Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

4. Sonntag A
Home Nach oben

Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

Eine Veröffentlichung schriftlich oder auf Tonträgern ist nicht erlaubt.

Über Predigten auf Kassetten informieren Sie sich

unter dem Stichwort Kassettendienst .

horizontal rule

Predigt zur 1. Lesung:  Zef 2,3;3,12-13

Predigt zur 2. Lesung:  1 Kor 1,26-31    als mp3        als Video

Predigt zum Evangelium:  Mt 5,1-12a (Gottes Glückwünsche)

Predigt zum Evangelium:  Mt 5,3-12a  (Maßstäbe für ein geglücktes Leben)

horizontal rule

Predigt zu:   Zef  2,3; 3,12-13

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Dass wir in unserem Land und in unserer in Deutschland eine geistliche Erneuerung nötig haben, das wird wohl niemand bestreiten. Mehr als fünfzig Jahre Wohlstand haben uns satt gemacht haben, haben uns reich gemacht, aber sie haben uns nicht dankbar gemacht Gott gegenüber. Vielmehr haben sie uns einen praktischen, schleichenden Atheismus gebracht, hier in unserem Land und sogar in unserer Kirche. Wir sind eine Gesellschaft von weitgehend Gottlosen geworden, im buchstäblichen Sinne ‚Gott losgeworden’ Ein Großteil aller Getauften in unserm Land sind Gott losgeworden. Sie haben mit Gott kaum noch was zu tun, es sei denn bei einer Beerdigung oder bei der Erstkommunion.

Wir brauchen dringend eine geistliche Erneuerung in unserer Kirche und in unserem Volk.

Wir werden regiert von Männern und Frauen, die zum Teil glauben, es nicht nötig zu haben, die göttliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Da sind selbsternannte Propheten in unserer Kirche im Gewand von Theologieprofessoren, die auf die Amtskirche oder auf den Papst losschlagen wie auf eine alte verstaubte Matratze; da wird schon irgendwie Staub rauskommen.

Da sind Priester in unserer Kirche, die meinen, wenn sie den Gottesdienst umfunktionieren zu einem Happening mit möglichst viel Action, dann wäre das schon die geistliche Erneuerung der Kirche. Da sind andererseits Priester, die meinen, mit möglichst viel Weihrauch und lateinischen Gesängen die Kirche zu retten.

Aber auch: Wie viele Menschen, die noch ganz schlicht glauben, werden heute lächerlich gemacht. Die nennt man dann ‚Bimmelleute’, die bei jedem Läuten zur Kirche gehen. Mit einem verächtlichen Unterton nennt man sie: ‚Bimmelleute’. Wer jeden Tag betet, regelmäßig zur Kirche geht, der gehört zu den Dummen, den Gedemütigten, die man in unserem Land lächerlich macht.

Und wiederum von einer anderen Seite betrachtet: Wie viele auch engagierte Christen in unseren Kirchen zimmern sich heute ein Gottesbild zurecht vom so genannten ‚lieben Gott’. Aber der ist schon gar nicht mehr lieb, der ist im günstigsten Fall noch nett und freundlich. Und wenn dann irgend jemand wagt, vom Zorn Gottes zu reden, vom Gericht Gottes, dann zeigen sie mit dem Finger auf den: Du bist ja gar nicht mehr auf dem Laufenden; dein Gottesbild ist total überholt; das entspricht überhaupt nicht dem Gottesbild der Bibel.

Ich möchte mal wissen, ob diese Menschen die Bibel überhaupt gelesen haben.

 

Wir brauchen dringend eine geistliche Erneuerung in unserem Land.

Aber wie soll die vor sich gehen?

Wir haben eben die erste Lesung gehört aus dem Propheten Zefanja. Vielleicht haben Sie den Namen noch nie vorher gehört und den Propheten wahrscheinlich noch nie gelesen.

Der Prophet Zefanja lebte in einer Zeit, die mit unserer Zeit viel gemeinsam hat. Das Buch Zefanja hat nur drei Kapitel. Es lohnt sich, die einmal ganz durchzulesen.

 

Fünfzig Jahre lang hatte in Jerusalem ein gottloser König regiert, Manasse. Fünfzig Jahre Regierung Manasse, das hat bedeutet: Man war schleichend immer mehr vom Glauben abgefallen, man war gottlos geworden. Man war nicht gegen Gott, aber man lebte ohne Gott. Es war eine Zeit, in der es Wohlstand gab, in der es Frieden gab. Aber es war eine gesellschaftliche Situation ohne Gott.

Dieser Generation kündet der Prophet Zefanja den Zorn Gottes an. Der wagt es tatsächlich, vom Zorn Gottes zu reden. Aber auf den haben sie auch mit dem Finger gezeigt: Du bist doch verrückt, vom Zorn Gottes zu reden. Unser Gott ist Liebe, der tut weder Gutes noch Böses. Das heißt, Gott ist wie ein alter Opa, der sowieso nicht eingreift. „Der tut weder Gutes noch Böses.“ Das steht wörtlich so bei Zefanja.

Aber es hat nur wenige Jahrzehnte gedauert, dann ist das Gericht über Jerusalem gekommen; da ist das Volk Israel in die babylonische Gefangenschaft verschleppt und praktisch ausradiert worden. Da kam der Zorn Gottes, ob die Leute das vorher wahrhaben wollten oder nicht. Da hatte Gott Fakten geschaffen.

Und, Schwestern und Brüder, wir haben es heute mit dem gleichen Gott zu tun, und nicht mit einem anderen.

 

Aber der Prophet Zefanja sagt auch, wie die geistliche Erneuerung gehen kann. Er kündet nicht nur das Zorngericht Gottes an, sondern er redet auch von der geistlichen Erneuerung.

