Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

30. Sonntag B
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Predigten

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Predigt zum Evangelium:   Mk 10,46-52

Predigttext:      Mk 10,46-52

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die Geschichte vom blinden Bartimäus gehört zu den ganz bekannten Geschichten des Evangeliums. Die hören die Kinder schon im Kindergarten, und es gibt auch ganz wunderbare Bilderbücher wo der blinde Bartimäus seine Blindenbinde abnimmt und mit ganz großen Augen Jesus anschaut. Wie er einfach nur staunt dass er wieder sehen kann. Die Geschichte kommt im Kommunionunterricht vor, immer wieder in den Schulgottesdiensten: Der blinde Bartimäus.

Aber wenn man sich diese Geschichte einmal anschaut, dann ist das irgendwie auch eine gefährliche Geschichte, die eine ganze Menge Sprengstoff enthält. Und das wollen wir uns heute einmal anschauen.

Wissen Sie, wo der Sprengstoff sitzt? Am Ende sagt Jesus zu dem blinden Bartimäus, der jetzt sehen kann: „Dein Glaube hat dich gesund gemacht.“ Jesus sagt eigenartigerweise nicht: Ich habe dich gesund gemacht, oder: der Vater im Himmel hat dich gesund gemacht. Nein, dein Glaube hat dich gesund gemacht.

Das bedeutet mit anderen Worten: Es hängt ein ganzes Stück an unserem Glauben, ob wir die Kraft Gottes, in diesem Fall die heilende Kraft Gottes, in unserem Leben erfahren oder nicht. Dein Glaube hat dich gesund gemacht. Und in anderen Evangelien heißt es sogar: „Dir geschehe wie du es gesagt hast.“

 

Was ist das denn mit diesem Glauben des Bartimäus, was hat das mit diesem Glauben auf sich?

Ein Erstes: Der Bartimäus schreit zu Jesus: „Sohn Davids, Jesus, erbarme dich meiner!“ Und er lässt sich nicht davon abbringen, als die anderen sagen: „Halt bloß deine Klappe. Wir können Jesus überhaupt nicht mehr verstehen, wenn du so schreist.“ Er ruft nur noch lauter: „Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!“ Und dann sagt Jesus: „Bringt ihn her zu mir.“ Bartimäus wirft seinen Mantel weg, und dann steht er vor Jesus.

Und dann stellt Jesus dem Bartimäus, diesem blinden Bettler eine Frage, die auf den ersten Blick ganz dumm erscheint. Er fragt den Bartimäus: „Was willst du, was soll ich für dich tun?“ Ich denke, das war doch selbstverständlich. Jesus konnte doch sehen, dass er eine Blindenbinde hatte. Das war damals das Zeichen dafür, dass jemand blind war. Und außerdem hatte er doch schon gerufen: „Jesus, Sohn Davids erbarme dich meiner.“ Und trotzdem fragt Jesus ihn ausdrücklich: „Was willst du? Was soll ich für dich tun? Auf gut deutsch gesagt: „Bartimäus, jetzt mal Butter bei die Fische. Was willst du denn konkret?“

Und sehen Sie, in dem, was dann Bartimäus antwortet auf diese konkrete Frage Jesu, da zeigt sich, was er in seinem Herzen wirklich glaubt. Und darum ist diese konkrete Nachfrage Jesu so wichtig.

Lasst uns einmal ein bisschen Phantasie haben. Der Bartimäus war ja auf der Straße am Betteln, der sammelte ja Geld. Stell Dir einmal folgendes vor: Als Jesus ihn fragt: „Was willst du, was soll ich für dich tun?“ Wenn der Bartimäus jetzt geantwortet hätte: „Jesus, wenn du mir fünfhundert Euro gibst, dann kann ich mir einen Blindenhund kaufen.“ Wissen Sie, was dann passiert wäre? Dann hätte Jesus zu Petrus gesagt: „Hol mal das Portmonee raus und gib ihm fünfhundert Euro. Und er hätte dazugesagt: „Dir geschehe, wie du es gesagt hast. Dein Glaube hat dir geholfen.“

Oder stell Dir einmal etwas vor, was wir ja möglicherweise in so einer Situation tun würden. Jesus fragt: „Was willst du, was soll ich für dich tun?“ Und der Bartimäus hätte dann geantwortet: „Jesus, schenk mir Kraft, dass ich mit meiner Blindheit fertig werden kann.“ Dann hätte Jesus gesagt: „Dir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Und der Bartimäus wäre heute noch blind.

