahe. … Und der Friede Gottes, der alles Begreifen übersteigt, wird eure Herzen bewahren“. Das war die große Botschaft die Paulus im 4. Kapitel des Philipperbriefes. Und dann: „Übrigens …“. Da fällt ihm noch etwas ein, und das ist ihm offenbar sehr wichtig: „Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf richtet euer Sinnen.“

Ich habe da früher meistens darüber weg gelesen. Ich habe auch noch nie darüber gepredigt. Aber dann habe ich mich einmal in diese Stelle vertieft, und da ist mir aufgegangen: Wir tun eigentlich heute in unserer Welt genau das Gegenteil. Wissen Sie, worauf wir normalerweise unser Sinnen richten: Was unwahr ist, was unrecht ist, was unlauter ist, was tadelnswert ist, darauf richten wir unser Sinnen.

Achten Sie einmal darauf: Im ganz normalen Umgang miteinander reden wir eigentlich nur über das, was am anderen zu tadeln ist, was am anderen nicht gut ist.

Fragst du jemanden nach der heiligen Messe: Wie war denn die Messe? Dann kommt die Antwort: Ja eigentlich war sie ganz gut. Aber dann kommen mindestens zwei, drei Dinge die nicht gut waren. Darauf richtet man sofort das Sinnen.

Oder achten Sie einmal darauf, wenn sie die Zeitung lesen, oder wenn sie die Nachrichten im Fernsehen anschauen. Es wird eigentlich nur berichtet, was negativ ist. Was tadelnswert ist, darauf richtet man sein Sinnen. Es gibt unter Journalisten eine sprichwörtliche Redensart, die besagt: Eine gute Nachricht ist eine schlechte Nachricht. Eine gute Nachricht verkauft sich nämlich nicht; die will ja keiner lesen, oder die will ja keiner hören.

Denken sie einmal an einen ganz anderen Bereich, an die Schule. Wenn Schüler in der Schule eine Klassenarbeit schreiben, dann wird das Gute wird vorausgesetzt. Angestrichen wird das Negative, die Fehler.

Wir richten unseren Blick in fast allen Lebensbereichen auf das, was negativ ist. Aber wenn man das vom Apostel Paulus lernen kann, dass man hier das eigene Denken gleichsam einmal umpolt, dann wird man merken, wie viel Freude in das Zusammenleben der Menschen kommt Man wird merken, dass unser Leben geprägt wird von einer tiefen Zufriedenheit. Da steckt ja auch das Wort Frieden drin, von einer ganz tiefen Zufriedenheit.

 

Es gibt ja bei uns diese Redensart: Da hast du ein Glas. Für die einen ist das Glas halb leer, für die anderen ist das Glas halb voll. Es gibt Leute, für die sind die Gläser immer halb leer. Aber das sind auch meistens Menschen mit einem unzufriedenen Herzen. Und es gibt Menschen, für die ist das Glas immer halb voll; na gut, es ist nicht voll, aber es ist halb voll. Die strahlen irgendwo ein Stückchen Zufriedenheit aus. Hier muss man seine innere Haltung umpolen.

 

Um noch einmal bei der Schule zu bleiben. Als ich im Gymnasium auf der Oberstufe war, hatten wir einen Griechischlehrer, der hatte die Angewohnheit, bei einer Klassenarbeit, bei einer Klausur, wenn ihm einer Übersetzung ganz besonders gelungen schien, wenn sie so richtig „den Nagel auf den Kopf“ getroffen hatte, dann schrieb er ganz dick an den Rand „Gut!“ Und wenn er irgendwo sein ein „Gut !“ hingeschrieben hatte, dann wog das hinterher bei der Zensur einen schweren Grammatikfehler wieder auf. Das hat uns Schüler unheimlich imponiert, dass der Lehrer das Gute, das gut Gelungene, am Rand markiert hat: „Gut !“ Und man spürte, wie er sich gefreut hatte, als er diese Klassenarbeit korrigiert hat. Natürlich war das dann manchmal nicht wörtlich übersetzt. Ein anderer, klein karierter Lehrer hätte wahrscheinlich angemerkt: „Ungenaue Übersetzung“ Und er hätte vielleicht Recht gehabt. Und da schreibt der andere Lehrer an den Rand: „Gut !“

Handeln Sie  einmal nach dieser Grundhaltung, und sie werden merken: da geschehen „Wunder“.

Ich will einige Beispiele dafür nennen.

Ich habe vor einigen Jahren einmal einen Besinnungstag gehalten für einen Pfarrgemeinderat. Diese Pfarrgemeinde war innerlich sehr zerrissen und zerstritten. Nun wollten die Pfarrgemeinderatsmitglieder nach der Neuwahl ihre Amtszeit mit einem Besinnungstag beginnen.

Die Pfarrgemeinderatsmitglieder sollten folgende Frage auf ein Blatt Papier in fünf Minuten beantworten: „Ich finde an unserer Pfarrgemeinde gut ….“  Sie sollten einmal alles aufschreiben, was sie an ihrer Gemeinde gut finden. Die erste Reaktion war: „Da finden wir nichts! Bei uns ist alles so zerstritten; da finden wir nichts!“ Ich sagte: „Wartet einmal ab. Haltet fünf Minuten Stille, jeder für sich.“

Und dann waren alle überrascht, wie viel sie gefunden hatten, was alles in der Gemeinde gut war.

