Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

4. Sonntag C
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

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unter dem Stichwort Kassettendienst .

 Predigt zur 1. Lesung:  Jer 1,4-5.17-19

Predigt zur 2. Lesung:  1 Kor 13,1-8a

Predigt zum Evangelium:  Lk 4,21-30        Predigt als Video     Predigt im mp3 Format

Predigttext:       Jer 1,4-5.17-19

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn in einem Volk die Ratlosigkeit groß wird, dann haben Meinungsforscher, Gutachter und Sachverständige Hochkonjunktur. Sie brauchen in diesen Wochen nur in irgendeine beliebige Nachrichtensendung im Fernsehen hineinzuschauen. Immer wieder werden so genannte „Weise“ befragt, zu der aktuellen Lage in der Wirtschaft, bei den Parteien, in der Finanzwelt usw. ein Gutachten abzugeben. Anfang dieses Jahres bei einem Hausbesuch, als wir auf die Krise in der Landwirtschaft angesichts der BSE Seuche bei den Rindern zu sprechen kamen, sagte der Mann dieser Familie: „Ich würde gerne einmal wissen, welches Gutachten Gott zu unserer Situation abgeben würde. Aber – und dabei zuckte er mit den Achseln – das kann man ja leider nicht erfahren.

Oder doch?!!

Gott hat immer wieder im Laufe der Geschichte sein „Gutachten“ abgegeben und den Menschen mitgeteilt, wie er die Lage beurteilt. Die Menschen, durch die Gott sein „Gutachten“ abgibt, die nennen wir die Propheten. Ein Prophet ist ja nicht jemand, der im Kaffeesatz liest und dann die Zukunft voraussagt. Propheten sind Männer oder auch Frauen, die in eine konkrete gesellschaftliche, politische und geistliche Lage hinein von Gott her die Situation deuten und beurteilen. Dass sich aus solcher Deutung und Beurteilung dann auch je und je Ausblicke in die Zukunft ergeben, ist nicht verwunderlich: Wenn ihr euch so und so verhaltet, dann hat das die und die Konsequenzen für euch und euer Land.

In diesem Gottesdienst haben wir in der ersten Lesung einen Ausschnitt aus der Berufungsgeschichte des Propheten Jeremia gehört. Jeremia hat gelebt ungefähr 600 vor Christus. Er hat noch miterlebt, wie Israel in das babylonische Exil verschleppt wurde. Das war für Israel die nationale Katastrophe schlechthin: Das Volk verschleppt, der Tempel zerstört, das Land verwüstet. Bei seiner Berufung wird Jeremia gesandt gegen die Könige, gegen die Beamten, gegen die Priester von Juda und gegen die Bürger des Landes. Allen soll er im Auftrag Gottes einen Spiegel vorhalten.

Aus Anlass dieser Predigt habe ich nach langer Zeit wieder einmal angefangen im Buch des Propheten Jeremia zu lesen, und ich bin etwa bis zum 8. Kapitel gekommen. Ich muss gestehen, dass ich erschrocken war beim Lesen, wie sehr die Beurteilung der Lage durch Gott unsere Zeitsituation heute gleicht. Ich hörte in meinem Herzen Jeremia (und letztlich Gott) zu uns heute sprechen.

Das Furchtbarste ist eine zusammenfassende Bemerkung Gottes: All dieses Unheil, das euch getroffen hat, geht von mir aus, sagt Gott. „Höre es, Erde! Siehe ich führe Unheil herbei über dieses Volk.“ Aber Gott sagt auch im gleichen Atemzug warum das so ist: „Es ist die Frucht eures Abfalls. Denn auf meine Worte wollten sie nicht hören und meine Weisung haben sie verschmäht.“ (6,19) „Verdankst du das nicht einem Abfall von Jahwe, deinem Gott? ...So wird deine Bosheit dich strafen und dein Abfall dich züchtigen, dass du erkennst und einsieht, wie böse und bitter es ist, Jahwe, deinen Gott, verlassen zu haben“ (2,17-19) Das alles ist Botschaft Gottes an sein Volk; auch an unser „christliches“ Volk. Da passt überhaupt nicht in unser Bild vom „lieben“ Gott. Da sträubt sich alles bei uns. Aber vielleicht müssen wir unser harmloses Gottesbild ja korrigieren.

