Pfarrer Karl Sendker  

 

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28. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

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Über Predigten auf Kassetten informieren Sie sich

unter dem Stichwort Kassettendienst .

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Predigt zur 1. Lesung:  Jes 25,6-10a

Predigt zur 2. Lesung:  Phil 4,12-14.19-20

Predigt zum Evangelium:  Mt 22,1-10     mp3    Video

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Predigttext:    Jes 25,6-10a

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wir Priester und auch die Diakone und Kommunionhelfer bringen jeden Monat um den Herz Jesu Freitag herum den Kranken, die nicht mehr zur Kirche kommen können, die Kommunion nach Hause, die so genannte Krankenkommunion.

Bei einem solchen Besuch habe ich mich einmal mit einer kranken Frau länger unterhalten. Da fragte sie mich so beiläufig: „Wie alt sind Sie eigentlich?“ Damals hatte ich gerade den 50. Geburtstag hinter mir. Da schaute sie mich an und sagte: „Dann haben sie den Berg auch schon hinter sich.“ Ich hab nachgefragt, was sie damit meint: „Dann haben sie dem Berg hinter sich“? „Ja“, sagte sie, „wenn man mal die 50 überschritten hat, dann fangen die Wehwehchen an. Dann geht es bergab. Dann hat man den Berg, den Höhepunkt des Lebens überschritten“

Und dann holte sie aus dem Schrank ein altes Fotoalbum. „Soll ich ihn einmal zeigen, wie das war, als ich 50 Jahre alt wurde?“ Und dann hat sie mir die Fotos gezeigt. Was war das ein großes Fest gewesen. Da leuchteten ihre Augen, und sie sagte: „Was hab ich früher gerne gefeiert!“ Das sah man auch auf den Fotos von dem Fest. Und dann wurden ihre Augen wieder ganz matt. „Ja, ja“, sagte sie, „und jetzt hab ich den Berg hinter mir. Man kommt ja jetzt im Alter nirgendwo mehr hin. Was haben wir Alten denn vom Leben schon noch zu erwarten?“ Und sie macht einen ziemlich traurigen Eindruck.

 

Und an diesen Punkt, an dieser Frage möchte ich heute in der Predigt einmal anknüpfen: Was haben wir denn vom Leben noch zu erwarten, wenn wir alt sind? Diese Frage findet man bei vielen älteren Menschen, wenn sie dann vielleicht krank sind und gepflegt werden müssen: Was haben wir denn vom Leben schon noch zu erwarten?“

Ja, wir haben noch etwas zu erwarten! Davon redet heute in der Lesung der Prophet Jesaja im Auftrag Gottes. Ganz gleich, ob du alt bist, ob du jung bist, krank oder gesund, ob Mann oder Frau, keiner von uns hat den Berg schon hinter sich. Nein, wir haben den Berg alle noch vor uns. Und auf diesem Berg geht es richtig rund. Ich lese ihnen noch einmal die ersten Sätze der Lesung vor:

„An jenem Tage, spricht der Herr der Heere, wird der Herr der Heere auf diesem Berg allen Völkern ein Festmahl geben. (Da war dein 50. Geburtstag nichts dagegen.) Er wird ein Festmahl geben mit feinsten Speisen, mit besten und feinsten auserlesenen Weinen. ‚Ein großes Gelage’, steht sogar da, wenn man es wörtlich übersetzt.

Das haben wir noch vor uns. Und da soll mal einer kommen und sagen: Was haben wir denn noch vom Leben zu erwarten?

„An jenem Tage“, heißt es da. Wir nennen in unserer christlichen Tradition diesem Tag den Jüngsten Tag. Die meisten haben immer den Eindruck: Am jüngsten Tag, da kommt das Gericht Gottes, das jüngste Gericht. Da werden wir vor den Kadi geladen, und dann müssen wir Rechenschaft ablegen. Gut, da stimmt auch. Aber auch viel häufiger wird mit diesem Bild vom Jüngsten Tag das Bild vom Gastmahl verbunden, zu dem Gott uns einlädt. Ein richtig üppiges Schlemmermahl. Da findest du in keiner Stadt eine Gaststätte, die so ein wunderbares Mahl zubereitet.

Das haben wir alles noch vor uns, eine unglaubliche Perspektive.

