Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

3. Advent B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

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unter dem Stichwort Kassettendienst .

Predigt zur 1. Lesung:  Jes 61,1-2a.11-12

Predigt zum Evangelium:  Joh 1,6-8.19-28

Predigt zum Evangelium:  Joh 1,6-8.19-28   (2. Predigt)

Predigttext:      Jes 61,1-2a.11-12

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Der dritte Adventssonntag ist seit alter Zeit geprägt durch das Stichwort „Freude“. Dieses Stichwort Freude durchzieht die Liturgie des ganzen 3. Adventssonntags in allen drei Lesejahren. Wenn Sie die Lesungen einmal hintereinander lesen, überall dominiert das Stichwort Freude.

Heute hören wir die Botschaft der Freude aus dem Propheten Jesaja. Da schreibt er: „Von Herzen will ich mich freuen über meinen Gott. Meine Seele soll jubeln über meinen Herrn. Wie ein Bräutigam sich freut über die Braut, und wie die Braut sich freut über den Bräutigam, so freut sich über dich dein Gott.“

Es ist der Wille Gottes, dass unser Leben als Christen geprägt ist von einer überschäumenden und zugleich ganz tief gehenden Freude. Ich habe einmal nachgesehen in einer Wortstatistik: Das Wort Freude kommt in der Bibel häufiger vor als das Wort Liebe. Die Botschaft, die uns Gott an die Hand gibt, ist im tiefsten eine Botschaft der Freude, eine Frohe Botschaft.

Wenn wir mitten in der Adventszeit dieses Stichwort Freude in den Vordergrund rücken, dann ist das gleichsam wie ein Vorgeschmack auf die Weihnachtsbotschaft. Das Herausragende, was Weihnachten den Hirten auf dem Feld durch den Engel verkündet wird: „Ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden wird. Heute ist euch der Heiland geboren.“ Das ist die tiefste Botschaft der Freude, die Gott für den Menschen hat: Es ist den Menschen ein Heiland geboren.

 

Bei dem Wort Heiland denken die meisten von uns, bedingt durch unsere Erziehung, wahrscheinlich zuerst einmal, dass er der Heiland der Sünder ist, der die Menschen rettet aus der Sünde. Das ist richtig, denn das was die Menschen am meisten kaputt macht, und was am meisten die Freude verhindert im Zusammenleben der Menschen, ist unsere Sünde. Aber das ist noch lange nicht alles. Das Wort Heiland meint viel mehr, und davon redet Jesaja heute in der Lesung. Da heißt es vom Heiland: „Er hat mich gesandt, damit ich alle heile, deren Herz zerbrochen ist.“ Das bedeutet, einen Heiland zu haben. Alle Menschen, deren Herz zerbrochen ist, denen will Christus Heiland sein.

Ganz ehrlich, wie viele zerbrochene Herzen gibt es heute - genau wie damals - in unserer Gesellschaft. Da triffst du Menschen, die nach außen sehr lustig sind. Aber wenn du ins Herz hineinschaust, wie oft ist dann das ‚heulende Elend’ da. Wie oft sind sie dem Weinen näher als dem Lachen.

Wenn etwa jemand einen geliebten Menschen durch den Tod verloren hat, und er kommt einfach nicht über diesen Verlust weg. Das ist wie eine Bleidecke, die ihn lähmt. Das ist so eine Situation, wo das Herz zerbrochen ist, wo man einen Heiland braucht. Wie viele Eheleute haben eine zerbrochene Ehe, vielleicht nach außen noch intakt aber man hat sich nichts mehr zu sagen und man lebt nur noch aneinander vorbei und man weiß nicht wie soll man das heilen.

Wie viele zerbrochene Herzen und nicht nur zerbrochene Ehen gibt es heute. Wie viel Leid ist damit verbunden. Für solche Menschen will Jesus der Heiland sein.

Da hast du einem anderen Menschen dein ganzes Vertrauen geschenkt, und der hat dein Vertrauen missbraucht. Da hast du dem anderen deine ganze Liebe geschenkt, und er hat dich nur benutzt wie einen Spielball, und du hast es gar nicht gemerkt. Auf einmal ist es so, das dir der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Wie viele Tränen und zerbrochene Herzen gibt es da.

