Pfarrer Karl Sendker

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4. Fastensonntag A
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Predigten

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Predigt zur 1. Lesung:   1 Sam 16-13

Predigt zum Evangelium:   Joh 9,1-41

Predigttext:    1 Sam 16,1-13  (Kurzfassung)

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Vor einigen Jahren suchte Radio Horeb einen Mitarbeiter im redaktionellen Bereich.

Natürlich muss man als Redakteur(in) von Radio Horeb einige Voraussetzungen erfüllen. Man muss katholisch sein. Man muss bereit sein, seinen Glauben zu bezeugen. Man darf auch keine Angst haben vor technischen Geräten wie etwa Computer usw. Und dann hieß es noch: „Schicken sie bitte, wenn sie Interesse haben, ein Foto von sich, und aussagekräftige Bewerbungsunterlagen an Radio Horeb.“

Die Frage ist: Was sind eigentlich aussagekräftige Bewerbungsunterlagen in den Augen Gottes?

 

Das Volk Israel suchte einen neuen König. Der erste König, Saul, war von Gott verworfen worden, weil er Gott ungehorsam war. Jetzt suchte man einen neuen König. Gott schickt dazu den Propheten Samuel: „Samuel, du gehst jetzt nach Bethlehem zu einem Mann mit Namen Isai. Dieser Isai hat eine ganze Reihe von Söhnen. Einer von seinen Söhnen soll König über Israel werden; einen habe ich dazu auserwählt. Geh hin und lade den Isai zu einem Opfermahl ein. Dann werde ich dir genau zeigen, was du tun sollst.“

Samuel geht nach Bethlehem zu Isai, lädt ihn zum Opfermahl ein und fragt den Isai nach seinen Söhnen.

„Ja“, sagte Isai, „ich habe eine ganze Reihe von Söhnen.“

„Lass alle deine Söhne kommen; einen von denen hat Gott zum König auserwählt.“

Isai, der alte Vater, lässt die Söhne kommen.

Der erste tritt vor, Eliab, der Erstgeborene. Als Erstgeborener hatte er einen besonderen Rang. Ein großer, stattlicher Mann, der Eliab. Der Name Eliab heißt auf Deutsch: „Mein Gott ist ein Vater“. Was war das für ein toller Name.

Eliab trat vor, und sofort hat Samuel gedacht: Der muss es sein! So ein großer, stattlicher Mann und dann noch der Erstgeborene. Und dann noch so ein Name: „Mein Gott ist ein Vater“. Eliab, der muss es sein.

Aber dann spricht Gott zu Samuel: „Der ist es nicht! Samuel, du musst nicht auf die äußere Gestalt schauen. Gott schaut nicht auf das Äußere, Gott schaut auf das Herz.“

Gut, dann lassen wir den zweiten Sohn kommen. Einer von den Söhnen muss es ja sein. Der zweite Sohn tritt vor: Aminadab, auch ein stattlicher Mann. Aber Gott sagte: „Der ist es auch nicht.“

Na ja, vielleicht haben sie gedacht: Alle guten Dinge sind drei; holen wir den dritten. Aber Gott sagte: „Auch der ist es nicht.“

Und dann tritt einer nach dem anderen vor Samuel. Schließlich kommt der siebte. Sieben ist ja eine Zahl der Vollkommenheit. Da haben sie gedacht: Der muss es jetzt aber sein; danach kommt sonst keiner mehr. Und Gott sagte: „Der ist es auch nicht.“

Ja, was dann? Einer von den Söhnen soll es doch sein.

Da fragt Samuel den Vater Isai: „Sag mal, sind das alle deine Söhne? Hast du sonst keinen mehr?“

„Doch“, sagte der, „einen habe ich noch, den David. Aber das ist so ein kleiner, so ein Dreikäsehoch, der ist noch rötlich.“ Heute würde man sagen: Der ist noch grün hinter den Ohren. Der hat ja noch fast ein Babygesicht mit rötlichen Backen. „Der ist gerade auf dem Feld; er hütet die Schafe. Der kann es doch bestimmt nicht sein.“

Samuel sagt: „Lass auch den kommen.“ Dann holen sie den David von der Herde weg. Da stand der kleine Junge vor dem Propheten Samuel. Die anderen, die großen Brüder, standen alle der Reihe nach im zweiten Glied.