Diese geistliche Erneuerung ist zunächst einmal das Werk Gottes. Gott sagt durch den Propheten: „Ich lasse in deiner Mitte ein gedemütigtes und armes Volk zurück, einen Rest, der noch zu mir steht.“ Es sind die Gedemütigten, auf die man immer mit dem Finger gezeigt hat, die einfachen, schlichten Frommen. Es ist ein schlichtes, demütiges, armes Volk, ein Rest, den Gott übrig gelassen hat. Und entscheidend ist mir: Die Erneuerung kommt von Gott her. Gott sagt: ‚Ich’ lasse übrig.

Die Erneuerung kommt nicht von sozialen Aktionen, die Erneuerung kommt auch nicht von Sitzungen, weder von Pfarrgemeinderäten, noch von Diözesanräten, noch von Bischofssynoden. Die Erneuerung kommt vielmehr von Gott selber. Er lässt auch heute in unserer Kirche einen Rest übrig. Es kann durchaus sein, dass es nur Wenige sein werden. Und es werden ganz schlichte, einfache Menschen sein.

 

Was wird von diesen einfachen Menschen gesagt?

In unserem Lesungsabschnitt heißt es zweimal: „Sie werden nicht mehr lügen; sie werden die Wahrheit sagen.“

Wenn man bedenkt, dass unsere Gesellschaft und oft auch die Kirche geprägt ist von Verlogenheit, dass unser ganzes Wirtschaftssystem und unser Gesellschaftssystem von A-Z durchsetzt ist von Korruption und Bestechung. Wir erleben es regelmäßig, egal ob es im Sport ist, in der Politik, in der Wirtschaft, oder wo auch immer. Überall lebt man von Lügen und Betrügen. Das fängt an bei den Mogelpackungen in unseren Geschäften. Vielleicht ist Betrug eines der typischen Kennzeichen unserer Gesellschaft.

Wie oft ist das auch in unseren Gemeinden so, dass die Leute von hinten herum etwas anderes über einen anderen Menschen erzählen, als das, was sie ihm direkt ins Gesicht sagen. Ganz haarscharf immer an der Wahrheit vorbei. Nachweisen kann man ihnen nie etwas. Aber jeder spürt, wie sehr unsere Kirche und unsere Gesellschaft dadurch vergiftet wird.

 

Und hier wird beim Propheten Zefanja von diesen einfachen Menschen, mit denen Gott die Kirche und die Gesellschaft erneuert, gesagt: Du kannst dich auf ihr Wort verlassen. Das Wort wird lauter sein, es wird klar und deutlich sein; es wird nicht zweideutig sein, es wird nicht mehr den Keim der Lüge in sich haben.

 

Ein Zweites, was von diesen einfachen Leuten gesagt wird:

Sie werden ihre Zuflucht suchen beim Namen Gottes, das heißt, bei Gott selber. Sie werden ihre Zuflucht nicht suchen im Euro oder in wirtschaftlichen Verflechtungen, auch nicht in den Machtstrukturen dieser Welt. Nein, sie werden ihre Zuflucht suchen bei Gott. Und es wird ganz deutlich werden, dass Gott ihnen Zuflucht ist.

Und es wird hier von diesen Menschen gesagt: Sie gehen friedlich auf die Weide, das heißt durchs Leben. Sie haben im tiefsten Herzen Frieden, weil ihre Geborgenheit in Gott ist. Niemand kann sie aufschrecken, weder eine Finanzkrise noch sonst etwas. Sie haben ihre Wurzeln, ihre Verankerung in Gott.

 

Und schließlich ein letztes Kennzeichen, das von diesen einfachen Menschen gesagt wird:

„Sie suchen den Herrn.“ Das ist das entscheidende Kennzeichen. Sie suchen nicht irgendetwas, sie suchen nicht einen schönen Gottesdienst, sie suchen nicht sich selbst, noch irgendetwas anderes sonst, nein, das entscheidende Kennzeichen ist: „Sie suchen den Herrn.“

Bei der Vorbereitung dieser Predigt fiel mir der heilige Benedikt ein, der Gründer des Benediktinerordens. Der hat in seiner Regel geschrieben: Wenn einer um Aufnahme ins Kloster bittet, dann ist es das entscheidende Merkmal für die Echtheit seiner Berufung: „Ob er wirklich Gott sucht“. Das ist das Entscheidende: Ob er wirklich Gott sucht.

 

Der Prophet Zefanja will diesen Stillen im Lande, diesen Demütigen, diesen Einfachen Mut machen.

Und wenn Jesus in diesem Gottesdienst im Evangelium die Seligpreisungen verkündet, dann geht es da um das Gleiche. Er will den einfachen Menschen Mut machen. Und wenn sie mit dem Finger auf euch zeigen, und wenn sie euch verfolgen, und wenn sie euch verleumderisch alles mögliche nachsagen: Steht zusammen und lasst euch euren Glauben nicht madig machen von den Besserwissern. In euerer Hand, sagt Zefanja und sagt Jesus, liegt die Erneuerung der Kirche.

 

Wir feiern um diesen Sonntag herum das Fest der Darstellung des Herrn, Maria Lichtmess. An diesem Tag wird das Evangelium gelesen, wo das Jesuskind in den Tempel gebracht wird. Da sind zwei alte Leute, Simeon und Hanna. Das waren solche, die zu den Gedemütigten und Stillen im Lande gehörten.

Aber nicht die Priester im Tempel haben Jesus als das Heil erkannt, als das Licht zur Erleuchtung der Heiden, sondern diese beiden schlichten, alten Menschen, Simeon und Hanna. Da ist die Wurzel der Kraft.

 

Wenn der Apostel Paulus einmal im Galaterbrief schreiben kann: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn.“ Ich glaube, die Zeit ist erfüllt, wenn Gott Menschen findet wie Simeon und Hanna, oder wie im Alten Testament viele Menschen, die so in einer schlichten Weise Gott die Treue gehalten haben. Die sich nicht haben brechen lassen von den demütigenden Äußerungen anderer, sondern die ihren schlichten Glauben durchgetragen haben.