Jeremia wird gesandt, gegen die Könige aufzutreten und ihnen einen Spiegel vorzuhalten: Ihr habt nicht die Herde geweidet, das Volk, das euch anvertraut ist. Ihr habt vielmehr euer eigenes Schäfchen ins Trockene gebracht. Ihr schließt Verträge und geht Bündnisse ein, ohne mich zu befragen. Ihr befragt die Horoskope und Götzenbilder, aber mein Angesicht sucht ihr nicht. Ihr heilt den Schaden des Volkes nur so oberflächlich; ihr ruft ‚Friede, Friede’ aber da ist kein Friede. Ihr seid die Gesalbten Gottes (heute würde man vielleicht sagen: Ihr seid christlich Politiker.), aber ihr dreht mir den Rücken zu und nicht das Gesicht.

Jeremia wendet sich gegen die Beamten in den Verwaltungen und muss ihnen einen Spiegel vorhalten: Ihr nehmt Bestechungsgelder an und ihr beugt das Recht der Armen. Die Witwen und Waisen habt ihr unterdrückt, die, die keine Lobby haben (Heute würde man vielleicht sagen: die Sozialhilfeempfänger.). Wenn sie sagen ‚So wahr der Herr lebt’, dann schwören sie gewiss einen Meineid.

Jeremia tritt auf gegen die Priester in Juda und hält ihnen einen Spiegel vor: Ihr habt Gott nicht gesucht. Ihr habt nicht mehr das brennende Herz, das noch David hatte, wenn er betete (Ps 63): „Gott du mein Gott, dich suche ich. Meine Seele dürstet nach dir wie trockenes Land“. Ihr treibt viel kultische Betriebsamkeit, aber das Wesentliche vernachlässigt ihr: Ihr sucht Gott nicht. Ihr bildet euch viel darauf ein: ‚Der Tempel Jahwes, der Tempel Jahwes ist hier’. Hier will Gott seinen Namen wohnen lassen. Das hat er versprochen. Aber ihr habt vergessen, dass eure Herzenshaltung nicht in Ordnung ist. So wie ihr jetzt seid, nützt euch der Tempel nichts. Denkt daran, was mit dem Heiligtum in Schilo geschehen ist. Ihr lehrt das Volk auf eigene Faust. Wenn sie predigen, dann reden sie selbst ausgedachte Worte, aber das Wort Gottes mögen sie nicht; es ist ihnen zu Gespött geworden. Das Wort Gottes ist ja ein altes verstaubtes Buch, das nimmt ja keiner mehr ernst. Und alle, die das Wort Gottes ernst nehmen, die machen sie lächerlich; von denen sagt man: das ist ja sektenhaft.

Jeremia muss auch dem einfachen Volk den Spiegel vorhalten. Sie sagen immer so schnell: Was können wir denn dafür; das sind die da oben; wir haben doch keinen Einfluss. Aber Gott lässt diese Redensarten nicht gelten. Er sagt dem einfachen Volk: Ihr wollt es ja so; euch gefällt es ja so. Ihr wollt ja, dass die Priester euch nach dem Mund reden. Jeder von euch, groß und klein ist nur gierig nach Gewinn. Hauptsache: Die Kasse stimmt. Für Geld tun wir alles. Jeder von ihnen übt Betrug. „So spricht der Herr: Stellt euch an die Wege und haltet Ausschau, ... fragt, wo der Weg zu Guten liegt; geht auf ihm, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Sie aber antworten: Wir wollen diesen Weg nicht gehen. Da habe ich ihnen Wächter bestellt: ‚Horcht auf das Blasen des Horns!’ Aber sie haben geantwortet: ‚Wir wollen nicht horchen!’ Darum hört, ihr Völker, und erkennt, was ich ihnen antun will. Höre es, Erde: Siehe, ich bringe Unheil über dieses Volk, die Frucht ihres Abfalls.“  (6,16-18)

