Pfarrer Karl Sendker

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Predigt zur 1. Lesung:   Ex 17,8-13          als Video

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Predigttext:      Ex 17,8-13

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Als Überschrift möchte ich über die 1. Lesung heute einen Begriff setzen, der eigentlich aus der modernen Wirtschaft genommen ist: das Stichwort „Arbeitsteilung“. Es geht Gott um Arbeitsteilung.

 

Zunächst die Situation damals: Gott hatte einst dem Abraham gesagt: „Steig auf einen Berg und schau dich um, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen; das ganze Land das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben.“ Das verspreche ich dir, das gelobe ich dir, sagt Gott. Jahrhunderte später ist Israel unterwegs zu diesem ‚gelobten’, versprochenen Land. Mose hatte das Volk aus Ägypten herausgeführt, vierzig Jahre durch die Wüste. Und sie stehen vor diesem Land das Gott versprochen hat. Aber in diesem Land wohnten Heidenvölker, und Israel musste dieses Land einnehmen. Und das brachte Kampf mit sich.

 

Gott will auch heute der Kirche „Neuland“, verschaffen. Es ist doch so: Wir erleben bei uns in unserer Kirche seit einigen Jahrzehnten zwei Tendenzen. Auf der einen Seite bröckelt hier bei uns in Europa die Kirche immer mehr ab. Wenn man einmal die Statistik der Kirchenbesucher durchsieht, über die letzten Jahre oder Jahrzehnte hin, da merkt man, dass es ganz langsam aber sicher weniger wird. Das ist die eine Seite. Aber auf der anderen Seite kann man überall spüren, wie Gott etwas Neues wachsen lässt. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen, wo Gott auch wieder ‚Neuland schenkt’. Das wird sichtbar z.B. in den zwanziger Jahren des letzen Jahrhunderts in der liturgischen Bewegung unter Romano Guardini. Vielleicht sagt den Älteren dieser Name noch etwas. Als zum ersten Mal Menschen anfingen, die heilige Messe nicht mehr in Latein zu feiern, sondern in deutscher Sprache; als man plötzlich alles verstehen konnte. Für uns ist das ja eine Selbstverständlichkeit, aber damals war das fast eine Revolution. Es hat sich fortgesetzt in vielen Äußerungen des Konzils, in geistlichen Aufbrüchen bei Jugendlichen und bei Erwachsenen bis in unsere Tage hinein. Man spürt, dass Gott ‚Neuland’ schenkt, dass Gott etwas Neues wachsen lässt.

Aber dieses Neuland muss eingenommen werden. Und dazu heute aus der Lesung drei Gesichtspunkte:

 

Ein Erstes: Mose schickt den Josua mit dem Heer an die Front und sagt zu ihm: „Kämpfe gegen Amalek!“, gegen die Amalekiter, die das Land besetzt hatten. Eines der Dinge, die wir heute am Dringendsten in der Kirche lernen müssen ist, dass Christsein nicht eine Freizeitbeschäftigung ist, nicht ein Hobby für ein paar Spezialisten. Einige sammeln Briefmarken, andere züchten Brieftauben, andere gehen Fußballspielen; und es gibt ein paar die engagieren sich in der Kirche. So ein richtiger Hobbyclub. Mit solchen Leuten kannst du kein Neuland gewinnen. Wir müssen wieder lernen, dass es für uns darum geht, an die Front zu ziehen und zu kämpfen und an der Front einzutreten für die Belange Gottes in dieser Welt.

 

Die erste Front, wo wir kämpfen müssen, die läuft durch unser eigenes Herz. Das ist der Kampf z.B. gegen die eigene Bequemlichkeit Man sitzt ja viel lieber zu Hause vor dem Fernsehgerät, als dass man sich engagiert wo es notwendig wäre. Das bedeutet Kampf.

Aber dieses ‚an die Front gehen’ bedeutet noch etwas anderes: Wir brauchen heute in der Kirche Männer und Frauen, die sich für die Belange Gottes engagieren, z.B. in politischen Parteien, in den Gewerkschaften, in den Betriebsräten; die sich engagieren z.B. auch im Sportverein, in der Feuerwehr, überall dort, wo Gott uns in diesem gesellschaftlichen Leben zusammenführt. Wir brauchen Menschen, die an diesen Stellen nicht nur die Belange des Vereins vertreten, sondern dort die Belange Gottes vertreten.