Gott sucht solche Menschen auch heute. Die Lesungstexte dieses Sonntags wollen uns allen Mut machen erstens, zu diesen einfachen Menschen zu gehören und zweitens, dass wir zueinander stehen, denn Gott steht auf der Seite solcher Menschen.   Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule

Predigttext:    1 Kor 1,26-31

 

Dies ist die 3. Predigt einer siebenteiligen Predigtreihe mit dem Thema:

"Ein Hirtenbrief, der unter die Haut geht"

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Als unser Bischof mir vor einigen Jahren die Pfarrstelle hier in unserem Dorf anbot, bin ich an einem Nachmittag hier in unser Dorf gefahren, um mir die Kirche einmal anzusehen. In der Kirche war gerade eine Hochzeitsmesse, und da wollte ich nicht stören. So bin ich zunächst durchs Dorf gegangen und habe mir dann unsere Pfarrkirche zunächst von außen angeschaut. Es war wunderbares Wetter. Die Sonne schien voll auf die Kirchenfenster.

Aber haben Sie sich die Kirchenfenster in unserem Chorraum schon einmal von außen bei Sonnenschein angeschaut? Wenn die Sonne voll auf die Fenster scheint, dann sieht man erst, wie schmutzig die sind. Dreckig, grau und unansehnlich. Man merkt genau, dass da schon seit Jahrzehnten keine Putzkolonne mehr dran war. Wie sollte die auch an die hohen Fenster herankommen.

Aber dann, als die Hochzeit vorbei war, bin ich in die Kirche hineingegangen. Und ich hab die gleichen Chorfenster von innen gesehen. Diese Fenster, die von außen so schmutzig und grau waren, hatten auf einmal ein Leuchten und ein Strahlen, eben weil voll die Sonne draufschien. Es war ein wunderbarer Anblick. Die gleichen Fenster: einmal strahlend und leuchtend, einmal grau und unansehnlich. Es kommt darauf an, ob wir die von draußen betrachten oder von drinnen.

 

So ähnlich ist das auch mit den Menschen, die Gott in seine Kirche beruft. Je nachdem, von welcher Perspektive aus man diese Menschen betrachtet, sehen die ganz unterschiedlich aus.

Und davon redet heute Paulus in seinem Hirtenbrief an die Korinther. Er sagt: Schaut euch doch einmal um in eurer Gemeinde in Korinth. Da sind nicht viele „hohe Tiere“. Nein, was in den Augen der Welt (d.h. von außen betrachtet) töricht ist, das hat Gott erwählt. Was in den Augen der Welt nichts gilt, das hat Gott erwählt. Was in den Augen der Welt schwach ist, kraftlos, wovon man nichts mehr erwartet, das hat Gott erwählt.

Offensichtlich hat Gott eine andere Perspektive als die Menschen dieser Welt. Es hat den Anschein, als wenn Gott eine Vorliebe hat für die Kleinen, für die Schwachen, für die, die „nichts auf dem Kasten haben“. Merkwürdig!

 

Aber Paulus sagt auch, warum das so ist. Er sagt: Gott hat die Kleinen, die Schwachen auserwählt, damit kein Mensch Anlass hat, sich vor Gott zu rühmen; damit keiner sich auf die Schultern klopfen kann: Lieber Gott, bin ich nicht ein toller Christ? Mit mir kannst du doch zufrieden sein, oder? Damit kein Mensch Grund hat, sich vor Gott zu rühmen.

Und sehen Sie, hier an dieser Stelle berührt Paulus wieder einen ganz wunden Punkt, damals wie auch heute in der Kirche. Was ist das bei uns Christen verbreitet, dass wir Christen vor Gott mit unseren Leistungen protzen.

Sie kennen vielleicht aus dem Evangelium das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner. Zwei Männer kommen in die Kirche zum Gebet. Der Pharisäer stellt sich vorne hin, erhebt die Hände und sagt: Gott ich danke dir, dass ich nicht so bin wie die anderen, und schon gar nicht wie dieser Zöllner da hinten. Ich faste dreimal in der Woche, wo es doch nur zweimal vorgeschrieben ist; und, und, und ... Der Zöllner bleibt ganz hinten stehen. Er wagt nicht einmal, seine Augen zu erheben, und betet: Gott sei mir Sünder gnädig. Und dann sagt Jesus: Der Zöllner ging gerechtfertigt nach Hause, der Pharisäer nicht. Den Zöllner hatte Gott angesehen, den Pharisäer nicht.

 

Aber das ist bei uns allen so drin, dass wir uns rühmen wollen.

Das fängt bei den Schüler an: Sie rühmen sich ihrer guten Leistungen, wenn sie nach Hause kommen. Und wenn die Leistungen nicht gut sind, dann rühmen sie sich, dass sie den Lehrer durch Mogeln übers Ohr gehauen haben.

Da ist ein Vater, dessen Sohn hat studiert, hat seinen Doktor gemacht; dann rühmt sich der Vater seines Sohnes. Und wenn man den Vater so reden hört, dann könnte man meinen, der Vater selbst hätte den Doktor gemacht. Manchmal ist das bei Ehefrauen, die mit den Leistungen ihres Mannes protzt.

Jeder hat irgendetwas, dessen er sich rühmt. Das gibt es bei Pfarrern auch. Der eine rühmt sich, dass er einen Kindergarten gebaut hat. Der andere, dass er die Kirche renoviert hat. Ein dritter rühmt sich, dass er ein guter Prediger ist. Ein anderer ist ein begnadeter Jugendseelsorger, dem die Jugendlichen nur so nachlaufen. Für manche ist es wichtig ist, einmal in der Woche in der Tageszeitung zu erscheinen, möglichst mit Bild.

Jeder hat so etwas, dessen er sich rühmt. Und wenn einer gar nichts mehr hat, dessen er sich rühmen kann - achten Sie einmal darauf, - dann fängt er an, sich seiner Krankheiten zu rühmen.