Und nun sagte Gott zu Samuel: „Der ist es!“ Der Kleine, mit dem keiner gerechnet hatte, der ist es. „Den sollst du zum König salben.“ Samuel holt sein Salbhorn, gießt Öl über den Kopf Davids, und damit wird David zum König gesalbt.

 

 

Jetzt noch einmal die Frage: Was sind in den Augen Gottes eigentlich aussagekräftige Bewerbungsunterlagen für einen, der in den Dienst Gottes gerufen wird?

Sehen Sie, den König David kennen wir aus der Bibel sehr gut. Das war ein Mann, der war Bandenführer, der hat eine Schar um sich gesammelt und hat Überfälle gemacht. David ist auch jemand gewesen, der Ehebruch begangen hat. Und den Ehemann hat er ermorden lassen, als sich zeigte, dass die Frau schwanger geworden war. Das ist auch David.

Und trotzdem heißt es noch im Neuen Testament, in der Apostelgeschichte: „König David ist ein Mann nach dem Herzen Gottes.“ Denn  obwohl er so viele Fehler hatte, so viele Sünden begangen hatte, hat er an Gott festgehalten. Und jedes Mal, wenn er gesündigt hat, hat er Buße getan. Verzeih mir Gott. Und Gott hatte ihm verziehen. Ein Mann nach dem Herzen Gottes.

 

 

Gott hat einen anderen Maßstab als wir, wenn er sich Menschen aussucht für einen Dienst in der Kirche.

Als Papst Johannes Paul II. sterbenskrank war, ist manchmal darüber gesprochen worden, wer wohl nach ihm der neue Papst werden könnte. Welche Qualitäten muss der neue Papst haben? Wer soll denn diesem großen Papst Johannes Paul II. nachfolgen können?

Den ersten von allen „Päpsten“ hat Jesus selbst ernannt. Das war der Petrus. Petrus war kein hohes Tier, er hatte nicht studiert, war auch kein Priester. Petrus, der erste Papst, der war ein einfacher Fischer vom See Gennesaret. Der hat wahrscheinlich nie eine Schule besucht und konnte möglicherweise nicht lesen und nicht schreiben. Als er in der Apostelgeschichte einmal mit Johannes vor den Priestern steht, da merken die Priester, dass er ein ungebildeter und ungelehrter Mann ist. Das konnte man merken! Vielleicht hat er auch beim Sprechen ‚mir’ und ‚mich’ verwechselt, würden wir heute sagen. Jedenfalls konnte man merken, dass er ein ungebildeter Mann war. Und außerdem hat Petrus dreimal Jesus verleugnet. So einer ist der erste Papst geworden. Offensichtlich hat Gott einen anderen Maßstab als wir. Ob die Kardinäle heute so einen Mann zum Papst wählen würden, ist sehr unwahrscheinlich.

 

Als die Kirche in Frankreich zur Zeit Napoleons auf einem Tiefpunkt war, und vom religiösen Leben kaum noch etwas zu spüren war, da hat Gott sich auch einen Mann erwählt, den die meisten überhaupt nicht mit Namen kennen: Jean Marie Vianney. Die meisten kennen ihn nur unter seinem Titel: Pfarrer von Ars. Als der Schüler war, hat er keine einzige Prüfung bestanden. Er konnte kein Abitur machen, er hat nicht studiert, nichts. Er hat versucht, Latein zu lernen, die Kirchensprache, aber er konnte die Vokabeln einfach nicht behalten. Er war ein ganz schlechter Schüler, gleichsam ein hoffnungsloser Fall.

