Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

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Pfingstsonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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            Predigt zur 1. Lesung:   Apg 2,1-11        im mp3 Format    

Predigt zum Evangelium:  Joh 20,19-23

Predigttext:      Apg 2,1-11      Predigt als Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es gibt für das menschliche Leben ein tödliches Gift, und dieses Gift heißt ‚Langeweile’.

Wenn das Leben eines Menschen überhaupt keine Höhepunkte mehr hat, wenn es immer so oberflächlich dahinplätschert, wenn alles so gleichgültig geworden ist, so langweilig. Glaub mir, so ein Mensch geht auf die Dauer ein wie eine Primel ohne Wasser. Das ist kein Leben mehr; dann vegetiert man nur noch. Langeweile ist tödlich.

Wissen Sie, was erschreckend ist: Für viele Menschen, vor allem jüngere Menschen, hat alles, was mit Kirche zu tun hat, den Anschein: das ist ja langweilig. Wie oft haben mir jüngere Leute, etwa in der Firmvorbereitung, gesagt: „Gottesdienst ist doch langweilig. Jeden Sonntag das gleiche. Da weiß ich heute schon, wie in fünf Wochen der Gottesdienst ist. Das ist doch alles langweilig.“ Gut, lassen wir das mal so hingestellt, ob das so ist. Aber zumindest haben die Jugendlichen ja den Eindruck, als wenn es langweilig wäre, und das muss man ja ernst nehmen.

Ich weiß nicht, wenn sich dieser Eindruck durchsetzt: Kirche ist langweilig, ob das nicht auch auf die Dauer für die Kirche tödlich sein kann? Dann vegetiert sie nur noch, aber sie lebt nicht mehr.

 

Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche. Und wenn wir auf das erste Pfingstfest schauen, damals in Jerusalem, dann war das alles andere als langweilig. Pfingsten war damals eines der großen Wallfahrtsfeste der Juden. Da waren Tausende in Jerusalem versammelt. Und dieses Wallfahrtsfest hatte eine ganz klare Ordnung, so wie etwa bei uns die Fronleichnamsprozession oder eine Wallfahrt nach Kevelaer oder Altötting. Es gab eine genau vorgeschriebene liturgische Ordnung, was man betet und was man singt.

Und mitten in diesem geordneten Wallfahrtsbetrieb stehen plötzlich ein paar Männer auf dem Tempelplatz in Jerusalem auf und fangen lauthals an, die großen Taten Gottes zu verkünden. Und sie tun das in einer Weise, wie es überhaupt nicht zum Wallfahrtsfest passte. Jeder, der aus dem Mittelmeerraum in Jerusalem war, hörte sie in seiner Muttersprache reden. Wir wissen nicht, wie sich das damals konkret abgespielt hat, ob die mit hocherhobenen Händen da standen, ob sie Halleluja gesungen haben oder was auch immer. Aber eins ist ganz sicher: Was da in Jerusalem passierte, hatte mit Sicherheit nicht so eine steife Würde wie mancher Gottesdienst heute bei uns, meinetwegen wie ein lateinisches Choralamt.

Da war ein Dynamik, eine Freude, eine Begeisterung zu spüren bei diesen Männern, dass die anderen Leute sich nur angeschaut haben und gesagt haben: Was ist denn da los? Sie konnten das überhaupt nicht einordnen. Sie waren entsetzt, vielleicht auch darüber, dass man die Wallfahrtsordnung durcheinander gebracht hatte. Und einige von den Wallfahrern schauten sich an und sagten: Schau dir die doch mal an. Weißt du, was mit denen ist: Die sind doch voll, die haben zu viel gesoffen, die sind voll des süßen Weines, die sind betrunken, mit denen geht das Gefühl durch.

 

Und in dieser Situation hält Petrus, der Fischer vom See Genesareth, der vielleicht nie eine Schule von innen gesehen hatte, seine erste Predigt. Es ist die erste Pfingstpredigt, die überhaupt gehalten wird. Er schaut die ganze Menge auf dem Tempelplatz in Jerusalem an und sagt: Ihr Männer und Frauen, es ist neun Uhr morgens. Glaubt ihr wirklich im Ernst, dass wir um neun Uhr schon betrunken sind? Ja, ihr habt recht, wir sind voll, aber nicht voll des süßen Weines, sondern wir sind voll des Heiligen Geistes.