 

Als Jeremia diese Botschaft dem Volk Israel ausrichtet, unter großer innerer Betroffenheit, unter tiefem Schmerz, da hat man den Propheten ausgelacht: Du bist ein Spinner! Da hat man ihm nachgesagt: Du bist ein Volksverräter. Du machst mit den Feinden Israels gemeinsame Sache. Da hat man ihn in eine Schlammzisterne geworfen und ihn mundtot gemacht. Man wollte seine Botschaft nicht hören. Als Jeremia seine Worte nicht mehr mit dem Mund verkünden konnte, hat er die Wort durch seinen Diener Baruch aufschreiben lassen. Als der die Botschaft Jeremias dem König vorliest, da geschieht das Unerhörte: Jedes Mal, wenn eine Seite vorgelesen war, schnitt der König mit einem Messer das Blatt ab und verbrannte es im offenen Feuer. So dokumentierte er, was ihm das Wort Gottes bedeutete.

 

Als man die Botschaft Gottes, die Jeremia ausrichtete, nicht hören wollte, da hat es nur kurze Zeit gedauert, bis über das auserwählte Volk die totale Katastrophe hereinbrach. Jerusalem wird von babylonischen Truppen erobert, der Tempel zerstört, das Volk ins Exil nach Babylon verschleppt. Jeremia hat es noch miterlebt, dass das Gericht Gottes hereinbrach über ein Volk, das Gottes Wege nicht gehen wollte.

Immer wieder hatte Jeremia das Volk gleichsam beschworen, umzukehren: Pflügt den Acker eures Herzens von Grund auf um. Es genügt nicht, die Vorhaut beschneiden zu lassen. Die ‚Vorhaut des Herzens’ muss beschnitten werden. Heute würden wir sagen. Es nützt nichts, einen Taufschein vorweisen zu können, wenn das Herz sich nicht bekehrt. Solche Umkehr bedeutet nicht einfach nur, dass wir mal wieder beichten gehen (Nicht einmal das tun wir ja heute!). Solche radikale Umkehr würde bedeuten, dass wir zunächst einmal wieder grundsätzlich den Maßstab Gottes anerkennen, so wie der Beter des 51. Psalms es tut: „Du hast recht mit deinem Urteil“. Du hast recht, wenn du über uns dieses ganze Unheil kommen ließest (auch das Unheil heute). Wir müssen es wieder lernen, uns unter das Urteil Gottes zu stellen. Zum Zweiten bedeutet solche Umkehr des Herzens, dass wir Gott wieder den ersten Platz in unserem Leben einräumen, den Platz, der ihm gebührt. Uns ist alles andere wichtiger: das Geschäft, unsere Feizeitvergnügen usw.  Natürlich sind wir nicht gegen Gott, aber er spielt in unserem Leben eine untergeordnete Rolle, er ist gleichsam eine Randfigur. Wir dürfen uns nicht wundern, dass Gott uns unsere eigenen Wege gehen lässt, dass er zulässt, das wir auf eigene Faust Gott spielen in unserer Gesellschaft und unserer Welt. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir von einer Krise in die nächste schlittern. Gott ist bereit, eine Gesellschaft zu heilen; Gott ist bereit zu vergeben; Gott ist bereit zu einem neuen Anfang. Aber ohne Umkehr gibt es einen neuen Anfang nicht. Beim Volk Israel geschah der Neuanfang durch ein Gericht Gottes hindurch. Ob das heute anders ist?

