Pfarrer Karl Sendker

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Nicht nur für Kinder
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Nicht nur für Kinder

Verkündigung in Familienmessen

 

Inhaltsverzeichnis:

 

Brot des Lebens

Das Licht auf dem Grab

Das neue Herz

Das stört jetzt nur

Der Häuptling

Die Rose

Hans und die Gans

Niemand ist größer

Ochs und Esel

Sein Kreuz ist mein Kreuz

Warum Jesus geboren ist

Die Steuermünze

Der glücklichste Junge der Welt

Das kleine Zauberwort

Wie ein Vater und eine Mutter

Man darf ja nichts

Brot des Lebens

 

 

Philippus und Andreas waren ganz allein zurückgeblieben. Sie blickten mit ungläubigem Staunen auf die zwölf großen Körbe. Die waren voll von Brotstücken. Fünf Brote und zwei Fische hatte ein kleiner Junge zu Jesus gebracht. Fünf Brote – und 5000 Männer waren satt geworden, die Frauen und Kinder noch nicht einmal mitgerechnet. Und jetzt waren noch zwölf große Körbe mit Brotstücken übrig.

„Es ist nicht zu fassen“, sagte Andreas zu Philippus. Er bekam den Mund vor Staunen kaum zu.

 

„Weißt du, woran mich das erinnert“, sagte Philippus. „Damals, als wir Jesus zu ersten Mal trafen am See Gennesaret; erinnerst du dich noch? Wir hatten die ganze Nacht auf dem See gefischt und hatten nichts gefangen. Und dann als wir todmüde morgens die Netze zusammenlegten, da hat uns Jesus gesagt: ‚Fahrt noch einmal hinaus auf den See und werft die Netzte aus’! Und dann haben wir so viele Fische gefangen, dass unsere Boote bald untergingen.“

„Ja“, sagte Andreas,“ da fällt mir noch eine Begebenheit ein. Wir waren doch einmal mit Jesus auf einer Hochzeit. Es war in Kana in Galiläa. Spät abends, das Fest war gerade auf dem Höhepunkt, da war kein Wein mehr da. Das Hochzeitspaar und der Küchenchef waren unheimlich in Verlegenheit. Da hat Jesus den Diener gesagt: ‚Füllt die sechs großen Wasserkrüge mit Wasser!’ Jeder Krug fasste ungefähr hundert Liter. Und als der Küchenchef das Wasser probierte, da war es bester Wein. 600 Liter, und keiner weiß genau wie das geschah. Die Diener haben einfach nur getan, was Jesus ihnen gesagt hat. Und jetzt die zwölf Körbe voll mit Brotresten.“

„Es ist immer das selbe“, sagte Philippus nachdenklich. „Überall wo Jesus hinkommt, da schenkt er Fülle, mehr als man braucht.“

 

„Aber eins versteh ich nicht“, sagt Andreas. „Warum ist Jesus bloß abgehauen?“ Als wenn er fliehen wollte. Dabei wollten die Leute ihn fast zum König machen. Wenn Jesus wirklich der Messias ist, dann wäre das doch für ihn die Chance gewesen, groß rauszukommen. Und er reißt sich los und läuft weg. Das soll mir mal einer erklären.“ „Vielleicht fragen wir Jesus einfach wenn wir ihn wieder treffen,“ sagte Philippus und schüttelte ungläubig den Kopf.

 

Zwei Tage später war Jesus mit seinen Jüngern zusammen.

Philippus konnte es kaum noch abwarten: „Jesus, das war ja unglaublich, vorgestern mit den fünf Broten, wie du 5000 Leute satt gemacht hast. Und dann waren noch zwölf Körbe voll übrig. Aber sag uns doch mal: Warum bist du anschließend abgehauen? Du hättest die ganzen Leute um den Finger wickeln können. Sie hätten dir alles geglaubt. Sie wollten dich sogar zum König machen. Warum bist du in die Einsamkeit geflohen?“

 

Jesus schaute Philippus und Andreas lange an: „Das kann ich euch nur schwer erklären.“

„Philippus, ich will dir einmal eine Gegenfrage stellen: ‚Was ist für dich wichtiger: dass du immer genug zu essen hast, oder dass ich immer bei dir bin und dich lieb habe?’“

Philippus kratzte sich hinterm Ohr und überlegte lange. „Immer genug zu essen haben, das wäre schon toll. Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Noch wichtiger ist mir, dass du immer bei mir bist und mich lieb hast.“

„Gut, jetzt will ich versuchen euch das zu erklären“, sagte Jesus. „Hoffentlich versteht ihr das.

Vorgestern, als 5000 Leute satt geworden sind, da habe ich euch Brot gegeben. Aber das war nur ein Zeichen. Ich will euch nicht nur Brot geben; ich will selber Brot für euch sein. Ich bin selbst das Brot des Lebens.“

Philippus schaut Andreas an. Er zieht die Stirn in Falten, schaut zu Jesus und sagt ganz zögernd: „Du bist selber das Brot? Du?? Dann müsste man dich ja essen.“ Er weiß gar nicht, wie er das ausdrücken soll.

„Ja“, sagt Jesus, „ich bin das Brot des Lebens. Dieses Brot ist mein Fleisch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“

„Aber Jesus!“ Philippus wendet sich entrüstet ab. „Wir sind doch keine Kannibalen, keine Menschenfresser! Das ist doch eine Zumutung: Dein Fleisch essen und dein Blut trinken!?“

Und alle, die dabeistanden, nickten und einige machten sich sogar lustig darüber.

Sie haben einfach nicht verstanden, was Jesus damit sagen wollte. Aber es ist ja auch wirklich schwer zu verstehen.

 

 

Einige Monate später. Es war vor dem Pas-chafest, dem Osterfest der Juden. Das Osterlamm wurde geschlachtet und Jesus sitzt mit seinen Jüngern in Jerusalem beim Abendmahl. Er wusste, dass er einen Tag später schon tot sein würde. Beim Abendmahl nahm Jesus einen großen Fladen Brot und brach ihn in kleine Stücke. Dann ging er zu jedem Jünger und gab ihm ein Stück von diesem Brot. Und wenn er einem das Brot gab, sagte er: „Das ist mein Leib.“ Als er zu Philippus kam, schaute er ihn an und sagte: „Philippus, erinnerst du dich noch? Vor einigen Monaten habe ich euch gesagt: ‚Ich bin das Brot des Lebens’. Damals habt ihr mich nicht verstanden.“ Er gab auch Philippus ein Stück von diesem Brot und sagte ihm: „Das ist mein Leib. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Dann sagte er zu allen Jüngern: „Jedes Mal wenn ihr zusammenkommt und zu meinem Gedächtnis das Brot brecht, dann bin ich wirklich mitten unter euch. Dieses Brot ist ein sichtbares Zeichen, dass ich immer bei euch bin und dass ich euch lieb habe.

 

Seit Jesus mit den Aposteln das Abendmahl gefeiert hat, haben sich die Christen immer wieder getroffen zum „Brotbrechen“. Bis zum heutigen Tag wird in jedem Augenblick irgendwo in der Welt die heilige Messe gefeiert. Da nimmt bei der Wandlung der Priester ein Stückchen Brot und sagt wie Jesus: „Das ist mein Leib ...“ Bei der Kommunion empfangen wir dieses Stückchen Brot, die Hostie. Der Priester reicht uns die Hostie und sagt: „Der Leib Christi.“ Wenn wir dann antworten „Amen“ (So sei es!), dann dürfen wir wissen:

Jesus ist bei mir und er hat mich lieb.

 

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Das Licht auf dem Grab

 

 

Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen verbindet sich mit einem Friedhofsbesuch am Allerheiligenfest. Ich war im ersten Schuljahr. Mein Opa war in dem Jahr gestorben. Wir wollten am Allerheiligenfest nachmittags zur Gräbersegnung auf den Friedhof gehen. Aber es stürmte und regnete in Strömen, und so fiel die Gräbersegnung buchstäblich ins Wasser. Am frühen Abend hörte der Sturm und der Regen auf. Oma wollte doch noch zum Friedhof gehen und sie nahm mich mit.

Es war schon ganz dunkel und ich hatte etwas Angst. Aber meine Oma hatte mich an der Hand, und so gingen wir über den großen dunklen Friedhof. Es war schon so finster, dass man die Schrift auf den einzelnen Grabsteinen nicht mehr lesen konnte. Allein hätte ich unser Grab gar nicht gefunden. Aus den großen Bäumen tropfte es noch etwas vom Regen am Nachmittag. Wir sind auf dem ganzen Friedhof keinem Menschen begegnet.

Aber eins war etwas unheimlich und gleichzeitig faszinierend: Fast auf jedem Grab brannte ein kleines Licht. Es flackerte im Luftstrom. Die meisten Lichter waren rot und mit einem Windschutz versehen. Sonst hätten sie wohl nicht lange gebrannt. Weil es stockfinster war, hinterließen diese vielen kleinen Lichter einen starken Eindruck.

 

In den Märchen wird das menschliche Leben manchmal mit einer Kerze verglichen. Dieses Lebenslicht wird angezündet bei der Geburt. Wie das Licht einer Kerze brennt das Lebenslicht langsam herunter, es verzehrt sich. Und irgendwann ist es erloschen. Dann bleibt nur noch ein glimmender Docht und eine kleine Rauchfahne. Dann ist es mit dem Leben eines Menschen aus. Es ist erloschen wie eine Kerze.

Aber neben diesem Lebenslicht, das wie eine Kerze herunterbrennt, gibt es im Leben eines Christen noch ein anderes Licht. Ein Licht, das aus der ewigen Welt kommt und in das ewige Leben hinüber reicht. Dieses Licht wird zu erstenmal angezündet bei der Taufe, wenn Eltern und Paten ein Kind in die Kirche bringen. Der Priester oder der Diakon fragt dann die Eltern: „Was erbitten Sie von der Kirche Gottes für Ihre Kind?“ Manchmal antworten die Eltern dann: „Das ewige Leben.“ Bei der Taufe wird aus dem Kind ein Gotteskind. Und zu dem natürlichen, irdischen Leben bekommt das getaufte Kind Anteil am ewigen Leben. Als Zeichen dafür wird bei der Tauffeier für das Kind eine Taufkerze an der Osterkerze angezündet. Die Osterkerze ist ja ein Zeichen für den auferstandenen Christus, der den irdischen Tod besiegt hat und uns ewiges Leben ermöglicht hat.  „Empfange das Licht Christi“, sagt der Priester oder der Diakon, wenn die Taufkerze angezündet wird. „Christus, das Licht der Welt hat Ihr Kind erleuchtet. Es soll als Kind des Lichtes leben und dem Herrn und allen Heiligen entgegengehen, wenn er kommt in Herrlichkeit.

Dieses Licht des ewigen Lebens wird dann wieder angezündet, wenn ein Kind zur Erstkommunion geht. Zum erstenmal darf es Jesus begegnen in der heiligen Kommunion. Da brennen dann die Kommunionkerzen, und in vielen Pfarrgemeinden stehen die brennenden Kommunionkerzen um die Osterkerze.

Dieses Kerzenlicht wird entzündet bei der Hochzeit als Brautkerze. Manchmal habe ich es erlebt, dass dann auf dem Altar nicht nur die Brautkerze steht, sondern auch die beiden Taufkerzen von Braut und Bräutigam. Es ist ein Zeichen dafür: Wir wollen unseren gemeinsamen Lebensweg gehen mit Jesus. Und wenn die Brautleute sich dann versprechen „Ich will dich lieben, achten und ehren, bis der Tod uns scheidet“, dann ist die Brautkerze ein stummer Zeuge für dieses Verspechen.

Dieses Licht des ewigen Lebens brennt auch, wenn ein Mensch ernstlich krank geworden ist, wenn er die Krankenkommunion empfängt oder das Sakrament der Krankensalbung. Dann brennt dieses Licht auf dem Tisch, den die Familien hergerichtet hat.

Und wenn ein Mensch gestorben ist, dann wird in vielen Familien eine kleine Osterkerze angezündet und man betet mit der Nachbarschaft für den verstorbenen Menschen.

Schließlich zündet man jedes Jahr auf den Gräbern dieses Licht an. Und jedes dieser kleinen Lichter ist ein Glaubenszeugnis: Es gibt ein Lebenslicht, das mit dem irdischen Lebenslicht nicht erloschen ist. Es gibt ein Leben, das mit dem irdischen Sterben nicht aus ist, ein ewiges Leben, das uns Jesus erworben hat.

Jesus sagt im Johannesevangelium:

„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12)

Es ist gut, dieses Licht auf den Gräbern anzuzünden.

 

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Das neue Herz

 

 

Ein Prinz hatte ein Schweinchen, ein richtig liebes, Ferkelchen mit einem rosigen Fell. Er liebt sein Schweinchen über alles. Jeden Tag hat er es in der Badewanne gebadet und anschließend parfümiert. Er hatte extra ein goldenes Halsband mit einer langen Leine gekauft, und jeden Tag ging er mit seinem Schweinchen spazieren. Der Prinz voran, und das Schweinchen trottete hinterher und grunzte freudig: „Oing, oing, oing, oing ...“. Alle Kinder freuten sich, wenn sie den Prinz und sein Schweinchen sahen. Und sie machten das Grunzen des Schweinchens immer nach: „Oing, oing, oing, oing ...“ Der Prinz war ganz stolz auf sein Schweinchen.