Oder da hat sich jemand eingesetzt, etwa in der Pfarrgemeinde, hat alles getan für die anderen,  und es wird überhaupt nicht gewürdigt. Ganz im Gegenteil, man unterstellt ihm vielleicht noch unlautere Motive, und er wird vielleicht sogar verleumdet. Das tut weh, das kann ein zerbrochenes Herz verursachen.

Aber glaubt mir: ganz gleich wo die zerbrochenen Herzen sind, für diese Menschen ist ein Heiland geboren, und darüber dürfen wir uns freuen.

 

Es geht aber noch einen Schritt weiter. Der Prophet Jesaja sagt von diesem Heiland noch etwas: „Er hat mich gesandt, dass ich den Gefangenen und Gefesselten Befreiung verkünde.“ Da kann man natürlich zuerst einmal daran denken an die Gefangenen und Gefesselten, an Menschen, die in Ländern mit Diktaturen gefesselt sind, die ungerecht gefoltert werden.

Ich weiß nicht, ob das allein damit gemeint ist. Es gibt ja auch andere Fesseln, auch hier bei uns. Wie viele Menschen sind heute gefesselt, gebunden durch Abhängigkeit von Drogen, nicht einmal in erster Linie durch Rauschgift. Sondern unzählige Menschen sind heute gefesselt durch Tablettensucht, und sie kommen nicht mehr heraus. Es ist wie eine Fessel. Man leidet furchtbar darunter. Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin in meiner Jugend auch Tablettesüchtig gewesen, und ich weiß was für eine Qual das bedeutet.

Vielleicht ist heute jemand gefesselt, gebunden an Alkohol. Nicht, dass man keinen Alkohol trinken dürfte zum Vergnügen. Aber solche Menschen müssen Alkohol trinken. Oder die Abhängigkeit von Nikotin, weil die „Glimmstängel“ die einzigen Haltestängel sind, an die man sich halten kann. Und vielleicht merkt so ein Mensch überhaupt nicht, wie der Glimmstängel zur Fessel wird.

Oder in einem ganz anderen Sinn: Wie oft sind Menschen heute gefesselt durch Eifersucht. Ich kann mich erinnern, dass einmal eine Frau in die Seelsorge kam und mir sagte: „Ich bin auf meinen Mann furchtbar eifersüchtig, und ich weiß genau, dass ich überhaupt keinen Grund dazu habe. des Mal, wenn wir zusammen durch die Stadt gehen, und er schaut sich auf der Straße um, dann geht es hoch bei mir. Und ich weiß nicht. wie ich da raus kommen soll.“ Sie war bei einem Psychologen gewesen, und der meinte: „Sprich doch einmal ganz offen mit deinem Mann darüber.“ Sie hatte das getan mit dem Erfolg, dass der Mann nun seinerseits verklemmt wurde und gar nicht mehr wusste, wo er hinschauen sollte. Das ist wie eine Fessel.

Manchmal aber auch Eifersucht in einer anderen Form: der andere hat etwas, was ich nicht habe, vielleicht Fähigkeiten, die ich nicht habe. Und dann ist man neidisch und eifersüchtig.

Oder eine andere Fessel: der Egoismus. Die Ichsucht, wo sich alles immer um mich drehen muss, und ich komme nicht mehr heraus.

Ganz gleich, wo die Fesseln in unserem Leben sind: Für diese Gefesselten und Gebundenen gibt es einen Heiland. Das sagt uns die Botschaft des Propheten Jesaja. Ob wir ein zerbrochenes Herz haben, oder ob wir in unserem Leben solche Gebundenheiten, solche Fesseln erleben, vielleicht ist es gut das, alles dem Heiland einmal in einer stillen Zeit zu sagen, und damit zu rechnen, dass er mich fei macht davon.

Vielleicht ist es aber auch gut, - ich sage das in diesem Zusammenhang einmal - einen Seelsorger aufzusuchen mit dem man darüber sprechen kann, und mit dem man auch dafür beten kann. Das kann ein Priester sein, das kann auch ein geistlich reifer Mensch sein, der nicht Priester ist. Ein seelsorglicher Mensch, dem ich mich anvertrauen kann, und der mit mir, mit meiner Not, im Gebet zu Jesus Christus kommt.