Ich will Ihnen ein ganz praktisches Beispiel dafür sagen. Vor einigen Jahren hat mir einmal ein Messdiener gesagt. Wenn wir Fußball spielen müssen, dann haben wir manchmal keine Zeit, sonntags zur Messe zu gehen, weil das einfach vom Spielplan her nicht drin ist. Ähnlich ist es manchmal bei Übungen von der Feuerwehr oder anderen. Sehen Sie, das ist von den Verantwortlichen keine böse Absicht. Es hat einfach niemand daran gedacht, eine Zeit für den Gottesdienst zu ermöglichen, als man die Pläne fürs Wochenende gemacht hat. Und wir brauchen gerade Männer und Frauen, die gerade in solchen Situationen die Rechte Gottes vertreten. Das ist der Kampf an der Front.  

Oder ein anderes Beispiel: An der Front für die Belange Gottes kämpfen z.B. Religionslehrer in den Schulen. Ich bin selber lange Jahre Religionslehrer gewesen an der Realschule in den oberen Klassen; das ist manchmal ‚kämpfen an der Front’. Oder ich denke an die Erzieher und Erzieherinnen im Kindergarten. Oder in anderer Weise auch die Gruppenmütter, die Kinder auf die Beichte, auf die Erstkommunion, auf die Firmung vorbereiten, das sind alles Männer und Frauen die an der Front stehen. Wir brauchen solche Menschen die sich einsetzen, und die dort, wo sie hingestellt sind im gesellschaftlichen Leben und im kirchlichen Leben, die Belange Gottes vertreten.

 

Ein Zweites: Interessant ist in unserer Lesung, dass Mose, der Führer des Gottesvolkes nicht in den Kampf zieht. Er schickt den Josua. Mose selber geht auf den Berg, um zu beten. Und dann heißt es da: So lange Mose seine Hände emporhob (und die emporgehobenen Hände sind ein Zeichen der Anbetung), so lange hatte Israel unten Sieg. Und wenn Mose die Hände sinken ließ, dann hatte Israel unten Niederlage.

Wir brauchen Männer und Frauen heute, die diesen Dienst des Gebetes und besonders diesen Dienst der Anbetung Gottes wahrnehmen. Ich hab schon manchmal gedacht: Alte Menschen sagen manchmal, wenn man sie darauf anspricht: „Wissen Sie Herr Pfarrer, ich komme mir so furchtbar nutzlos vor. Es lohnt sich nicht für den Pfarrgemeinderat zu kandidieren, dafür bin ich schon zu alt. Ich kann ja eigentlich doch nichts mehr tun.“ Manchmal geht es dann soweit, dass diese älteren Menschen den Eindruck haben: Ich falle ja den anderen nur noch zur Last; ich kann ja nichts mehr bringen.

Ob das nicht vielleicht gerade der Dienst ist, den Gott den älteren Menschen anvertraut hat: Im Gebet die Belange Gottes und die Belange der ‚kämpfenden Truppe’ in der Kirche vor Gott zu bringen, und besonders auch, diesen lebendigen Gott anzubeten. Es ist so wichtig dass das in der Kirche geschieht.

Als Papst Johannes Paul II. vor Jahren Südkorea besucht hat, da war in der Zeitung zu lesen, dass in Südkorea das Christentum sich explosionsartig ausbreitet. Aber es war auch in einigen Zeitungen zu lesen: Dass der Glaube sich dort so ausbreitet, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Christen in Südkorea, in der Hauptstadt Seoul, seit Jahren (wie sie es nennen) eine Gebetskette gebildet haben, wo Tag und Nacht buchstäblich Hunderte und Tausende von Menschen dieses Anliegen vor Gott bringen, dass die christliche Botschaft in Südkorea Fuß fasst.

