Pfarrer Karl Sendker

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Predigt zum Evangelium:   Joh 15,25 - 16,2.12-15

Predigttext:    Joh 15,25 – 16,3.12-15

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Unmittelbar vor seiner Himmelfahrt hat Jesus den Aposteln in Bezug auf den Heiligen Geist gesagt: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch kommt, und ihr werdet meine Zeugen sein.“ Das Neue Testament ist ursprünglich in griechischer Sprache geschrieben. Und das Wort, das wir mit „Zeuge“ übersetzen, das heißt im Griechischen „Martys“. Daher kommt unser eingedeutschtes Fremdwort „Märtyrer“. Man könnte diesen Vers aus der Apostelgeschichte auch übersetzten: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch kommt, und ihr werdet meine Märtyrer sein.“ Und davon redet Jesus heute im Evangelium.

 

Er sagt den Jüngern im Abendmahlssaal den Jüngern: Wenn ihr erfüllt werdet mit dem Heiligen Geist, dann rechnet mit Opposition. Dann werden die Menschen mit euch ‚ernst machen’, dann werden sie euch aus der Kirche, aus der Synagoge ausstoßen; sie werden euch vor die Gerichte schleppen, und es wird so weit kommen, dass jeder, der euch tötet, meint, er würde Gott damit einen heiligen Dienst erweisen. Ihr werdet meine Märtyrer sein. Rechnet mit Opposition!

Wenn wir einmal einen Gang machen durch das Alte Testament, durch das Neue Testament und auch durch die Kirchengeschichte, dann können wir eins immer wieder feststellen: Wo Männer und Frauen erfüllt sind mit dem Heiligen Geist, wo sie das Brennen des Geistes im Herzen haben, da machen die Menschen Opposition. Und das merkwürdige ist: Die Opposition kommt nicht von Außenstehenden, von den Heiden oder von den Abtrünnigen. Nein, die Opposition gegen den Heiligen Geist kommt immer von den Frommen selber. Schau Dir im Alten Testament die Propheten an. Wenn ein Jeremia gequält worden ist bis fast in den Tod, dann waren es die Priester, das angeordnet hatten. Schau Dir im Neuen Testament einen Stephanus an: Es waren die gesetzestreuen Juden, die ihn gesteinigt haben. Schau Dir einen Apostel Paulus an: Es waren seine jüdischen Brüder, die ihn überall rausgeworfen haben, und die ihn mehr als einmal versucht haben zu steinigen. Es waren die Frommen, die Opposition gemacht haben, und das ist etwas ganz Furchtbares.

 

Aber das gilt nicht nur für damals, das gilt heut genau so. Wenn heute ein Mensch erfüllt wird vom Heiligen Geist, wenn er anfängt, für Jesus zu brennen, dann werden auch heute die Menschen Opposition machen. Das werden sie nicht ertragen. Unser Bischof weist seit Jahren immer wieder darauf hin, dass es ein großen Hoffnungszeichen für die Kirche ist, dass es in unserer Zeit ganz vielfältige geistliche Erneuerungsbewegungen gibt. Da lässt der Heilige Geist etwas wachsen in unserer so trocken gewordenen Kirche. Ich habe selbst viele Kontakte zu solchen Erneuerungsbewegungen. Aber frag die einmal, diese Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt sind: Die bekommen in der Regel in ihren Gemeinden, aus denen sie kommen, nur Opposition. Ob das von Seiten der Frommen ist, ob das vom Pfarrgemeinderat ist, von den Priestern, von den Hauptamtlichen ist, wie oft werden sie in die Ecke gestellt: Das sind ja Sektierer, das sind Fundamentalisten, das sind Spinner usw. Frag sie einmal. Ist das nicht auch heute etwas Furchtbares: Auf der einen Seite lässt der Heilige Geist etwas wachsen, und wir machen es oft kaputt oder madig.

Wenn einer mit Jesus ernst macht, dann werden die Menschen mit ihm ernst machen. „Ihr werdet meine Märtyrer sein.“ Heute tötet man die Leute nicht mehr, heute wirft man auch nicht Steine, wie bei Stephanus. Aber es ist sehr einfach, heute einen Menschen mundtot zu machen und ihn ganz subtil kalt zu stellen. Und das geschieht heute in hundertfältiger Weise.

 

Warum ist das so? Auch darauf gibt Jesus im Evangelium wenigstens andeutungsweise eine Antwort. Er sagt: „Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit.“ Wenn ihr mit dem Heiligen Geist konfrontiert werdet, dann wird dieser Heilige Geist euch in die ganze Wahrheit einführen. Und diese Wahrheit ist nicht immer bequem für uns. Die Wahrheit über die Kirche in Deutschland ist, dass wir geistlich gesehen unterstes Mittelmaß geworden sind im Vergleich zur Situation der Weltkirche. Dafür einige Anhaltspunkte: Wenn in der Pfarrgemeinden in den letzten Wochen überall Erstkommunion war, dann achte einmal darauf, wie viele von den Kommunionkindern sechs Wochen später noch sonntags zur heiligen Messe kommen. Das liegt nicht an den Kindern, das liegt an den Eltern. Geh hin und besuch einmal in unseren Pfarrgemeinden die Werktagsmessen. Gut, man erfüllt vielleicht noch seine „Sonntagspflicht“. Aber alles, was auch nur ein wenig darüber hinausgeht, da findest Du nicht mehr viel. Such doch einmal die Menschen in unserem katholischen Deutland heute, die noch für Jesus brennen. Und von denen, die noch für Jesus brennen, wandern etliche ab zu den Freikirchen. Ich glaube, wir dürfen die Augen nicht mehr davor verschließen, dass in unserer Kirche unterstes Mittemaß herrscht, und zwar nicht nur bei den Fernstehenden, sondern bei denen, die ‚Kerngemeinde’ sind. Ob das Pfarrgemeinderäte sind, Kirchenvorstände, Kirchenangestellte: Gut, man vielleicht noch sonntags zur Kirche. Aber wenn irgendwo ein Kegelausflug ist, oder wenn Schützenfest ist oder irgendein Familienfest, im Zweifelsfall hat alles andere Vorrang vor dem Gottesdienst.

 

Wenn dann in einer solchen Kirche jemand anfängt, für Jesus zu brennen – ob das ein Einzelner oder eine Gruppe ist, dann sind diese Menschen für unsere Mittelmäßigkeit wie ein lebendiger Spiegel, in dem wir dann unsere Mittelmäßigkeit sehen können, ohne dass wir ausweichen können. Und das hat keiner gerne. Und dann stellt man solche Menschen lieber in die Ecke von Sektierern und Fundamentalisten. Da macht man sie lieber zu ‚Märtyrern’, damals wie heute.

Als Kaplan habe ich einmal eine furchtbare Erfahrung gemacht: Da kommt eine Mutter zu mir und sagt: „Können Sie nicht mal mit unserer Tochter reden; die geht sonntags nicht mehr zur Kirche.“ Ich kannte das Mädchen überhaupt nicht. Aber – um es kurz zu machen, diese Tochter macht Schulendtage in einem Benediktinerkloster mit. Anschließend, weil sie bei den Schulendtagen angerührt worden ist, fährt sie auch noch zu einem Jugendtreffen über Pfingsten in das gleiche Kloster, wo jedes Jahr Hunderte von Jugendlichen zusammen kommen und ihren Glauben feiern. Bei diesem Pfingsttreffen erlebt dieses Mädchen eine wirkliche Bekehrung. Und diese gleiche Tochter geht seit dem nicht nur sonntags in die Messe, sondern jedes Mal, wenn werktags eine Abendmesse in der Pfarrkirche war, besuchte sie diese Abendmesse. Aber jetzt kommt das Erschreckende: Da kommt die gleiche Mutter, die vorher gesagt hatte: „Können Sie nicht mal mit meiner Tochter reden“. Und die gleiche Mutter sagt mir dann: „Sagen Sie mal, Herr Kaplan, was machen die eigentlich mit den Jugendlichen da in dem Kloster? Das ist doch nicht normal, dass man in dem Alter jeden Abend die Werktagsmesse besucht, das ist ja fanatisch.“ Da hab ich erst gemerkt, dass es sich bei dem früheren Gespräch um dieses Mädchen handelte. Wie gesagt, ich kannte die Familie gar nicht. Da wird ein Pflänzchen kaputtgetreten, wo Gott hatte etwas wachsen lassen. Nur weil dieses Mädchen ein lebendiger Spiegel geworden war in diesem Fall für die Mittelmäßigkeit ihrer Mutter.