 

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Predigttext:  1 Kor 13,1-8a

Predigt im MP3 Format

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die Lesung, die wir gerade gehört haben, aus dem 13. Kapitel des ersten Korintherbriefes des Apostels Paulus, ist gerade zu die klassische Lesung für eine Hochzeitsmesse. Wenn ich im Vorbereitungsgespräch ein Brautpaar frage, ob sie einen bestimmten Wunsch für einen Lesungstext haben, dann wird fast immer diese Lesung aus dem ersten Korintherbrief gewünscht: das Hohelied der Liebe. Das ist ja auch ein wunderschöner Text.

 

Ich kann mich noch erinnern: Am Anfang meiner Kaplanszeit, ich war damals zwei Jahre Priester, da kommt ein Brautpaar zu mir, wie üblich mit dem Wunsch: „Wir möchten gerne als Lesung das Hohelied der Liebe haben.“ Ich hab sie gefragt: „Warum eigentlich ausgerechnet das Hohelied der Liebe?“ Das sagte der Bräutigam als Antwort: „Das ist doch der Höhepunkt. Am Anfang der Lesung heißt es doch schon: Wenn ich mit Engelszungen redete, und hätte die Liebe nicht, dann wäre alles nichts. Das ist doch der Höhepunkt. Und das ist das Fundament, auf dem wir beide unsere Ehe aufbauen wollen, auf unserer Liebe.“ Und darum wollten sie als Lesung das Hohelied der Liebe.

Knapp ein Jahr später ruft mich dieser gleich Mann an. Ich war zu der Zeit schon in einer anderen Kaplansstelle: „Kann ich sie einmal sprechen?“ Dann kam er zu mir und wollte von mir einen Rat haben, wie das geht, die Ehe annullieren zu lassen, für nichtig erklären zu lassen.

Ich habe ihn ganz entgeistert angeschaut: „Sie beide haben sich doch einmal geliebt.“ Dann hat er mir fast wörtlich geantwortet: „Hören Sie mir bloß auf mit dem Wort Liebe. Ich kann das Gerede von Liebe in der Kirche nicht mehr hören. Was man da in der Kirche Liebe nennt, das ist in Wirklichkeit nur Egoismus zu zweit. Hören Sie mir bloß auf mit Liebe.“

So viel zu dem Thema: Das Wichtigste ist die Liebe.

 

Von da an hab ich fast jedes Mal, wenn ein Brautpaar zu mir kam und diese Lesung wünschte, mit denen zuerst einmal ausführlich über diese Lesung gesprochen.

Ich kann mich an ein Brautgespräch erinnern, wo wir die Bibel aufgeschlagen haben, diesen Text gelesen haben und dann darüber gesprochen haben. Dann habe ich Ihnen beim Vorlesen die einzelnen Ausdrücke ein wenig in unsere Zeit übersetzt:

Die Liebe ist langmütig, die Liebe hat einen langen Atem, hat Geduld.

Die Liebe ist gütig.

Die Liebe ereifert sich nicht; sie wird nicht eifersüchtig.

An der Stelle schauten sich die beiden Brautleute mit vorwurfsvollen Blicken an. Ich fragte sie: „Warum schauen Sie sich denn so an?“ Da sagte die junge Frau: „Ach wissen Sie, jedes Mal, wenn ich bei einem Fest einmal mit einem anderen tanze, oder flirte, dann macht er mir hinterher eine Szene.“  -  Eifersucht!

Da sagte der Mann sofort als Antwort darauf: „Ja, aber wenn man schon verheiratet ist (sie waren schon zwei Jahre standesamtlich verheiratet), dann gehört sich das auch nicht so, wie du das machst.“ Dann sagte sie wiederum als Antwort: „Da ist nichts! Aber du glaubst mir das ja nicht.“

Wie heißt es hier in der Lesung:

Die Liebe handelt nicht taktlos.

Die Liebe glaubt alles.  -  Das steht hier so.