Und dann sagt er ihnen: Habt ihr denn nie in euerer Bibel gelesen beim Propheten Joel? Da steht es angekündigt: Es wird einmal der Tag kommen, da wird der Heilige Geist auf alle Menschen kommen, nicht nur auf ein paar Auserwählte, Priester, Propheten oder Könige, wie es früher auch war. Jeder wird dann den Heiligen Geist empfangen, sogar die billigsten Arbeiter, die Knechte und Mägde. Und sie werden prophezeien, sie werden weissagen, sie werden aus der Freude ihres Herzens Gott loben. Habt ihr das nie gelesen?

Und was ihr da gelesen habt, das ist heute Wirklichkeit geworden vor eueren eigenen Augen und Ohren. Ihr erlebt es jetzt selber mit. Gott hat es Wirklichkeit werden lassen. Er hat den Heiligen Geist auf uns herab gesandt.

Die Leute stehen da, ratlos und wissen nicht, was sie sagen sollen.

 

Schwestern und Brüder, wenn der Heilige Geist auf einen Menschen kommt, damals genauso wie heute, dann passieren mehrere Dinge.

Zwei davon will ich heute nennen:

Das Erste, was passiert: Ein Mensch, der vom Heiligen Geist erfüllt wird, bekommt ein ganz neues Verhältnis zum Wort Gottes, zur Heiligen Schrift, zur Bibel. In dem Augenblick, wo der Heilige Geist kommt, ist das nicht mehr ein verstaubtes altes Buch von früher, vor zweitausend oder gar dreitausend Jahren. Nein, es wird auf einmal Realität, wie es der Lektor am Ende der Lesung in der heiligen Messe immer sagt: „Wort des lebendigen Gottes“. Es fängt an zu kribbeln, und man spürt auf jeder Seite: Gott redet jetzt zu mir ganz persönlich. Und dann liest man nicht mehr das Wort Gottes, weil es eben in der Liturgie dran ist, sondern weil die Beschäftigung mit dem Wort Gottes gleichsam jedes Mal wie ein Interview mit dem Allerhöchsten ist.

Ich habe etliche Menschen kennengelernt, vor allen Dingen jüngere, die jeden Morgen eine halbe Stunde früher aufstehen, weil sie es ohne Begegnung mit Gott in seinem Wort nicht aushalten. Auf einmal wird es lebendig.

Ich will einmal einen Vergleich gebrauchen, der ist zwar ein wenig gewagt, aber Jesus hat ja auch Vergleiche gebraucht. Wenn man das Wort der Heiligen Schrift vergleicht mit einem Schnitzel. Da nimmst Du als Hausfrau ein Schnitzel aus der Gefriertruhe, und dann setz einmal dieses Schnitzel tiefgekühlt mittags den Leuten vor. Da beißt keiner rein, die müssten nämlich anschließend alle zum Zahnarzt, weil sie sich die Zähne ausbeißen.

Und dann nehmen wir das gleiche Schnitzel. Von unten Feuer des Heiligen Geistes drunter, von oben Gewürze drauf, Salz der Erde und ähnliches. Wissen sie was dann passiert: Dann zieht nach kurzer Zeit eine Duftfahne durchs ganze Haus. Dann kommen die Leute in die Küche und sagen: Wann gibt es denn jetzt endlich was?

Es ist das gleiche Schnitzel, nur einmal tiefgekühlt und einmal mit Feuer drunter und mit Gewürzen dran.

Und sehen sie, es ist die gleiche Botschaft der Bibel. Aber wenn wir, und ich sage das auch an uns Priester, wenn wir das Wort Gottes immer nur tiefgekühlt servieren, immer so unterkühlt, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass da keiner anbeißt. Aber wenn an das Wort Gottes Feuer des Heiligen Geistes kommt, dann fängt es auf einmal an zu duften, es wird leuchtend und es wird geschmackvoll, und die Leute kriegen den Hals nicht mehr voll, das ist das Geheimnis. Was wünschte ich, das die Menschen auch hier in unserem Dorf dass erleben durch den Heiligen Geist. Das Wort ist eine Botschaft des lebendigen Gottes an uns.

