Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

33. Sonntag C
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Predigten

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Predigt zum Evangelium:   Lk 21,5-19       Predigt im mp3 Format       als Video

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Predigttext:    Lk 21,5-19     Predigt im mp3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Dieser vorletzte Sonntag des Kirchenjahres hat für uns eine sehr ernste Botschaft: „Alles wird niedergerissen; kein Stein wird auf dem anderen bleiben“, sagt Jesus. Und als er das sagt, sitzt er wahrscheinlich mit seinen Jüngern auf dem Ölberg gegenüber der Stadt Jerusalem und schaut herab auf diese wunderbare Stadt. Ich war selber noch nie in Israel, aber es haben mir viele erzählt: Wenn man auf dem Ölberg ist, hat man einen wunderbarer Blick auf die Stadt Jerusalem. Und in der Mitte dieser Stadt stand der Tempel Gottes, dort wo heute die goldene Kuppel des Felsendomes ist. Wir wissen aus den Psalmen: Wenn die Wallfahrer nach Jerusalem pilgerten und oben auf dem Ölberg ankamen, dann haben sie diesen Psalm gesungen: „Jerusalem du große Stadt, dicht gebaut und fest gefügt.“ Es war ein Zeichen der Beständigkeit und der Herrlichkeit Gottes.

 

Jetzt sitzt Jesus mit seinen Jüngern auf dem Ölberg, und die Jünger weisen ihn darauf hin: „Meister schau dir den Tempel an mit diesen wuchtigen Quadern, mit denen er gebaut ist. Und schau dir die vielen Weihegeschenke an, die die Pilger mitgebracht haben, ein Zeichen der Herrlichkeit Gottes hier in dieser Stadt.“

Und dann sagt Jesus ihnen: „Täuscht euch nicht. Von allem, was ihr da seht, wird kein Stein auf dem anderen bleiben; alles wird niedergerissen.“ Und er sitzt da und weint über die Stadt Jerusalem.

 

Schwestern und Brüder, es hat keine vierzig Jahre gedauert, im Jahr 70 nach Christus, da steht der römische Feldherr Titus, der spätere Kaiser in Rom, mit einem riesigen Heer vor Jerusalem. Er belagert die Stadt, nimmt sie ein, und die ganze Stadt Jerusalem wird dem Erdboden gleichgemacht. Auch der Tempel wird niedergerissen. Es ist buchstäblich kein Stein auf dem anderen geblieben, mit Ausnahme einer Mauer, die heute noch steht. Die nennen die Juden heute die Klagemauer. Was kein Jude sich vorstellen konnte: Gott ist in unserer Mitte, und der Tempel war ein sichtbares Zeichen dafür. Und jetzt ist dieser Tempel niedergerissen. Es hat keine vierzig Jahre gedauert.

Als der Evangelist Lukas sein Evangelium schreibt, da war das schon passiert. Und Lukas steht staunend davor und merkt auf einmal: Was Jesus angekündigt hat, ist Wirklichkeit geworden. Alles wurde niedergerissen.

 

Dahinter steht folgendes: Du kannst noch so kostbare Kirchen bauen, damals den Tempel und heute die Kirchen. Wenn das Herz der Menschen nicht bei Gott ist, wenn Gott nicht der König in ihren Herzen ist, dann nützen alle die kostbaren und beständigen Bauwerke nichts; das wird alles niedergerissen.

 

Das gilt nicht nur für den sichtbaren Tempel, für dieses Bauwerk in Jerusalem. Das gilt für alles, was sich an die Stelle Gottes setzt, wo Gott selber nicht der Herr sein darf.

Bleiben wir beim römischen Reich. Das war damals, zur Zeit der ersten Apostel auf dem Höhepunkt seiner Macht. Aber in dem Augenblick, wo die Kaiser in Rom anfingen, sich selbst an die Stelle Gottes zu setzen und sich mit dem Titel ‚Herr’ und ‚Gott’ verehren zu lassen, mit dem Titel ‚Sohn Gottes’, da sitzt der Keim der Zerstörung in diesem Reich. Es hat gar nicht so lange gedauert und das römische Reich ist untergegangen. Alles wird niedergerissen.

Oder schauen wir in das 20. Jahrhundert hinein. Wo sich in den dreißiger und Vierzigerjahren ein Volk zum Herrenvolk aufschwingen will, wo es ganz bewusst gegen den Willen Gottes regiert wird, da trägt dieses Reich, wir nennen es das dritte Reich, den Stempel der Zerstörung schon in sich. Da mag es sich selbst auch als ‚Tausendjähriges Reich’ bezeichnen. Und was hat das 1945 ein bitteres Ende genommen. Wenn wir am Volkstrauertag der Toten der Kriege gedenken: Hier sitzt die Wurzel des Übels, dass sich Menschen an die Stelle Gottes gesetzt haben und Gottes Gebote außer Kraft setzen.

Oder noch näher an unserer Zeit: Denken sie mal zurück an die Zeit um das Jahr 1989. Das konnten die meisten noch mitverfolgen, als der Ostblock, das kommunistische Regime im Ostblock mit einem Mal völlig zerfiel. Was war das für eine fest zementierte Macht gewesen. Natürlich, der Sozialismus war einmal angetreten, um den Menschen zu dienen; das war das ursprüngliche Ziel. Aber in dem Augenblick, wo dieser Kommunismus bewusst atheistisch wird, da trägt er den Stempel in sich „alles wird niedergerissen“. Und selbst dieses so fest gefügte kommunistische Regime stürzt. Nicht umsonst hat man ja vom eisernen Vorhang gesprochen; man hat von den Politikern in der DDR gesprochen als den Betonköpfen. Die sind so starr, die kriegst du nicht umgebogen. Und dann hat es nur wenige Wochen gedauert, und dieses fest gefügte Reich war kaputt. Ich werde nie vergessen, wie die DDR ihr vierzigjähriges Bestehen gefeiert hat; und vier Wochen später war es kaputt. Alles wird niedergerissen was sich an die Stelle Gottes setzt.

 

Aber das ist nicht nur für die für die frühere Geschichte so; es ist heute hier in unserem Land genau so. Wir in unserer Gesellschaft in Deutschland sind gottlos geworden, im buchstäblichen Sinne ‚Gott los geworden’. Wir brauchen Gott nicht mehr. Wir werden regiert von Politikern, die es nicht nötig haben, die Hilfe Gottes zu erbitten. Aber wir wollen nicht auf die Politiker schimpfen; es geht ja uns allen so. Überlegen Sie einmal: Wir haben in unserer Gesellschaft ein Wertesystem zugelassen, das sich nicht mehr an den Geboten Gottes orientiert. Der einzige Maßstab, der heute gilt, bin ich. Was ich für richtig halte, das ist auch gut; und da lasse ich mir von keinem reinreden, nicht vom Staat, nicht von den Gewerkschaften, und schon gar nicht von der Kirche und eben auch nicht von den Geboten Gottes. Was ich für richtig halte ist gut, ich entscheide das. Und was ich für richtig halte, wird dadurch bestimmt, was mir am meisten nützt, was am meisten Geld einbringt. Und wenn das unter Umständen auf Kosten von vielen anderen geht, ist mir das egal.

Aber glaub mir, diese Gesellschaft heute, die bewusst Gott los werden will, und die Gott los geworden ist, die trägt auch den Stempel „alles wird niedergerissen“. Und wie viel kaputt geht bei uns, das kannst Du mit Händen greifen.

Aber es trifft nicht nur die Gesellschaft, es trifft auch die Kirche heute. Auch alles was in der Kirche menschlich ist, trifft dieser Stempel: „Alles wird niedergerissen.“ Wo in der Kirche heute nicht mehr Jesus Christus die Mitte ist, wo der Mittelpunkt alle möglichen Aktivitäten sind, Freizeitaktivitäten, Aktivitäten im sozialen Bereich, - die sind ja alle nicht schlecht, aber wenn wir nicht mehr von der Mitte her leben, von Jesus Christus, dann wird das kaputt gehen.

Wir erleben das in Deutschland zurzeit sehr deutlich: Schau Dir doch einmal die Programme der kirchlichen Vereine an: Natürlich ist da auch ‚mal was Religiöses’ dabei, aber im Wesentlichen sind wir nicht mehr geprägt von der Mitte her, sondern von allen möglichen Randaktivitäten, die mehr oder weniger wichtig sind. Und diese Kirche trägt den Stempel der Zersetzung in sich. Und auch hier muss man sagen: Wir erleben ja, wie die geistliche Kraft unserer Kirche immer mehr zerbröselt. Natürlich, wir sind hier in Deutschland die Kirche, die von allen Kirchen in der Welt am besten organisiert ist, perfekt. Aber was ist denn an geistlicher Kraft noch da? Kaum etwas. Das bröselt uns zwischen den Fingern weg. Es trägt den Stempel, „da wird kein Stein auf dem anderen bleiben“. Wir dürfen uns da nicht täuschen.

Alles was nicht Jesus Christus zur Mitte hat wird erschüttert werden, das sagt uns der Hebräerbrief im zwölften Kapitel. Aber diese ganzen Erschütterungen sind dafür da, damit sichtbar wird, was bleibt, was unerschütterlich bleibt.

Und auch da will ich ihnen drei Punkte wenigstens kurz nennen, drei Dinge, die mitten in den Erschütterungen bleiben.

Das Erste, was bleibt ist Gott selbst. Er ist der ewige Gott Es hat noch keiner geschafft, Gott von seinem Thron herunterzuholen.. Das hat ein Pharao in Ägypten nicht geschafft; das hat ein Kaiser Nero in Rom nicht geschafft; das hat ein Adolf Hitler nicht geschafft. Einstein hat auch keine Pille fürs ewige Leben erfunden; und Nietzsche, der proklamiert hat „Gott ist tot“, liegt heute selber im Grab. Und ich hab mir sagen lassen: In dem gleichen Haus, wo Nietzsche proklamiert hat: ‚in hundert Jahren wird niemand mehr an diesen Gott der Christen glauben’, in dem gleichen Haus werden heute Bibeln gedruckt. Ironie der Geschichte. Gott bleibt! Und jeder, der sich an diesen lebendigen Gott hält, der hat festen Boden unter den Füßen, wo alles anfängt zu wackeln.

Ein Zweites, was bleibt, ist das Wort Gottes. Jesus sagt: „Himmel und Erde werden vergehen, (ja das erleben wir) aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Wir erleben heute eine Inflation von Worten. Von überall her huschen die Worte auf uns zu. Aber wo sind die Menschen, die sich noch in sein Wort vertiefen. Wer das tut, der geht nicht blind in diese Welt hinein, der geht auch nicht blind in die Wirren dieser Welt hinein, sondern er hat eine klare Perspektive und eine klare Ausrichtung für sein Leben; er hat festen Halt. „Mein Wort bleibt!“, sagt Jesus.

Und das Dritte, was bleibt, - das klingt vielleicht jetzt merkwürdig angesichts dessen was ich eben sagte. Das Dritte, was bleibt, ist die Kirche. Nicht die Organisation Kirche; da gibt es vieles was vergeht, aber Jesus hat zu Petrus gesagt, „Du bist der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. Und die Pforten der Hölle (oder die Mächte der Finsternis, wie es heute heißt) werden diese Kirche nicht zerstören“, weil diese Kirche nicht nur eine Organisation ist, sondern weil diese Kirche der Leib Christi ist. Natürlich, es wird vieles kaputt gehen, es gibt so viele Missstände in der Kirche über die ganze Kirchengeschichte bis auf den heutigen Tag. Aber dass diese Kirche trotz ihrer Missstände immer wieder die Kraft gefunden hat, einen neuen Trieb herauszubringen, etwa im Mittelalter einen Franziskus, das zeigt: Hier in dieser Kirche, die so viele Schwächen hat, lebt die Kraft Gottes, weil diese Kirche der Leib Christi ist. Und ich bin stolz, zu diesem Leib Christi zu gehören, trotz der vielen Missstände.

 

Wer sich an Gott klammert, wer das Wort Gottes zur Richtschnur seines Lebens nimmt, und wer die Kirche als Leib Christi erkennt, in den man eingegliedert ist, der braucht mitten in den Wirren dieser Zeit nicht ängstlich zu werden. Er kann getrosten Mutes in die Zukunft gehen, und kann für andere zum Hoffnungsträger werden. Und die brauchen wir heute dringend.   Amen.

 

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