Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

7. Sonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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1. Predigt zum Evangelium:   Mk 2,1-12

2. Predigt zum Evangelium:   Mk 2,1-12

Predigttext:      Mk 2,1-12

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es sind nur vier Männer. Nicht einmal den Namen wissen wir von diesen vier Männern, die den Gelähmten zu Jesus gebracht haben. Vier Träger. Und doch hätte der Gelähmte keine Chance gehabt, zu Jesus zu kommen, wenn er nicht diese vier Träger gehabt hätte. Manchmal habe ich schon gedacht, diese vier Träger sind die wichtigsten Personen in diesem Evangelium.

Es gibt auch heute viele, die Dreh zu Jesus hin nicht mehr kriegen. Gut, sie sind vielleicht nicht gelähmt, aber sie sind weit weg von Jesus. Ob das Jugendliche sind, ob das Erwachsene sind oder auch alte Menschen. Viele sind die weit weg von Jesus. Sie bekommen von alleine den Dreh zu Jesus nicht mehr. Und da brauchen wir in unserer Kirche ganz dringend Menschen, die nicht nur stöhnen über ‚die Jugend von heute’, die mit Kirche nichts mehr zu tun hat. Wir brauchen Menschen, die in aller Schlichtheit solchen Trägerdienst tun, die andere Menschen, ob jung oder alt, zu Jesus bringen.

 

Schauen wir uns diese Träger in unserem Evangelium einmal etwas genauer an. Von denen wird gesagt: „Jesus sah ihren Glauben.“ Ob der Gelähmte Glauben hatte, davon wird nichts berichtet. Aber diese vier Träger hatten Glauben. Jesus sah den Glauben der Träger, und dann hat der dem Gelähmten die Sünden vergeben und hat ihn geheilt. Es gibt also offensichtlich auch eine Form des stellvertretenden Glaubens. Jesus sah ihren Glauben. Aber wieso kann man Glauben sehen? Ist der Glaube nicht eine Herzensangelegenheit? Wieso steht da: Jesus sah ihren Glauben?

Diese vier Träger haben dem Gelähmten nicht gesagt: „Wir organisieren jetzt ein Jahr der Behinderten.“ Das würde heute in unsere Zeit passen. Diese vier Träger haben auch nicht gesagt: „Wir fahren dich heute mit dem Rollstuhl spazieren.“ Obwohl es wichtig ist, solche Dienste zu tun. Diese vier Träger waren im Tiefsten davon überzeugt: Wenn es uns gelingt, den Gelähmten zu Jesus zu bringen, dann wird ihm geholfen.

Und es ist heute wichtig, nicht irgendwas zu tun, sondern Menschen zu Jesus zu bringen,. Viele Dinge sind wichtig und sind hilfreich, aber das Entscheidende ist, dass wir einen Menschen zu Jesus bringen.

Die vier Träger entwickeln eine unglaubliche Phantasie. Als sie vorne an der Haustür nicht rein kommen, weil die ganze Menschenmenge im Weg steht ... (Übrigens, nur einmal in Klammern gesagt: Könnte es sein, dass wir, die Frommen, auch manchmal im Weg stehen? Wir, die Menge, die sich ‚drängt’, das Wort Gottes zu hören? Könnte es sein, dass wir auch manchmal im Weg stehen, wenn einer der Jesus braucht, zu ihm gebracht wird?) Als diese vier Träger vorne nicht rein kommen, da schlagen sie das Dach durch, dieses flache Dach, das man im Orient hat. Und sie lassen den Gelähmten auf der Bahre herunter. „Hauptsache, wir haben ihn zu Jesus gebracht.“

Wie ist das denn heute? Wo sind die Menschen, die einen anderen zu Jesus bringen?

 

Aber dann stellt sich natürlich sofort die Frage: Wie macht man das denn ganz praktisch, einen Menschen zu Jesus bringen? Damals war das relativ einfach. Da wusste man ganz genau: Er ist heute im Haus des Gerbers Simon, oder so. Da konnte man ihn dann hinbringen. Wo bringt man denn heute einen Menschen hin, wenn man ihn zu Jesus bringen will, mal ganz praktisch?