Eines Tages kam der Prinz mit seinem Schweinchen auf einen Feldweg außerhalb des Dorfes. Mitten auf dem Feldweg war eine große Pfütze, so eine richtig schmierige Lehmpfütze. Kaum hatte das Schweinchen die schmierige Lehmpfütze gesehen, da riss es sich los und rannte auf die Pfütze zu. Der Prinz konnte gar nicht so schnell reagieren. Das Schweinchen sprang in die Lehmpfütze und wälzte sich so richtig im Dreck: Flatsch, flatsch, flatsch, flatsch ...

Der Prinz wusste vor Schreck nicht, was er sagen sollte. Er sprang um die Pfütze herum bis er das goldene Halsband des Schweinchens zu fassen bekam. Er war richtig wütend und zog das Schweinchen hinter sich her nach Hause. Dort steckte er es in die Bandewanne und anschließend bespritzte er es mit Parfüm.

Am folgenden Tag ging der Prinz mit seinem Schweinchen wieder spazieren. Er voran und das Schweinchen watschelte hinterher: Oing, oing, oing, oing .... Bei ihrem Spaziergang kamen sie auch wieder auf den Feldweg mit der schmierigen Lehmpfütze. Und dann: Das Schweinchen sah die Lehmpfütze, riss sich blitzschnell los, watschelte in Windeseile auf die Pfütze zu und wälzte sich dann wieder grunzend im Dreck: Flatsch, flatsch, flatsch, flatsch ...

Der Prinz wurde kreidebleich vor Wut. Er sprang selbst in die Lehmpfütze und packte das Schweinchen an der Leine. Er sagte kein Wort, aber innerlich kochte er. Als sie zu Hause waren, steckte er das Schweinchen wieder in die Badewanne und parfümierte es anschließend. Dann setzte er das Schweinchen auf den Küchentisch. Er schaute das Schweinchen voller Verachtung an und sagte mit trockener Stimme. „Schwein, das sag ich dir: Morgen gehe ich mit dir wieder spazieren, den gleichen Weg, den Weg an der schmierigen Lehmpfütze vorbei. Und wenn du dich noch einmal losreißt und dich in der Lehmpfütze wälzt, dann gibt es Schlachterplatte, dann mache ich Blut- und Leberwurst aus dir! Wehe dir!!!“ Sprach’s und ging aus der Küche und ließ das Schweinchen allein.

Das Schweinchen saß auf dem Küchentisch und weinte. Oing, oing, oing ..., und es klang gar nicht mehr fröhlich; es war nur noch ein Schluchzen. Und große Tränen liefen die Schweinsbacke herunter. Das Schweinchen fühlte sich ganz einsam.

Da plötzlich macht es bing, bing und eine Fee steht in der Küche vor dem Küchentisch, auf dem das weinende Schweinchen saß. „Was ist mir dir, Schweinchen?“ sagte die Fee. „Warum weinst du denn so bitterlich?“

„Oing, oing, oing“, schluchzte das Schweinchen. „Der Prinz hat gesagt, dass er morgen wieder mit mir zu der Lehmpfütze geht. Und wenn ich mich noch einmal losreiße und in der Lehmpfütze wälze, dann macht er Blut- und Leberwurst aus mir, oing, oing, oing.“ Und wieder liefen die Tränen. „Ja“, sagte die Fee, „warum gehst du denn in die Lehmpfütze rein? Warum machst du machst nicht einfach einen großen Bogen um die Lehmpfütze?“ Da schaute das Schweinchen die Fee ganz traurig an und ganz leise sagte es: „Ich muss in die Lehmpfütze, ich kann gar nicht anders. Ich habe nämlich ein Schweineherz. Und weil ich ein Schweineherz habe, muss ich mich in der Lehmpfütze wälzen. Das gehört zu einem Schwein dazu. Wenn ich das Herz eines weißen Lämmleins hätte, dann könnte ich um die Pfütze einen großen Bogen machen. Aber ich habe nun einmal ein Schweineherz“ Und wieder fing es herzzerreißend an zu Weinen.

„Da kann ich dir helfen“, sagte die Fee ganz gütig. „Ich gebe dir jetzt das Herz eines Lämmleins.“ Es machte ‚bing, bing’, und die Fee war verschwunden. Das Schweinchen saß wieder ganz allein auf dem Küchentisch und überlegte: „Was hat die Fee gesagt? Ich gebe dir jetzt das Herz eines Lämmleins?“-----? Das Schweinchen hatte nichts gefühlt. „Vielleicht war das nur ein Märchen“, dachte das Schweinchen.

Am nächsten Tag legte der Prinz dem Schweinchen wieder das goldene Halsband an und ging mit ihm spazieren. Er ging voran und das Schweinchen watschelte hinterher und grunzte: Oing, oing, oing, oing ... Heute ging der Prinz extra auf den Feldweg, wo die schmierige Lehmpfütze war. Und er beobachtete das Schweinchen ganz genau. Diesmal hatte er die Leine fest in der Hand. Noch einmal wird das Schweinchen sich nicht losreißen. Dann kam die Stelle, wo die schmierige Lehmpfütze war. Der Prinz sah die Pfütze schon von weitem. Aber dann traute er seinen Augen kaum. Das Schweinchen machte einen großen Bogen um die Lehmpfütze und trottete freudig weiter: Oing, oing, oing ...

Der Prinz rieb sich die Hände. Siehst du, die Drohung mit der Schlachterplatte hat gewirkt. Man muss nur ‚richtig Deutsch’ reden mit dem Schwein, dann ...

Der Prinz ahnte nicht, was geschehen war. Es war nicht die Drohung mit der Schlachterplatte. Das hätte nichts geholfen. Nein, das Schweinchen hatte ein neues Herz bekommen, das Herz eines Lämmleins. Das war das Geheimnis. Aber davon wusste der Prinz nichts; das wusste nur das Schweinchen.

 

 

Wenn wir diese kleine Geschichte lesen, dann werden wir zugeben müssen: Wohl jeder von uns hat so ein „Schweineherz“. Wir wissen ganz genau: Wenn bestimmte Situationen und Konstellationen in unserem Leben eintreffen, dann „tappen wir voll rein“. Da hilft es nicht, den guten Willen zu bemühen; da nützt auch keine Drohung mit der Hölle. Da gibt es nur eins: Dass wir beten lernen:

 

„Gib mir ein neues Herz, ein Herz, das fähig und willig ist nach deinen Geboten zu leben.“

 

 

Lies in diesem Zusammenhang:

 

Psalm 51,12-14

Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist!

Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir!

Mach mich wieder froh mit deinem Heil; mit einem willigen Geist rüste mich aus!

 

 

Ezechiel (Hesekiel) 36,26-28

 

Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch.

Ich lege meinen Geist in euch und bewirke,

dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt.

Dann werdet ihr in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gab.

Ihr werdet mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein.

 

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Das stört jetzt nur

 

Es war am Heilig Abend. Draußen war es schon dunkel. Der Zeiger der Uhr rückte langsam auf sieben Uhr zu. Der kleine Daniel wurde immer unruhiger. Immer wieder lief er auf den Flur vor das Weihnachtszimmer und schaute nach, ob die Tür noch nicht auf war. Aber das Weihnachtszimmer war noch abgeschlossen. „Wir warten noch bis Oma und Opa da sind“, sagte die Mutter. Daniel konnte es kaum abwarten.

 

Kurz nach sieben Uhr schellt es an der Haustür. Daniel rennt zur Tür und öffnet. Oma und Opa waren da. Daniel hat natürlich sofort gesehen, dass Opa ein großes Paket unter dem Arm hatte. Jetzt war es endlich so weit. Das Weihnachtszimmer wurde aufgeschlossen. Und der Daniel machte große Augen. Der Weihnachtsbaum war so schön geschmückt. Die Kerzen brannten. Die Stereoanlage lief. Mama hatte eine CD mit Weihnachtsliedern von den Regensburger Domspatzen aufgelegt. Und dann, endlich, durfte er die Geschenke auspacken.

 

Sofort ging Daniel auf das große Paket zu, das Opa unterm Arm gehabt hatte. Er machte die rote Schleife auf, riss das Weihnachtspapier auseinander und schaute in das Paket. In dem Paket war eine wunderschöne Krippe. Eine richtige, echte Krippe: Maria und Josef mit dem Jesuskind, die Schäfchen, Ochs und Esel; so richtig handgeschnitzt. Und die Figuren hatten sogar Kleider an. Oma und Opa hatten die Krippe aus dem Urlaub in Südtirol mitgebracht. Daniel läuft zu Opa hin und bedankt sich.

Dann packt er die anderen Weihnachtsgeschenke aus. Da war noch ein Fußball, ein Paar Fußballschuhe und eine Schachtel mit einem Computerspiel. Und natürlich noch ein großer Teller mit Süßigkeiten. Daniel war richtig froh. Als er alles ausgepackt hatte, ging die ganze Familie zum Abendessen.

 

Nach dem Abendessen holte sich Daniel zuerst das Computerspiel und legte die CD in den Computer ein. Alleine durfte er noch nicht an den Computer. Papa musste mitspielen. Daniel merkte gar nicht, wie die Zeit verging. Nach einer Stunde sagte Opa zu Daniel: „Du, Daniel, sollen wir nicht mal die Krippe aufbauen hier auf dem Tisch?“ Und Opa holte schon den heiligen Josef heraus, weil der ganz oben lag. Da sagte Daniel zu Opa: „Ach Opa, lass das jetzt, das stört jetzt nur.“ Opa war ganz traurig, weil der Daniel gesagt hatte: Das stört jetzt nur.

 

Das stört jetzt nur.

Ob man das nicht auch über das ganze Leben Jesu schreiben müsste wie eine Überschrift? 

 

Als Maria und Josef nach Bethlehem kamen, suchten sie eine Herberge. Da haben die Leute gesagt: „Das stört jetzt nur. Sucht euch einen Platz im Stall.“

 

Wenig später kamen die Weisen aus dem Morgenland und suchten das Jesuskind, den neugeborenen König der Juden. Sie kamen zu Herodes und fragten ihn. Herodes sagt: „Neugeborener König der Juden? Das stört jetzt nur.“ Er wollte das Jesuskind töten. Maria und Josef müssen mit dem Jesuskind nach Ägypten fliehen.

 

Und das ging im Ganzen Leben Jesu so weiter.

Er hat sich um die Menschen gekümmert. Immer wenn einer Hilfe brauchte, war Jesus da. Und dann sind die eigenen Angehörigen gekommen und haben gesagt: „Der ist ja nicht mehr normal. Er kommt ja nicht einmal mehr zum Essen. Der stört jetzt nur.“

 

Nach der Brotvermehrung hat Jesus zu seinen Jüngern gesagt: „Es geht mir nicht um Brot für den Magen. Wer mein Fleisch isst, der bleibt mit mir verbunden.“ Da haben fast alle Jünger gesagt: „Das kann man ja nicht anhören. Das stört jetzt nur.“ Und sie sind alle weggegangen.

 

Und ganz am Ende seines Lebens haben die Priester und die Lehrer über Jesus gesagt: „Der soll der Messias sein, der König der Juden? Das stört jetzt nur. Da bekommen wir nur Ärger mit den Römern.“ Und sie haben Jesus durch die Römer ans Kreuz schlagen lassen.

 

Aber das ging auch nach dem Tod und nach der Auferstehung Jesu noch weiter so.

 

Da gab es einen Mann, der hieß Stephanus. Der hat Jesus lieb gehabt. Er musste allen Menschen von Jesus erzählen. Und dann sind sie gekommen: „Jesus? Der stört jetzt nur!“ Und sie haben den Stephanus so lange mit Steinen beworfen, bis er tot zusammenbrach.

 

Wenige Jahrzehnte später kommt der Apostel Paulus nach Rom. Er wollte auch dort die Botschaft von Jesus verkündigen. Da hat der römische Kaiser gesagt: „Jesus, hier in der Hauptstadt? Das stört jetzt nur.“ Und er hat den Apostel Paulus enthaupten lassen.

 

Und so ist das immer weiter gegangen. Dieser Jesus stört jetzt nur.

Das ist bis heute so geblieben. Und es ist fast immer so ähnlich wie bei dem kleinen Daniel.

 

Da ist heute ein Familienvater, der hat am Samstagabend Kameradschaftsabend gehabt. Man hat gut getrunken. Am Sonntagmorgen sagte die Frau zu ihm: „Sollen wir nicht jetzt um 10 Uhr zur Kirche gehen?“ Da sagt der Mann. „Ach, das stört jetzt nur. Gestern Abend ist es so spät geworden.“

 

Oder da ist ein Junge im Sportverein. Er muss am Sonntagmorgen in der heiligen Messe dienen. Da sagt der Trainer: „Das stört jetzt nur! Wir haben am Sonntag ein wichtiges Spiel.“

 

Man könnte die Beispiele beliebig verlängern: Das stört jetzt nur!

 

Aber jetzt fragen wir einmal umgekehrt. Wir fragen den Stephanus oder den Paulus: „Wie ist das denn bei euch?“ Und da ist es auf einmal ganz anders.