Darauf sagte sie dann noch: „Wie du immer mit deinen beruflichen Erfolgen angibst. Ich komme mir oft total zweitklassig vor.“

Die Liebe prahlt nicht.

Und irgendwann sagte einer von den beiden: „Mensch, darüber haben wir doch schon so oft gesprochen. Das ist doch alles vergeben und vergessen.“ Da sagte der andere: Ja, vergeben hab ich das. Aber das Furchtbare ist: In meinem Kopf ist es wie in einem Computer. Da ist alles gespeichert, wie in einer Liste.  Und jedes Mal, wenn so eine Situation kommt, dann kommt bei mir alles wieder hoch. Vergeben hab ich das. Aber da ist diese Liste in meinem Kopf.“

Wie heißt das hier in unserer Lesung: Die Liebe trägt das Böse nicht nach.

Gegen Ende dieses Gespräches sagte der Bräutigam zu mir: „Wissen Sie was, das ist eher eine Lesung für eine Bußandacht, aber nicht für eine Hochzeitsmesse.“

Ja es stimmt, diese Lesung, die auf den ersten Blick so schön zu sein scheint, hat eine Menge Fragen an uns.

 

Aber ich will Ihnen noch eine dritte Begebenheit erzählen, auch mit einem Brautpaar. Da ging es wieder um diese Lesung, um das Hohe Lied der Liebe. Es war ein Studentenpaar aus Münster. Wir haben über die Lesung gesprochen, und dann sagten die beiden mir am Ende des Gespräches: „Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir in der Hochzeitsmesse selbst unsere Predigt halten?“ (Damals durften Laien noch in der Messe predigen.) Ich hab die beiden ganz groß angeschaut, weil ich dachte, sie wollten einen Witz machen. Nein, sie meinten das ganz ernsthaft: Dürfen wir selbst die Predigt halten?

Dann kam ihr Hochzeitsmesse. Und in dieser Hochzeitsmesse ist es allen Teilnehmern kalt über den Rücken gelaufen.

Da ging die Braut zum Mikrofon und sagte: Wir beide haben zu Hause den Text noch einmal gemeinsam gelesen und besprochen. Wir haben den Text auch noch einige Male laut gelesen. Und beim lauten Lesen haben wir überall dort, wo das Wort „Liebe“ steht, das Wort „Wir“ eingesetzt. Und dann hat sie uns den Text so einmal vorgelesen: Wir sind langmütig, wie hier sind gütig, wir sind nicht eifersüchtig, wir prahlen nicht, wir handeln nicht ungehörig, wir suchen nicht den eigenen Vorteil, wir lassen uns nicht zum Zorn reizen, wir tragen das Böse nicht nach ...

Und als wir das so gelesen haben, da haben wir gespürt: Das stimmt so gar nicht. So sind wir ja gar nicht. Das ist unehrlich, wenn wir das so lesen.

Dann ging der Bräutigam zum Mikrofon und sagte: Wir haben dann den gleichen Text, das Hohelied der Liebe noch einmal laut gelesen. Und dann haben wir überall, wo das Wort „Liebe“ steht, das Wort „Gott“ eingesetzt: Gott ist langmütig, Gott ist gütig, Gott handelt nicht ungehörig, Gott trägt das Böse nicht nach und so weiter. Und dann haben wir beim Lesen gemerkt: Jetzt stimmt das.

Und dann sagten sie uns im Gottesdienst: Darum möchte wir unsere Ehe nicht nur auf dem Standesamt schließen, sondern hier in der Kirche vor dem Angesicht Gottes. Wir haben gemerkt: Nur wenn ER in unserer Mitte ist, dann kann überhaupt bei uns Liebe gelingen. Sonst nützt der beste Wille nichts. Denn wir sind nicht so.

 

Im Laufe vieler Priesterjahre habe ich in der Seelsorge miterleben müssen, wie viele Ehen auseinander gehen oft schon nach kurzer Zeit, . Und die haben sich alle einmal geliebt. Vielleicht haben viele von ihnen sogar diesen Lesungstext gewählt als Lesung für ihrer Hochzeitsmesse.