Vor fünfzig Jahren hätte man noch gesagt: Wenn du einen zu Jesus bringen willst, dann nimm ihn mit in die heilige Messe am Sonntag. Aber ich fürchte, wenn man einen, der weit weg von Jesus ist, heute mitnimmt zur Messe, dann geht der eher rückwärts wieder raus, als dass er gewonnen wird. Oft sind unsere Gottesdienst ja so steif geworden und strahlen so wenig Leben aus.

Wo bringt man einen Menschen hin, wenn man ihn zu Jesus bringen will?

 

Doch da muss eine andere Frage vorgeschaltet werden: Wo begegnet denn Dir Jesus? Oder umgekehrt, wo begegnest Du Jesus heute? Ich will einmal ein paar Beispiele dafür sagen, das ist bei jedem möglicherweise verschieden.

Mir begegnet Jesus am tiefsten, wenn ich in der heiligen Schrift lese, wenn ich die Bibel lese. Ein Freund von mir, ein Pater, der würde wie aus der Pistole geschossen antworten: In der heiligen Messe begegne ich Jesus. Man merkt das ganz deutlich daran: Es gibt bei ihm keinen Tag, ohne dass er die Heilige Messe feiert. In der Bibel liest der nicht so viel. Ich selbst kann ganz gut ohne die tägliche heilige Messe leben, aber es gibt bei mir keinen Tag ohne Bibel.

Ich kenne manche Frauen, die würden sagen: Mir begegnet Jesus am tiefsten, wenn ich den Rosenkranz bete und die Geheimnisse des Rosenkranzes betrachte.

Vielleicht gibt es jemanden der sagt: Am tiefsten begegnet mir Jesus, wenn ich stille Anbetung halte vor dem Allerheiligsten.

Möglicherweise gibt es auch heute noch Menschen, die sagen: Mir begegnet Jesus am tiefsten im Sakrament der Beichte, wenn mir Vergebung zugesprochen wird. Das kann so verschieden sein.

Wenn Du nun einen Menschen zu Jesus führen willst, dann lass ihn doch teilhaben an der Art und Weise, wie Dir Jesus begegnet. Nimm ihn da mit hinein, dass er daran teilnehmen kann. Und dann wird er selber irgendwann seine eigene Form der Jesusbegegnung erleben.

Diese eine Frage nach der eigenen Jesusbegegnung muss erst einmal für jeden von uns geklärt sein. Wer selber überhaupt keine Begegnung mit Jesus hat, wer die Nähe Jesu nie erfährt, der kann auch einen anderen nicht zu Jesus führen. Deshalb ist das zunächst einmal die Frage an uns.

 

Führe den Menschen zu Jesus, und dann überlass Jesus, was er daraus macht. Als die vier Träger den Gelähmten zu Jesus gebracht haben, da haben sie ja auch nicht damit gerechnet, dass Jesus jetzt als erstes sagen würde: „Deine Sünden sind dir vergeben!“ Und erst dann als zweites: „Nimm dein Bett und geh!“ Jesus will den ganzen Menschen heilen, nicht nur seinen Körper. Was Jesus daraus macht, das überlass ihm.

Aber denke daran: Die Menschen sind darauf angewiesen, dass sie einen haben, der sie zu Jesus führt.

 

Jetzt wollen wir die gleiche Frage einmal umgekehrt aufzäumen. Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, welche Menschen Dich zu Jesus geführt haben? Natürlich die Eltern, klar, die Paten, die uns zur Taufe gebracht haben. Aber es gibt ja viele Menschen, die im Laufe unseres Lebens mit dazu beigetragen haben, dass wir zu Jesus gefunden haben. Ob es die Religionslehrer sind in den schulen, die Erzieherinnen im Kindergarten, Gruppenleiter manchmal, die Katechetinnen, die die Kinder auf die Beichte, auf die Erstkommunion vorbereiten. Vielleicht ein Freund, der mir in einer entscheidenden Stunde, wo ich auf der Kippe stand, geholfen hat. Überlege einmal; es lohnt sich, darüber nachzudenken: Welche Menschen haben mich zu Jesus getragen?

Und wenn man gar nicht mehr weiß, was man beten soll, vielleicht kannst Du ja dann für diese Menschen einmal danken, die mit dazu beigetragen haben dass Du zu Jesus gekommen bist.