Da sagt der Stephanus: „Das stört mich überhaupt nicht, wenn ihr mich jetzt steinigt. Meine Liebe zu Jesus ist so groß! Und wenn ich dafür sterben muss, das stört mich gar nicht.“

Genau so hat der Apostel Paulus geantwortet. „Wenn ihr mir das Leben nehmt, das stört mich gar nicht. Das Sterben ist für mich Gewinn. Da begegne ich Jesus.“

 

Wahrscheinlich gehört jeder von uns zu einer dieser beiden Gruppen:

Die eine Gruppe sagt im Leben, wenn es um Jesus geht, immer: „Das stört jetzt nur!“

Die andere Gruppe sagt: „Das stört mich überhaupt nicht! Und wenn ihr mich dafür verachtet; und wenn ihr mich verlacht. Das stört mich überhaupt nicht. Meine Liebe gehört Jesus.

 

Zu welcher Gruppe gehörst du?

 

Und wenn wir Jesus selber fragen, was er dazu sagt? Vielleicht wird er uns antworten:

„Mein Vater im Himmel hat die Welt so geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn dahin gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat. Und meine Liebe zu euch ist genau so.“

 

Er lässt sich in seiner Liebe zu uns nicht stören. Er wirbt nur um unsere Gegenliebe.

 

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Der Häuptling

 

In Südamerika mitten im Urwald wohnt ein kleiner Indianerstamm. An der Spitze stand ein junger Häuptling. Er war sehr streng. Eines Tages erließ der Häuptling eine Reihe von Geboten. Jeder sollte genau wissen, was man durfte und was man nicht durfte. Mitten im Zeltdorf war an einem Baum eine Tafel aufgehängt, und darauf standen die ganzen Gebote. Unter die Gebote hatte der Häuptling geschrieben: „Wer eines von diesen Geboten übertritt, wird bestraft mit 40 Peitschenhieben auf den bloßen Rücken.

Die Menschen in dem Indianerdorf wussten: Unser Häuptling ist ein strenger Mann. Darum hat sich jeder an die Gebote gehalten. Keiner wagte es, ein Gebot zu übertreten. Das ging ungefähr zwei Jahre gut.

Eines Tages, es war am späten Nachmittag, kommen zwei Männer zum Zelt des Häuptlings: „Häuptling, wir haben einen erwischt, der deine Gebote übertreten hat. Was sollen wir mit ihm machen?“ „Das steht doch auf der Tafel: 40 Peitschenhiebe auf den bloßen Rücken! Wer ist das denn, den ihr erwischt habt?“

„Häuptling“, die beiden Männer trauten es sich kaum zu sagen, „das ist deine alte Mutter.“

„Meine Mutter“; dem Häuptling schossen die Tränen in die Augen. Er drehte sich um. Die Männer sollten nicht sehen, dass er weinte. „Häuptling, was sollen wir denn jetzt machen?“ Die Männer standen ganz verlegen und ratlos da. Der Häuptling schaute immer noch in das dunkle Zelt und murmelte: „Kommt morgen früh wieder. Dann sag ich euch, was geschehen soll.“

Die ganze Nacht fand der Häuptling keinen Schlaf. Er wälzte sich auf seiner Matte von einer Seite auf die andere. „Ich kann doch nicht meine eigene Mutter auspeitschen lassen. Sie hat mir doch das Leben geschenkt. Sie hat immer für mich gesorgt. ----- Aber wenn ich jetzt einmal eine Ausnahme mache, dann wird sich keiner mehr an die Gebote halten.“ Er wusste nicht, was er machen sollte. Er hatte auch keinen, den erfragen konnte; er war mit seiner Not ganz allein.

Am nächsten Morgen kamen die beiden Männer wieder zum Zelt des Häuptlings. Der Häuptling hatte ganz verweinte Augen. So hatten die Männer den Häuptling noch nie gesehen. Was würde der Häuptling jetzt entscheiden? Dann gab sich der Häuptling einen Ruck. „Auspeitschen! 40 Hiebe auf den bloßen Rücken! Heute Nachmittag um drei Uhr mitten auf dem Dorfplatz! Alle sollen dabei sein. Es soll ein abschreckendes Beispiel sein!

Den beiden Männern stockte der Atem. Sie gingen rückwärts aus dem Zelt des Häuptlings heraus. „Er will die eigene Mutter auspeitschen lassen?!“

Nachmittags um drei Uhr war das ganz Dorf auf dem Dorfplatz versammelt. Zwei starke Männer brachten die alte Mutter des Häuptlings. Sie war schon sehr schwach und musste gestützt werden. Sie banden die Mutter mit den Händen an den Baum, wo oben die Tafel mit den Geboten hing. Dann nahm jeder der beiden Männer eine Peitsche in die Hand. Der Häuptling selber stand dabei und gab das Kommando: „Anfangen: eins, zwei, ---- drei!“ Der erste der beiden Männer hob die Peitsche. Einige Frauen und sogar Männer fingen laut an zu schreien und zu weinen.

Aber dann geschah etwas überraschendes:

Blitzschnell riss der Häuptling sein Obergewand ab. Er sprang auf die Mutter zu. Mit entblößtem Oberkörper stellte er sich vor den Rücken der Mutter. Die Männer mit der Peitsche zuckten zurück. „Was sollte das jetzt?“ Da drehte sich der Häuptling um zu den beiden Männern: „Vierzig Peitschenhiebe, keinen weniger.“

Der erste Peitschenhieb knallte auf den Rücken des Häuptlings. Der krümmte sich vor Schmerzen. Beim dritten Peitschenhieb schon platzte die Rückenhaut auf. Schließlich mussten zwei Männer den Häuptling blutüberströmt in sein Zelt tragen.

„Häuptling, warum hast du das gemacht“, stammelte einer.

„Ich kann doch nicht meine Mutter auspeitschen lassen. Ich hab doch meine Mutter lieb. Aber Strafe muss sein. Da hab ich die Strafe lieber auf mich genommen.“

 

Das ist nur eine Geschichte; und vielleicht ist diese Geschichte manchen zu grausam.

Aber einmal ist diese Geschichte Wirklichkeit geworden, noch viel grausamer.

 

Da hat es einen „Häuptling“ gegeben in Jerusalem. Den hat man gebunden und hat ihm 39 Geißelhiebe gegeben. Und diese Geißeln waren nicht einfache Peitschen. Es waren in die Riemen Steinchen und Knochenstücke eingeflochten, damit das Fleisch herausgerissen wurde. Man hat Dornen zusammengebunden zu einer „Krone“ und hat sie ihm auf den Kopf gedrückt. Man hat ihn angespuckt und verspottet. Man hat ihm dicke Nägel durch Hände und Füße geschlagen und ihn so gekreuzigt. Drei Stunden hat er blutig am Kreuz gehangen und ist dann mit einem lauten Schrei gestorben. Dieser „Häuptling“ ist Jesus von Nazareth.

Vielleicht sind die Kreuze und Kreuzwegbilder in unseren Häusern und Kirche zu schön, dass wir die Grausamkeit gar nicht mehr empfinden.

Und wenn wir fragen: „Warum musste er diesen Leidenweg gehen?“, dann wird uns vielleicht die Antwort gegeben aus dem Propheten Jesaja:

 

Er hat unsere Schmerzen auf sich geladen.

Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.

Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt.

Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.

Der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.

Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf.

(Jes 53,5-7)

 

Oder wir hören im Johannesevangelium:

 

Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab,

damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.

Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet,

sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

(Joh 3,16-17)

 

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Die Rose

 

Vor mir steht auf dem Tisch in einer schlanken Vase eine Rose, eine einzelne, langstielige, dunkelrote Rose. So eine Rose ist zunächst einmal ein alltägliches botanisches Gewächs. Ich meine, sie hat den botanischen Namen ‚rosa ilseta’. Sie hat einen langen Stiel mit vielen Stacheln. (Ich habe gelesen, dass Rosen keine Dornen haben, sondern Stacheln.) Am Stiel wachsen Blätter und oben dunkelrote Blütenblätter. Den ganzen Sommer über bis in den späten Herbst wachsen solche Rosen in vielen Gärten. Eigentlich ist so eine Rose ein ganz gewöhnliches Gewächs.

Aber dann nimmt ein junger Mann so eine langstielige rote Rose, so ein ganz alltägliches Gewächs, und schenkt sie einem Mädchen. Jedes Mädchen weiß sofort, was der junge Mann ihr damit sagen will: „Ich liebe dich.“

Im Deutschen sagen wir ja oft auch gar nicht: ‚Er schenkt die Rose einem Mädchen’, wir sagen statt dessen oft: ‚Er macht dem Mädchen die Rose zum Geschenk.’ Der junge Mann macht aus dieser Rose, aus diesem botanischen Gewächs, etwas anderes: ein sichtbares Zeichen seiner Liebe.

Rein äußerlich betrachtet hat sich an dieser Rose nichts verändert. Der gleiche Stiel mit den Stacheln, die gleichen Blätter, die gleiche Blüte ... Und doch ist aus diesem botanischen Gewächs Rose etwas anderes geworden. Es ist eben nicht mehr nur ein botanisches Gewächs. Es ist Ausdruck einer Beziehung geworden zwischen dem jungen Mann und der jungen Frau.

 

Da sitzt Jesus einen Tag vor seinem Sterben mit seinen Jüngern zusammen im Abendmahlssaal. Er weiß, dass dies sein letzter Abend ist. Sie halten miteinander das Paschamahl, wie es alle Juden an diesem Abend tun zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten.

Da nimmt Jesus beim Mahl einen Fladen Brot, einen ganz gewöhnlichen Fladen Brot. Er bricht dieses Brot, gibt jedem seiner Jünger ein Stück davon und sagt dabei: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.

Es ist ein ganz gewöhnlicher Fladen Brot. Aber Jesus macht daraus etwas anderes: ein sichtbares Zeichen seiner Hingabe und seiner Gegenwart: ‚Mein Leib, der für euch hingegeben wird.’ „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, trug er den Jüngern auf.

 

Seit diesem Abendmahl haben sich die Jünger immer wieder zum ‚Brotbrechen’ versammelt. In jeder heiligen Messe tun wir das, was Jesus getan hat.

Natürlich kann man sagen: Das ist doch Brot, schmeckt wie Brot, krümelt wie Brot ...  Wieso soll das der Leib Christi sein?

Aber genau so konnte man bei der Rose sagen: Hat Blätter wie eine Rose, hat Stacheln wie eine Rose, hat eine Blüte wie eine Rose ...

Die Beziehung ist es, die etwas anderes daraus macht.

Die Beziehung, die im Zeichen des Brotes ausgedrückt ist, hat Jesus im Johannesevangelium beschrieben:

 

Ich bin das Brot des Lebens. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.

Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt.

Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben,

und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag.

Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank.

Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.

(Joh 6, 48-56 Auszüge)

 

Wenn Jesus heute zu uns durch die Blume sprechen“ wollte, dann würde er neben die Schale mit den Hostien, mit dem Brot des Lebens, vielleicht ein ganz unscheinbares Blümchen stellen:

ein Vergissmeinnicht.

Was er uns mit dieser Blume sagen möchte, braucht man nicht zu erklären.

 

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Hans und die Gans

 

Hans und Lise waren zwei Geschwisterkinder.

Sie wohnten in einer großen Stadt in einem Hochhaus im elften Stockwerk.

Dort gab es keinen Spielplatz, wo sie spielen konnten.

Nur die vielen großen Straßen, und dort durften sie nicht spielen.

 

Eines Tages sagte der Vater zu Hans und Lise:

„Am Wochenende fahren wir zur Oma aufs Land.“

Oma wohnte dort auf einem kleinen Bauernhof.

„Ihr dürft das ganze Wochenende bei Oma bleiben.“

Mensch, hat der Hans sich gefreut. Zum ersten Mal durften sie bei Oma schlafen.

Sonst mussten sie immer abends wieder mit nach Hause.

„Das gibt ein tolles Abenteuerwochenende“, freute sich Hans.

In seiner Freude ging er in ein Spielwarengeschäft und kaufte sich von seinem Taschengeld eine Steinschleuder. Er sammelte kleine Kieselsteine und konnte es gar nicht abwarten bis das Wochenende kam. Er war ganz zappelig und aufgeregt.

 

Endlich war es Freitag, und Vater fuhr mit Hans und Lise zur Oma.

Als sie auf Omas Bauernhof ankamen, sprang Hans sofort aus dem Auto.

Das Erste, was er sah: eine riesige Herde von Gänsen.

Sofort rannte Hans hinter den Gänsen her.

Die liefen schnatternd mit langen Hälsen in alle Richtungen davon: Quaak, quaak, quaak ....

Dem Hans schlug das Herz bis zum Hals.

„Das gibt ein Wochenende“, dachte er immer wieder.

Er konnte vor Aufregung fast die ganze Nacht nicht richtig schlafen.

 

Am anderen Morgen stand Hans schon ganz früh auf.

Die Sonne war gerade aufgegangen. Er stand auf dem Hof, ganz alleine.

Er hatte vergessen, sich zu waschen und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

Er drehte sich um und schaute sich alles genau an.

Hinter ihm war der Bauernhof. Da wohnte Oma.

Dort rechts war die Scheune mit der großen Schiebetür.

Ein bisschen weiter hinten stand die große Linde.

Die Äste hingen tief herab, und Hans hatte sich schon vorgenommen,

einmal auf den Baum zu klettern.

Links neben dem Baum war ein großer Reisighaufen.

Da hatten sie trockene Zweige und Äste aufeinander gestapelt.