 

Und dann heißt es weiter beim Propheten Jesaja: „An jenem Tag wird Gott die Hülle zerreißen, die alle Völker und Nationen bedeckt.“ Was könnte damit gemeint sein, mit dieser Hülle? Wenn man ins Ganze des Alten und Neuen Testamentes hineinschaut, dann wird ein wenig klar, was mit dieser Hülle gemeint ist. Alle Völker, alle Menschen haben irgendwie eine Vorstellung von Gott. Alle Völker und alle Religionen sehnen sich nach Gott. Aber diese Vorstellung von Gott ist manchmal verhüllt, wie mit einem Schleier umgeben, so dass man Gott gar nicht richtig erkennen kann.

Und auch viele Katholiken haben von Gott ein Bild, das wie mit einem Grauschleier umgeben ist. Wie oft hat man uns früher in unsere Erziehung Angst gemacht vor Gott. Kennen Sie noch den Spruch, der früher manchmal im Katechismus stand: „Ein Auge ist, das alles sieht, auch was in Finstern Nacht geschieht.“ Mit anderen Worten: Pass bloß auf, das ER dich nicht erwischt.

Und dann soll man an einen lieben Gott glauben. Natürlich haben dann solche Menschen auch Angst vor den Jüngsten Tag.

Und da sagt der Prophet Jesaja: Diese Hülle wird weggezogen. Wir werden an jenem Tag Gott sehen, so wie er wirklich ist. Und du wirst merken: Gott ist ein liebender Vater, der dich ganz persönlich liebt.. Gott ist seinem Wesen nach im Tiefsten Liebe. Und er kann überhaupt nicht anders als dich lieben.

Und wenn jemand den Eindruck hat: Ich falle doch allen nur zur Last -  du fällst Gott nicht zur Last. Gerade diejenigen die eine Last sind, die hat Gott besonders lieb, weil die es besonders nötig haben. Das alles wird man an jenem Tag entdeckten. Man wird auf einmal auch die Größe und die Herrlichkeit Gottes sehen. Man wird spüren, wie anders Gott ist. Natürlich spürt man dann auch seine eigene so Sündigkeit. Aber nicht mehr voller Angst, sondern man wird spüren, wie der heilige Gott gleichzeitig der liebende Gott ist., der am Kreuz für meine Sünde gestorben ist. An jenem Tag, wenn diese Hülle weggezogen wird, wird man im tiefsten Herzen die Gewissheit haben: ich bin erlöst. ER hat am Kreuz alles vollbracht. Ich muss mich nicht mehr selbst erlösen. Das wird ins Herz geschrieben sein. Diese ganze Hülle, die uns bedeckt, die wird weggezogen

 

Weiter: Was wird an jenem Tag passieren bei diesem großen Bergfest? Da heißt es beim Propheten Jesaja: „Der Herr beseitigt den Tod für immer.“ Das ist ja für viele Menschen, gerade auch für alte Menschen ein Stachel im Fleisch, wenn man so spürt: es geht langsam aber sicher auf den Tod zu. Da haben wir Angst davor. Ja, der Tod bleibt. Jeder von uns wird sterben müssen. Aber der Tod hat auf einmal keinen Stachel mehr, denn der Tod ist durch die Auferweckung Jesu endgültig besiegt worden.

 

Weiter: Was wird auf diesem Berg fest alles passieren? Da sagt der Prophet Jesaja: „Gott der Herr wischt jede Träne ab von ihrem Gesicht.“ Wie viele Tränen sind wohl in unsre Welt schon geflossen? Vielleicht auch von manchen, die hier in der Kirche sind. Wenn man Kummer hat, wenn man nicht mehr weiter weiß, wenn man krank ist, wenn man gar keine Perspektive mehr hat … Was sind da wohl alles für Tränen geflossen? Aber diese Tränen sind nicht einfach nur in den Sand gelaufen. An einer anderen Bibelstelle heißt es einmal: „Gottes sammelt die Tränen in einem Krug.“ Und hier heißt es: Gott wird jede Träne abwischen. Es mag noch so viel Leid in der Welt sein, Gott kümmert sich darum. Um das große Leid, um das Leid, das wir uns selber bereiten, um das Leid, das uns wie ein Kreuz auferlegt wird, Gott kümmert sich darum. Er wird uns nicht vor dem Leid bewahren. Das wird nirgendwo versprochen. Aber er wird jede Träne abwischen. Er wird uns in jedem Leid zur Seite stehen.