 

Oder die ganze Sache noch einmal von einer anderen Seite aufgezäumt: Gibt es Menschen, die Du zu Jesus geführt hast? Hast du irgendwann einmal Trägerdienste tun dürfen? Manchmal ist das ja so, dass man einen Menschen nur eine ganz kurze Wegstrecke begleiten kann, und dann verliert man ihn aus den Augen. Das ist bei Lehrern so, bei Priestern, bei Erzieherin im Kindergarten. Man weiß oft gar nicht, was aus denen geworden ist, für die man Trägerdienste getan hat. Aber es lohnt sich auch da, Menschen denen man so einen Dienst tun durfte, nicht einfach sich selbst zu überlassen, sondern sie im Gebet der Führung Gottes anzuvertrauen.

Der Apostel Paulus, der ja überall nur ganz kurze Zeit in den Gemeinden missioniert hat, und dann weitergezogen ist, der sagt einmal in einer Abschiedsrede, als er sich von einer Gemeinde verabschiedet: „Wenn ich jetzt von euch weggehe, dann werden reißende Wölfe bei euch einbrechen. Aber ich übergebe euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das mächtig ist euch aufzubauen.

Träger sein für andere. Wer ist für mich Träger gewesen? Wem durfte ich Träger sein?   Amen.

 

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Predigttext:      Mk 2,1-12  (2)

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In den letzten Jahre (und Jahrzehnten) haben viele, auch junge, Christen durch die Erneuerungsbewegungen in der katholischen und evangelischen Kirche einen neuen Zugang zur Bibel, zur Heiligen Schrift bekommen. Aber wenn sie dann in der Bibel lesen möchten, dann stellt sich schnell die Frage: Wie macht man das dann, wenn man nicht Theologie studiert hat, oder wenn man keinen Bibelkommentar zur Hand hat. Wie macht man das dann, das Bibellesen, so dass wirklich etwas für das Leben bringt?

 

Ich möchte Sie in dieser Predigt einmal ein kleines Stück hineinschauen lassen, wie ich das selber mache, und zwar an Hand des Evangeliums dieses Sonntags. Drei Schritte sind für mich wichtig:

 

Der erste Schritt: Man muss genau lesen, was da wirklich steht. Das tun wir meistens nicht, vor allem, wenn es ein bekannter Bibelabschnitt ist, wie das heutige Evangelium, wo die vier Träger den Gelähmten durch das Dach herunterlassen. Das kennen wir ja in- und auswendig. Nein, genau lesen und hören, was da steht.

 

Zweiter Schritt: Gibt es irgendetwas in diesem Evangelium, das mit unserer Zeit zu tun hat? Da muss man schon etwas überlegen.

 

Dritter Schritt: Komm ich selber in diesem Evangelium in irgendeiner Weise vor?

 

Wenn Sie das Evangelium dieses Sonntags hören oder lesen, dann achten Sie einmal darauf: Welche Personen und Personengruppen kommen in diesem Evangelium vor? Und was wird über diese einzelnen Personen und Personengruppen gesagt?

 

Da ist zunächst Jesus, dann der Gelähmte, dann die Träger, die den Gelähmten zu Jesus getragen haben, dann die Schriftgelehrten und schließlich die Volksmenge. Wenn wir uns diese einzelnen Personen und Personengruppen anschauen, dann werden Sie merken, dass man über jede einzelne Person oder Personengruppe eine ganze Predigt halten könnte. Heute gleichsam nur die Kurzfassung davon.

 

Bleiben wir zunächst einmal bei der letzten Gruppe, bei der Volksmenge. Was erfahren wir in diesem Evangelium über die Volksmenge? Da heißt es zunächst einmal von der Volksmenge: Sie waren um Jesus versammelt, um das Wort Gottes zu hören. Sie drängten sich so um Jesus, dass nicht einmal mehr vor der Türe Platz war.

Das ist zunächst etwas sehr Positives. Was würde ich mir wünschen, dass die Leute hier in der Gemeinde sich drängenden würden, um das Wort Gottes zu hören, so dass nicht einmal an der Kirchentüre noch Platz ist.

Noch etwas wird von dieser Volksmenge gesagt, und zwar ganz am Ende: Sie priesen Gott uns sagten: „So etwas haben wir noch nie gesehen.“ Wieder um etwas ganz Positives. Sie loben und preisen Gott, weil sie etwas erlebt haben.