Aber sie haben eins nicht bedacht: Es genügt nicht, eine schöne Lesung zu wählen. Es genügt noch nicht einmal, dass man guten Willen hat.

Der Apostel Paulus hat einmal gesagt: Die Liebe ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Liebe ist nicht ein menschliches Werk, ein menschliches Tun, sondern eine Frucht des Heiligen Geistes. Nun, ein Baum produziert ja nicht Früchte wie eine Maschine. Man kann eigentlich nur sagen: Der Baum trägt die Früchte. Aber dass diese Frucht wächst, das ist ein Geheimnis, das von Gott her kommt.

Genauso ist das auch mit der Liebe. Wir können Liebe als Frucht in unserem Leben sichtbar werden lassen. Aber dass die Frucht der Liebe bei uns wächst, das kannst Du nicht produzieren. Es ist ein Geschehen von Gott her.

 

Wenn wir möchte, dass in unserem Leben Liebe sichtbar wird, das gilt für jeden Einzelnen, das gilt im Besonderen aber auch für Eheleute, dann ist eins wichtig: die gemeinsame Verbundenheit mit dem Wurzelstamm, mit Jesus Christus, der selbst die Liebe ist.

Eins kann ich auch sagen: Ich habe viele Ehen erlebt, die gescheitert sind, manchmal schon nach kurzer Zeit. Aber ich habe noch nie erlebt, dass eine Ehe gescheitert ist, wo beide gemeinsam wirklich in Christus verwurzelt waren, wo beide in ihrer Ehe den Glauben gelebt haben. Denn dann wird diese Liebe als Frucht sichtbar. Amen.

 

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Predigttext:      Lk 4,21-30      Predigt als Video     Predigt im mp3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die Antrittspredigt Jesu in Nazareth - sie erinnern sich an den letzten Sonntag - endet mit einem Fiasko. Und der letzte Satz unseres Evangeliums heute ist im Grunde ein vernichtendes Urteil über die Stadt Nazareth:  „Und er ging weg.“

Alle Orte am See Genesareth haben das Heilswirken Jesu erlebt, nur Nazareth nicht. „Und er ging weg.“ Dabei hatte alles so gut angefangen. Jesus hält seine Antrittspredigt in Nazareth, und die besteht nur in einem einzigen Satz: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr gehört habt, erfüllt.“

Da ist zunächst einmal Beifall da. Seine Rede fand Beifall. Vielleicht weil sie so kurz war, ich weiß es nicht. Sie fand Beifall, und es stand noch dabei: „Sie staunten darüber, wie begnadet er redete.“ Das ist genauso wie heute manchmal beim Pfarrer. Wenn du als Pfarrer am Montag einen Hausbesuch machst, da sagen die Leute auch manchmal: „Was haben sie am Sonntag wieder schön gesprochen!“ Das ist mir oft passiert. „Was haben wir einen begnadeten Prediger!“

Aber in dem Augenblick, wo die Menschen in Nazareth merken, dass es gar nicht darum geht, dass da einer begnadet reden kann, als sie auf einmal spüren, welcher Anspruch hinter der Predigt Jesu steht: dass sich in ihm alle Verheißungen des Alten Testaments erfüllen, da gibt es auf einmal Gemurre und Gemurmel bei den Zuhörern.

Sie sagen: „Wieso das denn? Den kennen wir doch! Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns, der Sohn Josefs hier aus Nazareth? Mit dem haben wir als Kinder schon im Sandkasten gespielt. Wieso bildet der sich jetzt ein, der Messias zu sein, dass in ihm alle Verheißungen Gottes erfüllt sind? Und sie nahmen Anstoß an ihm.

Als Jesus das merkt, da wird auf einmal aus der Heilsbotschaft - er war ja gekommen um ein Gnadenjahr des Herrn anzukündigen - da wird aus dieser Heilsbotschaft auf einmal eine Gerichtsbotschaft: Wenn ihr an dem Heilsangebot Gottes, das durch mich ergeht, Anstoß nehmt, dann wird dieses Heilsangebot von euch weggenommen, und es wird auf andere übergehen, nämlich auf die Heiden.

Und dann erzählt er ihnen zwei Beispiele aus ihrer eigenen Geschichte, aus der Geschichte des Volkes Israel, die sie alle aus der Bibel kannten: „Könnt ihr euch nicht erinnern? Zur Zeit es Propheten Elija hat es in Israel eine Dürrekatastrophe gegeben; es war dreieinhalb Jahre Hungersnot. Und es hat Hunderte von Witwen in Israel gegeben, die keine Hilfe hatten, die nicht mehr aus noch ein wussten. Aber Elia ist nicht zu einer Witwe im auserwählten Volk Israel geschickt worden, sondern zu einer Witwe in Zarepta“, und das war Heidenland.

Es wird von euch weggenommen, vom auserwählten Volk, und es geht zu den Heiden.

„Oder erinnert ihr euch nicht? Der Nachfolger des Propheten Elia war der Prophet Elischa. Zu seiner Zeit gab es in Israel Tausende von Aussätzigen, die unheilbar krank waren, die alle darauf warteten, dass Gott vielleicht ein Wunder tut. Aber keiner von denen ist geheilt worden, obwohl sie zum auserwählten Volk gehörten. Nur einer ist geheilt worden, und das war wieder ein Heide, nämlich der Syrer Naaman.“

Und als die Leute das hören: „Das Heilsangebot wird von euch weggenommen, und es wird den Heiden gegeben“, da packt sie die Wut. Und sie treiben Jesus aus der Stadt hinaus auf den Abhang, auf dem die Stadt gebaut war, und sie wollten ihn den Berg hinunterstürzen: Der muss weg mit seinem Absolutheitsanspruch! Der muss weg!

Und Jesus ging weg. Und Nazareth hat nichts von den Großtaten Gottes erlebt.

Drei Jahre später hat das Volk Israel wieder gesagt: „Der muss weg!“ Da haben sie ihn kreuzigen lassen. Und was passiert? Das, was Gott ursprünglich Israel zugedacht hatte, die Erlösung durch den Messias, das geht zu den Heiden. Die ganzen heidnischen Völker am Mittelmeerraum, Griechenland, Nordafrika, Italien bis hin nach Spanien haben die Heilsbotschaft Gottes gehört und angenommen. Und Israel steht dabei und hat die junge Kirche ausgeschlossen aus ihrer Synagoge. Das Heilsangebot Gottes war zu den Heiden gegangen.

Aber wenn wir jetzt einmal diese ganze Sache noch eine Stufe weiterziehen bis in unsere Zeit hinein: Unsere westliche Welt hier in Europa und auch in Deutschland ist in einer Situation, dass die weitaus größte Zahl der Bevölkerung Jesus ablehnt. Gut, man braucht noch ein bisschen Religion zur Erstkommunion; und man will ja auch noch kirchlich beerdigt werden. Dafür braucht man noch ein bisschen Religion.

Aber den Absolutheitsanspruch Jesu, der so ganz nah an mich heran kommt: Nein, da soll er mir lieber vom Pelz bleiben. Wenn dieser Jesus etwas zu tun haben will mit meinem Verhalten im Geschäftsleben, etwa bei der Steuererklärung, wenn der etwas zu tun haben will in meinem Verhalten in der Ehe oder Freundschaft, wenn der etwas zu tun haben will in meinem Verhalten im Karneval ... Nein danke, dann lieber nicht!