 

Da, plötzlich:

Tap, tap, tap tap tap tap ... kam Omas Lieblingsgans über den Hof stolziert.

Hans blieb mucksmäuschenstill stehen.

Rechte Hand in die Hosentasche. Dort war die Steinschleuder.

Linke Hand in die Hosentasche. Dort hatte er die kleinen Kieselsteinchen.

Er legte an und zielte.

Das war eigentlich ganz ohne Risiko.

Er hatte am Abend vorher schon einmal Zielschießen versucht und hatte nie etwas getroffen.

Er spannte das Gummiband an der Schleuder und  -  Volltreffer!!

 

Er hatte Omas Lieblingsgans mitten in den Kopf getroffen.

Die Gans torkelte noch ein paar Schritte und flatterte mit den Flügeln.

Dann fiel sie um und blieb tot liegen.

 

Hans bekam einen Riesenschreck.

Omas Lieblingsgans – tot!

Er schaute sich nach allen Seiten um. Gott sei Dank! Keiner hatte es gesehen.

Er war ganz allein auf dem Hof.

„Aber was mach ich jetzt mit der Gans?“, überlegte er.

Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.

Da sah er den großen Reisighaufen.

Er nahm die Gans und grub mit seinen Händen unter dem Reisig ein Loch in die Erde.

Er legte die Gans hinein und zog die Zweige wieder über das Loch.

Er schaute sich noch einmal um. Keiner hat es gesehen.

Er wischte sich die Hände an seiner Hose ab und atmete tief durch.

Das Herz klopfte ihm noch eine ganze Zeit lang.

 

Um acht Uhr saßen Oma, Hans und Lise am Frühstückstisch.

Es gab frische Brötchen und warmen Kakao.

Hans hatte die Sache mit der Gans schon beinahe vergessen.

Nach dem Frühstück sagt Oma zu Lise:

„Lise, du könntest mir gleich in der Küche beim Abwaschen helfen.“

„Ja, ja“, sagte Lise,

und die Oma ging schon mit dem Brotkörbchen und der Kaffeekanne in die Küche.

 

Kaum war Oma draußen, sagte Lise zu Hans:

„Eigentlich könntest du der Oma beim Abwaschen helfen.“

„Das ist Weibersache“, meinte Hans großspurig.

„Du Hans, hör mal, wie war das heute Morgen mit Omas Lieblingsgans?

Ich hab alles gesehen ...“

Da fuhr dem Hans ein Schreck in die Glieder.

„Ja, ja“, stammelte er, „ich geh ja schon in die Küche zum Abwaschen.

Aber sag bloß nichts der Oma.“

 

Hans ging in die Küche.

„Oma, darf ich dir heute beim Abwaschen helfen?

Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gerne ich abwasche.

Und zu Hause darf immer die Lise abwaschen helfen.“

Natürlich stimmte nichts davon.

Oma schaute ihn mit großen Augen an. „Ja wenn du unbedingt willst ...“

 

Nach dem Abwaschen haben Hans und Lise sich wieder vertragen

und sie spielten den ganzen Morgen in der großen Scheune.

Dann kam das Mittagessen.

Nach dem Essen sagte Oma zu Lise:

„Heute morgen hat Hans beim Abwaschen geholfen, jetzt bist du mal dran.“

„Mach ich“, sagte Lise, „ich komm gleich.“

Kaum war die Oma in der Küche, schaute Lise den Hans ganz schnippisch an:

„Hans, was ist ...!“

„Ja, ja“, sagte Hans, „ich geh ja schon!“

Er ging in die Küche und erklärte der Oma wieder mit warmen Worten,

wie gerne er abtrocknet und so weiter.

Innerlich kochte er vor Wut.

 

Abends nach dem Abendessen ging es genau so wieder los.

Oma sagte zu Lise: „Jetzt bist du aber mal dran.“ „OK“ sagte Lise.

Und kaum war Oma draußen:

„Hans, hast du gehört ...!“ „Ja, ja, aber verrate bloß Oma nichts von der Gans!“

 

Hans war stocksauer.

Das ganz Wochenende, auf das er sich so gefreut hatte, war verdorben,

wegen der blöden Gans.

Als er abends im Bett lag, konnte er einfach nicht einschlafen.

Immer musste er an Omas Lieblingsgans denken.

Wenn er die Augen zumachte, sah er immer,

wie die Gans noch ein paar Schritte taumelte und dann tot umfiel.

 

Die große Standuhr in der Diele schlug neun Uhr.

Die Uhr schlug zehn Uhr.

Und Hans konnte immer noch nicht einschlafen.

Er drehte sich im Bett von einer Seite auf die andere.

Die Standuhr schlug elf Uhr.

Da konnte Hans es im Bett nicht mehr aushalten.

Er stand auf, schlich die Treppe hinauf und stand zitternd vor Omas Schlafzimmer.

Er klopfte, erst leise und dann lauter.

Oma machte die Tür auf:

„Hans, du ...? Warum schläfst du denn noch nicht?“

 „O - ma  -  ich  -  muss  -  dir  -  noch etwas  -  sagen.“

Hans schluchzte nur und stotterte die einzelnen Worte heraus.

„ Heute  -  morgen  -  stand ich ganz allein auf dem Hof und  -  hatte  -  gerade meine

Steinschleuder in der Hand. Ich hab das ja auch gar nicht gewollt.

Da kam deine Lieblingsgans vorbei, und  -  ich  -  hab  -  mit der Steinschleuder gezielt,

und dann  -  war  -  sie  -  tot. Es tut mir auch furchtbar Leid.“

Hans war dem Weinen nahe.

 

Da nahm Oma ihn in den Arm:

„Ich weiß, du hast die tote Gans unter dem Reisighaufen vergraben.

Ich war oben auf dem Dachboden und wollte Wäsche aufhängen.

Da stand ich zufällig am Fenster.

Ich hab das alles gesehen.

Gut, dass du noch mal gekommen bist.

Natürlich verzeih ich dir, wenn es dir Leid tut.“

Sie drückte den Hans ganz fest an sich.

„Und jetzt ab ins Bett mir dir.“

 

Dem Hans fiel ein Zentnerstein vom Herzen.

Die Oma hat alles gesehen.

Sie hat nichts gesagt und jetzt hat sie mir vergeben.

Er hüpfte vor Freude auf einem Bein die Treppe runter,

sprang in sein Bett und schlief sofort überglücklich ein.

 

Am anderen Morgen wurde er wach, und die Sonne schien durch das Fenster auf sein Bett.

Er war so froh. Die Oma hat mir alles verziehen. Er fühlte sich wie neu geboren.

 

Um acht Uhr saßen Oma, Hans und Lise beim Frühstück.

Oma schaute Hans an.

Sie sagte nichts, aber Hans merkte, dass Oma auch glücklich war.

Nach dem Frühstück sagte Oma zu Lise:

„Hör mal, Lise, gestern hat Hans den ganzen Tag beim Abwaschen geholfen.

Heute bist du mal dran.“

„Ja, ja“, sagte Lise wieder schnippisch und wartete darauf, dass Oma schon in die Küche ging.

Sie ahnte ja noch nicht, dass Hans Oma alles erzählte hatte, und dass Oma ihm verziehen hatte.

Kaum war Oma draußen, fing sie wieder an.

„Hans, hast du gehört ...!“

Aber da hättet ihr den Hans mal sehen sollen.

Er stellte sich ganz groß vor Lise hin:

„Heute gehst du in die Küche!

Die Oma weiß alles und sie hat mir verziehen.“

 

Da hat die Lise vielleicht dumm geschaut, wie eine dumme Gans.

 

Psalm 32,1-5

 

1       Wohl dem, dessen Frevel vergeben und dessen Sünde bedeckt ist.

2       Wohl dem Menschen, dem der Herr die Schuld nicht zur Last legt

         und dessen Herz keine Falschheit kennt.

3       Solang' ich es verschwieg, waren meine Glieder matt,

         den ganzen Tag musste ich stöhnen.

4       Denn deine Hand lag schwer auf mir bei Tag und bei Nacht;

         meine Lebenskraft war verdorrt wie durch die Glut des Sommers.

5       Da bekannte ich dir meine Sünde und verbarg nicht länger meine Schuld vor dir.

         Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Frevel bekennen.

         Und du hast mir die Schuld vergeben.

 

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Niemand ist größer

 

In der Nacht vor dem Fest Mariä Himmelfahrt hatte ich einen Traum. Ich war im Traum in der Wallfahrtskirche in Rohr in Niederbayern. Es war vor dem Festhochamt von Mariä Himmelfahrt. Ich glaube, die Wallfahrtskirche in Rohr feierte an diesem Festtag sogar das Patronatsfest. Die ganze Kirche war wunderbar geschmückt wie ein großes Blumenmeer und unzählige Kerzen brannten. Das Festgeläute rief die Menschen zum Festhochamt. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Dann endlich begann der Gottesdienst. Während die Priester mit den vielen Messdienern von hinten durch den Mittelgang in den Chorraum zogen, sang der Kirchenchor ein mehrstimmiges „Salve Regina“. Die ganze Atmosphäre in der Kirche war schon wie ein Stückchen Himmel.

Man hatte extra Pater Egidius aus Altötting eingeladen Der war dafür bekannt, dass er so glühende Marienpredigten halten konnte. Ein Diakon trug das goldene Evangelienbuch zum Ambo und sang das Evangelium. Besonders das Magnifikat am Ende des Evangelium sang er mit besonderer Inbrunst.

Dann schritt Pater Egidius zum Ambo; alle setzten sich und warteten gespannt auf die Festpredigt. Pater Egidius wollte gerade mit seiner Predigt beginnen, da stutzt er. Er schaut wie gebannt in die vierte Bankreihe. Da sieht er in der Bank die Gottesmutter Maria, leibhaftig. Er hat sie sofort erkannt. Es gab keinen Zweifel, es war die Gottesmutter Maria.

Im ersten Augenblick erschrickt er. Dann geht er zum Mikrophon: „Maria, du bist hier in unserer Kirche, du selbst? Wunderbar! Maria bitte komm doch zu mir nach vorne und halte du uns heute an deinem Festtag die Predigt.“

Maria schüttelt den Kopf und versteckt sich hinter ihrem Vordermann, der breite Schultern hatte. Aber Pater Egidius lässt nicht nach: „Maria, bitte komm doch zu mir nach oben.“ Schließlich kommt die Gottesmutter aus der Bank. „Während die Gottesmutter nach oben kommt, singen wir gemeinsam das Lied ‚Gegrüßet seist du, Königin’, sagt Pater Egidius, und sofort braust die Orgel los.

Dann steht die Gottesmutter Maria neben Pater Egidius und den anderen Priestern oben im Chorraum. Aber mit ihrem schlichten Gewand passt sie eigentlich gar nicht so recht zu den Priestern in ihren Messgewändern aus Brokat.

„Maria, bitte halte du uns doch jetzt die Predigt“, bittet Pater Egidius sie. Aber Maria schüttelt stumm den Kopf.

„Dann will ich jetzt wenigsten in der Predigt ausführen, was du Großes getan hast“, beginnt Pater Egidius seine Predigt. „Du hast Gott dein Jawort gegeben als der Engel zu dir kam und dir verkündet hat, dass du die Mutter des Allerhöchsten werden sollst. Du hast die Plagen auf dich genommen, als man dir in Bethlehem keinen Platz in der Herberge anbieten wollte. Du hast auf der Hochzeit zu Kana die Not der Brautleute gesehen und bist Fürsprecherin für sie geworden. Du hast sogar unter dem Kreuz ausgehalten, als außer Johannes alle Jünger abgehauen waren ...“  Und er wollte noch viel mehr Großes über Maria erzählen.

Aber da fasst Maria ihn an der Schulter: „Es stimmt, was du da alles über mich erzählt hast. Aber es ist trotzdem falsch. Es kommt ja nicht darauf an, was ich für Gott Großes getan habe. Wichtig ist nur eins: Der Allmächtige hat Großes an mir getan. Ich bin nur eine niedrige Magd und er hat auf meine Niedrigkeit geschaut.

Pater Egidius war ganz aus seinem Konzept gekommen. Er schaute Maria an: „Wenn du schon nicht die Predigt halten willst, dann sag uns doch vielleicht einen einzigen Gedanken, der dir heute an deinem Festtag wichtig ist.“

Maria überlegte lang. Dann sagte sie mit leiser Stimme: „Einen kleinen Wunsch hätte ich an euch alle.“ Jeder in der Kirche war ganz gespannt, was Maria jetzt wohl sagen würde.

„Singt doch nicht so viele Marienlieder“, sagte Maria fast schüchtern.

Da drehte sich Pater Egidius zu ihr um: „Aber Maria, heute an deinem Festtag da müssen wir doch Marienlieder singen. Wir müssen dich doch ehren als die Königin des Himmels.“

„Das bin ich ja auch“, sagte die Gottesmutter. „Aber was mir wichtig ist, das hat doch eben der Diakon noch gesungen: ‚Meine Seele preist die Größe des Herrn ...’. Ihn will ich groß machen, und ich lade euch alle ein mit mir das gleiche zu tun.“

Jetzt war Pater Egidius vollkommen ‚mit seinem Latein am Ende’. Er stand sprachlos am Ambo und wusste nicht mehr was er sagen sollte.