Eigentlich wird die Volksmenge positiv beurteilt. Aber wenn man genau hinschaut, dann entdeckt man bei dieser Volksmenge auch ein paar Züge, wo man spürt, dass es mit dieser Volksmenge doch nicht so ganz das Wahre ist. Gut, sie haben sich gedrängt, das Wort Gottes zu hören. Aber als der Gelähmte zu Jesus gebracht werden soll, da steht diese Volksmenge auch im Weg, so dass der Gelähmte auf normalem Weg, nämlich durch die Tür, nicht zu Jesus gebracht werden kann.

 

Die Frage, die dieses Evangelium an uns hat: Sind wir, die Frommen, manchmal so um Jesus geschart, dass ein Außenstehender, der Jesus braucht, der nicht mehr an ihn herankommt?

Ich will Ihnen ein Beispiel dafür sagen: Ich habe sehr viele Exerzitienkurse galten. Da ist es oft so gegangen: Der Kurs war noch nicht einmal veröffentlicht, da war der Kurs schon voll, manchmal schon nach wenigen Tagen. Sofort haben sich etliche „Dauerteilnehmer“ angemeldet. Es gibt ja Menschen, die können schon ein Jahr vorher planen. Oft waren z.B. bei den Weihnachtsexerzitien immer die gleichen Leute da.

Aber wenn einmal jemand neu dazukommen wollte, der sich erst kurzfristig entschieden hat, dann musste ich manchmal einem dieser „Dauerteilnehmer“, der sich sehr frühzeitig angemeldet hatte, eine Absage schicken. Was meinen Sie, was das manchmal Ärger gegeben hat. Da haben sie gemeckert und haben gesagt: Wir haben uns schon vor einem Jahr angemeldet, und jetzt kommt der daher und meldet sich vier Wochen vorher an. Und nun wird der angenommen, und wir dürfen nicht mitfahren.

Da merkt man etwas davon, wie das heute sein kann, dass sich Menschen so sehr um Jesus scharen, um das Wort Gottes zu hören, dass ein anderer, ein einzelner, der Jesus braucht nicht mehr dran kommt.

 

Noch etwas erfahren über diese Menge. Am Ende heißt es: Sie gerieten außer sich und priesen Gott. Der steht im Griechischen das Wort Ekstase. Sie gerieten in Ekstase. Aber wenn man ein wenig im Evangelium zu Hause ist, dann weiß man: Die gleichen Leute schreien am Ende auch mit genau der gleichen Begeisterung: „Ans Kreuz mit ihm!“ Die sind nämlich nur Zuschauerchristen.

Der Gelähmte hat auch noch drei Tage später seine Sündenvergebung, der ist auch noch drei Tage später geheilt. Aber diese Leute, die nur dabeigestanden waren, die außer sich waren vor Begeisterung, die haben ja nur zugeschaut. Und die brauchen nach 14 Tagen einen neuen Aufputsch. Und wenn der nicht kommt, dann schreien sie mit der gleichen Begeisterung: „Ans Kreuz mit ihm!“ Es ist eben gefährlich, nur Zuschauerchrist zu sein.

So viel zu dieser Volksmenge.

 

 

Schauen wir uns einmal Jesus an. Von Jesus wird gesagt: Er verkündete ihnen das Wort Gottes. Aber als der Gelähmte durch das Dach heruntergelassen wird, da lässt sich Jesus in seiner Verkündigung stören. Es ist in ihr so egal, dass das ganze Haus voll mit Leuten ist, die seine Botschaft hören wollen. Jetzt ist der Eine wichtig; jetzt kümmert er sich um den Einen, der ihn jetzt braucht.

Das erinnert mich etwas an das Gleichnis vom Verlorenen Schaf. Da geht der Hirt dem einzelnen, verlorenen Schaf nach, bis er es findet. Und er lässt 99 Schafe in der Wüste zurück.