Es besteht eine direkte Verbindungslinie von diesen Betern hin zu den Ergebnissen. Wie stand es in der 1. Lesung heute: So lange Mose die Hände erhob, so lange er im Gebet war, hatten Kämpfer unten im Tal Sieg, und sonst hatten sie Niederlage. Wir sollten dieses Gebet nicht unterschätzen! Sagen sie nie: Ich kann ja nur noch beten“, nein, das Gebet ist genauso wichtig. Und ich sag in diesem Zusammenhang auch einmal: Ich bin im tiefsten Herzen absolut sicher: die Prozesse, die wir Ende des letzten Jahrhunderts im ganzen Ostblock erlebt haben, die sind nicht zuletzt eine Frucht der Millionen Menschen, die täglich dafür den Rosenkranz gebetet haben. Ich möchte Ihnen dazu Mut machen. Hier können wir Ergebnisse sehen; es besteht da eine direkte Verbindungslinie.

 

Ein Drittes: Es gibt noch eine dritte Gruppe von Menschen, die wird genauso gebraucht. Die können nicht beten, haben zumindest diesen Dienst des Gebetes nicht von Gott anvertraut bekommen; die sind auch nicht bei der ‚kämpfenden Truppe’. Aber die haben Phantasie.

Dem Mose werden am Ende die Arme zu schwer. Er konnte die Hände nicht mehr hochhalten. Aber da waren noch zwei Männer, Aaron und Hur, die haben Phantasie gehabt. Sie haben einen Stein genommen, haben den Mose auf den Stein gesetzt, haben sich rechts und links hingestellt und haben dem Mose die Hände gestützt. So konnte Mose die Hände erhoben halten, bis der endgültige Sieg errungen war.

Und auch das ist etwas, was wir heute in der Kirche dringend brauchen: Menschen, die in den kleinen Dingen Phantasie entwickeln und dann dienstbereit sind.

 

Auch hier ein ganz praktisches Beispiel: Vermutlich wird kaum jemand aus der Gemeinde von Gott den Dienst bekommen, Bibelkurse zu halten, zu predigen, oder einen Exerzitienkurs zu leiten. Vielleicht hast Du noch nicht einmal den Dienst bekommen, in besonderer Weise dafür zu beten.

Aber ich selbst halte oft solche Kurse. Wissen Sie, was am Anfang eines solchen Kurses ganz wichtig ist: dass da ein paar Männer und Frauen sind, die z.B. die Stühle richtig hinstellen, die dafür sorgen dass der Raum gut gelüftet ist, oder dass er richtig geheizt ist. Oder die sich auch die Mühe machen, in die Mitte ein paar Blümchen hinzustellen oder eine Kerze; Menschen, die ein Stückchen Atmosphäre schaffen. Das ist so wichtig am Anfang eines Kurses. Wenn man in den Raum kommt, wo der Kurs stattfindet, und man muss erst selbst Ordnung schaffen in allen Dingen, dann ist die Atmosphäre schon weg. Irgendwie gehören diese kleinen Dinge dazu.

Und das ist es, was Gott hier meint; und das ist es, was Aaron und Hur hier getan haben. Sie haben einfach dem Mose die Hände gestützt.

 

Heute wird bei uns in Deutschland so oft geklagt, dass die Priester so wenig Seelsorger sind, und so viel Verwaltungsaufgaben haben. Aber die Gegenfrage ist: Wo sind Männer und Frauen, die kommen und sagen: „Herr Pfarrer, die und die Dinge nehme ich ihnen ab!“, damit der Pfarrer Hausbesuche machen kann und im eigentlichen Sinne seelsorgliche Dienste wahrnehmen kann. Das könnte auch die Aufgabe etwa von Pfarrgemeinderäten sein, solche Dienste zu übernehmen.

Ich bin allerdings auch sehr dankbar, dass wir in den Gemeinden solche Männer und Frauen haben. Es gibt viele Bereiche, wo ein anderer viel mehr Fähigkeiten hat als der Pfarrer. Phantasie entwickeln und sich einbringen.

 

Wenn man jetzt noch einmal in der Lesung nachfragt: Wer hat denn eigentlich den Sieg errungen? Josua und die kämpfende Truppe? Mose der auf dem Berg gebetet hat? Oder Aaron und Hur, die dem Mose die Hände gestützt haben? Wer hat den Sieg errungen? Da muss man feststellen: Alle! Keiner war überflüssig; jeder wurde an seinem Platz gebraucht. Und das gilt heute in der Kirche auch. Gott braucht alle. Gott braucht auch Dich.  Amen.

 

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