In der großen Wallfahrtskirche war atemlose Stille. Keiner wagte auch nur zu räuspern.

Da, plötzlich, als es ganz still war, da fängt hinten in der Kirche ein Kind an zu summen. Erst konnte man es kaum hören. Die meisten Leute in der Kirche kannten diese Melodie aus den Kindergottesdiensten. Dann fing ein Junge hinten an, diesen Vers zu singen und andere sangen laut mit: „Niemand ist größer, als unser Herr und Gott. Niemand ist größer, als unser Herr und Gott.“

Als die Gottesmutter das hörte, strahlte sie. Sie trat sie zum Mikrophon und sagte: „Diese Kinder hinten in der Kirche, die haben verstanden, was ich meinte:

Niemand ist größer, als unser Herr und Gott!“

 

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Ochs und Esel

 

Vermutlich schauen sich die meisten von uns in den Weihnachtstagen einmal eine Krippe an, entweder in der Kirche oder zu Hause. Da finden wir dann all die Figuren, die uns aus der Weihnachtsgeschichte der Evangelien bekannt sind: Das Jesuskind in der Futterkrippe, Maria und Josef, die Hirten mit ihren Schafen, den Engel, der den Hirten die frohe Botschaft verkündet hat, die Weisen aus dem Morgenland, die dem Stern nach Bethlehem gefolgt sind. Alle diese Figuren finden wir in der Weihnachtsgeschichte der Evangelien.

 

Aber zwei Figuren stehen praktisch an jeder Krippe, die kommen in keinem Weihnachtsevangelium vor: Ochs und Esel. Wieso stehen Ochs und Esel an fast jeder Krippe, wenn sie in der Weihnachtsgeschichte gar nicht erwähnt werden? Dabei sind doch sogar die Windeln zweimal in der Weihnachtsgeschichte genannt.

Früher haben wir als Kinder gehört: Ochs und Esel haben mit ihrem Atem das Jesuskind in der Krippe gewärmt. Aber warum ausgerechnet Ochs und Esel?

 

Wenn man anfängt, im Alten Testament den Propheten Jesaja zu lesen, dann findet man da gleich am Anfang Ochs und Esel. Gott ruft da Himmel und Erde als Zeugen an: „Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf! Denn der Herr spricht: Söhne habe ich großgezogen und empor gebracht, doch sie sind von mir abgefallen. Jeder Ochs kennt seinen Besitzer und jeder Esel kennt die Krippe seines Herrn. Mein Volk aber hat keine Erkenntnis.“ (Jes 1,2-3) Und man spürt auf einmal: Ochs und Esel an der Krippe sind eigentlich eine lebendige Predigt: Jeder Ochs kennt seinen Besitzer und jeder Esel kennt die Krippe seines Herrn. Aber ihr habt mich nicht erkannt.

 

Bereits im Johannesevangelium heißt es: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11) Einen Tag nach Weihnachten, am 26. Dezember, feiern wir das Fest des heiligen Stephanus. Er hat als Erster seine Liebe zu Jesus mit dem Leben bezahlt. Wer hat ihn denn gesteinigt? Die gläubigen Juden. Zwei Tage später feiern wir das Fest der unschuldigen Kinder. Wer hat denn diese Kinder umbringen lassen? Herodes war es, der König des auserwählten Volkes. Er kann nicht ertragen, dass es neben ihm noch einen „König der Juden“ geben soll. Darum will er das Jesuskind töten lassen. Und um ganz sicher zu gehen lässt er alle Kinder bis zum Alter von zwei Jahren umbringen. Jeder Ochs kennt seinen Besitzer und jeder Esel kennt die Krippe seines Herrn. Aber mein Volk hat mich nicht erkannt!

 

Was würde Gott über uns heute sagen? Würde er vielleicht auch gegen uns Himmel und Erde als Zeugen anrufen? Wenn es um die Weihnachtsstimmung am Heilig Abend geht, dann sind unsere Kirche ja immer zum Überlaufen voll. Aber wenn es darum geht, in diesem Jesus den Erlöser von unseren Sünden zu erkennen (denn das bedeutet ja sein Name), dann winken die meisten heute ab. Einen Erlöser brauchen wir nicht mehr. Würde Gott auch über uns sagen: Jeder Ochs kennt seinen Besitzer und jeder Esel kennt die Krippe seines Herrn. Aber mein Volk hat mich nicht erkannt. Sie suchen nur das süße Jesuskind in der Krippe.

 

Wenn Sie sich die Figuren an der Krippe noch einmal anschauen, dann hält uns jede einzelne Figur eine Kurzpredigt:

 

Das Jesuskind in der Krippe ruft uns zu: „Ich bin wirklich einer von euch geworden. Ich kann euch verstehen. Kommt doch zu mir.“

Maria sagt uns. „Ich bin die Magd des Herrn. Mir ist geschehen, wie ich geglaubt habe. Glaub du doch auch an ihn.“

Der Engel ruft uns zu: „Auch dir ist in Jesus ein Erlöser geboren. Freu dich!“

Die Hirten rufen uns zu: „Wir sind zur Krippe gegangen und haben den Erlöser gefunden. Hast du ihn auch gefunden?“

Die Schafe verkünden uns: „In diesem Jesus haben wir einen guten Hirten gefunden, der sein Leben für uns hingibt.“

Ochs und Esel rufen uns zu: „Jeder Ochs kennt seinen Besitzer. Jeder Esel kennt die Krippe seines Herrn.  Und ihr ??“

 

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Sein Kreuz ist mein Kreuz

 

In Jerusalem im Gefängnis sitzt ein junger Gefangener. Er war Straßenräuber und Mörder. Er war beinahe das, was man heute Terrorist nennt. Die Soldaten hatten ihn gefangen. Er war verurteilt: Todesstrafe durch Kreuzigung. Jetzt sitzt er in seiner Gefängniszelle auf dem Boden und wartet jeden Tag darauf, dass man ihn holt. Sein Name ist Barabbas.

Es war Freitag Mittag; da hört er, wie draußen auf dem Gang ein Gefängniswärter mit seinem großen Schlüsselbund klappert und den Schlüssel in die Zellentür steckt. Die Tür geht auf:

„Bist du Barabbas?“

„Ja!“

„Dann pack deine Sachen und hau ab. Du kannst gehen!“

„Aber ich bin doch Barabbas. Ich soll doch gekreuzigt werden. Du willst doch nicht jetzt noch Scherze mit mir machen. Du musst dich vertan haben.“

„Wenn du Barabbas bist, dann pack deine Klamotten und geh! Du bist freigelassen.“

„Ja, aber warum denn? Ich bin doch rechtskräftig verurteilt.“

„Interessiert mich nicht. Ich habe Befehl, dich freizulassen. Geh!“

In aller Eile packt Barabbas seine wenigen Sachen zusammen; und ehe er lange überlegen kann, steht er draußen vor dem Gefängnistor auf der Straße.

Auf der Straße draußen ist ein großer Menschenauflauf. Hunderte, ja vielleicht Tausende laufen johlend durch die Gassen zum Stadttor. Barabbas kann sich fast nicht wehren. Er muss einfach mitlaufen. Draußen vor dem Stadttor liegt ein kleiner Hügel. Er war oben ganz kahl, wie ein Totenschädel. Darum hieß dieser Hügel in Jerusalem nur ‚Schädelstätte’. Da oben fanden immer die Kreuzigungen statt. Jetzt strömte die Menschenmenge zur Schädelstätte, und Barabbas ließ sich einfach in der Menge mitziehen.

Oben standen drei Kreuze. Die Menschenmenge traute sich nicht, bis unter die Kreuze zu gehen. Sie hatten Angst vor den römischen Soldaten. Aber Barabbas stand unter den drei Kreuzen und schaute hinauf.

Zuerst schaute er den rechten Gekreuzigten an. „Ja“, brummte er vor sich hin, „der war auch dabei als wir beim Straßenraub erwischt wurden. Jetzt hängt er da.“ Da schaut er auf das linke Kreuz: „Den kenn ich auch. Der hat mit uns gemeinsame Sache gemacht. Jetzt muss er büßen.“

Dann schaut er den in der Mitte an. Er schaut ihn lange an. „Den kenn ich gar nicht.“ Er fragt einen, der da auch unter den Kreuzen steht: „Wer ist denn der in der Mitte?“

„Das ist Jesus von Nazareth.“

„Und warum hängt der da am Kreuz? Was hat der den verbrochen?“

„Verbrochen hat der eigentlich nichts. Pilatus, der Statthalter hat bei der Verhandlung ausdrücklich gesagt: Ich finde keine Schuld an ihm“.

„Und warum haben sie ihn dann gekreuzigt, wenn er nichts getan hat?“

Da schaut ihn der Mann an und sagt: „Warst du denn nicht eben bei der Verhandlung im Palast des Pilatus? Pilatus wollte ihn freilassen, weil er nichts getan hatte. Aber die ganze Menge hat geschrieen: ‚Barabbas freilassen! Jesus ans Kreuz’ Sie haben so lange geschrieen, bis Pilatus ihrem Geschrei nachgegeben hat. Darum hängt der hier.“

Da schossen dem Räuber und Mörder Barabbas die Tränen in die Augen. Er schaute lange zum Kreuz in der Mitte hoch. Es war ihm völlig klar: Das Kreuz in der Mitte war eigentlich das Kreuz für mich. Wenn der nicht da hängen würde, dann würde ich jetzt da hängen. Sein Kreuz ist mein Kreuz.

 

Es ist gut, wenn wir Menschen uns unter das Kreuz Jesu stellen, zu ihm dem Gekreuzigten aufschauen und dann entdecken: Sein Kreuz ist mein Kreuz. Vielleicht lernen wir dann wieder neu die Liedstrophe singen:

 

Was du, Herr, hast erduldet, ist alles meine Last.

Ich, ich hab es verschuldet, was du getragen hast.

Schau her, hier steh ich Armer, der Zorn verdienet hat.

Gib mir, o mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad.

(Gotteslob Nr. 179,4)

 

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Warum Jesus geboren ist

Predigt im MP3 Format

 

Der kleine Michael war todmüde, als er am späten Heilig Abend ins Bett ging. Aber er war auch überglücklich. Am frühen Abend hatten sie in der Familie Bescherung gehabt, und er war reich beschenkt worden. Er hatte ein Fahrrad bekommen mit zehn Gängen, einen Werkzeugkoffer und eine moderne Windjacke. Dann waren sie zusammen zur Christmette gegangen. Nach der Christmette hatten sie noch in der Familie vor der Krippe und dem Weihnachtsbaum gesessen und hatten zusammen Weihnachtslieder gesungen. Und jetzt war er todmüde.

 

Als Michael eingeschlafen war, hatte er einen Traum. Er stand im Traum vor der Krippe, die da im Wohnzimmer stand. Und er schaute sich die Krippe noch einmal genau an. Da plötzlich, als er sich im Traum die Krippe genau anschaute, da wurden die Figuren an der Krippe immer größer, so richtig wie lebendige Menschen. Und auch der Stall wurde immer größer. Da konnte man richtig hineingehen. Michael sah auf einmal, wie der Josef ihm zuwinkte: „Komm doch rein!“

Und er ging in den Stall hinein und sah in der Krippe das Jesuskind. Das bewegte sich richtig. Er schaute das Jesuskind genau an. Dann hat er nach einiger Zeit das Jesuskind gefragt: „Sag mir doch, Jesus, warum bist du eigentlich Mensch geworden? Warum musstest du in einer Krippe im Stall geboren werden?“ Und das Jesuskind hat ihn einfach nur angelächelt und angestrahlt. Das Strahlen des Jesuskindes übertrug sich richtig. Auch der Michael fing an zu strahlen vor Freude.

Da sagte das Jesuskind zum ihm: „Ich bin Mensch geworden, weil ich auch Geschenke haben möchte.“ Da wurde Michael auf einmal ganz traurig. Das Jesuskind fragte ihn: „Warum wirst du denn jetzt so traurig?“ „Ach“, sagte Michael, „weil ich dir gar kein Geschenk mitgebracht habe.“

Und das Jesuskind schaute ihn an: „Ich möchte aber gern von dir Geschenke haben.“ „Ja“, sagte Michael, „du kannst alles von mir haben, was du möchtest. Wir haben eben noch am Weihnachtsbaum gesungen: Mein Herz will ich dir schenken und alles, was ich hab.“ „Nein, nein“, sagte das Jesuskind, „alles will ich gar nicht. Nur drei Dinge möchte ich von dir haben.“ „Ich weiß schon“, sagte Michael, „das Fahrrad, den Werkzeugkoffer und die Windjacke.“ „Nein“, sagte das Jesuskind, „dazu bin ich nicht in die Welt gekommen, um ein Fahrrad, einen Werkzeugkoffer und eine Windjacke zu bekommen. Ich möchte etwas ganz anderes von dir haben.“ „Ja, was denn?“

 

„Du, Michael, das Erste, was ich von dir haben möchte, ist dein letzter Aufsatz, den du in der Schule geschrieben hast.“ „Die Klassenarbeit?“ „Ja, die letzte Klassenarbeit!“ „Aber, Jesus“, und dann beugte er sich ganz nahe an die Krippe und flüsterte dem Jesuskind zu: „die war doch fünf, die war doch mangelhaft. Das hab ich doch nicht mal Mama und Papa erzählt.“ Das sagte das Jesuskind: „Ja, ich weiß. Aber genau diese Klassenarbeit, die mangelhafte, die möchte ich von dir haben. Siehst du, dazu bin ich in die Welt gekommen, damit du mir alles, was bei dir mangelhaft ist, bringen kannst. Alles, was mangelhaft ist, sollst du mir bringen.