Noch eins war auffällig für die Pfarrgemeinderatsmitglieder: Als wir anschließend über die Gemeinde sprachen, da war nichts mehr von Bitterkeit zu spüren. Und warum? Weil sie ihren Blick zunächst einmal auf das gerichtet hatten, war gut war, was recht war, was es zu loben gibt. Sonst hatten sie immer den Blick auf die Missstände gerichtet.

Natürlich wir haben auch über eine andere Frage gesprochen: „Was würde ich mir für die Gemeinde wünschen? Man kann das ja nicht ganz außen vor lassen. Aber zuerst einmal haben wir den Blick auf das gerichtet, was gut ist, was lobenswert ist. Darauf richtet euer Sinnen, schreibt Paulus.

 

Ein anderes Beispiel: Wenn du einen Menschen hast, mit dem du überhaupt nicht kannst, der dir total quer liegt, dann setz dich einmal hin und nimm dir ein Blatt Papier. Schreib den Namen dieses Menschen oben auf das leere Blatt Papier. Und dann schreib einmal alles auf, was dir über diesen Menschen Gutes einfällt. Dann fang an, mit dem Blatt Papier in der Hand zu beten: „Jesus, ich danke dir, dass er die und die guten Eigenschaften hat.“ Natürlich hat der auch negative Eigenschaften. Aber richte deinen Blick und auch dein Gebet ganz bewusst auf die Dinge, die im Leben des Anderen gut sind.  

Du wirst merken, dass dein Herz dem Anderen gegenüber von einem tiefen Frieden und von Liebe erfüllt wird. Da ändert sich etwas in der Beziehung zwischen dir und diesem Menschen. Warum? Weil du diese winzige Weisung des Apostels Paulus beherzigt hast, den Blick nur auf das Gute zu richten.

 

Ein drittes Beispiel: Manchmal gibt es das ja, da kann man sich selber nicht ausstehen; da steht man sich selbst überall im Weg. Das ist vor allem ausgeprägt bei Jugendlichen, und oft auch bei älteren Menschen, dass sie quer sind mit sich selbst sind. Und dann meint man auch: Ich falle allen anderen zur Last. Man kommt mit sich selbst und mit anderen überhaupt nicht klar.

Mach dann einmal folgendes: Nimm ein Blatt Papier, schreib deinen eigenen Namen oben drauf. Und dann schreibe auf: Ich finde an mir gut. Schreib dann einmal alles auf, was du an dir gut findest. Du brauchst keine Sorge haben: Es geht nicht um Eigenlob. Und dann nimmst du dieses Blatt Papier, wenn du alles aufgeschrieben hast, was dir an dir selbst gut gefällt, und du stellst dich vor den Spiegel. Und schau dich dann einmal im Spiegel an mit diesem Blatt Papier in der Hand. Und dann fang an zu beten, vielleicht mit einem Wort aus dem 139. Psalm „Ich danke dir Gott, dass du mich so wunderbar gestaltet hast.“

Natürlich gibt es auch negative Dinge in meinem eigenen Leben. Aber die Frage ist: Ist dein Glas halb voll, oder ist dein Glas halb leer?

 

Wenn wir von diesem Aspekt her einmal ins Leben Jesu hineinschauen, dann werden wir eins merken: Jesus hatte die Fähigkeit, in allen Menschen noch etwas Gutes zu sehen und dieses Gute hervorzuheben. Darum konnte er mit dem größten Sünder umgehen, weil er zwar die Sünde auch Sünde nennt, weil er aber auch das Gute im Leben dieses Menschen sieht.

Oder schau dir den Apostel Paulus an. Der ist von vielen Gemeinden angegriffen worden, immer wieder angegriffen worden. Und er muss sich verteidigen. Man hat ihm unlautere Motive unterstellt. Da schreibt dieser Paulus im Korintherbrief: „Es ist mir vollkommen egal, wie ihr über mich urteilt; ich urteile nicht einmal über mich selbst.“ Wir urteilen nämlich immer nur nach dem äußeren Augenschein; wir sehen meistens das Negative. „Wartet mit eurem Urteil,“ schreibt er, „bis der Herr kommt. Der wird auch das im Herzen Verborgene, die guten Absichten, ans Licht bringen. Und wenn er dann das Urteil spricht, dann wird jedem von Gott …  -  früher habe ich mich immer verlesen, da habe ich immer weiter gelesen: … da wird jedem von Gott sein Lohn zuteil werden. Aber das steht da gar nicht. Irgendwann ist mir einmal aufgefallen, dass es da weiter geht: … dann wird jeder von Gott sein Lob erhalten.“ Jeder wird sein Lob erhalten. Das heißt: Gott wird an jedem Menschen noch etwas zu loben finden.

Und wenn das bei Gott so ist, sollten wir nicht diese göttliche Wesenart auch in unserem Leben wenigstens ein Stückchen realisieren. Wie schreibt Paulus im Philipperbrief: „Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf richtet euer Sinnen.“  Tu das, und du wirst eine tiefe Zufriedenheit erfahren.   Amen.

 

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