 Glaub mir, das sind nicht nur fromme Sprüche. Auch da weiß ich aus eigener Erfahrung in der Seelsorge ein Lied davon zu singen, wie Christus Menschen frei macht, wie er ihnen Heilung und Befreiung schenkt. Wir sind eingeladen, zu kommen. Aber eins ist ganz sicher: Jeder, der das erfährt: Befreiung von Fesseln, Heilung von Verletzungen der Seele, wo das Herz zerbrochen ist, jeder, der das in seinem Leben erfährt, der wird aus tiefstem Herzen verstehen, was christliche Freude ist. Der macht nicht nur ein frohes Gesicht, sondern der strahlt aus einem geheilten und befreiten Herzen diese Freude aus. „Von Herzen“, sagt Jesaja, „will ich mich freuen über den Herrn. Meine Seele soll jubeln über meinen Gott, über meinen Heiland.“  Amen

 

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Predigttext:      Joh 1,6-8.19-28

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Noch einmal, wie schon am letzten Sonntag, steht heute im Mittelpunkt des Evangeliums Johannes der Täufer. Er hat den Beinamen bekommen: „Der Vorläufer“. Wir wollen heute bei diesem Titel, den man ihm gegeben hat, der Vorläufer, einmal ein wenig verweilen.

Als ich über dieses Evangelium vom Vorläufer Johannes nachdachte, fiel mir eine Begebenheit ein, die sich 1972 zugetragen hat bei den Olympischen Spielen in München. Das Olympiastadion war bis auf den letzten Platz voll besetzt. Auf dem Programm stand der Einlauf der Marathonläufer, und der Stadionsprecher hatte angekündigt: Es kann nur noch ganz kurze Zeit, nur noch wenige Minuten dauern, dann wird der Sieger des Marathonlaufes in das Olympiastadion einlaufen. Die ganze Aufmerksamkeit der Leute war auf das Eingangstor des Olympiastadions gerichtet, wo jetzt der Erste des Marathonlaufes einlaufen sollte.

Dann passierte folgendes: Irgendein junger Mann in Sportkleidung hatte sich durch die Absperrungen gemogelt, kam in Siegerpose durch das Tor eingelaufen und drehte jetzt eine Runde durch das Olympiastadion. Und alle Leute haben gedacht: Das ist der Sieger des Marathonlaufes. Sie sind aufgestanden, haben gejubelt und applaudiert; und er lief in Siegerpose eine Runde durch das Stadion. Und er hatte die Runde fast beendet, da kam der wirkliche Sieger des Marathonlaufes durch das Tor eingelaufen, müde, völlig erschöpft nach so einem langen Lauf; und auch er lief eine Runde durch das Olympiastadion. Und dann merkten die Leute im Stadion auf einmal, dass sie einem Scherz aufgesessen waren. Im ersten Augenblick, ich habe es dann noch im Fernsehen verfolgt, war großes Schmunzeln da. Aber dann herrschte auf einmal verlegene Stille und tiefe Betroffenheit bei den Zuschauern. Jeder merkte auf einmal: Dieser junge Mann da, der ‚Vorläufer’, hatte dem eigentlichen Sieger die Show gestohlen.

 

So ist der Vorläufer Johannes nicht. Er hat Jesus nicht die Show gestohlen. Und dabei hätte er es so einfach gehabt. Wie viele Leute haben nicht damals im Stillen gedacht: „Ob der nicht selbst der Messias ist?“ Und sie sind in Scharen zu ihm zum Jordan gekommen. Sogar die hohe Geistlichkeit von Jerusalem hat eine offizielle Abordnung zum Jordan schickt mit Schriftgelehrten, Priestern und Theologen; und sie lassen ihn fragen: „Wer bist du eigentlich? Bist du der Messias?“

Wie leicht wäre es da gewesen zu sagen: Ich bin es. Alle haben auf ihn geschaut. Aber Johannes sagt: „Ich bin es nicht!“ „Warum taufst du denn, wenn du nicht der Messias bist?“ Und wieder weist er weg von sich auf den, der nach ihm kommt. „Nach mir kommt einer, der ist größer als ich. Ich taufe nur mit Wasser. (Wir sagen ja auch manchmal: „Der kocht nur mit Wasser.“) Aber ER wird mit dem Heiligen Geist taufen.“

Das war die Größe des Vorläufers Johannes, dass er dem Messias nicht die Show gestohlen hat, sondern ganz im Gegenteil, dass er sein ganzes Leben lang auf IHN gezeigt hat. Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon einmal aufgefallen ist. Auf vielen Gemälden des Mittelalters wird Johannes der Täufer oft gemalt mit einem überlangen Zeigefinger, wo er auf Jesus oder auf ein Lamm zeigt: „Er ist das Lamm Gottes.“ Sein ganzes Leben war ein einziger Hinweis auf IHN; und er hat keine Ehre für sich genommen.