Aber Gott wollte, dass er Priester wurde. Schließlich hat der Bischof gesagt: Er hat zwar keine Prüfung bestanden, ist überall durchgefallen, aber er ist so fromm. Dann will ich ihn zum Priester weihen. Er hat ihn als Pfarrer in ein ganz kleines Dorf geschickt in Südfrankreich, in der Nähe von Lyon, nach Ars mit dem Hintergedanken: Da kann er nichts kaputt machen. Und außerdem hat er ihm noch einen Kaplan mitgeschickt, der auf ihn aufpassen sollte, damit er keine Fehler macht. Die Erlaubnis, Beichte zu hören, hat der Bischof ihm zunächst verweigert.

Aber Gott hat einen anderen Maßstab als wir. Und es ist gleichsam wie göttliche Ironie. Dieser einfache Pfarrer von Ars, der in jeder Prüfung durchgefallen war, wird später der größte Beichtväter in der Kirchengeschichte überhaupt. Man musste damals in dieses kleine Dorf, abgelegen von der großen Straße, eine eigene Postkutschenlinie einrichten, damit die Leute, die bei ihm beichten wollten, nach Ars kommen konnten. Dieser Pfarrer von Ars, Jean Marie Vianney, hat manchmal sechzehn Stunden ununterbrochen im Beichtstuhl gesessen, in der ungeheizten Kirche, weil die Leute unbedingt bei ihm beichten wollten. Wenn er gepredigt hat, ist er oft von der Kanzel wieder herunter gestiegen, weinend, weil ihm der Faden verloren gegangen war; er wusste nicht mehr weiter. Und trotzdem wollten die Leute ihn hören.

Man spürte, dass da die Kraft Gottes sichtbar wurde. Gott hat einen anderen Maßstab als wir Menschen. Die Menschen haben gesagt: Kleines Dorf, keine Beichtvollmacht, da müssen wir einen Kaplan mitschicken, der auf ihn aufpasst. Aber Gott hat gesagt: Nein, er ist ein ganz Großer in meinen Augen.

 

Schau Dir auch Jesus an, den Messias, den Sohn Gottes. Er wird ja auch Sohn Davids genannt, ein Nachkomme Davids. Vom diesem Messias steht im Alten Testament beim Propheten Jesaja folgende Weissagung. „Er hatte keine schöne Gestalt, so dass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen an ihm fanden. Er war verachtet und von den Menschen gemieden. Ein Mann voller Schmerzen, wie einer, vor dem man sein Gesicht verhüllt. Er war verachtet, wir schätzten ihn nicht.“

Das ist der menschliche Maßstab. Aber dann kommt der göttliche Maßstab. „Doch Gott der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen Knecht. Er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab.“

Auch der Sohn Gottes ist nach menschlichen Maßstäben wie ein Verbrecher am Kreuz gestorben. Die Priester, die Theologen, der Hohe Rat haben gesagt: Der ist ein Gotteslästerer, den müssen wir verurteilen. Aber Gott hat ihn ganz groß gemacht; er hat ihn von den Toten auferweckt. Gott hat einen anderen Maßstab als wir.

 

Warum macht Gott das so? Der Apostel Paulus hat einmal einen Brief geschrieben an die Gemeinde in Korinth, eine Hafenstadt in Griechenland. Das war unterstes Milieu, diese Hafenarbeiter in Korinth. Denen hat Paulus geschrieben: Schaut euch doch einmal bei euch in der Gemeinde um. Da gibt es nicht viele hohe Tiere. Und dann schreibt er: Was in der Welt nichts gilt, das hat Gott auserwählt, damit er selbst groß wird. Gott tut das, damit kein Mensch sich seiner eigenen Kraft rühmen kann.

 

Wenn ein Pfarrer von Ars so eine Ausstrahlungskraft hatte, obwohl er menschlich nichts auf dem Kasten hatte, dann spürte bei ihm jeder: Das ist nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen. Da wird vielmehr die göttliche Kraft sichtbar.

Wenn Jesus von Nazareth, der Sohn Gottes, den die Großen so verachtet haben, wenn der den Mund aufmachte und redete, wenn der mit seinen Händen wirkte, dann spürte jeder: Da ist die Kraft Gottes erfahrbar.