 

Das Zweite, was ich von dir haben möchte, das ist dein schöner Milchbecher, der gelbe mit den roten Punkten." „Aber“, stotterte Michael, „der ist doch heute Morgen zerbrochen, der ist doch vom Tisch runtergefallen.“ „Ja“, sagte das Jesuskind, „dann bring mir doch bitte die Scherben. Siehst du, dazu bin ich in die Welt gekommen, damit du mir alles bringen kannst, was in deinem Leben kaputt gegangen ist, was bei dir zerbrochen ist. Alle Scherben deines Lebens darfst du zu mir bringen.

 

         Und das Dritte, was ich gerne von dir haben möchte“,  - Jetzt horchte der Michael ganz gespannt, was wohl noch kommt. -  „ich möchte, dass du mir die Antwort schenkst, die du heute Morgen der Mama gegeben hast, als sie dich fragte, wie der Becher kaputt gegangen ist.“ „Aber Jesus, da hab ich doch die Mama angelogen. Ich hab gesagt, der ist einfach runtergefallen, und dabei hatte ich ihn vor Wut runtergeworfen, weil so viel Haut auf der Milch war.“ „Ja“, sagte das Jesuskind, „siehst du, dafür bin ich Mensch geworden, dass du alles, was du vor Wut kaputt gemacht hast, zu mir bringen kannst. Und auch alle Lügen in deinem Leben. Überhaupt alles Böse, was es in deinem Leben gibt, das darfst du zu mir bringen.“

 

Michael schaute das Jesuskind mit großen Augen an. Und das Jesuskind hat den Michael angestrahlt und zu ihm gesagt: „Weißt du, Michael, bei dir ist vieles mangelhaft, bei dir ist auch viel kaputt gegangen, bei dir ist viel Lüge und anderes Böse. Aber das sollst du wissen: Ich hab dich trotzdem lieb, so wie du bist. Und darum bin ich auf die Welt gekommen, damit die Menschen wissen, dass ich sie lieb habe, auch wenn so viel Mangelhaftes, Zerbrochenes und Verlogenes da ist.“

 

Dann schlief der Michael ganz tief. Und als er am anderen Morgen aufwachte, da war er noch viel glücklicher als am Abend vorher. Am Heilig Abend war er glücklich über das Fahrrad, über den Werkzeugkoffer und über die Windjacke. Jetzt war er glücklich, weil er das Jesuskind gefunden hatte.

Und das hat mich lieb, auch wenn ich eine mangelhafte Arbeit geschrieben habe, auch wenn ich etwas zerbrochen habe, auch wenn ich gelogen habe. Ja, er war überglücklich. Und eine große Freude und ein tiefer Friede war in sein Herz gekommen.

 

Am Nachmittag des Weihnachtsfestes, als sie vor der Krippe das Lied sangen ‚Zu Bethlehem geboren‘ und als sie an die Stelle kamen ‚...mein Herz will ich dir schenken und alles, was ich hab ...‘, da war es dem Michael so, als wenn ihm das Jesuskind lächelnd zublinzelte.

 

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Die Steuermünze

 

Mt 22,15-21

 

Der Bauer Levi wollte seinen Freund besuchen. Es war ein total verregneter Tag. Bauer Levi konnte sowieso nicht aufs Feld gehen, weil es in Strömen regnete. Wenn es so am regnen war, dann ging er oft zu seinem Freund ins Dorf hinein, zu seinem Freund Simon. Simon war eigentlich Steinmetz. Aber weil er krank war, hatte er keine Arbeit mehr. Ab und zu bekam er mal einen Auftrag, dass er eine Stunde oder zwei Stunden arbeiten konnte.

Aber der Simon war ein unheimlich toller Kumpel. Man konnte sich mit ihm unheimlich gut unterhalten. Der konnte auch immer einen Scherz machen, und deswegen ging der Bauer Levi gerne zu Simon. Und jetzt kam er wieder hin. Er kommt zur Tür rein, und dann sitzt der Simon am Tisch mit einem völlig griesgrämigen Gesicht. Und seine Frau, die Miriam, die saß dabei.

Levi kommt rein und sagt: „Simon, was ist denn mit dir los, so habe ich dich ja noch nie gesehen? Du bist doch immer lustig und fröhlich, wenn ich komme. Freust du dich denn gar nicht?“

„Hast du denn keinen Brief bekommen?“, fragt Simon.

„Wie, was für einen Brief denn?“

„Ja, schau mal, hier vom Zollamt. Ich soll eine neue Steuer bezahlen.“

„Nein, habe ich keinen Brief gekriegt.“

„Kriegst du bestimmt auch noch, und dann wirst du schon sehen, warum ich so sauer bin.“

„Steuern bezahlen, wie viel sollst du denn bezahlen?“

„Ja, Steuern“, sagt Simon, „einen Denar“.

„Nun“, sagt Levi, „einen Denar, das ist doch nicht viel Geld.“

„Hör mal, du hast gut reden“, sagt Simon. „Du hast ein großes Grundstück, du hast einen großen Acker, einen großen Bauernhof. Für dich ist ein Denar nicht viel Geld. Aber für mich …, ich muss einen ganzen Tag arbeiten, um einen Denar zu bekommen. Und du weist ja, dass ich keine feste Arbeit habe.“ Dann schaut er wieder ganz griesgrämig auf den Tisch.

Und da fragt Levi: „Sag mal, wofür wollen die denn die neuen Steuern haben, wofür wollen die denn den Denar haben?“

Hier steht im Brief, dass der Kaiser ein neues Standbild bauen will, mitten im Dorf. Ein ganz großes Standbild, und dafür braucht er Geld. Und dann soll jeder zu diesem Standbild hinkommen und vor dem Standbild eine Kniebeuge machen und sagen: Der Kaiser in Rom ist unser Gott.“

Da sagte Levi: „Das darf man doch gar nicht. Es gibt doch nur einen Gott. Der Kaiser ist gar kein Gott. Und außerdem steht in der Bibel, dass man Steuern nur zahlen darf für den Tempel in Jerusalem. Dem Kaiser Steuern zahlen, das darf man überhaupt nicht.“

„Das ist es ja gerade“, sagte Simon. „Wenn es nur der Denar wäre. Aber wir können doch nicht den Kaiser als Gott verehren.“ Und so ging das Gespräch hin und her.

Und dann irgendwann schaute Levi zu Miriam. „Sag mal Miriam, du sitzt da am Tisch und sagst gar nichts dazu.“

Da schaute Miriam hoch und sagte: „Vor ungefähr einem Monat war ich mal am See Gennesaret unten und wollte Jesus zuhören. Und dann kamen ein paar Leute genau mit dieser Frage und haben gefragt: Jesus, darf man dem Kaiser Steuern zahlen oder nicht? Die Steuer ist doch für das Standbild bestimmt. Darf man dem Kaiser Steuern zahlen oder nicht?“

„Und was hat Jesus darauf geantwortet?“ Jetzt schaute auch Simon ganz gespannt auf Miriam.

„Jesus hat geantwortet: Zeigt mir einmal die Steuermünze, den Denar.“

Sie haben ihm eine Münze hingehalten. Dann hat Jesus zu ihnen gesagt: ‚Sagt mal, was ist da für ein Bild auf der Vorderseite der Münze?’ ‚Da ist ein Kopf drauf, ein Menschenkopf.’ ‚Und was steht da rund auf dem Rand geschrieben?’ Da mussten sie ganz genau hinschauen. ‚Tiberius, Kaiser, steht da geschrieben.’ ‚Aha’, sagt Jesus, ‚da ist der Kopf von Tiberius drauf. Also gehört eigentlich diese Münze dem Kaiser. Ich will euch was sagen: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, was ihm gehört. Ihr könnt ihm ruhig die Steuermünze geben, da braucht ihr keine Angst zu haben.’

„Aber dann“, sagte Miriam, „dann hat Jesus noch einen Satz dazu gesagt. Und der hat mich sehr nachdenklich gemacht. Da hat er gesagt: ‚Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, aber gebt Gott, was Gott gehört’. Auf dem Heimweg habe ich hinterher überlegt: Was meint Jesus wohl damit: Gebt Gott, was Gott gehört? Was gehört Gott denn? Eigentlich gehört Gott doch alles. ‚Gebt Gott, was Gott gehört.’

Und dann habe ich einen Tag später in meiner Bibel gelesen, und da kam im Buch der Sprichwörter ein Satz, der hat mich auf die Idee gebracht, was Jesus gemeint haben könnte. Es steht im Buch der Sprichwörter der Satz: ‚Gib mir, mein Sohn, dein Herz.’ Und da habe ich verstanden was Jesus gemeint hatte. Gott möchte nicht eine Steuermünze. Gott möchte, dass wir ihm unser Herz geben.“

Da sagte Levi zu Miriam: „Du hast gut reden. Jesus sein Herz geben, wie macht man das denn?“

„Ja“, sagte Miriam, „darüber hab ich auch nachgedacht. Und dann waren wir zusammen in der Kirche, in der Synagoge und haben gebetet. Die meisten Leute haben so halblaut vor sich hingebetet. Und auf einmal habe ich gehört, wie ein Mann gebetet hat: „Gott, ich liebe dich.“ Gott, ich liebe dich. Das habe ich noch nie gehört, dass das jemand laut gesagt hat. Und in dem Augenblick habe ich gewusst, was das bedeutet: Gott das Herz zu geben. Wenn man zu Gott sagt: Gott ich liebe dich.“

Wenn ein junger Mann ein Mädchen liebt, dann sagt er ja auch manchmal: „Ich schenk dir mein Herz.“ Damit meint er: Ich liebe dich.

Und seht Ihr: Es ist gut, wenn man dem Kaiser gibt, was dem Kaiser gehört.

Aber in dieser heiligen Messe ist Gott, ist Jesus wirklich hier. Gleich nach der Kommunion, dazu lade ich euch alle ein, die Großen und die Kleinen, dann sag einmal ganz still in deinem Herzen: „Jesus ich liebe dich.“ Und dann hast du Gott gegeben, was Gott gehört.

 

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Der glücklichste Junge der Welt

 

Zur Vorbereitung auf die Erstbeichte

 

 

Der kleine Marcel war im dritten Schuljahr, und er war wohl der glücklichste Junge der ganzen Welt. Seine Mama hatte ihn unheimlich lieb. Und Marcel konnte das auch jeden Tag merken.

 

Jedes Mal, wenn er abends ins Bett musste, dann kam die Mama noch zu ihm ins Schlafzimmer. Sie hat sich auf die Bettkante gesetzt und hat ihm noch eine Geschichte erzählt oder vorgelesen. Dann hat sie mit ihm gebetet und ihm mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn gemacht. Wenn sie dann das Licht ausmachte, hat sie immer noch die Zimmertür einen kleinen Spalt offen gelassen. Dann kam noch ein ganz wenig Licht aus dem Flur in das Zimmer, und es war nicht völlig dunkel.

Wenn Marcel morgens aufgestanden war, stand schon das Frühstück fertig. Mutter frühstückte immer mit ihm zusammen, weil der Papa schon ganz früh zur Arbeit musste. Fast jeden Morgen gab es frische Brötchen, und Mama machte ihm immer eine Tasse warmen Kakao, weil er den so gerne trank. Die Haut oben auf dem Kakao nahm die Mama immer mit einem kleinen Löffel vorher weg, denn vor der Haut ekelte Marcel sich.

Wenn Marcel dann mit dem Bus zur Schule musste, hat die Mama ihn immer noch einmal gedrückt und hat ihm wieder mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn gemacht. Einmal hat er die Mama gefragt: „Warum machst du mir eigentlich immer mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn?“ „Damit du gesegnet bist“, hat die Mama geantwortet. „Papa und ich haben dir zum ersten Mal bei der Taufe mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn gemacht. Aber daran kannst du dich natürlich nicht erinnern. Da warst du ja noch ein kleines Baby.“

Wenn Marcel dann von der Schule nach Hause kam, hat die Mama ihn immer gefragt: „Wie war’s denn heute in der Schule?“ Und er durfte alles erzählen. Manchmal war er auch nach der Schule richtig müde, dann konnte er einfach nichts erzählen. Aber dann hat ihn die Mama auch nicht gedrängt.

Ab und zu kam es auch vor, dass Marcel eine Klassenarbeit fünf geschrieben hatte. Aber er brauchte keine Angst haben, das zu erzählen. Die Mama hat dann eigentlich nie geschimpft. Sie hat ihm immer Mut gemacht: „Wir üben das noch mal zusammen. Und bei der nächsten Arbeit klappt es bestimmt besser.“ Wie oft haben die anderen in seiner Klasse ihn beneidet.

Wenn Marcel nachmittags vom Spielen nach Hause kam, durfte er immer erzählen, was sie gespielt hatten. Dafür hat die Mama sich immer wenigsten kurz Zeit genommen.

 

Wirklich, Marcel war wohl der glücklichste Junge auf der ganzen Welt.

 

Eines Tages passiert etwas.