 

Bei was ist das eigentlich für ein Tag, von dem es bei Jesaja heißt: „An jenem Tag“? Volle Wirklichkeit wird das erst, wenn Christus wiederkommt. Aber „jener Tag“ beginnt schon jetzt hier in dieser Welt.

Der Apostel Paulus schreibt im 2.Korintherbrief (3,15-16) auch von dieser Hülle, die weggezogen wird. Diese Hülle wird weggezogen in dem Augenblick, wo sich jemand zu Christus als seinem Herrn bekehrt. Da wird die Hülle weggenommen.

Wo jemand wirklich Christus begegnet, da wird dem Tod der Stachel genommen, da wir dem Leid das Quälende genommen, da wird dem Alter die Sorge entrissen, da bekommt man auf einmal eine neue Lebensperspektive. Das sagt man nicht mehr: „Was hab ich denn schon noch vom Leben zu erwarten?“ Da blickt man ganz gespannt auf das, was Gott noch für uns auf Lager hat.

 

Mir ist das an vielen Begebenheiten meines Priesterseins deutlich geworden. Ich will nur eine Begebenheit erzählen:  

Ich habe in meiner ersten Kaplanstelle einen alten Mann betreut. Dem habe ich monatlich die Krankenkommunion gebracht. Dieser Mann hat furchtbare Qualen gelitten. Man hatte ihn aus dem Krankenhaus entlassen, weil man ihm dort nicht mehr helfen konnte. Und dann sollte wenigstens zu Hause ein menschenwürdiges Sterben haben. Die Angehörigen hatten ein großes Haus und konnten ihn dort pflegen. Aber es war für die Angehörigen manchmal furchtbar, dieses Leid mit anzusehen, ohne dass sie helfen konnten. Diesen alten Mann habe ich jeden Monat die Kommunion gebracht. Und Sie hätten einmal sehen sollen, wie dann ein Strahlen über sein Gesicht ging, wenn ich ihm die Kommunion gebracht habe. Da war nichts mehr von diesem schmerzverzerrten Gesicht, sondern nur noch ein Leuchten und ein Strahlen.

Da, war etwas davon Wirklichkeit geworden: Dem Tod ist der Stachel genommen worden; dem Leid ist der Stachel genommen worden. Da war die Hülle weggenommen.

Und ich weiß noch, als ich ihm Anfang Dezember vor Weihnachten die Kommunion brachte, da sagte er zu mir: „Herr Kaplan, Weihnachten bin ich zu Hause.“ Ich hab ihm geantwortet: „Ja, sie sind doch zu Hause.“ „Nein“, sagte er, „das meine ich nicht. Weihnachten hat Jesus mich nach Hause geholt.“ Damit meinte er sein Sterben. Jesus hat ihm den Gefallen nicht getan; er ist erst einige Wochen später gestorben. Aber das ging mir durch und durch, dass dieser Mann, der furchtbar gelitten hat, so vom Tod reden konnte: „Dann holt mich Jesus nach Hause.“

Man spürte, dass es Wirklichkeit ist: Wo wir Jesus begegnen gerade auch in der Kommunion, da ist Kraft, da werden die Tränen abgewischt, da kommt in das Leid etwas Leuchtendes und Strahlendes hinein.

 

Darum ist es gut, dass die Kranken gelegentlich auch einmal mit uns als Gemeinde Eucharistie feiern können, wo Jesus uns begegnet. Und darum ist es gut, wenn wir jeden Monat zu den Kranken hinfahren und ihnen die Kommunion bringen.

Manchmal, wenn ich Kranke frage, ob ich ihnen regelmäßig die Kommunion bringen soll, sagen sie mir: „Ach wissen Sie, ich schaue öfter die heilige Messe im Fernsehen. Die ist viel schöner.“ Aber es ist etwas ganz anderes, ob ich Jesus begegne, oder ob ich einen Gottesdienst im Fernsehen anschaue. Ich sage ja auch nicht zu einem jungen Menschen: „Du brauchst nicht zu heiraten. Schau dir lieber einen Liebesfilm im Fernsehen an. Der ist viel schöner.“

Nur wo ich Jesus begegne, da ist die Quelle der Kraft.   Amen.