 

Wir sind jetzt mitten im Advent. Und der Advent ist ja eigentlich eine Zeit, wo man die Ankunft, das Kommen Christi erwartet. Aber ich möchte vielleicht auch in aller Vorsicht einmal fragen, ob nicht in unseren Tagen viele Dinge des Advent, die ganzen Vorweihnachtsfeiern, die jetzt stattfinden, die Weihnachtsmärkte mit ihrem Glühwein, die Geschenke, der Tannenbaum, der Weihnachtsbraten und was alles so da kommt, ob diese vielen Dinge, die uns im Advent so in Beschlag nehmen, nicht im Grunde Jesus ‚die Show stehlen’? Wenn es nur um eine Show ginge .Das ist das eh einschlechter Ausdruck, es geht ja nicht um eine Show, es geht um etwas viel Tieferes. Muss man nicht sogar sagen, dass diese vielen Dinge des Advent Jesus letztlich das Herz stehlen, unser Herz. Wenn man es einmal ganz ehrlich nimmt, angefangen von uns Priestern, ist es nicht meistens so, dass diese vielen Dinge wie Geschenke, Weihnachtsmarkt usw. unser Herz in der Adventszeit viel mehr gefangen nehmen als der Gedanke an Jesus Christus? Kann es sein, dass der Advent Jesus nicht die Show stiehlt, aber ihm unser Herz gestohlen hat?

Aber vielleicht gibt es ja Einige, möglicherweise sind es nicht Viele, aber vielleicht doch Einige, die sich von Johannes dem Täufer an die Hand nehmen lassen und sich hinweisen lassen und hinführen lassen zu dem, der größer ist; zu dem der, das Lamm Gottes ist, das die Sünde der Welt wegnimmt. Das gehört ja auch zum Advent. Vielleicht sind es nicht Viele, die in dieser Adventszeit den Weg auch zur Beichte finden, zu dieser Freude, die aus dem Sakrament der Buße kommt. Aber ich glaube, es sind doch Einige, die sich an die Hand nehmen lassen, und die sich hinführen lassen zu Ihm., dem Heiland.

 

Ich will zum Schluss noch einmal das Bild vom Vorläufer aufgreifen, wiederum mit einem Bild aus dem Sport. Wenn jetzt überall in den Alpen die Skiabfahrten losgehen, dann ist das normalerweise so: Bevor eine Piste für die Abfahrt des Rennens freigegeben wird, und bevor der erste Rennläufer startet, muss ein Vorläufer über die Piste fahren. Und dieser Vorläufer hat die Aufgabe, zu kontrollieren, ob die Piste in Ordnung ist Und erst wenn dieser Vorläufer unten angekommen ist und gesagt hat, die Piste ist okay, dann wird die Piste freigegeben und der Erste der Wettkämpfer fährt die Piste runter. Erst wenn der Vorläufer gesagt hat: „Die Piste ist okay.“

Ob Johannes der Täufer vielleicht in dieser Weise der Vorläufer ist, dass er dem Messias signalisiert: „Die Piste ist okay; der Weg ist bereitet, du kannst kommen.“ Oder umgekehrt: dass er signalisiert: „Nicht freigegeben, der Weg ist nicht bereitet.“ Das kann ja auch sein.

 

Sehen Sie, das Weihnachtsfest findet auch in diesem Jahr mit absoluter Sicherheit statt, mit dem Weihnachtsbraten, mit Geschenken, mit dem Tannenbaum, mit festlichem Gottesdienst hier in der Kirche ... Das Weihnachtsfest findet statt. Aber ob jemand am Weihnachtsfest wirklich die Ankunft des Herrn erlebt, ob er die tiefe Freude erlebt, die die Engel den Hirten auf dem Feld verkündet haben: „Ich verkünde euch eine große Freude, euch ist heute der Heiland geboren!“ Diese Freude, die auch dann noch da ist, wenn die letzte Kerze am Weihnachtsbaum verglimmt. Ob das geschieht, das wird wohl davon abhängen, dass der Vorläufer für dich sagen kann: „Die Piste ist bereit, der Weg ist bereitet, der Herr kann kommen.“   Amen!