Marcel kam abends vom Spielen nach Hause und wollte wie jedes Mal der Mama alles erzählen, was sie gespielt hatten. Aber die Mama drehte ihm den Rücken zu: „Ich will nichts hören. Du kannst auf dein Zimmer gehen.“

Marcel war ganz erschrocken. So war die Mama noch nie gewesen.

Beim Abendessen hat die Mama kein Wort mit ihm gesprochen. Marcel wusste auch nicht, was er sagen sollte. Als er ins Bett ging, wartete er auf die Mama, aber sie kam nicht nach oben. Er rief: „Mama, kommst du nicht mehr?“ Mama antwortete kurz angebunden: „Du kannst heute allein das Licht ausmachen.“

Auch am nächsten Morgen war beim Frühstück eine ganz frostige Atmosphäre. Als Marcel von der Schule nach Hause kam, hatte die Mama schon gegessen und schob Marcel wortlos einen Teller hin.

 

Schließlich konnte Marcel es nicht mehr aushalten. „Was ist den los, Mama?“, frage er ganz kleinlaut. „Warum bist du so sauer?“

„Das wirst du wohl schon wissen“, antwortete die Mama und drehte ihm den Rücken zu.

„Nein, ist weiß es nicht“, sagte Marcel.

„Dann geh jetzt auf dein Zimmer und überleg mal.“

 

Marcel ging nach oben. Er setzte sich an seinen kleinen Schreibtisch, schob alle Spielsachen beiseite und überlegte:

Angefangen hat alles gestern. Hab ich denn gestern etwas angestellt?

Er ging mit seinen Gedanken den ganzen gestrigen Tag durch.

Ich bin morgens sofort aufgestanden, als Mama gerufen hat. Ich hab mich richtig gewaschen, auch den Hals. Daran kann es nicht liegen. Ich hab auch noch den Teller und den Becher weggeräumt nach dem Frühstück. Ich bin auch gleich losgegangen, als der Schulbus kam. Ich hab auch in der Schule keine fünf geschrieben. (Aber daran konnte es sowieso nicht liegen, weil die Mama dann ja nie geschimpft hat.)

 

Plötzlich fiel ihm beim Überlegen ein: Gestern Mittag, als ich von der Schule nach Hause kam, da hatte die Mama Spinat gekocht. Den mochte Marcel absolut nicht. Als ich das Essen gesehen habe, hab ich geschrien: „So ein Fraß! Den esse ich nicht!“ Dann hab ich vor Wut die Küchentür zugeschlagen und bin nach oben gegangen.

Das muss es sein. Da hab ich die Mama richtig beleidigt.

Als er dann weiter überlegte, fiel ihm noch etwas ein.

Um vier Uhr, als seine Freunde ihn abholen wollten zum Fußballspielen, da hatte die Mama gefragt: „Hast du deine Hausaufgaben schon fertig?“

Ich hab gesagt: „Wir haben gar keine Hausaufgaben auf.“ Da hab ich Mama angelogen. Wir hatten wohl Hausaufgaben auf.

Er überlegte noch eine kurze Zeit, aber jetzt fiel ihm nichts mehr ein.

 

Dann ging Marcel leise die Treppe hinunter. Mama saß im Wohnzimmer und las in einer Zeitung. Marcel ging zur Mama: „Mama, ich weiß jetzt, warum du auf mich sauer bist. Als du gestern Spinat gekocht hast, da hab ich geschrien: So einen Fraß ess ich nicht! Und dann hab ich vor Wut die Küchentür zugeknallt. Und als du gefragt hast, ob ich die Hausaufgaben schon fertig habe, da hab ich gesagt: Wir haben gar keine Hausaufgaben auf. Das stimmte nicht. Da hab ich gelogen, weil ich mit meinen Freunden spielen wollte. Mama, das tut mir leid. Verzeihst du mir das?“ Marcel schaute ganz geknickt auf den Boden.

 

Aber da hättet ihr die Mama einmal sehen sollen. Ihr standen die Tränen in den Augen. „Natürlich verzeihe ich dir, wenn es dir leid tut. Gut, dass du gekommen bist und alles gesagt hast.“ Sie nahm den Marcel und drückte ihn ganz fest an sich. Eigentlich hatte sie den Marcel jetzt noch lieber als vorher. Sie schaute Marcel in die Augen: „Weißt du, morgen Nachmittag fahren wir in die Stadt, und dann darfst du dir etwas ganz schönes kaufen.“

 

Jetzt war Marcel noch viel mehr der glücklichste Junge auf der ganzen Welt.

 

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Das kleine Zauberwort

Zum Muttertag

 

Tim gehörte in diesem Jahr zu den Kommunionkindern. Fast ein halbes Jahr hatte er sich in einer kleinen Gruppe auf die Erstkommunion vorbereitet. Er konnte es kaum noch abwarten. Und endlich war der Tag der Erstkommunion da.

 

Tim hatte vor Aufregung und Freude die ganze Nacht nicht richtig schlafen können. Morgens war er schon ganz früh aufgestanden; er war ja so nervös. Als er aus seinem Schlafzimmer nach unten kam, da hatte die Mutter schon den Frühstückstisch gedeckt. Wo Tim am Tisch seinen Platz hatte, da hatte sie den Platz besonders hergerichtet und mit kleinen Blümchen geschmückt. Tim war etwas zu früh nach unten gekommen. Die Mama musste noch mal wieder nach oben. Sie musste die kleine Miriam anziehen, weil die das noch nicht alleine konnte. Mama musste sich selbst auch noch umziehen. Alles musste auf einmal ganz schnell gehen.

 

Das gemeinsame Frühstück war richtig schön. Schade war nur, dass Papa nicht dabei sein konnte. Papa musste arbeiten. Seine Firma hatte ihm irgendeinen Auftrage im Ausland zugeteilt.

Während sie noch frühstücken, schellt es schon an der Haustür. Da kam schon der erste Besuch, die Patentante von Tim. Sie hatte ihm ein großes Paket mitgebracht. Aber die Mama sagte: „Ausgepackt wird erst nach der Kommunionmesse.“

Dann gingen sie alle zum Schulhof. Von dort sollten die Kommunionkinder mit einer Blaskapelle in einer Prozession zur Kirche geführt werden. Und im letzten Augenblick, es sollte gerade losgehen, da hüpfte Tim so auf einem Beinchen rum: „Mama, ich muss noch mal schnell zur Toilette.“ „Ach je, muss das den jetzt sein?“ Die Mama war ganz schön gestresst.

Aber sie hatten dann in der Kirche eine ganz schöne Kommunionmesse.

 

Als sie wieder zu Hause waren, kamen die ganzen Verwandten zu Besuch. Es konnten nicht alle in der Kirche dabei sein. Weil die Kirche nicht so groß war, hatte es Platzkarten gegeben, aber nur für die Familien und die Paten.

Alle Besucher hatten Tim ein Geschenk mitgebracht. Tim freute sich riesig. Er ging zu jedem Besucher hin und hat sich bedankt. Die vielen Briefe hatte er noch gar nicht aufmachen können. Es waren bestimmt über hundert Glückwunschbriefe.

Dann kam das Mittagessen. Mama hatte extra Tims Lieblingsessen gekocht: Linsensuppe. Natürlich gab es auch noch was anderes. Aber Tim bekam seinen Teller Linsensuppe. Er war ja schließlich heute der Mittelpunkt.

Nach dem Mittagessen haben die Gäste einen kurzen Spaziergang gemacht. Mama war aber nicht mitgegangen. Sie musste aufräumen und dann die Spülmaschine einräumen. Dann musste ja auch noch der Tisch gedeckt werden für Kaffee und Kuchen.

 

Um drei Uhr war in der Kirche die Dankandacht. Da bekamen alle Kommunionkinder vom Pfarrer ein Tischkreuz aus Bronze als Geschenk. Nach der Dankandacht war draußen vor der Kirche ein Fototermin für alle Kommunionkinder. Tims Mama sah im letzten Augenblick, dass Tim einen Wachsfleck auf seinem Kommunionanzug hatte. Sie hatte ein Taschenmesser, und versuchte, das Wachs abzukratzen. Um alles muss ich mich selber kümmern, dachte sie.

 

Schließlich gab es noch zu Hause für alle ein Abendessen. Mama hatte wieder alles hergerichtet.

Aber es war ein wunderschöner Tag. Alle waren zufrieden, und Tim war überglücklich.

 

Dann war es am späten Abend gegen zehn Uhr. Die ganzen Verwandten waren schon wieder weggefahren. Die kleine Miriam war schon im Bett. Tim war auch schon nach oben gegangen. Und dann saß die Mama ganz allein in der Küche. Das ganze Geschirr vom Abendessen stand noch da rum. Die Mama war todmüde, kaputt wie ein Hund.

Sie saß in der Küche auf einem Stuhl und dachte: Jetzt hab ich so viel Arbeit gehabt, alles für Tim. Und Tim hat nicht einmal Danke gesagt. Er hat sich bei allen Gästen bedankt, von denen er ein Geschenk bekommen hat, aber bei mir hat er nicht Danke gesagt. Sie saß da, todmüde, schaute auf das Geschirr und überlegte, ob sie jetzt noch die Spülmaschine einräumen sollte.  

 

Da quietschte auf einmal ganz leise die Küchentür. In der Tür stand Tim. Er hatte den Schlafanzug schon an. Er ging zur Mama, hat sich bei Mama auf den Schoß gesetzt und hat ihr ins Ohr geflüstert: „Ich bin ja so glücklich. Danke Mama! Du hast das alles so schön gemacht heute. Danke!“

Da hättet ihr die Mama mal sehen sollen. Sie war vorher so kaputt gewesen, aber auf einmal strahlte sie. Sie war überhaupt nicht mehr müde. Sie hat den Tim, der bei ihr auf dem Schoß saß, genommen und hat ihn gedrückt.

Und dann sagte Tim zu ihr: „Mama, soll ich dir jetzt noch helfen, die Spülmaschine einzuräumen?“ Eigentlich wollte Mama das Geschirr bis zum anderen Morgen stehen lassen. Aber dann haben die beiden, Tim und die Mama, noch zusammen die Spülmaschine eingeräumt. Und als dann schließlich Mama und Tim ins Bett gingen, da waren sie beide überglücklich.

Dieses Glücklichsein kam durch ein kleines Zauberwort, durch das keine Wort „Danke“.

 

Wenn Du einem anderen Menschen „Danke!“ sagst: Du glaubst gar nicht was das einem anderen Menschen gut tut. Das tut den Müttern gut, wenn man ihnen sagt: „Danke!“ Am Muttertag tun das viele Kinder. Aber es ist wichtig, das immer wieder einmal zu sagen: den Eltern, den Lehrern, den Gruppenmüttern, den Freunden: „Danke!“

 

Danke, das ist wie ein Zauberwort. Damit kann man richtige Wunder bei anderen Menschen bewirken. Man kann damit einen Menschen richtig glücklich machen.

 

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Wie ein Vater und eine Mutter

 

Lisa saß mit fünf anderen Kindern am Tisch. Sie waren Kommunionkinder und trafen sich jeden Dienstag bei der Gruppenmutter. Heute wollten sie über das Vaterunser sprechen. Lisa kannte das Vaterunser natürlich längst auswendig. Die Gruppenmutter erzählte den Kindern, wie schön es ist, dass wir zu Gott ‚Vater’ sagen dürfen, so wie Jesus zu Gott auch Abba, Vater gesagt hat.

 

Da sagte Lisa auf einmal: „Eigentlich ist es schade, dass Gott keine Mutter ist.“

Die Gruppenmutter sagte: „Wieso? Gott ist doch unser Vater.“

„Ja“, sagte Lisa, „aber ein Vater ist oft streng. Was wäre das schön, wenn der liebe Gott nicht ein Vater, sondern eine Mutter wäre.“

 

Im ersten Augenblick war die Gruppenmutter ratlos. Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Dann sagte sie zu Lisa: „Warum möchtest du denn, dass Gott eine Mutter ist? Was ist denn bei deiner Mutter so besonders schön?“

„Bei Mama“, sagte Lisa, da kann ich mich auf den Schoß setzen. Dann schaukelt sie mich auf den Knien und spielt mit mir ‚Hoppe, hoppe Reiter’. Papa will das nicht. Er sagt immer, dass ich dafür schon zu groß bin.“

 

Da hatte die Gruppenmutter eine Idee: „Wir haben doch jetzt im Kommunionunterricht immer in der Bibel gelesen. Da steht im Alten Testament, dass Gott mit den Menschen auch ‚Hoppe, hoppe Reiter’ spielt.“

„Das steht in der Bibel?, sagte Lisa ungläubig.

„Kommt, wir schlagen einmal die Bibel auf, den Propheten Jesaja, das 66. Kapitel. Und wir lesen einmal ab Vers 10:“

 

10 Freut euch mit Jerusalem! Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart.

11 Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust, trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum!

12. Ihre Kinder wird man auf den Armen tragen und auf den Knien schaukeln.

13 Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch; in Jerusalem findet ihr Trost.

 

„Da steht doch, dass Gott uns auf den Knien schaukelt. Das ist doch das gleiche wie ‚Hoppe, hoppe Reiter’.“

„Ja“, sagte Lisa, „da steht auch noch, dass Gott uns wie eine Mutter tröstet. Das macht meine Mama auch immer.“

„Wie macht die Mama das denn, wenn sie dich tröstet?“ fragte die Gruppenmutter.