Das sollte einmal ein anständiger Pfarrer heute tun, die „Kerngemeinde“ zurücklassen und einem Einzelnen nachgehen. Dazu kann ich ihn auch ein Beispiel sagen: Als ich Kaplan war, da gab seine Familie in der Pfarrei, die war vollkommen heruntergekommen. Der Familienvater hatte den Spitznamen „Spritti“, weil er ständig getrunken hat. Diese Familie war in großer Not. Sie hatten sechs Kinder. Ich bin als Kaplan eine Zeit lang regelmäßig zu dieser Familie gegangen, um Ihnen zu helfen. Aber dann kommen die „Frommen“ in der Gemeinde und meckern: Wir gehen jeden Sonntag zur Kirche, und bei uns ist von den Schwarzen noch nie einer zu einem Hausbesuch gewesen. Aber zu diese Familie da geht der Kaplan regelmäßig hin.  -  So geht das manchmal.

Jesus lässt sich stören von dem Einzelnen, der ihn jetzt braucht.

Vielleicht merken Sie schon, dass wir alle in dieser Geschichte irgendwie vorkommen.

Noch etwas wird von Jesus gesagt: Jesus hat den Durchblick. Die Männer bringen einen Gelähmten, der körperlich krank war, und Sie bitten Jesus, dass er ihn heilt. Aber Jesus sieht auch, dass im Herzen dieses Gelähmten Sünde ist, die vergeben werden muss. Es besteht da ein Zusammenhang zwischen körperlicher Krankheit und Sünde. Nicht in diesem vordergründigen Sinne, wie damals die Juden manchmal geglaubt haben: Die und die Sünde hat automatisch die und die Krankheit zur Folge. So automatisch geht das nicht. Aber dass da ein Zusammenhang besteht, das ist bis auf den heutigen Tag unbestritten.

Und Jesus heilt nicht eine Krankheit, sondern Jesus heilt einen Menschen. Und der Mensch besteht aus Geist, Seele und Leib.

Ich habe den letzten Tage noch im Fernsehen in irgendeinem Gesundheitsmagazin gesehen, welcher Zusammenhang heute wieder neu entdeckt wird zwischen seelischen Störungen und körperlichen Krankheiten. Das drückt sich sogar ein unsere Redensarten aus. Wir sagen ja zum Beispiel: „Das ist wie auf den Magen geschlagen“, wenn wir eine schlechte Nachricht bekommen haben. „Da kommen mir die Galle hoch“, wenn jemand ärgerlich geworden ist. „Da ist mir eine Laus über die Leber gelaufen.“ Das hängt alles irgendwie zusammen. Und Jesus sieht diesen Zusammenhang.

In der Gesundheitssendung, von der ich gesprochen habe, wurde auch darauf hingewiesen: Es ist heute manchmal ganz schwer für einen Arzt, körperliche Gebrechen zu heilen, wenn der Patient nicht auch anerkennt, dass da möglicherweise seelische Störungen im Hintergrund stehen. Auf christlicher Sprachebene: Auch Sünde kann da im Hintergrund stehen.

Jesus tut beides: Er vergibt Sünde, und er heilt die körperliche Krankheit.

 

Schauen wir mit einem kurzen Blick noch auf eine andere Gruppe: die Schriftgelehrten. Das waren die Theologen, die die Heilige Schrift genau kannten. Natürlich sind die daran interessiert, das Wort Gottes zu hören. Und so sitzen sie unter der Menge.

Aber wenn man genau hinschaut, dann entdeckt man: Die wollen gar nicht den Willen Gottes kennen lernen. Die sind nur darauf aus, Jesus eine Falle zu stellen. Und wenn Jesus hier dem Gelähmten sagt: „Deine Sünden sind dir vergeben“, dann reagieren sie: „Aha! Jetzt haben wir ihn erwischt. Er macht sich selber zu Gott, denn nur Gott kann Sünden vergeben.“ Das ist typischer Zug bei den Schriftgelehrten, den Sie immer wieder in den Evangelium bemerken können.

Das ist übrigens heute bei vielen Pharisäern und Schriftgelehrten auch so. Überlegen Sie einmal, wie Viele heute den Frommen eine Falle stellen wollen, und nur darauf aus sind, dem Anderen in seinem Glauben eins auszuwischen.

 

Und dann sind schließlich da als letzte Gruppe die vier Träger. Von denen wissen wir nicht einmal den Namen. Aber eins ist offensichtlich: Der Gelähmte hat von sich aus keine Chance, zu Jesus zu kommen, wenn er nicht diese Träger hat, die ihn zu Jesus hinbringen.

Und es gibt noch heute in unseren Gemeinden viele Menschen, die bekommen es allein nicht hin, zu Jesus zu kommen. Und da nützt es nichts, wenn die Frommen sagen: „Die Jugend von heute, die glaubt ja nichts mehr.“ Wo sind denn die Männer und Frauen, die heute Trägerdienste tun, die Menschen zu Jesus bringen, und die dann auch noch Phantasie entwickeln.

Überlegen Sie einmal: Diese vier Träger hätten auch sagen können: Die Türe steht voll von Menschen, wir bringen den Gelähmten wieder nach Hause. Nein, die haben gesagt: Wenn wir den zu Jesus bringen, dann wird ihm geholfen. Und dann entwickeln sie ganz viel Phantasie. Sie schlagen schließlich die Decke durch und lassen den Gelähmten durch das Loch in der Decke herunter.

Wo sind die Männer und Frauen, die heute solche Phantasie haben?

 

In meiner ersten Kaplanstelle in Recklinghausen habe ich Folgendes erlebt: In der Nachbarstadt gab es ein evangelisches Ehepaar; die waren ungefähr so alt wie ich. Die spürten in sich den Ruf: Wir müssen die Jugendlichen wieder zu Christus führen.

Die erste Idee, die sie hatten: Wir müssen Jugendgottesdienste anbieten. Das haben sie auch getan. Aber da kam kaum einer von den Jugendlichen hin. Die wenigen, die den Gottesdienst vorbereitet hatten, die kamen natürlich, aber sonst kann keiner.

Und dann hat dieses Ehepaar eine Idee gehabt: Sie sind mitten im Ort in das erste Cafe gegangen, und haben die Besitzerin gefragt: „Können wir für einen Nachmittag in der Woche ihr Cafe mieten?“ „Ja wofür brauchen sie denn ein Cafe?“, hat die Besitzerin gefragt? „Wir wollen für Jugendliche Bibelarbeit anbieten.“

Da hat die Besitzerin gesagt: „An einem normalen Donnerstagnachmittag mache ich so und so viel Umsatz. Wenn ihr mir den Umsatz garantiert, dann braucht ihr keine Miete zahlen.

Das Ehepaar hat mit Handzetteln und Plakaten die Jugendlichen eingeladen in dieses Cafe, um dort Bibelarbeit mit ihnen zu machen. Voraussetzung war, dass jeder zwei Getränke bestellen muss. Und der Laden war voll. Ich bin einige Male da gewesen.

In eine Kirche wären viele dieser Jugendlichen nie rein gekommen. Aber in das Cafe, da sind sie hingegangen. Und wer weiß, wie viele von denen nicht doch irgendwann den Dreh zu Jesus bekommen haben.

Wir brauchen Männer und Frauen, die Phantasie entwickeln, um Menschen zu Jesus zu bringen. Manchmal habe ich schon gedacht, dass diese vier Männer die wichtigsten Personen in unserem ganzen Evangelium sind.

Und dann steht da so eine Bemerkung dabei: „Jesus sah ihren Glauben.“

Ob der Gelähmte Glauben hatte, erfahren wir nicht. Aber diese vier Männer, die hatten Glauben. Das bedeutet mit anderen Worten: Es gibt einen stellvertretenden Glauben.

Ich sag das auch einmal für die Mütter und Väter in unserem Kirchengemeinden, die manchmal in Sorge sind über die religiöse Entwicklung ihrer Kinder. Es gibt einen stellvertretenden Glauben der Eltern für die Kinder. Und der hat Kraft. Da will Jesus uns Mut machen.

 

Sie merken an vielen Stellen, wo wir selbst in so einem Evangelium vorkommen.

Ich könnte noch vieles mehr dazu sagen. Ich möchte Sie ermutigen: Wenn sie zu Hause eine Bibel haben oder ein neues Testament, dann schlagen Sie einmal das Markusevangelium auf. Da finden Sie gleich am Anfang des zweiten Kapitels diese Geschichte von dem Gelähmten, der durch das Dach heruntergelassen wird.

Lesen Sie diese Geschichte noch einmal im Stillen durch.

Schauen sie genau hin, was da steht.

Überlegen Sie, wo es Verbindungen in unsere Zeit hinein gibt.

Komme ich selber irgendwo in dieser Geschichte vor?

Sie können sicher sein: Wer so die Bibel liest, für den wird es spannend.  Amen.

 

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