Aber am peinlichsten wird es, wenn die Leute mit diesem Rühmen anfangen angesichts des Todes. Da bist du auf einem Beerdigungskaffee, und dann kommt jemand (etwas salopp formuliert): „Unser Anton, wenn der nicht im Himmel ist, dann ist keiner im Himmel. Was der alles getan hat! Da ist nie ein böses Wort gefallen. Da ist keiner von der Tür weggegangen, dem er nicht geholfen hat. Der hat noch eigenhändig die Kirche mit gebaut. Lieber Gott, jetzt musst du den doch wohl in den Himmel geholt haben.“ Selbst angesichts des Todes klopfen wir uns noch auf die Schulter und protzen.

 

Vielleicht ist das eine der Urschwächen des Menschen, dieser Stolz. Schon beim Turmbau zu Babel wird das sichtbar: „Wir wollen uns einen Namen machen!“ Da geht es nicht mehr darum: Geheiligt werde dein Name. Nein, wir wollen uns einen Namen machen; wir wollen groß rauskommen vor den Menschen und sogar vor Gott.

 

Aber in dem Augenblick, wo ich mir selbst einen Namen machen will, bin ich für Gott unbrauchbar geworden. Und ich weiß nicht: Wenn wir später einmal die Möglichkeit haben, alles aus der Perspektive Gottes zu sehen, ob dann nicht vielleicht in unseren Gemeinden ein Mensch, der nie aufgefallen ist, der nie einen Posten bekleidet hat, der keinen großen Namen hatte in der Gemeinde, ob nicht dieser ganz Unscheinbare die Gemeinde geistlich viel weiter vorwärts gebracht hat, als mancher, der einen großen Namen hat?!

 

Wenn wir für Gott brauchbar sein wollen, dann brauchen wir eine demütige Dankbarkeit Gott gegenüber. Vielleicht hast du wirklich in der Gemeinde viel geleistet. Aber welche Gaben hast du denn von dir selbst, die dir nicht Gott geschenkt hat. Wenn sie dir aber Gott geschenkt hat, warum rühmst du dich dann, als hättest du es von dir selbst? Das sind alles Worte des Apostels Paulus. Nein, es gilt, dankbar zu sein und Gott die Ehre zu geben.

 

Darum wählt Gott oft ganz armselige Menschen aus, durch die er Großes tun will in seinem Reich. Denn wenn Gott einen schwachen Menschen auserwählt, dann wir ganz deutlich sichtbar: Der hat das nicht aus sich selbst. Da merkt jeder: Das ist nicht „auf seinem Mist gewachsen“. Da wird sichtbar, dass Gott selber mit seiner ganzen Kraft am Werk ist. Durch solche schwachen Menschen kann Gott mit seiner Kraft wirken.

 

Einer meiner Lieblingsheiligen ist der heilige Pfarrer von Ars. Der ist in der Schule und in Studium in jeder Prüfung durchgefallen. Er hatte nicht ein einziges Klassenziel erreicht. Aber diesen Mann hat Gott erwählt und hat ihn ganz groß gemacht. Der Bischof schickt ihn als Pfarrer in das ganz kleine Dorf Ars in Südfrankreich. Und dann sind Tausende und Zehntausende nach Ars gepilgert, um ihn predigen zu hören. Diese Predigten gibt es zum Teil heute noch zum Lesen. Nichts Besonderes ist in diesen Predigten. Keine große Beredsamkeit hat diesen Pfarrer von Ars ausgezeichnet. Es wird berichtet, dass er oft in der Predigt den Faden verloren hat und weinend von der Kanzel heruntergestiegen ist, weil er nicht mehr weiter wusste. Aber er hat eine Ausstrahlungskraft gehabt! Und jeder, der ihm begegnete, hat gespürt: Hier ist Gott am Werk. Durch dieses armselige Priesterleben hindurch wurde die Kraft Gottes und die Herrlichkeit Gottes sichtbar. Er war durchscheinend für Gott.

 

Es ist wie bei den Kirchenfenstern. In dem Augenblick, wo die Fenster das Licht der Sonne hindurchlassen, da fangen die Fenster an zu leuchten. Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten in den Kirchenfenstern nach außen nur Spiegel statt Glasscheiben. Wir würden draußen stehen und von der Sonne geblendet werden. Und ein Mensch, der immer sich selber in den Mittelpunkt stellt, der sich rühmen will vor den anderen Menschen und vor Gott, der ist in den Augen Gottes im buchstäblichen Sinn „verblendet“. Da kann das Licht nicht mehr durch ihn hindurchscheinen.

Aber genau so wie die Glasscheiben zu leuchten beginnen: Ein Mensch, der das Licht oder das Wesen Gottes durch sich durchscheinen lässt, wird selber dadurch leuchtend und strahlend. Da wird Gott uns groß machen. Da brauchen wir uns nicht mehr selber einen Namen machen.

 

Aber nun sagen uns doch die Psychologen, dass jeder Mensch irgend etwas braucht, dessen er sich rühmen kann, worauf er stolz ist. Sonst geht der Mensch zugrunde. Ist denn der Wille Gottes so quer zu unserer menschlichen Natur?

Nein, ist er nicht! Auch der Apostel Paulus rühmt sich. Auch Paulus ist stolz. Aber er schreibt: Ich bin nicht stolz auf mich selber, sondern ich bin stolz darauf, dass ich einen so großen Herrn habe. Und er schreibt am Ende unserer Lesung heute: Wer sich rühmen will, der soll sich des Herrn rühmen. Ich bin stolz darauf, dass der allmächtige Gott, der Erlöser der Welt sich nicht schämt, mein Bruder zu sein. Das ist sein Stolz; nicht das, was er selbst geleistet hat.

 

Wenn Sie ein Paradebeispiel dafür brauchen, wo sich echter Stolz mit echter Demut verbindet, dann schauen Sie sich die Gottesmutter Maria an. Sie selber singt in ihrem Magnifikat: „Selig preisen mich alle Geschlechter.“ Kann es eine stolzere Aussage geben? Aber es geht dann nicht weiter: Ich habe Großes geleistet für den Allmächtigen. Es ist genau umgekehrt: „Der Mächtige hat Großes an mir getan.“ „Er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut.“ Sie bekennt, dass sie eine niedrige Magd ist. Aber aus dieser Niedrigkeit hat Gott sie erhoben. Und auf diesen Gott ist sie stolz.