 

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Predigttext:      Phil 4,12-14.19-20

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn man die Briefe des Apostels Paulus liest, dann kann man überall feststellen, dass dieser Mann hat eine unglaubliche Freiheit besessen hat.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Predigt vor 3 Wochen, das war der Anfang dieser kleinen Predigtreihe über den Philipperbrief, da ging es um die Frage des Sterbens. Wie viele Menschen haben heute Angst davor, im Sterben dem Tod ins Auge zu sehen. Und dann kommt dieser Apostel Paulus und sagt mit der größten Selbstverständlichkeit: „Das Sterben ist für mich Gewinn, weil das Leben für mich Christus ist.“ Das Sterben ist für mich Gewinn! Was für eine Freiheit mit der er dem Tod ins Auge sehen kann.

In der heutigen Lesung aus dem Philipperbrief wird diese Freiheit des Apostels Paulus an einem anderen Punkt sichtbar, wo die meisten Menschen, auch die meisten Christen, gerade unfrei sind. Es geht um die Frage nach unserem Verhältnis dem Geld, dem Besitztum, dem Lebensunterhalt gegenüber.

Kurz noch einmal die Situation:

Als der Apostel Paulus den Philipperbrief schreibt, sitzt er im Gefängnis, vermutlich in Ephesus in der heutigen Türkei. Die Gefängnisse damals waren nicht wie die Gefängnisse heute bei uns, mit Fernsehen und allem relativen Luxus. Damals waren die Gefängnis in Fels gehauene Löcher, wo Ratten herum liefen. Das war Gefängnis damals.

Die Philipper hatten dem Apostel Paulus ins Gefängnis eine größere Geldspende geschickt durch Epaphroditus. Er war der Überbringer der Spende. Am Ende seines Briefes an die Philipper bedankt sich Paulus für die Geldspende, die er bekommen hat. Diesen Abschnitt haben wir heute als Lesung gehört.

Mitten in diesen schlichten Dankesworten für die große Geldspende schreibt der Apostel Paulus ein paar Sätze über unseren Umgang mit Geld und Besitz, die doch sehr grundsätzlicher Art sind. Da schreibt Paulus: „Ich kann Entbehrungen ertragen; ich kann im Überfluss leben. Ich kann satt sein, und ich kann Hunger leiden. Ich kann Überfluss haben, und kann Entbehrungen ertragen.“

 Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet mitten in einer Welt - und das war damals nicht anders als heute -, wo alles darauf ankommt, das wir etwas haben wollen, das wir immer mehr haben wollen. Da schreibt der Apostel Paulus: Ich kann Mangel leiden, ich kann Not haben, ich kann Hunger leiden. Das macht mir überhaupt nichts aus. Er schreibt das nicht mit einem verkniffenen Gesicht sondern mit einer ganz großen Gelassenheit: Ich kann Entbehrungen ertragen.

Die meisten Menschen sind an dem Punkt nämlich heute unfrei. Bei uns dreht sich alles darum, dass man möglichst viel haben muss. Immer muss es noch mehr sein. „Je mehr er hat, je mehr er will“, sagt ein Sprichwort. Diese Habsucht des Herzens ist letztlich nie zufrieden.

Wenn wir uns die wirtschaftspolitische Situation in Deutschland anschauen: Jeder von uns weiß, dass wir alle über unsere Verhältnisse leben. Jeder von uns weiß auch, dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen, dass wir auf lieb gewordene Sozialleistungen und ähnliche Dinge verzichten müssen. Aber wenn die Regierung, oder wer auch immer, irgendwo den Sparhebel ansetzt, dann gehen die Leute auf die Barrikaden. Sparen ist richtig, aber bitte bei den anderen, aber nicht bei mir. Merken Sie: Es dreht sich alles ums Haben wollen, das ist das Furchtbare.

Dahinter steht folgendes: In unserer Gesellschaft besitzen wir heute nicht mehr das Geld, sondern das Geld besitzt uns. Wir müssen immer mehr haben.