Wenn König David in den Augen der Menschen vielleicht ein großer Sünder war, dann spürte man doch: Mit dem ist Gott.

Gott hat ein Interesse daran, dass er selbst durch die Menschen verherrlicht wird.

 

Heute steht die Kirche in der Augen der Menschen nicht hoch im Kurs. Aber ich bin sicher: Gott wird die Kirche in Deutschland erneuern. Und die Erneuerung kommt durch ganz einfache Menschen, die ganz schlicht in den Gemeinden leben, die vielleicht nie irgendwo besonders aufgefallen sind. Aber durch ihre Glaubenskraft haben sie eine Ausstrahlung für die anderen. Ich wünschte mir, dass wir dazu gehören.  Amen.

 

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Predigttext:    Joh 9,1-41

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Morgen früh würde bei uns in der Zeitung eine große Annonce stehen: Jeder, der möchte, bekommt bei uns auf dem Marktplatz einen Hunderteuroschein geschenkt. Er muss nur hingehen und sich den Hunderteuroschein abholen.

 

Was meinen Sie wohl, wie viele Leute da hingehen würden? Ich habe eben in der Sakristei die Messdiener gefragt. Die zuckten mit den Achseln; hingehen würden sie nicht.

Wenn das morgens beim Frühstück einer liest, dann schaut er zuerst auf die Vorderseite der Zeitung, ob wir nicht heute den 1. April haben, ob da nicht einer einen Aprilscherz machen will. Oder man fängt an, darüber zu lächeln und zu diskutieren: Da will einer einen Witz machen. Aber während die am Frühstückstisch noch darüber sprechen und darüber lachen, schellt es plötzlich an der Haustüre. Ein Bekannter kommt rein und sagt: "Seid ihr noch nicht auf dem Marktplatz? Da gibt es Hunderteuroscheine geschenkt." „Ja, ja, hör bloß auf!“ „Doch“, sagt er, „ich habe gerade einen bekommen, ich kann ihn dir zeigen, hier.“ „Den hast du doch schon vorher in der Tasche gehabt.“

 

Während die sich noch darüber streiten, sehen sie durchs Fenster, wie die Strasse herunter eine ganze Gruppe von Leuten kommt. Die singen und jubeln und winken schon von weitem mit den Hunderteuroscheinen. Es lässt sich nicht mehr leugnen, offensichtlich gibt es da tatsächlich Hunderteuroscheine auf dem Marktplatz.

 

Aber dann schlägt das Ganze um, denn wir leben ja alle nach der Devise: Mir hat noch nie einer etwas geschenkt. Wenn es da wirklich auf dem Marktplatz Hunderteuroscheine gibt, vielleicht ist das wieder so ein Trick von irgendwelchen Geschäftsleuten. Da muss man vielleicht irgendwas unterschreiben. Oder vielleicht ist das Falschgeld oder Spielgeld für Kinder.

Sie können sicher sein: Die Leute würden sich drehen und wenden. Sie würden ein Argument nach dem anderen suchen, nur um nicht hinzugehen und sich den Hunderteuroschein abzuholen.

 

 

Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist: So ähnlich ist das heute im Evangelium. Nur geht es da nicht um hundert Euro, da geht es um viel Größeres. Da hat Jesus einen Blinden geheilt; nicht einfach nur einen Blinden, sondern einen Mann, der von Geburt an blind war. Es steht ausdrücklich dabei: ‚Das hat es in Israel noch nie gegeben, dass ein Blindgeborener geheilt worden ist.’ Und statt dass die Leute sich jetzt freuen und Gott loben und preisen, fangen sie an, einen Grund nach dem anderen zu suchen, dass das doch überhaupt nicht sein kann, dass der Blindgeborene geheilt worden ist. Das gibt es doch überhaupt nicht. Ich habe extra heute diese lange Fassung des Evangeliums vorgelesen, damit uns das in allen Einzelheiten ins Ohr geht.