 

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Predigttext:    Joh 1,6-8.19-28  (2. Predigt)

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Das war schon ein gewaltiger Mann, dieser Johannes der Täufer, der Bußprediger am Jordan. Der hat den Leuten ins Gewissen geredet, wie das seit den Tagen der alten Propheten niemand mehr gewagt hat. Und in Scharen waren die Menschen an den Jordan gekommen, um ihn zu hören, und um sich von ihm taufen zu lassen.

Und als so viele Leute zum Jordan kommen, da bekommt natürlich auch die geistliche Behörde in Jerusalem Wind davon. Sie schicken Priester und Leviten zu Johannes, heute würde man sagen, eine offizielle Untersuchungskommission. Die kommen zu Johannes und fragen ihn auf den Kopf zu: Wer bist du?

Das ist eine ganz verführerische Frage: Wer bist du? Wissen Sie, warum? In uns Menschen steckt im tiefsten Herzen immer dieses: man möchte gerne wer sein. Und wenn man dann auch noch gefragt wird: Wer bist du?, dann kann man so richtig los legen. Eine ganz gefährliche Frage.

Aber Johannes der Täufer reagiert total anders, als sie sich das gedacht hatten.

Wer bist du? Da hätte Johannes antworten können: „Ich bin von Gott gesandt“, und das hätte gestimmt. Er hätte antworten können: „Ich bin der Vorläufer des Messias“, und es wäre richtig gewesen. Er hätte antworten können: „Ich kenne ihn, den ihr noch nicht kennt, Gott hat ihn mit offenbart.“ Da hätte er die Wahrheit gesagt. Aber nichts von dem antwortet Johannes.

Als sie ihn ganz direkt fragen: „Bist du der Messias?“, da antwortet er in aller Klarheit: „Ich bin nicht der Messias.“ Und jetzt achten Sie mal darauf bei den folgenden Antworten. Die Antworten werden immer kürzer, immer einsilbiger. „Ich bin nicht der Messias“, das war die erste Antwort. Dann fragen sie weiter: „Bist du denn Elija?“

Wie kommen die denn auf einmal auf Elija? Sehen Sie: Elija war ein großer Prophet des Alten Testamentes. Und im letzten Buch des Alten Testamentes steht: Bevor der Messias kommt, wird Gott noch einmal den Propheten Elija schicken, damit er das Herz der Menschen zu Gott bekehrt.

„Bist du Elia?“ „Ich bin es nicht.“

„Bist du der Prophet?“  

Auch hier muss man wissen: die Juden erwarteten vor dem Kommen des Messias einen Propheten wie Mose. Gott sagt im Alten Testament: Ich werde einen Propheten wie Mose senden.

„Bist du dieser Prophet?“ Und jetzt wird Johannes ganz einsilbig: „Nein!“

Aber dann drehen die Abgesandten, die Untersuchungskommission den Spieß um: „Was du nicht bist, das wissen wir jetzt. Aber jetzt mal ‚Butter bei die Fische’: „Was bist du denn? Wir müssen doch Antwort geben wenn wir zurückkommen nach Jerusalem. Was sagst du über dich selbst?“

Aber auch jetzt bleibt die Antwort des Johannes auf der gleichen Linie: „Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: ebnet den Weg für den Herrn, wie es schon bei dem Propheten Jesaja heißt.“ Das bedeutet: Wenn ihr mich fragt: „Wer bist du?“, dann habt ihr eine völlig falsche Frage gestellt. Und auf eine falsche Frage kann man keine richtige Antwort geben. Wenn ich überhaupt etwas bin, dann bin ich nicht als Person wichtig, sondern meine Stimme ist wichtig. Ich soll der Botschaft des Propheten Jesaja Gehör verleihen: „Bereitet dem Herrn den Weg.“ Das ist das Einzige, was wichtig ist: die Botschaft Gottes. Und nur weil ich dieser Botschaft Gottes meine Stimme leihe, sollte ich überhaupt interessant für euch sein. Das heißt: Johannes tritt völlig zurück hinter die Botschaft. Nicht ich, sondern das Wort Gottes ist wichtig. Und nicht einmal diese Botschaft stammt von ihm. Diese Botschaft stammt vom Propheten Jesaja. Johannes tritt völlig in den Hintergrund.