 

Ein Zweites, was passiert, wenn der Heilige Geist kommt, damals wie heute.

Die Apostel haben ein ganz neues Verhältnis bekommen zu Jesus Christus. Gut, sie kannten Jesus. Sie waren drei Jahre mit ihm gegangen. Sie hatten erlebt, wie er Wunder gewirkt hat, wie er gelehrt hat. Sie haben alles miterlebt. Und trotzdem, in einem einzigen, im wesentlichen Punkt, haben sie ihren Meister nicht verstanden: Dass ihr Meister wie ein Verbrecher am Kreuz sterben musste, wie ein Verfluchter. Das ging in ihren Gehirnskasten nicht rein. Und darum die Resignation, die Enttäuschung nach dem Karfreitag. Darum sitzen sie am Osterabend wie die verängstigten Kaninchen hinter verschlossenen Türen zusammen, aus Furcht vor den Juden. Da war nicht mehr Freude, da war Angst.

Aber jetzt, als sie erfüllt werden mit dem Heiligen Geist, da erkennen sie auf einmal: Das, was uns so Not bereitet hat, dass Jesus gekreuzigt wurde, war nicht eine Panne im Heilsplan Gottes, sondern das war genau der Weg der Erlösung, den Gott vorgezeichnet hatte. Und wenn Jesus als letztes am Kreuz gerufen hat: „Es ist vollbracht!“, dann war das nicht ein Schrei des Schmerzes: „Gott sei Dank ist es vorbei!“, sondern es war ein Triumphschrei: Die Erlösung ist vollbracht! Die Frage wo du deine Ewigkeit einmal verbringen wirst, ist erledigt, ist von Seiten Gottes geklärt. Jetzt gilt nur noch die Frage, ob wir das annehmen. Das haben sie auf einmal verstanden.

Und darum sagt dieser Petrus, der fünfzig Tage vorher noch hinter verschlossenen Türen saß, allen auf dem Tempelplatz in Jerusalem: „Diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, den hat Gott bestätigt. Er hat ihn auferweckt, er hat ihm einen Platz gegeben zu seiner Rechten im Himmel.“ Das war  ihnen ganz neu aufgegangen, diese Botschaft: Es gibt einen Erlöser. Und der Weg des Kreuzes war der Weg der Erlösung.

 

Als Petrus in seiner Pfingstpredigt an diesen Punkt kommt, da heißt es in der Apostelgeschichte: „Da gab es den Zuhörern auf dem Tempelplatz in Jerusalem einen Stich ins Herz. Sie sagten zu Petrus und den anderen: Was müssen wir denn tun?“ Wir möchten auch den Heiligen Geist empfangen, wir möchten auch diese Freude haben, die ihr habt, diese Ausstrahlungskraft, diese Dynamik, die bei euch sichtbar wird. Bei uns ist alles so langweilig. Wir möchten das auch haben. Was müssen wir denn tun?

Und dann gibt Petrus den Leuten eine ganz nüchterne Antwort. Er sagt ihnen nicht: Jetzt hebt einfach die Hände hoch und singt ‚Halleluja’ und meldet euch im Kirchenchor. Sondern er sagt ihnen ganz schlicht: „Bekehrt euch und lasst euch taufen, damit euere Sünde vergeben wird. Dann werdet auch ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“

Es ist die gleiche Botschaft, mit der schon Johannes der Täufer aufgetreten war: „Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.“ Es ist die gleiche Botschaft, die Jesus verkündet hat: „Bekehrt euch, das Himmelreich ist nahe.“ Und diese Botschaft sagt Petrus den Leuten, als sie ihn fragen: Was sollen wir den tun?