 

Als erstes kommen die Nachbarn und sagen: „Das ist er gar nicht, der sieht ihm bloß ähnlich.“ Die anderen sagen: „Ob er es vielleicht doch ist, der da gebettelt hat?“ Und als man dann heraus findet: Ja, er ist es wirklich, da gehen sie zu den Priestern, zu den Theologen, zu den Pharisäern. Die müssen es doch schließlich wissen, ob da ein Wunder passiert ist. Aber was machen die Pharisäer? Die haben sofort einen Trick auf Lager, die sagen: „Moment mal, heute ist ja Sabbat. Jesus hat das Sabbatgebot gebrochen. Das kann überhaupt nicht von Gott sein; der muss mit dem Teufel im Bunde sein.“

 

Und dann holen sie den Geheilten, den Blindgeborenen, der geheilt war. Der soll in allen Einzelheiten die Geschichte erzählen; und dann muss er es noch einmal erzählen und noch einmal, immer wieder, weil sie es einfach nicht glauben wollen.

Schließlich rufen sie die Eltern herbei und fragen: „Ist das wirklich euer Sohn; und ist der wirklich von Geburt an blind gewesen?“ Man will es einfach nicht glauben. Sie suchen alle möglichen Gründe zusammen, nur eins tut keiner. Kein einziger kommt auf die Idee, Gott für dieses Wunder zu danken und ihn für dieses Wunder zu loben, eigenartig.

 

Na gut, das ist eine Geschichte aus dem Johannesevangelium; und die ist schon zweitausend Jahr alt. Aber glauben Sie mir, diese Geschichte vollzieht sich bei uns heute noch. Ich will Ihnen zwei Beispiele dafür erzählen:

 

Ich habe in meiner Studienzeit und auch hinterher noch theologische Seminare besucht. Wenn es da um die Frage ging, ob Jesus Wunder gewirkt hat, dann haben die Theologen weitgehend übereinstimmend gesagt: „Nein, Jesus hat keine Wunder gewirkt. Die so genannten Wunderberichte muss man alle irgendwie interpretieren.“ Ich kann mich an ein Seminar erinnern, da ging es um die Brotvermehrung im Johannesevangelium. Da haben die Lehrer allen Ernstes behauptet: Die Körbe mit den Broten haben hinter der Hecke gestanden. Da hat Jesus kein Wunder gewirkt. Oder ein anderer lehrte zum gleichen Evangelium: „Das Wunder bei der Brotvermehrung bestand darin, dass alle das Wenige, das sie hatten, geteilt haben.“ Natürlich ist das etwas Wunderbares, wenn Leute teilen. Aber das steht da in der Geschichte von der Brotvermehrung nicht. Da steht, dass Jesus mit fünf belegten Broten fünftausend Leute satt gemacht hat. Aber was nicht sein darf, das gibt es eben nicht, das wird dann weginterpretiert.

 

Aber das ist nicht nur bei Theologen so. Das ist bei uns einfachen Katholiken oft genau dasselbe, auch dafür Beispiele:

Wenn jemand heute in irgendeiner Notlage betet, und Gott das Gebet so ganz demonstrativ erhört, wissen Sie, was dann die gestandenen Katholiken sagen: „Das ist Zufall!“ Statt dass die Leute Gott dafür die Ehre geben. - Gut, man muss ja nicht wundersüchtig sein. Aber es geht auch gar nicht darum, aus allem ein Wunder zu machen. Aber statt dass man Gott dafür die Ehre gibt, da kommen die Leute lieber und sagen manchmal sogar: „Ich hab Schwein gehabt.“

 

Oder wenn jemand wirklich erlebt hat (und ich hab das oft erlebt), dass wir mit Kranken gebetet haben, und die Kranken sind gesund geworden. Dann sagen die Leute: „Das kann man alles natürlich erklären.“ Sicher kann man das vielleicht erklären. Und wenn man es heute noch nicht erklären kann, dann kann man es vielleicht in fünfzig Jahren erklären. Darum geht es ja gar nicht. Es geht darum, dass ein Mensch geheilt worden ist, und dass wir Gott dafür die Ehre geben. Aber wer kommt schon auf diesen Gedanken? Da sagen die Leute lieber ‚Zufall’ oder ‚Schwein gehabt’.