„Wenn ich traurig bin, dann nimmt Mama mich in den Arm und sagt: Ich bin doch da.“

 

Da sagte die Gruppenmutter: „Könnt ihr euch noch erinnern? Wir haben doch darüber gesprochen, was Jesus im Matthäusevangelium als letztes zu den Jüngern gesagt hat.“

Jetzt meldete sich Johannes: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Und er hat ausdrücklich gesagt: „Seid gewiss!“

 

Die Gruppenmutter sagte. „Im Alten Testament hat Gott dem Mose am brennenden Dornbusch seinen Namen gesagt. Wisst ihr noch wie der Name Gottes war?“

Das war schon zu lange her, dass sie darüber gesprochen hatten. Keiner wusste mehr den Namen Gottes.

„Der Name Gottes war ‚Jahwe’“, sagt die Gruppenmutter.

Dann fiel es den Kindern wieder ein: Das heißt ja auf deutsch ‚Ich bin da’.

„Genau so, wie meine Mama mich tröstet,“ sagte Lisa. „Ich bin doch da.“

 

Jetzt meldete sich Anne. Sie hatte gerade vor wenigen Tagen ein kleines Brüderchen bekommen, den Markus. „Meine Mama drückt den Markus immer an die Wange und knubbelt ihn richtig. Papa traut sich nicht. Er hat immer Angst, dass der den kleinen Markus zerbricht, wenn er ihn hoch hebt.“

 

Da sagte die Gruppenmutter: „Ich weiß eine Stelle in der Bibel, wo Gott das genau so macht. Das steht beim Propheten Hosea im 11. Kapitel. Wahrscheinlich findet ihr die Stelle nicht so schnell. Ich les sie euch einmal vor: ‚Ich war für sie (die Menschen) wie einer der den Säugling an die Wange hebt’.“

 

Da ging auf einmal ein Leuchten über Lisas Gesicht. „Wenn das alles stimmt, was in der Bibel steht, dann ist Gott ja nicht nur wie ein Vater, sondern auch wie eine Mutter.“

„Ja“, sagte die Gruppenmutter, „eigentlich ist Gott beides, wie eine Vater und wie eine Mutter. Er kann streng sein, er kann aber auch ganz zärtlich sein wie eine Mutter.“

 

Da meldete sich noch einmal Johannes: „Mein Papa ist aber auch oft ganz zärtlich zu mir und tröstet mich.“

„Gut, dass du das gesagt hast, Johannes,“ sagte die Gruppenmutter, „darum ist es gar nicht schlimm, wenn wir einfach zu Gott ‚Vater’ sagen. Und wenn Jesus gesagt hat, dass wir zu Gott ‚Abba’ sagen dürfen, das ist auch ein ganz zärtlicher Ausdruck: Papa, lieber Papa.“

 

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Man darf ja nichts

Die 10 Gebote (Ex 20,1-17

 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder!

 

Heute habe ich habe zu Beginn der Predigt eine Frage an die Kinder, die hier im Gottesdienst sind: Wer von euch hat das schon einmal erlebt: Da willst Du gerne etwas tun, und dann hat die Mama das verboten. Ich merke schon, dass viele von Euch lachen. Das war schon bei uns so, als ich noch Kind war. Und das schlimme ist: Wenn die Mama etwas verboten hat, dann möchte man das besonders gerne tun, nicht wahr. Alles was verboten ist, möchte man besonders gern tun. Als ich noch Kind war, hat meine Mutter mir vieles verboten, nicht weil meine Mutter etwa böse war, sondern weil ich immer das Falsche wollte. Und ich weiß noch, dass ich einmal richtig sauer war und geschimpft habe: „Man darf ja überhaupt nichts. Alles ist zu Hause verboten.“

 

Aber dann hab ich gemerkt, dass so ein Verbot meiner Mutter richtig war. Ich will euch erzählen, wie das kam. Ich war damals noch ein kleiner „Dreikäsehoch“, und wir bekamen zu Hause das erste elektrische Bügeleisen. Heute hat jede Familie ein elektrisches Bügeleisen. Aber damals war das noch eine Seltenheit. Und ich habe immer gestaunt: Wenn Mutter den Stecker in die Steckdose gesteckt hat, dann wurde das Bügeleisen warm. Verstanden hab ich das nicht. Vorher mussten wir das alte Bügeleisen immer auf den Herd stellen, damit es heiß wurde. Das konnte ich verstehen. Aber wenn Mutter den Stecker in die Steckdose steckte, dann wurde das Bügeleisen warm. Das hab ich einfach nicht verstanden.

Wisst Ihr, was ich gemacht habe? Ich bin auf einen Stuhl gestiegen - die Steckdosen waren damals immer ziemlich hoch an der Wand angebracht. Dann hab ich mit einer Taschenlampe in die Steckdose hineingeleuchtet. Ich dachte, da muss doch irgendwas drin sein, dass das Bügeleisen warm wird. Aber ich konnte nichts sehen.

Dann hab ich versucht, mit dem Finger in die Steckdose zu greifen. Mutter war entsetzt: „Steck bloß nicht den Finger in dies Steckdose! Das darf man nicht; dann kriegt man einen gewischt“.“ Damals gab es noch keine Kindersicherung für die Steckdosen. Ich hab gedacht: „Schon wieder ein Verbot!“ Außerdem hab ich überhaupt nicht verstanden, was das heißt: „Dann kriegt man einen gewischt.“

Aber dann war Mutter einmal nicht zu Hause, ich war ganz allein. Ich dachte: Mutter hat es zwar verboten, aber ich bin auf den Stuhl gestiegen, habe eine Stricknadel genommen und die Stricknadel in die Steckdose gesteckt. Ich habe gedacht, ich würde dann warm, weil das Bügeleisen ja auch warm geworden war.

Und in dem Augenblick, als ich die Stricknadel in die Steckdose gesteckt habe, gab es einen großen Funken. Ich habe „einen gewischt“ gekriegt. Es hat furchtbar weh getan. Ich bin vom Stuhl geflogen bis in die Zimmerecke.

Jetzt wusste ich, warum die Mutter das verboten hatte. Es war eine schmerzliche Erfahrung. Nie wieder habe ich als kleines Kind gewagt, mit dem Finger auch nur in die Nähe der Steckdose zu kommen. Ich hatte gemerkt: Das kann ganz schlimm werden.

 

Aber es ist noch einmal schlimmer gekommen. Ich hatte einen Freund, der war mit mir zusammen zur Schule gegangen. Er ist Franziskanerpater geworden, Missionar in Brasilien. Und mein Freund, der Albert, kam mit einem jungen Mann von der Missionsstation zu einem See. Am Ufer stand ein großes Schild: „Baden strengstens verboten! Lebensgefahr!“

Der junge Mann von der Missionsstation hat das gelesen und dachte sich: „Man darf auch nichts. Es soll wohl nicht so schlimm sein.“ Er geht ins Wasser und fängt an zu schwimmen. Nach wenigen Minuten kam er in einen Strudel und wurde runtergezogen. Mein Freund, der Pater Albert, ist hinterher gesprungen und wollte ihn rausziehen. Aber er hat es nicht geschafft. Sie sind beide runtergezogen worden und ertrunken.

Hätte der doch bloß auf dieses Schild geachtet: „Baden verboten!“, dann wären sie heute noch am Leben.

Also mit den Geboten ist das so eine Sache. Wie oft zeigt sich hinterher, wie sinnvoll das ist, wenn etwas verboten ist!

 

Ich weiß nicht, ob Ihr Kinder eben in der ersten Lesung aufgepasst habt – aber das gilt für die Erwachsenen genauso. Gott hat den Menschen die zehn Gebote gegeben. Aber er hat die Gebote nicht gegeben, weil er uns den Spaß am Leben verderben will. Er hat uns diese Gebote gegeben, damit das Leben nicht Schaden leidet. Das Zusammenleben unter uns Menschen soll gelingen. Darum hat Gott uns die Gebote gegeben.

 

Da heißt es zum Beispiel: „Du sollst nicht lügen!“ Weißt Du: Wenn einer anfängt, zu lügen und der andere lügt auch, und einer nach dem anderen fängt an zu lügen, weißt Du, was dabei herauskommt: Man kann überhaupt keinem mehr vertrauen. Jeder hat dann Sorge, ob das wohl stimmt, was der andere sagt. Es kommt dadurch ganz viel Misstrauen und Not in die Welt.

 

Oder ein anderes Beispiel, wie viel Not dabei herauskommen kann, wenn man sich nicht an die Gebote Gottes hält: Gott hat in den zehn Geboten gesagt: „Du sollst nicht stehlen!“ Da geht ein Schüler ins Kaufhaus und sieht einen goldenen Kugelschreiber im Regal. Er klaut ihn. Er hat ihn schnell in die Tasche gesteckt, und keiner hat es gesehen. Nun kommt der Junge nach Hause und fängt mit dem goldenen Kugelschreiber an zu schreiben. Da fragt ihn die Mutter: „Sag mal, wo hast du denn den goldenen Kugelschreiber her?“ „Den hab ich mir gekauft.“ Zweite Sünde! Jetzt hat er auch noch gelogen. Die Mutter fragt weiter: „Woher hast du denn das Geld?“ Was soll er jetzt sagen? Er muss weiter lügen: „Das Geld hat Oma mir gegeben.“ Und wie es der ‚dumme Zufall’ will: An dem Nachmittag kommt die Oma zum Kaffee zu Besuch. Als sie zusammen am Tisch sitzen, sagt die Oma: „Du hast aber einen schönen Kugelschreiber.“ Und nun weiß der Junge nicht mehr, was er sagen soll. Jetzt kommt alles raus. Und das Ende war: Er hat eine Tracht Prügel gekriegt, weil er geklaut und gelogen hatte.

Es lohnt sich also, die Gebote zu halten damit das Leben und das Zusammenleben der Menschen gelingt.

 

Schwestern und Brüder, das ist nicht eine Angelegenheit für Kinder, sondern für uns alle. Wir haben uns angewöhnt, uns über die Gebote Gottes willkürlich hinwegzusetzen. Die gelten für uns nur noch, wenn sie uns in den Kram passen. Auf der anderen Seite wundern wir uns darüber, dass heute das Zusammenleben der Menschen katastrophale Züge annimmt.

Ich will nur ein Beispiel nennen: Wir wundern uns, dass unser Wirtschaftssystem vorne und hinten nicht mehr trägt. Aber das beginnt damit, dass unser Wirtschaftssystem aufgebaut ist auf ‚Lügen und Betrügen’. Ich erinnere nur an ein Stichwort, das in der Werbung eine große Rolle spielt: die Mogelpackungen. Da wird dir durch die Werbung eingeredet, dass du ein Sonderangebot gekauft hast. Und wenn du es einmal vergleichst mit genauer Überprüfung der Grammangabe, dann merkst du: Du zahlst viel mehr als beim normalen Angebot.

Und so ist unser System oft auf Lügen und Betrügen aufgebaut. Wir setzen uns über die Anordnungen Gottes hinweg und wundern uns, dass unser Leben und unser Zusammenleben immer mehr scheitert. Hier liegt die Wurzel. Man kann die Gebote Gottes nicht ungestraft ständig übertreten.

 

Wenn Sie sich ein Fernsehgerät kaufen oder einen Videorekorder oder einen Computer, dann liegt da ein Herstellerhandbuch bei, eine Bedienungsanleitung. Und da steht oben ganz dick drauf: „Vor Inbetriebnahme bitte die Betriebsanleitung lesen!“ Ich muss die nicht lesen, ich kann es auch so probieren. Aber wenn ich dann z. B. den Hinweis nicht gelesen habe: „Vor dem Öffnen der Rückwand unbedingt den Netzstecker ziehen!!!“( mit dicken Rufzeichen), dann kriege ich möglicherweise vom Starkstrom „einen gewischt“.

Oder es steht in der Bedienungsanleitung, dass ich ein Fernsehgerät nicht in einen Schrank einbauen darf, weil der Hitzestau zu groß wird und es explodieren kann. Ich muss mich nicht daran halten, ich kann mich darüber hinwegsetzen, aber ich riskiere dann, dass das Fernsehgerät Schaden leidet.

Wenn ich mit einem Computer arbeiten will, ohne die Bedienungsanleitung zu lesen, dann wird er dadurch vielleicht nicht zerstört. Aber wahrscheinlich werde ich die vielen technischen Finessen gar nicht entdecken, die der Hersteller eingebaut hat.

 

Und sehen Sie: Der „Hersteller des Lebens“, der Schöpfer, hat so uns ein „Herstellerhandbuch“ in die Hand gegeben, nämlich die Heilige Schrift. Dieses Buch dient dazu, dass das Leben gelingen kann, dieses so zerbrechliche Leben und Zusammenleben der Menschen. Und es ist schon sinnvoll, sich an dieses „Herstellerhandbuch“ zu halten.

 

Übrigens: Wenn Sie ein Fernsehgerät kaufen, dann ist normalerweise auch eine Garantiekarte dabei. Der Hersteller übernimmt Garantie. Und der „Hersteller des Lebens“, der Schöpfer, übernimmt auch Garantie. Aber denk daran, dass auf der Garantiekarte steht: Nur bei sachgerechter Benutzung. Sonst greift die Garantie nicht. Das gleich gilt in unserem Leben auch.   Amen.

 

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