 

Schwestern und Brüder, ich gehe mal davon aus, dass jeder der heute hier in der Kirche ist, getauft ist. Aber ich vermute auch, dass alle die hier sind, als kleine Babys getauft worden sind. Da haben wir alle nichts dafür gekonnt, wir sind da so ‚hinein-getauft’ worden. Aber die Frage ist ja doch: Wie steht es in Deinem Leben, in unserem Leben als Katholiken, mit unserer Bekehrung? Hat es einmal einen Augenblick in Deinem Leben gegeben, wo Du als Erwachsener ganz bewusst gesagt hast: Ich nehme meine Taufe an. Was damals die Eltern und Paten versprochen haben, das soll in meinem Leben gelten. Du sollst der Herr sein in meinem Leben.

Hat es so einen Augenblick einmal gegeben? Ich sage in dem Zusammenhang auch einmal: Wenn in unseren Tagen soviel über das Firmalter diskutiert wird, ob man im fünften, sechsten oder im neunten Schuljahr firmen soll oder im zehnten. Letztlich steckt ja diese Frage dahinter: Irgendwann muss ich einmal persönlich ‚ja’ sagen.

Hat es so einen Augenblick einmal gegeben, oder sind wir in den Glauben so reingeschlittert, und wir können eigentlich nichts dafür? Unser Bischof hat vor einigen Jahren im Dom einmal bei einer Priesterweihe gesagt: „Es wird in Zukunft nur noch Christen geben aus Entscheidung, die sich dafür entschieden haben, und nicht Christen, die da so reingeschlittert sind. Alles andere wird weg brechen.“ Und der Bischof hat recht; man sieht heute bereits das Ergebnis.

 

Und darum immer wieder diese Einladung: „Kehrt um!“ Tu diesen Schritt einmal ganz persönlich.

Ich halte häufiger Exerzitien oder Einkehrtage. Da haben wir jedes Mal einen Gottesdienst, wo sich die Teilnehmer vor den Altar, vor das ausgesetzte Allerheiligste hinknien können und dann ein Hingabegebet sprechen können an Jesus Christus. Ob sie das mit eigenen Worten tun, oder ob sie ein Gebet aus dem Gotteslob nehmen, ist völlig egal. Wichtig ist diese Entscheidung: Jesus, mein Leben liegt in deiner Hand.

Und ich habe immer wieder erlebt: Wo Menschen das tun, ob das Jugendliche sind, oder ob sie siebzig oder achtzig Jahre alt sind, da kommt Freude, da kommt die Dynamik des Heiligen Geistes in sie hinein. Ich habe mehr als einmal erlebt, dass Jugendliche dabei waren, die nichts mehr mit der Kirche am Hut hatten, die mit dem Gottesdienst nichts mehr anfangen konnten. Aber nachdem sie diesen Schritt getan hatten, gingen sie nicht nur sonntags zur Kirche, sondern regelmäßig auch werktags. Auf einmal spürten sie: Das ist nicht ‚nur eine Messe’, sondern da begegne ich meinem Herrn, dem ich mein Leben versprochen habe.

 

Wenn Du diese Erfahrung machen möchtest, die Erfahrung des Heiligen Geistes, hier ist der Weg: „Bekehre dich!“ Gehe einmal - dafür braucht man keinen Bibelkurs und keine Exerzitien - gehe einmal, wenn du zu Hause ein Kreuz hast, unter das Kreuz. Schau Jesus an und sage ihm einmal in aller Ehrlichkeit: „Jesus, du sollst der Herr sein in meinem Leben. Ich möchte nichts lieber, als dass dein Wille geschieht in meinem Leben, dass du groß wirst, dass du verherrlicht wirst. Schenke mir doch auch diese Gabe des Heiligen Geistes.“

Du wirst erfahren, dass Gott sein Versprechen wahr macht.

Am Ende seiner Pfingstpredigt sagt Petrus den Zuhörern: „Dann werdet auch ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn der Heilige Geist, das was ihr hier seht und hört, diese Kraft und Freude, ist nicht nur für uns, sie ist für euch und euere Kinder und euere Enkelkinder und Nachkommen. Und sie ist auch für uns hier und heute. Amen.

 

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