 

Aber eins gilt auch: Wenn wir in so einer Haltung leben: ‚Das ist alles nur Zufall’, statt Gott dafür zu ehren, wissen Sie, was dann passiert: Auf der einen Seite  -  und das erleben wir in unserem Volk ganz massiv  -  wird unser Glaube immer dünner, wie ein „Bodensehkaffee“, wo Du oben reinschaust und kannst bis auf den Boden sehen. Da ist nichts mehr dahinter. Oder aber unser Gott, an den wir glauben, wird so ein richtig trockener Büchergott. Und damit lockst Du keinen mehr hinter dem Ofen weg.

 

Aber auf der anderen Seite: Wenn Menschen wirklich das Eingreifen Gottes erleben und ihm dafür die Ehre geben, dann fängt bei solchen Menschen das Herz an zu brennen. Da kommt eine Freude in ihr Herz; und diese Menschen haben Ausstrahlung. Solche Menschen sind gesucht, die das Wirken Gottes erleben, die es aber auch anerkennen und ihm dann dafür die Ehre geben.

 

Was sagt Jesus am Anfang dieses Evangeliums als die Leute mit der Frage kommen: „Wer hat denn gesündigt, er oder seine Eltern?“ Da sagt Jesus: Es geht nicht um die Frage von Sünde, sondern hier soll die Herrlichkeit Gottes sichtbar werden. Wenn Gott eingreift, dann tut er das nicht wegen einer Show, sondern damit seine Größe, seine Macht und Herrlichkeit hier unter uns sichtbar wird. Und wir sollten uns freuen und darüber jubeln, dass wir einen solchen Gott haben. Und wir sollten ihm die Ehre geben.

 

 

Ich will noch einmal zurückkommen auf die Geschichte mit dem Hunderteuroschein vom Anfang der Predigt. Wissen Sie, wer da hin geht? (Nun, heute bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, nachdem ich mit den Messdienern in der Sakristei darüber gesprochen habe.) Wissen Sie, wer da hin geht: Kinder, kleine Kinder gehen da hin, wenn der Weg nicht allzu weit ist. Kleine Kinder haben ja auch nichts zu verlieren. Tippelbrüder, die die nichts mehr in der Tasche haben, die gehen da hin. Alle anderen schütteln den Kopf und sagen: Das ist Quatsch. Aber alle, die hingehen, werden reich beschenkt, ganz reich beschenkt.

 

Schau Dir einmal die Evangelien als Ganzes an. Wer hat denn damals die Herrlichkeit Gottes gesehen, wer hat das denn erlebt? Das waren die unteren Schichten der Gesellschaft, die Zöllner, die Huren, die Sünder. Das waren die, auf die die anderen mit dem Finger gezeigt haben. Die haben Jesus geglaubt, und deren Herz fing an zu brennen, und sie haben mit Freude erlebt, wie Gott eingreift. Die gebildeten Theologen, die es eigentlich wissen mussten, die standen dabei, haben ihr Herz verhärtet und sind kalt geblieben. Aber die Herrlichkeit erlebt haben die einfachen und schlichten Menschen, die dem geglaubt haben, was Jesus gesagt und getan hat, und die ihm die Ehre geben.

 

Jesus sagt am Ende dieses langen Evangeliums: „Ich bin in die Welt gekommen, die Welt zu richten, das heißt zu scheiden, damit die Blinden sehend werden, und damit die Sehenden blind werden.

Es gibt eine Scheidung der Geister, auch heute. Die einen, die die Herrlichkeit Gottes erleben und dafür danken und vor Freude strahlen, und die anderen, die immer nur sagen: ‚Zufall’, deren Herz kalt bleibt. Wozu gehörst du?   Amen.

 

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