Und dann passiert ganz genau das, was Jesus sagt. Wo ist denn das Heilsangebot Gottes hingegangen? Von uns weg; und es ist hingegangen zu den Heidenvölker. Schauen Sie sich mal die Missionsgebiete an, in Brasilien, in Afrika, in Indonesien, auf den Philippinen und so weiter, wie da ein Christentum blüht, wie es wächst, wie die Menschen Freude haben an Gott, wie sie Freude haben am Glauben. Da feiern sie stundenlang Gottesdienst, und es schaut keiner auf die Uhr und sagt: „Jetzt dauert der Gottesdienst schon über eine Stunde.“

Und bei uns ist alles so trocken, so steif und so nüchtern geworden. Hängt das vielleicht damit zusammen, dass wir Jesus mit seinem Absolutheitsanspruch auf die Seite geschoben haben?

Und das ist nicht nur bei den einfachen Menschen so. Schau dir einmal manche Theologen an in der Kirche. Dieser Jesus, wie er uns in den Evangelien beschrieben wird, ist denen viel zu naiv und viel zu primitiv. Ein Jesus, der Wunder wirkt, der übers Wasser gegangen ist, der auf der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelt hat ... Das kann doch keiner mehr nachvollziehen, sagen sie

Da liest man in der Zeitung, dass da ein evangelischer Theologe heute behauptet: Die ganze Sache mit der Jungfrauengeburt ist alles Quatsch. Da ist Maria vergewaltigt worden, und dann sollte das vertuscht werden, und dann hat man den Heiligen Geist dafür in Anspruch genommen. Da merkt man, wie weit wir heruntergekommen sind, und wie weit man kommt, wenn man irgendwo anfängt, den Anspruch Jesu, der Sohn Gottes zu sein, anzuknabbern.

Und dann kommt dabei ein ganz trockener Büchergott heraus, der keinen mehr hinter dem Ofen hervor lockt. Und von der Kraft Gottes, und von der Freude des Glaubens ist da nichts mehr zu spüren.

Es ist übergegangen zu den Heiden auch noch in einer ganz anderen Weise: Wir Christen, wir katholischen Christen muss ich jetzt betont sagen, was haben wir, noch zu meiner Jugendzeit heruntergeschaut auf „die Evangelischen“ und auf die Baptisten, auf die Freikirchen. Das waren ja gar keine richtigen Christen. Ich habe das noch gelernt in der Schule: Außerhalb der katholischen Kirche gibt es kein Heil.

Gut, bei den evangelischen Landeskirchen sagen wir das vielleicht heute so nicht mehr. Aber wie despektierlich schauen wir als Katholiken heute noch manchmal auf die Freikirchen, die Baptisten, die Methodisten: Das sind doch Sekten; damit hat man am besten nichts zu tun.  

Und was hat Gott gemacht? In dem Maße wie wir so auf die heruntergeschaut haben, hat Gott denen seine ganze Kraft und Fülle geschenkt. Wie viel Lebendigkeit des Glaubens ist oft in diesen Freikirchen. Ich persönlich habe von denen ganz viel gelernt an lebendigem Glauben. Bei uns ist oft alles so trocken.

Kann es damit zu tun haben, dass es auch bei uns heißt: Und Jesus ging weg zu den anderen? Kann es sein, dass ringsum alle das Heilshandeln Gottes erleben, und wir sind wie die Stadt Nazareth, die Anstoß genommen hat.

Aber auch hier zum Schluss noch einen positiven Aspekt, den ich aus dem Matthäusevangelium ergänzen muss: Nazareth als ganzes hat Jesus abgelehnt. Aber Jesus hat auch in Nazareth die Wenigen Einzelnen gefunden, die sich ihm geöffnet haben. Und die haben das Wirken Jesu erlebt. Matthäus sagt vom Auftreten Jesus in Nazareth: „Nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.“

Und wenn wir als Christen hier in Deutschland den Anspruch Jesu ablehnen: Jesus wird auch heute die Einzelnen finden, die sich ihm öffnen. Und die werden das Heil Gottes, die Freude am Glauben, die Kraft Gottes erleben. Ich hoffe, Du bist dabei.   Amen.

 

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