„Ihr werdet meine Märtyrer sein.“

 

Es gilt aber noch ein Drittes:

Jesus sagt auch: „Wenn sie euch vor die Gerichte schleppen, dann macht euch keine Sorge, wie oder was ihr dann antworten sollt. Der Heilige Geist wird euch zur richtigen Zeit die Worte in den Mund legen. Er wird dann durch euch reden.“

Das ist eine Erfahrung, die wir auch in vielfältiger Weise erleben.

Schau Dir wieder einen Mann an wie in der Apostelgeschichte den Stephanus. Man konnte Steine werfen und ihn töten. Aber eins konnte man nicht: Man konnte sein leuchtendes Gesicht nicht vernichten; man konnte die Klarheit und Entschiedenheit seiner Worte nicht zerstören.

Oder schau Dir Jesus selber an: Wie oft hat man versucht, ihm eine Falle zu stellen. Und dann hat er seine Gegner oft mit einem Satz ‚schachmatt’ gesetzt. Und sie mussten abziehen und wagten nicht mehr, ihm eine Frage vorzulegen. Geistliche Schlagfertigkeit könnte man das nennen.

 

Und auch das erfahren wir heute in unseren Tagen. Vor einigen Jahren habe ich einmal sonntags ein Interview im Fernsehen gesehen mit dem früheren Erzbischof Dyba von Fulda. In diesem Interview wurde er von zwei Journalisten in einer total unfairen Weise in die Zange genommen. Aber interessant war, dass Bischof Dyba dabei gelassen und freundlich blieb. Er hat nicht zurück geschossen. Die Journalisten konnten mit ihrer beißenden Kritik einfach nicht landen. Ich erinnere mich: Ganz zum Schluss sagte einer der beiden Journalisten zu Bischof Dyba: „Herr Bischof, eins werden Sie ja nicht leugnen können, dass Sie in der deutschen Kirche als der rückschrittlichste Bischof gelten.“ Bischof Dyba: „Rückschritt oder Fortschritt, das ist alles relativ. Wenn man am Abgrund steht, ist jeder Rückschritt ein Fortschritt.“ Die beiden Journalisten konnten darauf nichts mehr sagen. Geistliche Schlagfertigkeit.

 

Damit das jetzt nicht einseitig wird als Argument für ‚Dyba-Fans’: Ich habe auch einmal im Fernsehen eine ganz andere Diskussion erlebt. Da hat Eugen Drewermann sich dafür eingesetzt, dass Frauen die Priesterweihe empfangen können. Dann sagt ein konservativer Theologe: „Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Jesus keine Frauen zu Aposteln berufen hat.“ Natürlich stimmt das. Aber Drewermann antwortete in aller Schlichtheit: „Jesus hat auch keinen Polen zum Papst berufen.“ Auch hier: Geistliche Schlagfertigkeit.

Wenn sie euch in die Enge drängen: Macht euch keine Sorge. Es wird euch in der richtigen Stunde Weisheit und Kraft gegeben werden. Und ihr werdet erleben, dass der Heilige Geist aus euch redet.

Beides gilt, wenn wir mit dem Heiligen Geist erfüllt werden:

Erstens: Ihr werdet Kraft empfangen. Aber es gilt auch das andere: Ihr werdet Zeugen sein, meine Märtyrer sein. Rechne mit Opposition.   Amen.

 

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