Wer im Reich Gottes heute brauchbar sein will, hier ist der Weg: Wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn.  Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule

 1. Predigt zum Evangelium:      Mt 5,1-12a

Glückwünsche Gottes

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

 

Wenn in unserem Bekanntenkreis jemand ein Jubiläum feiert, oder wenn er Geburtstag hat oder eine Prüfung bestanden hat, dann sprechen wir ihm einen Glückwunsch aus, oder wir schreiben ihm: Herzlichen Glückwunsch!

Wussten Sie, dass auch Gott den Menschen Glückwünsche ausspricht? Diese Glückwünsche Gottes sind in der Sprache vielleicht ein bisschen altertümlich. Gott sagt nicht einfach: „Herzlichen Glückwunsch!“ Aber die Seligpreisungen in der Bibel sind eigentlich Glückwünsche, die Gott den Menschen zuspricht. Es gibt Menschen, denen ruft Gott zu: „Ihr seid selig zu preisen! Ihr seid zu beglückwünschen! Herzlichen Glückwunsch!“

 

Was sind das für Menschen, denen Gott einen Glückwunsch zuspricht? Auf den ersten Blick sind das die Armen, die Trauernden, die Hungernden, diejenigen, die verfolgt werden. Und da könnte man natürlich denken: Wenn das so ist, dann kann ich auf diesen Glückwunsch Gottes gut verzichten. Arm sein, hungern, dürsten, trauern, das ist in unserer Welt nichts Erstrebenswertes.

Aber so vordergründig ist dürfen wir das nicht sehen.

 

Wenn wir einmal auf den Nachsatz jeder Seligpreisung schauen, dann merken wir, dass es um etwas ganz anderes geht. Da heißt es: „Selig die arm sind vor Gott.“ Und in Nachsatz heißt es: „Ihnen gehört das Himmelreich.“ Da wird dieser Gruppe von Menschen das Himmelreich zugesprochen. Wenn Ihr vor Gott arm seid, dann habt ihr Anteil am Himmelreich, dann gehört euch das Himmelreich. Was wir normalerweise mit Himmelreich übersetzen, das könnte man aus dem Griechischen auch übersetzen: Königsherrschaft Gottes. Das bedeutet dann: Es gibt eine Gruppe von Menschen, die werden Anteil haben an der Königsherrschaft Gottes. Die werden das machtvolle Eingreifen Gottes und die Herrlichkeit Gottes hier in dieser Welt erleben.

Und dann lohnt es sich vielleicht doch, genauer hinzuschauen, was das für Menschen sind.

 

Schauen wir uns einmal die erste Seligpreisung an.

„Selig, die arm sind vor Gott.“ Hier muss man genau aufpassen. Jesus hat nicht gesagt: Selig die Habenichtse, die nichts mehr im Portmonee haben. Nein, er hat formuliert: „Selig die arm sind vor Gott.“ Das ist etwas ganz anderes, als ein Habenichts zu sein.

Es kann durchaus sein, dass jemand nichts im Geldbeutel hat, dass er kein Vermögen hat, aber er ist mit seinen Gedanken immer bei dem Reichtum, den er nicht hat, den aber die anderen haben. Ein solcher Mensch wäre im biblischem Sinne reich vor Gott.

Auf der anderen Seite kann es durchaus sein, dass jemand, der ein großes Vermögen hat, im biblischem Sinne arm ist vor Gott, weil er weiß, dass er alles Gott verdankt. Diesen Ausdruck „Selig, die arm sind vor Gott“ könnte man auch übersetzen: „Selig sind diejenigen, die vor Gott mit leeren Händen stehen.“ Es sind Menschen, die nicht vor Gott alles mögliche an Leistungen vorweisen, was sie in ihrem Leben alles Großes getan haben, sondern die mit leeren Händen vor Gott stehen, die ohne Ansprüche vor Gott hintreten, und die alles von Gott erwarten. Es sind Menschen, die genau wissen: Ob ich viel oder wenig Vermögen habe, ob ich in dieser Welt viel geleistet und geschafft habe oder wenig, alles verdanke ich Gott. Und darum ist Dankbarkeit, ein Zeichen der Armut vor Gott. Ich stehe vor dir mit leeren Händen und mit einem dankbaren Herzen.

 

Ein Zweites, was mit dieser Haltung verbunden ist, wenn ich vor Gott mit leeren Händen stehe: Es ist wie bei einem kleinen Kind, das alles von seinem Vater erwartet, das zu seinem Vater kommt: Papa, ich kann das und das nicht, bitte hilf mir doch. Ein Kind, das mit leeren Händen zum Papa kommt und alles von seinem Papa erwartet. Denn: Mein Papa kann alles. (Für Gott ist kein Ding unmöglich.)

 

Wenn Sie Beispiele haben wollen, für diese Haltung des Armseins vor Gott, dann schauen Sie sich einmal die Biographien von Heiligen an. Das sind solche Menschen gewesen, die mit leeren Händen vor Gott gestanden haben. Mensch, die wussten: Alles was ich bin und habe verdanke ich Gott. Und die damit rechnen: Er füllt meine leeren Hände.

Selig, die mit solch leeren Händen vor Gott stehen, die vor Gott arm sind. Sie werden die Herrlichkeit Gottes sehen. Sie werden erleben, dass Gott ihnen die leeren Hände füllt.

 

Noch eine zweite Seligpreisung wollen wir uns etwas näher anschauen:

„Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“

Diese Seligpreisung kann man sehr leicht missverstehen. Jesus hat nicht gesagt: „Selig die Traurigen.“ Gott möchte nicht Menschen, die wie ein Trauerkloß durch die Welt laufen. Er hat gesagt: „Selig die Trauernden.“ Und das ist etwas ganz anderes. Der Trauerkloß dreht sich immer um sich selbst, um sein eigenes Leid. Und er bemitleidet sich ständig selbst und möchte, dass alle anderen ihn auch bemitleiden. Und letztlich möchte er aus seiner Traurigkeit auch gar nicht herausgeholt werden.