Aber Bartimäus setzt alles auf eine Karte, und er antwortet so präzise wie es nur geht: „Ich möchte wieder sehen können.“

Und sehen sie, darin liegt für uns, für unser Glaubensleben und für unser Gebetleben ein ganz wichtiger Hinweis: Wir dürfen und wir müssen im Gebet konkret werden. Es genügt nicht, wenn man in einer Notsituation ruft: „Herr barme dich meiner.“ Dann fragt Jesus zurück: „Wie sieht das Erbarmen denn aus? Wie stellst du dir das vor, was ich für dich tun soll?“ Es genügt nicht wenn man in einer Situation, wo man Mangel hat, dass man dann betet: „Herr segne mich.“ Jesus fragt dich wieder: „Wie soll der Segen denn aussehen?“ Sage es ihm konkret, so konkret wie es geht.

Ich will es mal ein bisschen überspitzt sagen. Wenn Du bis Mittag fünfzig Euro brauchst, dann bete morgens beim Morgengebet nicht: „Jesus erbarme dich meiner und hilf mir.“ Sondern dann sage ihm im Gebet: „Ich brauche im zwölf Uhr fünfzig Euro.“ Vielleicht lachen Sie jetzt, aber genauso musste der Bartimäus das machen. Er muss es ausdrücklich noch mal sagen, Was er konkret will. Und in dem, wie wir dann konkret beten, da zeigt sich unser Glaube.

Wir sind überall im Leben konkret. Es würde doch keiner von uns auf die Idee kommen, in ein Buchgeschäft zu gehen und zu der Verkäufern zu sagen: „Ich möchte gerne ein Buch haben.“ Man sagt: „Ich möchte gerne das und das Buch haben von dem und dem Verfasser, Paperback, zu dem und dem Preis.“ Wir sind überall konkret, nur wenn wir beten, dann sind wir meistens so unkonkret: Erbarme dich meiner, hilf mir, segne mich ...“ Natürlich ist der Segen wichtig, aber wie soll der Segen denn aussehen? Lerne das vom blinden Bartimäus: Sprich es aus, was Du konkret willst.

Und damit ist jetzt das Zweite verbunden: Beten, konkret beten, aus dem Glauben heraus wie der Bartimäus, bedeutet nicht nur, dass ich in meinem Herzen ganz still und heimlich morgens bete: „Jesus, ich brauche bis heute Mittag fünfzig Euro.“ Nein, sprich es aus und zwar auch vor anderen. Darin liegt eine ganz große Kraft. Jesus hat im Markusevangelium einmal gesagt: „Wenn du etwas erbittest und nicht zweifelst und glaubst, dass das sich erfüllt, was du aussprichst, dann wird es dir zuteil werden.“

 

Es gibt ein Buch, das ich vor dreißig Jahren gelesen habe, das meinen Glauben fast auf den Kopf gestellt hat, kurz nach der Priesterweihe, Dieses Buch heißt: „Das Kreuz und die Messerhelden“. Da ist ein evangelischer Prediger, der hat seinem Enkel, der auch Prediger werden wollte, folgendes mit auf den Weg gegeben: „Du wirst die Kraft Gottes erst dann erfahren, wenn du vor anderen konkret und laut dein Anliegen aussprichst.“ Und dann wird in diesem Buch beschrieben, wie der Großvater, der diesen Rat gegeben hatte, plötzlich sterbenskrank wird und auf dem Sterbebett liegt. Die Ärzte können ihm anscheinend nicht mehr helfen. Und der Enkel darf in das Krankenzimmer nicht mehr rein zu seinem Großvater. Und was macht der kleine Junge: Er erinnert sich plötzlich: Mein Großvater hat gesagt, du musst konkret beten und du musst es laut aussprechen. Aber er durfte ja ins Krankenzimmer nicht mehr rein. Und so geht er in den Keller, in den Heizungskeller des Hauses, schließt hinter sich die Stahltüre und fängt laut an zu Gott zu schreien: „Mach doch dass Großvater am Leben bleibt, dass die Ärzte ihm helfen können!“ Und was dieser Junge überhaupt nicht gemerkt hat und nicht wusste: Dieses Schreien zu Gott, ganz konkret, wurde durch die Heizungsschächte in alle Räume des Hauses übertragen. Und plötzlich dröhnte es aus der Heizung, aus dem Heizungsschacht im Krankenzimmer: „Mach doch, dass Großvater wieder gesund wird!“  Und dieses Schreien des kleinen Jungen ist erhört worden.

Fang an, konkret zu sein mit Gott. Fang an, die Dinge auszusprechen vor anderen. Und glaub mir, die Gebetsanliegen fangen an, sich zu realisieren. Du wirst die Kraft Gottes in Deinem Leben erfahren.

In einem anderen Zusammenhang, als Jesus in seiner Heimatstadt Nazareth zu Besuch war, heißt es: „Er konnte dort keine Wunder wirken wegen ihres Unglaubens.“

Hier heißt es: „Geh, dein Glaube hat dir geholfen.“

Und ich wünschte mir für unsere Gemeinde nichts dringender, als dieses eine, dass Jesus zu uns einmal sagt: „Dein Glaube ist groß. Geh, dein Glaube hat dir geholfen.   Amen.

 

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