 

Was ist das dann für ein großes Wort, wenn Paulus in eine solche Situation hinein schreiben kann: „Ich kann Entbehrungen ertragen.“ Und er schreibt aus dem Gefängnis; er weiß wovon er redet, wenn er von Entbehrungen spricht. „Ich kann Entbehrungen ertragen, ich kann Hunger leiden, ich kann Mangel haben, das macht mir nichts aus.“

 

 Es gibt noch ein Zweites in diesem Zusammenhang, was sehr verhängnisvoll geworden ist in unserer Gesellschaft: Heute hängt bei vielen Menschen die Lebensqualität ab von dem, was man hat. Das Schlagwort heißt ja nicht umsonst „Hast du was, dann bist du was“. Wenn du reich bist, viele Güter hast, dann kannst du deinen Mund aufmachen, dann wird deine Meinung geachtet. Wenn du ein armer Schlucker bist und nichts mehr auf der Tasche hast, dann hört man auf dich nicht, dann zählst du nicht viel in unserer Gesellschaft. Unsere Lebensqualität ist abhängig geworden von dem, was wir besitzen, von dem, was wir an Geld und Besitztum haben.

Und wiederum sagt uns dann so ein Mann wie Paulus: Meine Lebensqualität hängt nicht vom Besitztum ab. Wenn sie mir alles nehmen, wenn ich Hunger leiden muss, wenn ich Entbehrungen ertragen muss, dann bleibe ich trotzdem heiter und gelassen.

Der Grund für diese Freiheit liegt darin, dass Paulus sagen kann: „Alles vermag ich durch den, der mir Kraft gibt, nämlich durch Christus.“ Gut, er hat gerade eine reiche Spende bekommen; er hatte ja im Augenblick etwas, aber er sagt: Meine Lebensqualität ist nicht davon abhängig, ob ich gerade viel habe, ob die Aktienkurse gerade hoch oder tief sind. Meine Lebensqualität hängt davon ab, dass ich in Christus verwurzelt bin. Und ich kann Hunger leiden , ich kann Überfluss haben, ich kann alles, weil meine Verwurzelung in Jesus Christus ist.

Ich erinnere Sie noch einmal an die Predigt vor drei Wochen, wo Paulus dem Tod ins Auge schaut. Warum kann er denn sagen: „Das Sterben ist für mich Gewinn“? Weil er im gleichen Atemzug sagen kann: „Das Leben, der Lebensinhalt ist für mich Christus.“ Es ist immer das gleiche, seine Verwurzelung in Christus gibt ihm Kraft, gibt ihm Gelassenheit und sogar heitere und freudige Gelassenheit, unabhängig davon, ob er gerade Entbehrungen erträgt, oder ob er Überfluss hat.

Ich denke, in diesem Punkt können wir vom Apostel Paulus eine ganze Menge lernen.

 

Aber es gilt noch etwas anderes. Paulus kann  - und da sind wir Christen auch oft in einer falschen Weise gebunden -, Paulus kann in gleichem Atemzug auch schreiben: „Ich kann Überfluss haben, ich kann satt sein.“ Für uns ist das ja oft so: Ein guter Christ ist man dann, wenn man sich seines Besitzes schämt oder wenigstens ein schlechtes Gewissen hat. Wenn man viel besitzt, dann ist das schon verdächtig. Aber das ist Unsinn!

Paulus sagt: „Ich kann auch Überfluss haben.“ Und man hat ihm ja gerade eine große Spende gebracht.

Wir brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Gott uns mit Reichtum und Überfluss gesegnet hat. Die großen Gottesmänner des Alten Testamentes waren alle die reichsten Menschen ihrer Zeit. Reichtum gilt in der Bibel als ein Zeichen des göttlichen Segens. Und wenn Gott einem Menschen Reichtum geschenkt hat, auch heute, dann soll er sich nicht ein schlechtes Gewissen machen lassen etwa nach dem Motto: „Eigentlich müsstest du ja alles abgeben, wo es so viel Hunger in der Welt gibt.“ Nein, die Bibel sagt uns: Genieße in Schlichtheit und Dankbarkeit das, was Gott dir geschenkt hat. Aber, und jetzt kommt ein wichtiges Aber: Häng dein Herz nicht daran, dass du nicht daran gebunden bist. Wenn dir einmal alles genommen wird, wenn deine Aktien ganz im Keller sind, dann fang nicht an zu jammern und zu klagen. Fang an, wie der Apostel Paulus zu sagen: „Ich kann Überfluss haben, aber ich kann auch Mangel leiden. In alles bin ich eingeweiht. Alles vermag ich in dem, der mich stärkt, in Christus.“

Jesus hat in der Bergpredigt, in den Seligpreisungen nicht gesagt: „Selig sind die, die nichts auf der Tasche haben, oder die nichts mehr auf dem Konto haben“, sondern Jesus hat gesagt: „Selig die Armen im Geist“ Das bedeutet: „Selig sind jene, die den Geist der Armut haben“. Und das ist unabhängig von der Anzahl der Banknoten die ich in der Tasche habe. Ich kann viel auf der Tasche haben und kann trotzdem den Geist der Armut haben, wenn ich mein Herz nicht an den Besitz gehängt habe, wenn ich dankbar sein kann.