Aber derjenige, der im Sinne der Seligpreisung ein Trauernder ist, ist jemand, der die Not dieser Welt zu seiner eigenen Last gemacht hat; der sich nicht damit abfinden will, dass es in dieser Welt so furchtbare Zustände gibt. Der aber auch nicht nur vordergründig die Phänomene betrachtet, sondern der an die Wurzeln geht und sieht, wie oft Sünde die tiefere Ursache für die Not in der Welt ist. Und der dann anfängt, unter dieser Not der Welt zu leiden und zu trauern.

 

Ich denke etwa an die Szene, wo Jesus auf dem Ölberg sitzt, auf die Stadt Jerusalem herunterschaut und anfängt zu weinen: „Jerusalem, Jerusalem, hättest du doch erkannt, was dir zum Frieden dient. Wie oft wollte ich dich sammeln, wie eine Henne ihre Küken sammelt. Aber ihr habt nicht gewollt.“ Das ist diese Haltung des Trauernden, der die Not der Welt sieht, der anfängt unter der Not der Welt zu leiden. Der engagiert ist, der sich nicht damit abfindet, dass es so in dieser Welt ist. Der sich auf der einen Seite mit aller Kraft einsetzt, um die Not der Welt zu lindern, der aber auch bereit ist, stellvertretend für die Sünde der Welt Buße zu tun, der für die Not und die Sünde dieser Welt vor Gott eintritt.

Man könnte diese Seligpreisung auch übersetzen: „Selig die Engagierten, denn sie werden getröstet werden.“

 

Auch den Nachsatz dieser Seligpreisung muss man noch einmal abklopfen, wenn es da heißt: Selig die Trauernden, „denn sie werden getröstet werden“. Trost bedeutet hier nicht, dass ich von Gott es ein paar tröstende Streicheleinheiten bekomme, dass ich vielleicht vertröstet werde auf das Jenseits. Nein, dieser Trost, den Gott hierzu spricht, ist etwas anderes.

 

Zur Zeit des Propheten (Deutero)jesaja ist das Volk Israel in der Babylonischen Gefangenschaft. Sie stöhnen und jammern unter ihrer Not. Da spricht Gott durch den Propheten (Jes 40) dem Volk Israel zu: „Tröstet, tröstet mein Volk. Eure Knechtschaft ist zu Ende.“

Hier wird deutlich, was trösten bedeutet. Gott will das politische Schicksal seines Volkes wenden. Die Menschen, die hier getröstet werden, werden das Eingreifen Gottes erleben. Hier geht es nicht nur um ihr Seelenheil, das auch, sondern dass die äußeren politischen Verhältnisse geändert werden. Ganz konkret gesprochen: Es geht zunächst darum, dass das Volk Israel aus der Babylonischen Gefangenschaft wieder zurückkehren darf nach Jerusalem.

Und wenn es hier in unserer Seligpreisung heißt: Selig die Trauernden, die sich mit der Not dieser Welt nicht abgefunden haben, die Not dieser Welt immer wieder vor Gott hintragen, die engagiert sind für diese Welt, dann sagt Gott denen zu: Ihr werdet mein Eingreifen erleben. Ihr werdet diesen Trost erfahren, der die Verhältnisse verändert, der das Schicksal des Volkes wendet. In dieser Weise werden sie getröstet werden.

 

Zum Abschluss: Wenn Sie ein Paradebeispiel dafür suchen, wie die Haltung der Seligpreisungen gelebt worden ist, dann schauen Sie sich die Gottesmutter Maria an.

Lesen Sie einmal parallel nebeneinander die Seligpreisungen der Bergpredigt und im Lukasevangelium das Magnifikat. Sie werden ganz viele Übereinstimmungen finden. Die heißt es im Magnifikat: „Selig preisen mich alle Geschlechter.“ Maria, du bist glücklich zu preisen. Alle Menschen werden dir zurufen: Maria, herzlichen Glückwunsch! Und warum? Nicht: „Ich habe Großes für den Allmächtigen getan“, sondern: „Ich war eine niedrige Magd. Ich habe mit leeren Händen vor Gott gestanden. Und er hat Großes an mir getan. Er hat die Hungernden mit seinen Gaben erfüllt und hat die Reichen leer ausgehen lassen. (Selig die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.) Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und hat die Niedrigen erhöht. (Selig, die keine Gewalt anwenden.)

Die ganze Umwertung, die in den Seligpreisungen vorgenommen wird, dass das Niedrige erhöht wird, dass das Kleine groß wird, das finden Sie im Magnifikat in der Form eines Lobgesangs.

Selig sind die zu preisen, die so vor Gott hintreten.   Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule

2. Predigt zum Evangelium:   Mt 5,3-12a

Maßstäbe für ein geglücktes Leben

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Maßstäbe für ein geglücktes Leben. Das könnte man als Überschrift schreiben über die Seligpreisungen der Bergpredigt. Maßstäbe für ein geglücktes Leben. Jesus hat selber einmal im Johannesevangelium gesagt: „Ich bin gekommen, damit sie Leben haben, und es in Fülle haben.“ Ein erfülltes, geglücktes Leben, das ist das Ziel Jesu für uns.

In den Seligpreisungen der Bergpredigt finden wir gleichsam den Schlüssel, die Maßstäbe für ein geglücktes Leben.