Aber jetzt kommen die Frager noch einmal von einer anderen Seite, wie die Journalisten, und bohren immer weiter. „Warum taufst du denn, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet?“ Jetzt muss Johannes doch antworten.

Aber Johannes weist wieder weg von sich auf den Messias, auf Jesus. Und er antwortet ihnen: „Ich taufe nur mit Wasser. Aber mitten unter euch steht er, den ihr nicht kennt. Und er zeigt auf IHN, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.

Das war das Große bei Johannes dem Täufer, dass er sich selbst ganz zurücknehmen konnte, und dass er nur hingewiesen hat auf den Messias. Das Einzige, was wichtig ist: dass ihr ihn erkennt, dass die Botschaft ausgerichtet wird: „Bereitet ihm den Weg.“

 

Sehen Sie, die meisten von uns, vielleicht sogar alle, sind ja irgendwie Verkündiger. Ob das Priester sind, ob das Religionslehrer sind oder Erzieherinnen im Kindergarten. Ob das Katechetinnen sind, die die Kinder auf die Erstkommunion und auf die Erstbeichte vorbereiten. Ob das Mütter und Väter sind, die das Samenkorn des Glaubens in die Herzen der Kinder pflanzen. Irgendwo sind wir alle solche Menschen, die den Dienst tun dürfen, hinzuweisen auf Jesus.

Und hier von Johannes dem Täufer lernen wir das wichtigste Kennzeichen eines Verkündigers: Tritt selber ganz zurück. Verkündige nicht dich, sondern weise nur hin auf IHN. Und wenn du keine Botschaft hast, dann denk dir nicht eine Botschaft aus, sondern nimm die Botschaft des Wortes Gottes, damit IHM der Weg bereitet wird.

 

Noch einen Nachsatz. Ich habe am Anfang gesagt: Die Frage ist verführerisch, „Wer bist du?“, weil wir alle so gern wer sein wollen. Aber ist das denn was Schlimmes, dass wir alle wer sein wollen, dass wir groß sein möchten? Nein, ist es nicht! Auch darauf gibt uns Johannes der Täufer eine Antwort.

Später hat Jesus einmal gesagt: „Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.“ Und jetzt buchstabieren wir das einmal am Beispiel des Johannes durch:

Johannes sagt: „Ich bin nicht das Licht, ich bin nur gekommen, Zeugnis zu geben für das Licht.“ Jesus sagt später von ihm: „Er ist das Licht, das wie eine Leuchte in der Dunkelheit geschienen hat.“ Jesus macht ihn groß.

Johannes sagt von sich: „Ich bin nicht einmal wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.“ Jesus sagt später über ihn: „Es gibt keinen Menschen, der von einer Frau geboren ist, der größer ist als Johannes der Täufer.“

Wer sich selbst erniedrigt, den wird Gott erhöhen. Immer wieder finden wir im Leben des Johannes bestätigt, was Jesus in das eine Wort gekleidet hat: „Wer sich selbst erniedrigt, den wird Gott erhöhen.“

Kurze Zeit später im Johannesevangelium legt Johannes der Täufer noch einmal Zeugnis ab über Jesus. Da kommen seine Jünger, die Johannesjünger und sagen: „Der da, auf den du hingezeigt hast, das Lamm Gottes, der tauft auch. Und alle Leute laufen zu ihm hin statt zu dir.“

Und dann spricht Johannes der Täufer ein ganz großes Wort. Er sagt: „Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam.“ Ich bin nicht der Bräutigam, der Bräutigam ist Jesus Christus. Mein Dienst besteht darin, diesem Bräutigam die Braut, nämlich die Menschen zuzuführen. „Aber“, und jetzt kommt etwas Großes, „ich bin der Freund des Bräutigams und ich höre seine Stimme. Das ist meine Freude, Freund des Bräutigams zu sein.“

Und mal ganz ehrlich: Ist das nicht was? Ich bin dankbar und froh, dass ich das von mir sagen kann: Freund des Bräutigams. Aber es geht nur über diesen einen Weg: „Wer sich selbst erniedrigt, den wird Gott erhöhen.“ Amen.

 

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