Und eins werden Sie in dem Zusammenhang immer wieder erleben: Solche Menschen können auch großzügig sein, wenn es darum geht, den Anderen mitzugeben.

 

Nun ist der Apostel Paulus ja weit weg, und der kann große Briefe schreiben. Aber ich will ein Beispiel erzählen aus diesem Sommer, wo das gleiche im Fernsehen berichtet wurde  -  und das ist mir sehr unter die Haut gegangen. Sie haben alle zumindest im Fernsehen die großen Überschwemmungskatastrophen miterlebt, in Bayern, in Österreich und in vielen Ländern. Wir haben ja im Fernsehen hautnah miterlebt, dass vielen Menschen alles genommen worden war, die dann praktisch vor den Nichts standen.

Ich habe im Fernsehen eine Szene gesehen, da sagte ein Mann vor seinem total zerstörten Haus dem Reporter: „Wir haben nichts mehr. Unser Geschäft ist weg, unser Haus ist weg, nichts mehr da.“ Und dann sagte er dem Reporter nur einen ganz schlichten Satz: „Ich bin gespannt, wie Gott uns jetzt durchbringt.“ Da wusste der Reporter nichts mehr zu sagen. „Ich bin gespannt, wie Gott uns jetzt durchbringt.“ Und er sagte das nicht mit verkniffenem Gesicht, sondern mit der gleichen Gelassenheit, die auch aus den Worten des Apostels Paulus klingt.

Wie sagt Paulus: „Alles vermag ich in dem, der mir Kraft gibt, in Christus.“  Amen.

       

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Predigttext:    Mt 22,1-10     mp3    Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Bei uns zu Hause im Münsterland gab es einen Brauch, den ich als Kind noch miterlebt habe: Wenn im Münsterland auf einem Bauernhof eine Hochzeit gefeiert wurde, dann schickte der Vater der Braut oder des Bräutigams (je nachdem, auf welchem Hof die Hochzeit gefeiert wurde) einen Mann mit einem Fahrrad rund. Der fuhr mit seinem Fahrrad alle Bauernhöfe ab, die eingeladen wurden und überbrachte persönlich die Einladung. Das war für uns Kinder immer eine sehr lustige Angelegenheit. Wir Kinder sind immer hinter dem hergelaufen. Der hatte einen großen Hut auf mit bunten Schleifen. Das Fahrrad war an den Speichen mit buntem Krepppapier geschmückt. Wenn der dann von einem Hof zum anderen fuhr, bekam er natürlich überall einen Schnaps zu trinken und konnte nach einiger Zeit nicht mehr gerade Fahrrad fahren. Sie können sich vorstellen, dass das für uns Kinder sehr spannend war, wenn der dann in Schlangenlinien fuhr. Dieser Mann hatte einen Titel. Das war der sogenannte „Gästebitter“. Er sollte die Gäste bitten, zur Hochzeit zu kommen. Zweimal fuhr der vor einer Hochzeit rund. Das erste Mal eine längere Zeit vor der Hochzeit, um den Leuten zu sagen: Es steht eine Hochzeit an. Und dann fuhr er einige Tage vor der Hochzeit noch einmal rund: Jetzt ist es so weit, am nächsten Freitag ist die Hochzeit; ihr könnt kommen.

Der Gästebitter.

 

Von so einem Gästebitter redet Jesus heute im Evangelium. Es geht um die Einladung Gottes (bildlich gesprochen) zu einem großen Festmahl, zu einem großen Hochzeitsmahl. Ich weiß nicht, ob Sie noch die erste Lesung dieses Sonntags im Ohr haben. Da heißt es beim Propheten Jesaja: „Der Herr wird ein Festmahl geben für alle Völker mit feinsten Speisen, ein großes Gelage mit auserlesensten Weinen.“ Das bedeutet, ohne Bild gesprochen: Gott hat uns, sein Volk, eingeladen zu einem Leben mit einer überschäumenden Freude, so wie eine überschäumende Freude erlebt wird, wenn auf einem Bauernhof Hochzeit gefeiert wird.