 

Heute wollen wir uns die dritte Seligpreisung etwas näher anschauen:

„Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden in das Land erben.“

Hier heißt es nicht: „Selig, die ihre Ellenbogen gebrauchen.“ Das ist in unserer Gesellschaft üblich. Um etwas zu besitzen, muss man es sich erkämpfen; da muss man die Ellenbogen gebrauchen. Aber nein, ganz im Gegenteil heißt es hier: „Selig, die keine Gewalt anwenden.“

 

Dafür kurz drei Beispiele:

Das erste Beispiel: Mahatma Gandhi in Indien. Dieser Mann hat im Tiefsten Gewaltlosigkeit gelebt und gelehrt. Und seine Bedeutung für das politische Geschick Indiens, lässt sich kaum hoch genug einschätzen. Der Schlüssel zum Geheimnis seines Lebens war die Gewaltlosigkeit. Gut, Mahatma Gandhi war kein Christ. Aber er hat seinen Maßstab, die Gewaltlosigkeit, ganz bewusst aus der Bergpredigt genommen, die er sehr geschätzt hat. Er hat aus dieser Seligpreisung gelebt: „Selig, die keine Gewalt anwenden, sie werden das Land erben.“ Das ist bei ihm Wirklichkeit geworden.

 

Nun ist Mahatma Gandhi für die meisten von uns längst schon geschichtliche Vergangenheit. Gehen wir einen Schritt näher an unserer Zeit: Wenn es heute in den USA möglich ist, dass Farbige in die höchsten politischen Ämter kommen können, dann hängt das nicht zuletzt damit zusammen, dass mitten im Rassenhass der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA ein Mann aufgetreten ist, Martin Luther King. Ein Negerpastor, ein Prediger, der ganz bewusst Gewaltlosigkeit gepredigt hat. Ja man hat Martin Luther King schließlich ermordet. Aber seine Botschaft, die er gelehrt und gelebt hat, ist diese Seligpreisung: „Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben.“ Diese Seligpreisung ist bei Martin Luther King Wirklichkeit geworden.

 

Gehen wir noch einen Schritt weiter in unsere Zeit hinein. Was 1989 in unserem deutschen Volk geschehen ist, hat letztlich seine Wurzeln auch in dieser Seligpreisung. Dass von heute auf morgen das ganze kommunistische Regime der DDR zusammengebrochen ist, wo doch dieses Regime so sehr Druck ausgeübt hatte, wo sie scheinbar alles so fest im Griff hatten, wo die Gewalt triumphiert hatte. Von heute auf morgen hat die Gewaltlosigkeit triumphiert. Und die Wurzeln dieses Zusammenbruchs der DDR liegen nicht zuletzt in den vielen Christen, die sich damals zum Gebet versammelt haben, die ganz bewusst auf Gewalt verzichtet haben, und die mit ihrer Gewaltlosigkeit gleichsam provoziert haben, dass auch das DDR Regime nicht mehr mit Gewalt an der Macht bleiben konnte. Auch hier ist es so gewesen, dass die Gewaltlosigkeit über die Gewalt triumphiert hat.

Was in diesen Beispielen sichtbar wird, geschieht im Leben jedes einzelnen. Letztlich wird derjenige das Sagen haben, der keine Gewalt anwendet, der es sich leisten kann, auf Gewalt zu verzichten.

 

Schauen wir uns eine weitere Seligpreisung an:

„Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden.“

Hunger und Durst sind in der Bibel auf bildhafte Ausdrücke für die tiefste Lebenssehnsucht des Menschen. Was ist Deine tiefste Lebenssehnsucht? Wonach sehnst Du Dich am meisten? Nach Liebe, nach Geborgenheit nach Ansehen, nach Erfolg?

Hier sagt uns Jesus: Die Erfüllung Deiner tiefsten Sehnsucht nach einem geglückten Leben findest Du dann, wenn Deine Lebenssehnsucht dahin geht, dass Gerechtigkeit geschieht.

 

Dabei ist mit Gerechtigkeit in der Bibel etwas anderes gemeint, als wir gewöhnlich meinen. Gerechtigkeit im biblischen Sinn bedeutet, dass unser Verhältnis zu Gott in Ordnung ist. Dass wir ein rechtes Verhältnis zu Gott haben. Und dass auch das Verhältnis der Menschen untereinander in Ordnung kommt, gerade weil das Verhältnis zu Gott ok ist. Wem es das tiefste Herzensanliegen ist: Ich möchte, dass ich selbst, meine Umwelt, die Menschen, mit den ich zu tun habe, in den Augen Gottes recht sind, denen sagt Jesus zu: „Du wirst gesättigt werden.“ Diese Deine Lebenssehnsucht wird gestillt werden.

 

Aber eins gilt auch: Wenn das Dein tiefstes Lebensziel ist, Deine tiefste Lebenssehnsucht, dass die Pläne Gottes sich verwirklichen, dass seine Gerechtigkeit in dieser Welt aufgerichtet wird, dann kommen Deine vielen Wünsche, die Du auch hast, nicht zu kurz.

Jesus hat einer anderen Stelle der Bergpredigt gesagt: „Sucht ihr zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit (Hier fällt wieder das Stichwort Gerechtigkeit.), und alles andere wird euch dazugegeben werden.“ Alles was sonst noch für Dich in dieser Welt wichtig ist, wird Dir als Zugabe geschenkt, wenn es Dein Herzensanliegen ist, dass die Gerechtigkeit Gottes zum Zuge kommt, dass wir ein rechtes Verhältnis zu Gott haben.

 

Maßstäbe für ein geglücktes Leben.

Ein weiterer Maßstab, den uns Jesus an die Hand gibt für ein geglücktes Leben, heißt:

„Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden.“

Nun sind ja ‚Barmherzigkeit’ und ‚Erbarmen’ theologische Worte, unter den sich kaum einer etwas Konkretes vorstellen kann. Um so mehr lohnt es sich, einmal genau nachzuschauen, was damit gemeint ist.

Wenn es hier im Nachsatz heißt: „Sie werden Erbarmen finden“, dann bedeutet das doch, dass ich mit meiner ganzen menschlichen Unzulänglichkeit, Schwachheit und Sündigkeit, mit meiner fehlenden Wahrhaftigkeit, mit all meinen Macken nicht von Gott abgestempelt werde. Dass Gott nicht sagt: „Daumen runter“, sondern dass ich mit und trotz all meiner Schwächen und Fehler von Gott angenommen, geliebt und bejaht bin. Dass Gott trotzdem zu mir steht. Und das in einer Welt heute, wo man sofort den Daumen runter zeigt, wenn sich jemand etwas zu Schulden kommen lässt. In einer solchen Welt ist es ganz wichtig, dass man weiß: Wir haben einen Gott, der auf mich mit Erbarmen schaut, der mich nicht ablehnt, der mich nicht abgestempelt.