 

Und dann schau Dir einmal die Menschen an, die zu diesem Hochzeitsmahl eingeladen waren und die die Einladung angenommen haben, was dann mit denen später am Pfingstfest in Jerusalem passierte, als der Heilige Geist auf sie herab kam. Wie die mit einem Jubel und mit einer Begeisterung auf dem Marktplatz in Jerusalem die großen Taten Gottes gepriesen haben. Die hatten eine Freude im Herzen, die nicht mehr gebrochen werden konnte. Diese Freude hat sogar stand gehalten, als die ersten Verfolgungen losgingen. Man konnte ihr äußeres Leben behindern und sogar zerbrechen, aber diese Lebensqualität, die Gott ihnen geschenkt hatte, dieses Singen und Jubeln, das konnte man nicht brechen. Das ist der Plan Gottes für unser Leben: ein Leben aus überschäumender Freude heraus.

 

Und diese Einladung Gottes hat genau so wie bei dem Gästebitter zwei Stufen. Das erste Mal, lange Zeit vorher, hatte Gott sein Volk eingeladen durch die Propheten. Immer wieder sind die Propheten in Israel, im Volk Gottes aufgetreten und haben gesagt: Es wird einmal der Tag kommen, wenn der Messias kommt, dann wird das Realität, dieses Freudenmahl mit erlesensten Speisen und Weinen. Es wird einmal der Tag kommen.

 

Und dann ergeht die zweite Einladung. Da hat Gott seinen eigenen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt: Alles ist bereitet, die Zeit ist erfüllt. Diese zweite Einladung unterschied sich allen früheren Einladungen in grundlegender Weise. Die Propheten haben immer nur angekündigt: Es wird einmal der Tag kommen, dann wird es so weit sein ... Aber als Jesus Christus in diese Welt gekommen ist, da konnte er sagen: Heute ist die Zeit erfüllt; jetzt ist alles bereitet. So wie der Gästebitter unmittelbar vor einer Hochzeit mit der zweiten Einladung von einem Hof zum anderen gefahren ist.

 

Aber diese Bild vom Festmahl und vom Gästebitter hat auch eine bittere Seite. Das Volk Israel, das Volk Gottes, die geistliche Elite des Volkes hat diese Einladung nicht angenommen. Sie haben sich verhärtet und haben gesagt: Wir pflegen unsere Gottesdienste, wir pflegen unsere Prozessionen, wir pflegen unsere religiöse Kultur Aber für dieses Neue, Überschäumende, das Gott angeboten hat, dafür fehlte ihnen das Verständnis, und sie haben sich verhärtet. Und als dann das Pfingstfest in Jerusalem kommt, da bleibt diesen „Frommen“ nichts anderes übrig, als über die Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt sind, zu sagen: Die sind ja betrunken, die spinnen. Und das ist etwas Furchtbares.

 

Es hat aber auch Menschen gegeben, die haben die Einladung Jesu angenommen. Das waren zum Beispiel ein paar Dirnen, ein paar Zöllner und Sünder. So wie es im Evangelium heißt: Geh an die Hecken und Zäune, und wer sich da findet, den lade ein. Es waren wirklich die, die man an den Hecken und Zäunen gefunden hat, eben solche Zöllner und Sünder, über die die anderen die Nase gerümpft haben, das heruntergekommene Gesindel, Menschen die von Dämonen besessen waren, Kranke, die von der Gesellschaft schon abgeschrieben waren, solche haben der Einladung geglaubt und sind ihr gefolgt. Und diese Menschen haben das „Leben in Fülle“ erfahren.

Und später, als Paulus die Botschaft verkündet von der Einladung zum Hochzeitsmahl, wer hat ihm denn da geglaubt, wer ist der Einladung gefolgt? Die Hafenarbeiter in Korinth, das heruntergekommene Gesindel aus dem Hafenviertel. Aber die Intellektuellen habe sich verschlossen; die haben zum Beispiel auf dem Marktplatz von Athen gesagt: Ein andermal, heute nicht.

 

Liebe Schwestern und Brüder, diese Einladung Gottes ergeht an sein Volk durch die ganze Geschichte hindurch bis auf den heutigen Tag. Aber eine Frage, die mich seit Jahren immer stärker bedrückt: Wo sind die Menschen, die heute dieser Einladung folgen? Wie viele, gerade in den einstigen Stammländern des Christentums hier in Westeuropa, wir haben alle möglichen Ausreden, genau wie es hier im Evangelium stand: Ich muss in meinen Laden. Hauptsache, das Geschäft läuft. Der andere muss auf seinen Acker, das Heu oder die Ernte muss ja eingefahren werden. Wieder ein anderer sagt: Mein Hobby, meine Pferde. Dann sind es die Kinder ... Jeder hat eine andere Entschuldigung. Und wir erstarren in unserem Unglauben, in unserer Gott-losigkeit (im buchstäblichen Sinne).

Ist das nicht etwas Furchtbares: Bei uns in Deutschland wird das Christentum immer freudloser und immer lustloser. Da ist von überschäumender Freude kaum noch etwas zu spüren. Und dann, das ist das Furchtbare. Genau wie es im Evangelium steht: Die Frohe Botschaft ist an die Hecken und an die Zäune gegangen, und zwar an die vielen Menschen in der dritten Welt. Schau Dir einmal Berichte an aus Südamerika, aus Afrika, aus den Philippinen. Was wird da für eine geistliche Kraft sichtbar in den unzähligen Menschen, die sich zum Evangelium bekehrt haben. Da ist diese Freude wieder spürbar.

Wenn bei uns einmal ein Gottesdienst eine viertel Stunde länger dauert, dann beschweren sich schon etliche Gemeindemitglieder. Aber schau Dir einmal die christlichen Gemeinden an in Afrika, wie die mit einer Freude und einer Begeisterung stundenlang Gottesdienst feiern. Und die haben auch ihre Arbeit, ihren Acker, ihre Kinder. Nur sucht da keiner eine Ausrede, sondern jeder freut sich, dass er zum Festmahl Gottes geladen ist. Und was machen wir? Wir erfüllen unsere „Sonntagspflicht“.

 

Aber ist auch in unserem eigenen Land zu beobachten. Wie vertrocknet ist das Christentum bei uns geworden in unseren etablierten evangelischen und katholischen Großkirchen. Und dann schau Dir dagegen einmal die „Freikirchen“ an, die „Geschäftsleute des vollen Evangeliums“, die vielen geistlichen Aufbrüche, die es auch in unserer katholischen Kirche gibt. Ob das Focolare sind, ob das Gruppen von Charles de Foucault sind, ob das Taizégruppen sind. Es gibt so viele Gruppen, wo so ein geistlicher Aufbruch spürbar wird. Und während in unseren Pfarrgemeinden das Christentum immer mehr verdorrt und zerbröselt, da blüht und wächst und gedeiht es in solchen Gruppen, die sich der Einladung des Evangeliums neu öffnen.

Die entscheidende Frage ist: Bist Du bereit, diese Einladung Gottes zu seinem Festmahl anzunehmen, oder liefert Dir Dein „Laden“, dein Acker und alles andere Entschuldigungen: „Leider“ kann ich nicht kommen.

 

Einen letzten Gedanken noch kurz:

Wenn noch so viele Menschen heute die Einladung Gottes ausschlagen mit allen möglichen Entschuldigungen. Das Festmahl fällt nicht aus. Am Ende unseres Evangeliums heißt es: Der Saal füllte sich mit Gästen. Das Festmahl fällt nicht aus. Glaub mir, Gott wird sich seine Leute suchen, die die Einladung annehmen. Und wir werden es erleben, dass Menschen aus dieser Freude des Glaubens leben, von denen wir es nie gedacht hätten, die von „Hecken und Zäunen“, die Heruntergekommenen, die vielleicht jahrelang keine Kirche mehr von innen gesehen haben. Die blühen auf einmal im Glauben auf und wachsen in der Freude Gottes. Und wir stehen möglicherweise dabei und schütteln den Kopf. Es bleibt dabei: Das Festmahl Gottes fällt nicht aus.

Aber eins gilt genau so: Es werden bei diesem Festmahl keine Plätze reserviert. Wenn Du sagst: Na ja, vielleicht später einmal ... Es werden keine Plätze reserviert. Ob wir ein freudloses Christentum leben, wo man immer nur auf die religiösen Pflichten schaut, oder ob wir die überschäumende Freude Gottes erleben, es liegt in unserer Hand. Die Einladung Gottes gilt, auch heute noch.  Amen.

 

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