 

Und auch hier: Wo ist der Schlüssel dafür? Der Schlüssel liegt in dem Vordersatz: „Selig die Barmherzigen.“ Wenn ich das schaffe, wenn mir das gelingt (Und das gelingt durch die Kraft des Heiligen Geistes), dass ich mit den Menschen auch barmherzig umgehen kann, dass ich Gnade vor Recht ergehen lassen kann, dass ich nicht über einen anderen den Stab breche, wenn er schuldig geworden ist, dass ich Recht und Gesetz barmherzig anwende, wenn mir das gelingt, wenn die Barmherzigkeit triumphiert über den Paragraphen eines Gesetzbuches, dann sagt Gott: „Selig bist zu preisen.“ Du bist zu beglückwünschen. Du wirst genau so Erbarmen finden in meinen Augen.

 

Und ein letztes heute: „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen.“

Diese Seligpreisung ist sehr missverständlich. Ein reines Herz haben bedeutet nicht, dass man keine Fehler mehr hat, dass kein Schatten der Sünde auf unser Herz fällt. Dann könnte keiner diese Seligpreisung leben. Was diese Seligpreisung bedeutet, ist mir klar geworden an einem ganz alten Kindergebet, dass wir früher gebetet haben: „Ich bin noch so klein, mein Herz ist rein. Soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“

Das bedeutet ein reines Herz haben: „Soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Wenn mein Herz ungeteilt Jesus gehört, dann bedeutet das: ein reines Herz haben. Das gleiche Wort ‚rein’ gebraucht man auch, wenn man von ‚reinem Wein’ spricht, ungemischter, ungepanschter Wein. Wer ein solches reines Herz hat, ein lauteres Herz, ein Herz, das ganz Jesus hingegeben ist, der wird Gott schauen.

 

Aber auch bei diesen Nachsatz muss man etwas überlegen. Es steht in der Bibel ganz deutlich, dass niemand in dieser Welt Gott schauen kann. Seine Herrlichkeit und sein Glanz sind so gewaltig, dass wir es nicht ertragen könnten, Gott zu schauen. Im Neuen Testament, im Timotheusbrief steht: „Gott wohnt in unzugänglichem Licht.“ Wir können Gott nicht schauen. Und doch sagt Jesus in dieser Seligpreisung: „Sie werden Gott schauen.“ Und das ist nicht eine Vertröstung auf später, auf das ewige Leben. Nein, Jesus meint hier in dieser Welt schon.

 

Wenn wir etwas dahinter kommen wollen, was damit gemeint sein kann, dann ist ein Satz hilfreich aus dem Epheserbrief des Apostels Paulus. Da formuliert Paulus in einem Gebet: „Gott möge die Augen eures Herzens öffnen, damit ihr ihn recht erkennt.“

Der Schriftsteller Exuperie hat ein Stückchen davon geahnt, wenn er in dem Buch „Der kleine Prinz“ schreibt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche bleibt für das Auge unsichtbar.“ „Gott möge die Augen eures Herzens öffnen, damit ihr ihn recht erkennt“, schreibt Paulus.

 

Ich will versuchen, das etwas zu umschreiben. Zunächst war der negativen Seite her: Wenn das Herz eines Menschen voll ist von Schmutz, von Zoten und von allem möglichen Dreck, wenn seine ganze Fantasie und seine Gedanken von Schmutz geprägt sind, glaub mir: Ein solcher Mensch wird in allem, was er sieht, Anknüpfungspunkte finden für seine schmutzige Fantasie, für den Dreck, der in seinem Herzen ist.

Aber ein Mensch, dessen Herz wirklich Gott gehört, der in diesem Sinne ein reines Herz hat, der wird in allem, was er sieht, Anknüpfungspunkte finden für die Herrlichkeit Gottes.

Ganz praktisch gesagt: Da gehen zwei Menschen durch einen Park. Beide sehen Gräser und Blumen, Sträucher und Bäume. Der eine kennt vielleicht sogar die botanischen Namen der einzelnen Gräser. Und der andere sieht in diesen Geschöpfen die Herrlichkeit Schöpfers. Und er fängt an, diese Herrlichkeit der Schöpfung zu bestaunen, er fängt an den Schöpfer zu loben.

Da sind zwei Menschen, die in ihrem Leben tiefes Leid erfahren müssen. Der eine bricht fast unter dem Leid zusammen und sieht darin eine menschliche Katastrophe. Der andere kann hinter dem Leid immer noch die Hand Gottes erkennen. Er kann immer noch die Stimme Gottes hören, die ihm zuspricht: „Denen, die Gott lieben, gereichen alle Dinge zum Guten.“ Der eine bricht zusammen unter seinem Leid. Er sieht nur die negative Seite. Der andere sieht hinter all dem die Hand Gottes, die ihn hält und ihn trägt. Und er sieht hinter allem in dieser Welt die schöpferische Hand Gottes, er erkennt die Herrlichkeit Gottes.

 

Wer in dieser Weise ein reines Herz, ein Herz, das ganz Gott hingegeben ist, dem ruft Gott zu: Herzlichen Glückwunsch! Du darfst die Herrlichkeit Gottes hier in diesem Leben bereits sehen mit den Augen deines Herzens. Und was wird das dann für eine Freude geben, wenn wir im Himmel einmal die Herrlichkeit Gottes in ihrer ganzen Fülle erfahren, genießen und erleben.

Maßstäbe für ein geglücktes Leben. Jesus möchte, dass unser Leben geglückt und erfüllt ist. Darum hat er uns diese Seligpreisungen zugerufen.    Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule